Titel: | Die Photographie in ihrer Anwendung zum Zeugdruck; von W. Grüne. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XXVI., S. 100 |
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XXVI.
Die Photographie in ihrer Anwendung zum
Zeugdruck; von W. Grüne.
Aus den Mittheilungen des photographischen Vereins
zu Berlin, 1864, Nr. 1 und 3.
Grüne, über die Photographie in ihrer Anwendung zum
Zeugdruck.
Die Herstellung von Dessins auf Geweben mittelst des Lichtes wird bis jetzt in
Deutschland so gut wie gar nicht ausgeführt, obgleich sich mit Bestimmtheit
voraussagen läßt, daß auch dieses wichtige Feld sich für die Photographie öffnen
wird. Die Wirkungen des Lichtes in der Färberei und Druckerei sind schon länger
bekannt, als die Photographie existirt. Das Verschießen und Ausbleichen vom
Sonnenlicht getroffener Farben und die Naturbleiche finden ihre richtige Erklärung
dadurch.
Nachstehend will ich kurz anführen, in welcher Weise sich photographische Bilder und
Zeichnungen auf Stoffen erzeugen lassen und schicke voraus, daß es sich dabei stets
nur um den Copirproceß handelt.
Die zunächst liegende Methode wäre die Erzeugung des Bildes mittelst Silber. (Zum
Zeichnen der Wäsche schon lange angewandt.) Dieselbe ist im Großen des Preises wegen
nicht durchführbar, dagegen ist sie in einzelnen Fällen zur Herstellung sehr
gefälliger Artikel auf Seide und Battist sehr gut zu benutzen, z.B. um in den Ecken
von Tüchern, an den Enden von Cravatten und Schärpen, Bilder und Verzierungen
anzubringen.
So einfach es nun auf den ersten Blick erscheinen mag, Chlorsilber auf den Stoffen zu
erzeugen und darauf das Bild darzustellen, so schwer stellt es sich für die Praxis
heraus, namentlich, wenn es sich darum handelt, auf einem kleinen Theil eines
größeren Stückes, z.B. der Ecke eines Tuches, ein Bild anzubringen. Man kann die
ganzen Stoffe nicht gut in die Bäder bringen und hilft sich für diesen Fall mit
Aufstreichen eines Stärkekleisters, der Kochsalz enthält; trocknet, bestreicht mit
salpetersaurer Silberlösung, trocknet wieder, exponirt, färbt, fixirt und wäscht
aus. Die auf diese Art erhaltenen Bilder sind, wie alle reinen Chlorsilberbilder,
sehr matt und monoton, da die Faser, besonders Leinen und Baumwolle, nicht auf den
Ton mit einwirkt.
Sehr schöne tiefe und angenehm getonte Bilder erhalte ich auf folgende Weise:
Die Stelle des Stoffes, welche das Bild erhalten soll, bestreiche ich in der
finsteren Kammer mit einer einzigen Lösung, welche Chlorsilber, salpetersaures Silber und organische
Substanz klar gelöst enthält, trockne, exponire unter dem betreffenden Negativ, wässere, töne,
fixire und wasche wie beim Albuminpapier.
Die Lösung besteht aus:
eingedicktem Eiweiß mit Ammoniak versetzt, einer Lösung von
salpetersaurem Silber in Ueberschuß von Ammoniak und zuletzt zugesetzter
Salmiaklösung.
Beim Trocknen verflüchtigt sich das Ammoniak und die bis jetzt verhinderte Wirkung
der einzelnen Körper auf einander geht vor sich, die bestrichenen Stellen werden
sehr lichtempfindlich.
Wichtiger als das Silbercopirverfahren für die Praxis, ist das mit chromsauren Salzen
in Verbindung mit Gelatine, Albumin, Casein, Kleber, Gummi etc.; es lassen sich
damit die verschiedensten Sachen in größerem Maaße ausführen, wenn man auch von
Halbtönen und zarten Einzelheiten, wie sie der Silbercopirproceß mit sich bringt,
Abstand nehmen muß und für Stoffe der Art ja auch kann.
Die bekannte Eigenschaft des sauren chromsauren Kalis und Ammoniaks, in Wasser
lösliche damit gemischte Stoffe, beim Trocknen und Belichten, in Wasser unlöslich zu
machen, gestattet eine große Reihe von Anwendungen für Färberei und Druckerei.
Leinen- und Baumwollstoffe haben zu einer Menge von Farbstoffen eine sehr
schwache Verwandtschaft, sie färben sich gar nicht oder nur auf sehr umständliche
Weise damit, z.B. mit Cochenille, Orseille, Pikrinsäure, Anilinfarben, dagegen
färben sich sehr leicht damit Albumin, Casein, Kleber, Gelatine etc. Es scheint nun
sehr nahe zu liegen, die Zeuge mit Lösungen letzterer Stoffe zu tränken und dann mit
den Farbstoffen zu färben, allein die Löslichkeit der Stoffe in Wasser macht dieß
unmöglich, sie lösen sich in den Farbbädern, geben in denselben farbige
Niederschläge statt auf den Zeugen. Nur das Eiweiß läßt sich durch vorherige
Coagulation zu dem Zwecke verwenden (Animalisation). Die oben erwähnte Eigenschaft
der chromsauren Salze hilft diesen Uebelständen ab. Druckt man ein Muster mit einer
Lösung der angeführten Stoffe, gemischt mit saurem chromsaurem Kali oder Ammoniak
auf oder tränkt das ganze Zeug damit, trocknet und setzt es dem Tageslichte aus, so
kann das Zeug gewaschen und in den entsprechenden Farbbädern gefärbt werden; es
erscheint dann das Muster kräftig an den bedruckten Stellen.
Behufs der Herstellung von Photographien braucht nur ein solches mit der erwähnten
Lösung getränktes, bedrucktes oder bepinseltes Zeug getrocknet und unter einem
Negativ einige Minuten exponirt zu werden, dann wird es in Wasser gut gespült und
mit den Farbstoffen gefärbt. Die belichteten Stellen nehmen eine intensive Färbung an,
während die anderen farblos bleiben.
Man kann diese Versuche namentlich mit den so brillanten Anilinfarben auch auf Papier
machen und es ist möglich mit einiger Kenntniß der Farbstoffe und Umsicht, Bilder
in allen Farben und Tönen herzustellen.
Eine weitere Anwendung ist die, zugleich mit den obigen Stoffen und chromsaurem Kali
in der Färberei als Beizen wirkende Körper mit zu befestigen, die dann die
eigentliche Färbung in den Farbbädern unabhängig von den organischen Stoffen
bewirken.
Das saure chromsaure Salz wird dabei zuvor mit Ammoniak-Ueberschuß
neutralisirt, die Beizen entweder in alkalischer Lösung, z.B. Thonerdenatron,
Kupferoxyd-Ammoniak, Zinnoxydkali, oder als fein zertheilter Niederschlag:
Eisenoxydhydrat, Zinnoxydhydrat etc., zugesetzt. Es lassen sich auf diese Weise alle
Farben, welche Druckerei und Färberei erzeugen, mittelst der Photographie in Mustern
auf den verschiedenen Geweben darstellen.