Titel: | Ueber die Blasenbildungen an Schmiedeeisenstücken und auf rohem Cementstahl, bezüglich Cailletet's Hypothesen. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XXXI., S. 125 |
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XXXI.
Ueber die Blasenbildungen an Schmiedeeisenstücken
und auf rohem Cementstahl, bezüglich Cailletet's
Hypothesen.
Ueber die Blasenbildungen an Schmiedeeisenstücken und auf rohem
Cementstahl.
Im polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 357 wurde aus den Comptes
rendus t. LVIII p. 327 ein Artikel von Cailletet mitgetheilt, worin der Verfasser die bekannten
Blasenbildungen an Schmiedeeisenstücken und auf rohem Cementstahl aus sehr
problematischen Gründen herzuleiten sucht. Obgleich eine Autorität wie Hr. H.
Sainte-Claire Deville jene Mittheilung interessant
und überzeugend findet, erlaube ich mir solchen Hypothesen die Ansicht eines
praktischen Hüttenmannes gegenüberzustellen.
Blasen an schweißwarmen Schmiedeeisenstücken entstehen ganz einfach durch die
Reaction der noch eingeschlossenen Schlacke (Oxyde) auf ungare (kohlehaltige)
Stellen im Eisen. Es bildet sich Kohlenoxydgas, das sich Ausweg zu verschaffen
sucht, und, begünstigt durch die vorhandene Temperatur, eine so hohe Spannung
annimmt, daß die Eisenmasse sich aufbläht, und die Blase in der Regel mit Detonation
platzt, sobald das Stück unter Hammer oder Walzen bearbeitet wird. Je roher und
faulbrüchiger (schlackenhaltiger) die Luppe war, desto auffallender ist die
Erscheinung, und dieß geht so weit, daß schlecht gepuddeltes Eisen sich gar nicht in
regelmäßige Form bringen läßt, sondern nach jedem Hammerschlage wieder bauchig
auftreibt.
Daß einer geöffneten Blase brennbare Gase entströmen, ist ganz richtig, woher aber
deren hohe Spannung kommen soll, wenn die Gase von außen in das Eisen eingedrungen
wären, ist nicht erklärlich. Höhlungen sind entschieden vor Erhitzung der Luppe
nicht vorhanden, sondern wärm jedenfalls mit Schlacke gefüllt.
Die Cementirung des Eisens erfolgt ebenfalls nicht durch Eindringen kohliger Gase,
sondern durch Wanderung der festen Kohlenstoffatome von außen nach innen, und nur
zum Uebergange von der Kastenfüllung an die Eisenstäbe ist der gasförmige Zustand
des Cementirmittels (Cyanverbindungen?) nöthig. Wo nun der allmählich eindringende
Kohlenstoff kleine Schlackentheilchen im Stabe trifft, entsteht Kohlenoxydgas, also
auch eine Blase.
Entkohlter Gußstahl, der in flüssigem Zustande Gelegenheit fand, alle eingeschlossene
Schlacke auszuscheiden, wirft bei abermaligem Cementiren natürlich keine Blasen mehr auf,
weil die Ursache, der Sauerstoff der Oxyde, beseitigt ist.
Auch die Bemerkung über die Verwendung möglichst homogenen Eisens zu
Maschinentheilen, welche in Stahl verwandelt werden sollen, ist ebenso richtig, wie
alle übrigen mitgetheilten Beobachtungen; nur die Folgerungen sind nicht
stichhaltig.
In wie ferne sich der Versuch mit den Flintenläufen auf die Wirkung expandirender
Kohlenoxydgase zurückführen läßt, kann zwar nur derjenige beurtheilen, welcher dem
Versuche beiwohnte; wenn aber das Material wahrscheinlich hart und die Läufe im
Innern im geringsten oxydirt waren, so liegt die Erklärung nahe.
v. B.