Titel: | Neues Verfahren zur Darstellung der Kohlebilder, von J. W. Swan. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XII., S. 45 |
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XII.
Neues Verfahren zur Darstellung der Kohlebilder,
von J. W. Swan.
Aus dem photographischen Archiv, Juni 1864, S.
255.
Swan's Verfahren zur Darstellung der Kohlebilder.
So schön auch die gewöhnliche Chlorsilber-Photographie ist, wenn sie aus den
Händen des Druckers kommt, man kann sich bei ihrem Anblick des Gedankens nicht
erwehren, daß diese Art von Bildern dem Verbleichen unterworfen ist.
Man hat seit lange nach einem Verfahren gesucht, welches photographische Abdrücke von
verläßlicher Haltbarkeit liefert, und dabei auch an die Kohle gedacht; sogar unzählige Versuche sind von vielen Forschern
angestellt worden, um die Kohle in einer Weise zu benutzen, daß die damit erzeugten
Bilder den Chlorsilber-Bildern möglichst an Schönheit nahe kommen. Aber keines der
vorgeschlagenen Verfahren hat hinreichend schöne Resultate gegeben, oder war
genügend einfach, um in die Praxis sich einführen zu lassen.
Es ist mir nun durch die Herstellung eines neuen Stoffes, der biegsam ist wie Papier,
durchsichtig und glatt wie Glas, gelungen, gute Resultate auf ganz einfachem Wege zu
erhalten.Hr. Swan theilte im Monat April d. J. in der
Londoner photographischen Gesellschaft vor einer ungewöhnlich zahlreichen
Versammlung sein neues Kohle-Verfahren mit, unter Vorlage einer
großen Anzahl Proben, welche Darstellungen aller Art, von Kartengröße bis zu
Bildern von 8 und 10 Zoll, umfaßten. Nach dem Urtheil der Versammlung war in
den größeren Bildern das Vollkommenste, was die Photographie bis jetzt
geleistet, erreicht und wurden dieselben sogar von dem Vorsitzenden der
Gesellschaft, Hrn. Bedford, höher als
Silberbilder gestellt, welche sie, nach seinem Urtheil, durch brillantes
Aussehen, Zartheit der Details und Klarheit weit übertreffen.A. d. Red.
Dieser Stoff, der die photogenische Substanz zu tragen bestimmt ist, besteht aus
Collodium und Gelatine; letztere enthält ein Chromsalz, Kohle und Zuckerstoff. Das
chemische Princip, welches ich in Anwendung bringe, ist die von Ponton vor 25 Jahren aufgefundene Thatsache, daß
Gelatine, wenn man sie in Verbindung mit einem Chromsalz der Sonne aussetzt,
unlöslich in heißem Wasser wird.
Dieses Princip erlaubt eine mannichfaltige Anwendung in der Photographie; am
einfachsten mischt man die Gelatine und das Chromsalz mit einem Farbstoff und
überzieht das Papier damit. Dieses Papier belichtet man unter einem Negativ und
wascht dann die nicht durch das Licht veränderten Stellen fort. Die belichteten
Stellen sind unlöslich geworden, bleiben daher am Papier haften und erzeugen das
Bild. Bei Negativs mit Halbtönen aber ist diese Operationsweise nicht anwendbar,
denn die Wirkung des Lichts beginnt an der Oberfläche und erstreckt sich mehr oder
weniger tief durch die Dicke der sensitiven Schicht. Wo das Licht am stärksten
gewirkt hat, ist vielleicht die ganze Dicke der Schicht unlöslich geworden. Aber wo
das Licht durch den Mittelton des Negativs geschwächt wurde, hat es die Schicht etwa
nur bis zur Hälfte unlöslich machen können. Diese unlösliche Hälfte ist aber die obere; beim Waschen wird die untere Hälfte entfernt und
sie nimmt die obere mit sich fort; oder die obere Schicht ist schon zu fest
geworden, und dann hält sie die untere löslich gebliebene Partie fest, so daß
Halbtöne sich nicht wiedergeben lassen. Um diese Schwierigkeit zu überwinden, schlug
Blair vor, von der Rückseite des Papiers her zu belichten. Da in diesem Falle die an den
Stellen der Halbtöne entstehende convertirte Hälfte dem Papier zunächst liegt, an
dem sie fest haftet, so war allerdings auf solchem Wege schon etwas besseres zu erzielen, jedoch trat
dabei der Uebelstand ein, daß die Bilder, weil man durch das Papier hindurch
belichten mußte, unscharf wurden und nur sehr langsam entstanden.
Das Papier habe ich nun durch den oben erwähnten biegsamen Stoff ersetzt, der dem
Durchgange des Lichts keinerlei Hindernisse in den Weg setzt.
Die Gelatinemischung bereite ich aus einem Theil gesättigter Lösung von
doppelt-chromsaurem Ammoniak (1 Theil des Salzes in drei Theilen Wasser),
zwei Theilen Gelatine, einem Theil Zucker und acht Theilen Wasser; und soviel
chinesischer Tusche, daß eine hinreichend schwarze Farbe entsteht. Außerdem können
zur Aenderung des Tones Indigo und Carmin, oder andere Farbstoffe zugesetzt
werden.
Die sensitive Tafel wird gebildet, indem man eine Glasplatte mit Collodium, und
darauf mit der Gelatinemischung überzieht. Die beiden Schichten haften fest
zusammen, und werden nach dem Trocknen vom Glase getrennt.
Die Tafeln können ganz wie Papier behandelt werden, man zerschneidet sie nach
Belieben. Ihre Empfindlichkeit ist bedeutend größer als die des Chlorsilberpapiers,
man hat sie demnach vorsichtig aufzubewahren.
Das Drucken geschieht in gewöhnlicher Weise; die collodionirte Seite kommt auf das
Negativ zu liegen. Nach wenigen Versuchen wird man die nöthige Belichtungszeit
ziemlich genau treffen. Eine zu lange Belichtung ist übrigens bei diesem Verfahren
viel weniger schädlich als beim Chlorsilber-Verfahren.
Ich bin jetzt damit beschäftigt, ein praktisches Photometer zu construiren, dessen
Anwendung beim Exponiren eine große Sicherheit geben wird.
Wenn man die Tafel aus dem Copirrahmen nimmt, ist das Bild schwach sichtbar; man
klebt es nun mit der Collodiumseite auf ein Stück Papier, welches ihm beim
Hervorrufen als Unterlage dienen soll. Das Aufkleben kann mit Stärkekleister
geschehen; auch eine Auflösung von Kautschuk und Dammar in Benzin eignet sich
dazu.
Nachdem man das Bild aufgeklebt hat, taucht man es in Wasser von etwa 37° C.
Das Wasser löst sofort die nicht belichteten Stellen auf und nach einigen Minuten
ist das Bild vollständig sichtbar.
Man lasse indessen das Wasser lange genug einwirken, um alles
doppelt-chromsaure Salz lösen zu können, auch wechsle man das Wasser
einigemal. Ich lasse die Bilder zwei Stunden im Wasser liegen. Wenn die Belichtungszeit stark
überschritten wurde, nehme man heißeres Wasser. Ehe ich die Bilder aus dem Wasser
nehme, übergehe ich sie mit einem breiten weichen Pinsel, und darauf spüle ich sie
nochmals mit reinem Wasser ab, um alle anhaftenden fremden Partikeln von der
Oberfläche zu entfernen.
Sodann werden die Abdrücke zum Trocknen aufgehängt, auf Cartonpapier geklebt und
satinirt.
Wenn der Abdruck von einem Glasnegativ gemacht wurde, so ist er umgekehrt. Ist dieß
ein Hinderniß, so klebe man den Abdruck (mit der Bildseite) mit Leim oder Kleister
auf Cartonpapier und entferne nach dem Trocknen das vor dem Auswaschen aufgeklebte
Papier. Dieses löst sich leicht ab, wenn man es mit Benzol bestreicht. Die
Collodiumschicht ist in diesem Fall wieder oben.
Das Uebertragen ist nicht sehr umständlich; einfacher aber ist es immerhin, das
Negativ vom Glase abzulösen (siehe den vorhergehenden Artikel des Verfassers) und
die empfindliche Tafel mit der Rückseite desselben in
Berührung zu bringen. Das Ablösen der Schicht mit dem Negativ vom Glase ist durchaus
nicht schwierig oder gefahrvoll.
Die chinesische Tusche kann durch andere ähnliche Stoffe ersetzt, oder mit anderen
Farben verbunden werden, z.B. mit Anilinfarben.
Man hat auch Kohle, die durch Einwirkung von Schwefelsäure auf Zucker dargestellt
wurde, für das Kohleverfahren vorgeschlagen. Ich glaube aber nicht, daß sie
anwendbar seyn wird, denn die Partikeln streben zu agglomeriren, wie fein man sie
auch zerreiben mag. Lampenschwarz ist aus demselben Grunde zu verwerfen.