Titel: | Das Schwefelblei als Entfärbungsmittel für Pflanzensäuren; von Dr. Gräger. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XIV., S. 51 |
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XIV.
Das Schwefelblei als Entfärbungsmittel für
Pflanzensäuren; von Dr. Gräger.
Aus dem Archiv der Pharmacie, Bd. CXVIII S.
101.
Gräger, über das Schwefelblei als Entfärbungsmittel für
Pflanzensäuren.
Es ist eine allen Technikern wohlbekannte Thatsache, daß die Entfärbung von
Pflanzensäuren-Laugen oft mit großen Schwierigkeiten und nicht selten auch
mit empfindlichen Verlusten verbunden ist, anderer Uebelstände, namentlich der
Verunreinigung der Säuren durch phosphorsauren Kalk, wenn man Knochenkohle anwendet,
nicht zu gedenken. Nicht weniger störend ist die ungleiche Wirksamkeit der
Knochenkohle, so daß oft große Mengen aufgewendet werden müssen, ehe sich die
Säurelauge bis auf den nöthigen Grad entfärbt zeigt. Es wird hierdurch nicht allein
die Menge des phosphorsauren Kalks vermehrt, auch das Auswaschen solcher großen
Mengen von Knochenkohle verursacht ebenfalls Kosten und Zeitverlust. Angesichts
dieser vielfachen unläugbaren Uebelstände bei Anwendung von Knochenkohle –
gereinigte Thierkohle schließt sich ihres hohen Preises wegen schon von selbst aus,
und würde auch, wenn der Kostenpunkt nicht in Betracht gezogen werden sollte,
rücksichtlich der Verunreinigungen ähnliche Uebelstände zur Folge haben –
darf die Mittheilung
eines Verfahrens, welches von diesen Uebelständen frei und zugleich weit billiger
wäre, nur auf einen guten Empfang rechnen. Nach einer Reihe vieler und zum Theil
selbst kostspieliger Versuche hat der Verf. ein solches Verfahren in der Anwendung
des Schwefelbleies als Entfärbungsmittel für den oben bezeichneten Zweck
aufgefunden, und kann dieses Verfahren allen Weinsäure-Fabrikanten um so mehr
empfehlen, als in dem eigenen Betriebe, wo stets mit vielen Tausenden von Pfunden
Säurelauge gearbeitet wird, die Erfahrung gemacht wurde, daß dasselbe die Anwendung
der Knochen-, sowie auch der Stenhouse'schen
Thierkohle in seiner Wirksamkeit bei weitem übertrifft, die Laugen in keiner Weise
mit fremden Stoffen verunreinigt und noch weit billiger sich herausgestellt hat. Bei
den durch Knochenkohle entfärbten Laugen ist es ein großer Uebelstand, daß, wenn
auch die erste, selten auch die zweite Krystallisation nach dem gehörigen Eindampfen
noch große, völlig klare Krystalle liefert, dieß bei den folgenden Krystallisationen
nicht mehr der Fall ist, indem sich alsdann die Krystalle mit einer weißen Rinde
oder Schicht von phosphorsauren Kalk umkleiden und so das Product unverkäuflich
machen. Anfangs hielt Verfasser diese trübe weiße Schicht für Gyps, allein unter dem
Mikroskope fand er bald, daß es kein Gyps war, und ein kleiner Besuch belehrte ihn,
daß sie aus reinem phosphorsaurem Kalk bestand. Eine Wiederauflösung dieser
Krystalle und Umkrystallisation der Säure gab kein besseres Resultat, so daß nichts
übrig blieb, als die Lauge mit einer entsprechenden Menge Schwefelsäure zu
versetzen, so die Phosphorsäure abzuscheiden und dann die Lauge wieder zur
Krystallisation einzudampfen, die alsdann schließlich stark phosphorsäurehaltig
wurde. Dieselben Erfahrungen mit denselben nachtheiligen Erfolgen wird man in jeder
Weinsäurefabrik gemacht haben und noch machen, und es läßt sich wohl nicht läugnen,
daß sie störend genug sind, um nicht den dringenden Wunsch nach einem besseren
Verfahren rege zu machen.
Die Anwendung des Schwefelbleies zum Entfärben erfordert indessen einige, jedoch
leicht zu erfüllende Vorsichtsmaßregeln; es muß reines Schwefelblei seyn und darf
durchaus kein schwefelsaures Bleioxyd enthalten, welches in concentrirter Lauge von
Weinsäure sehr leicht löslich ist, und also die Weinsäure
verunreinigen würde.
Darstellung des
Schwefelbleies.
Es konnte wohl, bei dem großen Bedarf an Schwefelblei, nicht daran gedacht werden,
dasselbe in der Weise darzustellen, daß man Schwefelwasserstoffgas in eine Auflösung
eines Bleifalzes leite; abgesehen von dem unangenehmen Geruch und dem Nachtheil für die
Gesundheit, würde man dadurch eine Operation in den Betrieb geführt haben, die nach
allen Richtungen nur Störungen der unangenehmsten Art zur Folge gehabt hätte.
Nachdem Verfasser daher erst die Ueberzeugung von der Vortrefflichkeit der Wirkung
gewonnen, und auch für die eben in Arbeit befindliche Lauge die Menge Schwefelblei
kennen gelernt hatte, die zum Entfärben einer gewissen Portion Säurelauge
erforderlich war, wurde die dem Schwefelblei entsprechende Menge Bleizucker in
Wasser gelöst und alsdann geradezu durch rohes Schwefelnatrium gefällt. Hierbei ist
die Vorsicht zu beobachten, daß man unter allen Umständen einen Ueberschuß von
Schwefelnatrium anwende, damit man nicht Gefahr laufe, das niemals fehlende
schwefelsaure Bleioxyd unzersetzt zu lassen. Es genügt darum auch nicht, daß man in
der über dem Niederschlage befindlichen Flüssigkeit kein Blei mehr findet; man muß
im Gegentheil nach längerer Digestion bei öfterem Umrühren sich überzeugen, daß
wirklich ein Ueberschuß von Schwefelnatrium in der Flüssigkeit vorhanden ist, indem
man nur in diesem Falle sicher seyn kann, alles vorhandene schwefelsaure und
kohlensaure Bleioxyd, sowie auch Chlorblei zerlegt zu haben. Man läßt nun absetzen,
decantirt und wäscht in dem Bottich, worin man die Fällung vorgenommen, zunächst mit
reinem Wasser, zuletzt mit solchem, dem man etwas Säure zugefügt hat, und
schließlich auf einem Taylor'schen Filter vollkommen aus.
Man verwendet das Schwefelblei im nassen Zustande, indem man es nach Bedürfniß der
Säurelauge zufügt. Obgleich beim Erwärmen der Lauge mit dem Schwefelblei ein
schwacher Geruch nach Schwefelwasserstoffgas sich entwickelt, so hat der Verfasser
doch niemals in der gereinigten Lauge auch nur eine Spur Blei gefunden.
Die so entfärbten Laugen liefern bis zum Schluß klare und ungefärbte Krystalle. Aus
dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, daß man Blei durch Schwefelsäure aus der
Weinsäure nicht abscheiden kann; auch nicht umgekehrt.Den jetzt fast constant auftretenden Bleigehalt der käuflichen Weinsäure
findet man nach H. Ludwig am sichersten durch
Neutralisiren der Säure mit Ammoniak, Zusatz von etwas Schwefelammonium und
schwaches Ansäuren mit Salzsäure.