Titel: | Versilberung des Glases auf kaltem Wege; von Dr. Ferd. Bothe, Director der königl. Provinzialgewerbeschule in Saarbrücken. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. LXXIII., S. 292 |
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LXXIII.
Versilberung des Glases auf kaltem Wege; von Dr.
Ferd. Bothe, Director der königl. Provinzialgewerbeschule in
Saarbrücken.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1864, Bd.
XCII S. 191.
Bothe's Versilberung des Glases auf kaltem Wege.
Das Verfahren von Petitjean
Siehe polytechn. Journal Bd. CLVII S. 202. zur Herstellung von Silberspiegeln besteht bekanntlich darin, eine
ammoniakalische Lösung von Silberoxyd durch Anwendung von Weinsäure oder weinsaurem
Alkali bei einer Temperatur von 60 bis 90° C. zu reduciren. Der Umstand, daß
angeschimmelte Lösungen von Weinsäure diese Reduction bisweilen besser
hervorbringen, veranlaßte mich, Untersuchungen über die bei dieser Reaction
entstehenden Verbindungen anzustellen, deren Resultate zunächst die Entdeckung einer
neuen organischen Säure – über welche ich mir weitere Mittheilungen
vorbehalte – dann aber das zu beschreibende Verfahren der Glasversilberung
war.
Die bei demselben zu verwendenden Flüssigkeiten werden dargestellt wie folgt:
1) Die Silberlösung.
Salpetersaures Silberoxyd wird in Wasser gelöst und nach und nach so lange mit
Ammoniakwasser versetzt, bis der entstandene braune Niederschlag fast vollständig
wieder verschwunden ist, darauf die Flüssigkeit filtrirt und soweit mit Wasser
verdünnt, daß auf 1,00 Grm. Silbersalz 100 Kubik-Centimeter Lösung entstehen.
2) Die Reductionsflüssigkeit.
Eine wässerige Lösung von salpetersaurem Silberoxyd wird mit Seignettesalzlösung
gefällt, der Niederschlag auf ein großes Filter gebracht und nach dem Abtropfen auf
dem Filter selbst mit siedendem Wasser übergossen, in welchem er sich unter
Schwärzung zum größten Theile löst. Auf 10,0 Grm. Silbersalz sind 8,290
Seignettesalz erforderlich, und es bedarf der entstandene Niederschlag circa 5 Liter Wasser zur Zersetzung und Lösung. Aus der
erkalteten Lösung scheidet sich leicht das Silbersalz einer neuen organischen Säure,
welche ihres hohen Sauerstoffgehaltes wegen von mir Oxyweinsäure genannt worden ist,
in Krystallen aus, die sich in erwärmtem Wasser vollständig und ohne weitere
Zersetzung lösen.
3) Die Zusatzflüssigkeit.
Um das Silber weiß und dicht zu machen, eventuell ein leichteres Anhaften und
Diffundiren der Flüssigkeit an einer benetzten Glasfläche zu veranlassen, ist ein
Zusatz von Seignettesalzlösung erforderlich, 1 Grm. dieses Salzes gelöst zu 50
Kubik-Centimeter Lösung.
Werden gleiche Raumtheile der Flüssigkeiten 1 und 2 gemischt, so beginnt alsdann die
langsame Ausscheidung reducirten Silbers, welches sich spiegelnd an Glasflächen
ansetzt und eine mit tiefblauer Farbe durchsichtige, festhaftende Schicht bildet.
Ein dichteres und weißeres Silber scheidet sich aus, wenn man auf 100
Kubik-Centimeter der genannten Mischung 1 bis 2 Kub. Cent. der unter 3 beschriebenen
Seignettesalzlösung zusetzt, nur erscheint dann gegen Beendigung des Processes das
ausgeschiedene Silber flockig und schlecht haftend.
Die Herstellung einer inneren Versilberung von Glasgefäßen geschieht ohne Weiteres
durch Eingießen der beschriebenen Mischung; in 3 bis 4 Stunden ist die Schicht
hinreichend dick und läßt sich nach dem Reinigen mit Wasser und nach dem
vollständigen Trocknen durch Firniß dauerhaft schützen. Spiegelglasplatten erfordern
eine sorgfältige Reinigung mit Salpetersäure, mit präcipitirter kohlensaurer
Kalkerde oder Magnesia und weingeistiger Lösung von Benzol. Die so vorbereitete
Platte wird dann mit einer verdünnten Seignettesalzlösung (1 Grm. auf 200–300
Kub. Centim. Wasser) benetzt, horizontal gelegt und mit der bezüglichen Mischung 1
bis 2 Millim. hoch übergossen. Zwar ist die Reduction in 3 bis 4 Stunden beendigt
und ein einmaliges Aufgießen zur Erzeugung des Spiegels ausreichend, allein es ist
zweckmäßig, die Flüssigkeit nach 1 oder 2 Stunden abzugießen, die Platte abzuspülen
und aufs Neue Flüssigkeit darauf zu bringen, da nur auf diese Weise die kleinen
Oeffnungen, welche durch die unvermeidlichen Staubtheilchen entstehen, vollständig
zu beseitigen sind. Nach dem Abspülen und Trocknen verträgt die Schicht ein
Firnissen und ist dann vollständig dauerhaft.
Das beschriebene Verfahren ist von mir durch beinahe fünf Jahre erprobt worden, und
besitzt sicherlich den Vorzug vor allen bisher publicirten Methoden: es ist
anwendbar bei jeder Temperatur, erfordert geringe Fertigkeit, erspart
zusammengesetzte Apparate und arbeitet mit Flüssigkeiten, die wohlfeil und für sich
allein haltbar sind. Auf 1 Quadrat-Meter Fläche bedarf man für 2 Millimeter Dicke
der benetzenden Schicht nur 2 Liter Flüssigkeit, also 10 Grm. salpetersaures
Silberoxyd in ammoniakalischer Lösung und 2 Grm. zur Herstellung der
Reductionsflüssigkeit.
Die abgegossene Flüssigkeit enthält 50 bis 60 Proc. der angewendeten Silbermenge und läßt sich zwar
nicht wieder zur Erzeugung der ersten, spiegelnden Silberschicht verwenden, doch
aber nach Zusatz einiger Tropfen einer Lösung von salpetersaurem Silberoxyd und
neuer Reductionsflüssigkeit zur Verstärkung dieser Schicht, so daß der
Silberverbrauch ein höchst geringer genannt werden kann.