Titel: | Die Fadenreiß-Maschine; beschrieben von H. Minssen in Breslau. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XCVII., S. 406 |
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XCVII.
Die Fadenreiß-Maschine; beschrieben von H. Minssen in Breslau.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Minssen, über die Fadenreiß-Maschine für die
Baumwoll-Manufactur.
Eine der neueren Maschinen in der Baumwoll-Manufactur, deren Erfindung die Roth der
letzten Jahre in dieser Branche veranlaßt hat, ist der Reißer für Baumwollfäden,
welcher den Zweck hat, die sogenannten Putzfäden, d.h. den harten Fadenabgang der
Spinnereien und Webereien, wieder in Baumwolle zu verwandeln, also in ihren
ursprünglichen Zustand zurückzuführen.
Von diesem Reißwolf, wie man ihn auch bezeichnend nennt, liefern die Zeichnung Fig. 11 und
die Skizze Fig.
12 ein treues Bild. Erstere zeigt uns die Maschine von Außen mit dem
Getriebe, letztere gibt uns eine Idee der inneren Einrichtung und der Art und Weise
der Arbeit derselben. Die verwirrt an einander hängenden Fäden werden möglichst
ebenmäßig auf dem endlosen Zuführtuch A (ich bemerke,
daß dieselben Theile in beiden Ansichten dieselben Buchstaben tragen) ausgebreitet,
welches sie den Speisewalzen B, B zuführt; diese sind
die gewöhnlichen cannelirten Walzen, wie man sie bei den Baumwoll-Maschinen überall
hat. Hinter denselben liegt der große Cylinder C,
welcher mit seinen eisernen Zähnen Z, die auf
Holzleisten D befestigt sind, die Fäden aus den
Speisewalzen herauszerrt und gerade zieht; die Zähne nehmen die abgelösten Fäden mit
und ziehen sie zwischen sich und dem unterhalb befestigten, glatten, aber nach dem
Umfange des Cylinders gebogenen Blech E, E durch.
Mittelst dieser Operation, welche einigemal wiederholt wird, trennen sich die
einzelnen Fäden und lösen sich nach und nach in ihre Fasern auf, da die Zuführwalzen
sehr langsam gehen, während der Cylinder 7–800 Umdrehungen per Minute macht.
Diese schnelle Bewegung des letzteren bewirkt einen ziemlich starken Luftstrom,
welcher die nun befreiten Fasern im flockigen Zustande gegen den hohlen
Drahtcylinder F wirft; die Luft entweicht durch die
Maschen desselben und die gelockerte Baumwolle kommt, durch den Siebcylinder F und die hölzerne Walze G
zusammengepreßt, als zusammenhängendes Vließ zum Vorschein, welches man in einem
geeigneten Behälter auffängt. Der Deckel H schließt den
oberen Theil des Drahtcylinders zur richtigen Führung des Zuges, und ist ebenso der
übrige Theil der Maschine oben geschlossen, wie Fig. 11 zeigt, worin K den Deckel des Reißcylinders bezeichnet.
Die Maschine wird durch Riemscheiben getrieben, welche auf der Welle des Cylinders
sitzen und in der Zeichnung nicht sichtbar sind; auf dem anderen Ende der
Cylinderwelle sitzt die Frictionsscheibe L, durch welche
das ganze übrige Getriebe bewegt wird. Zum Ausrücken desselben dient der
Hebel-Apparat M, der leicht aus der Zeichnung
verständlich wird.
Eine solche Maschine liefert per Tag von 12 Stunden
zwischen 90 und 120 Pfd. gelockerte Baumwolle, je nach der Qualität der Fäden, da
hart gedrehte Garne wiederholt durchgelassen werden müssen, während bei sehr weichen
Garnabfällen die ein- oder zweimalige Bearbeitung genügt.
Am besten stellt man zwei Maschinen zusammen, von denen die erste mit groben Zähnen
den Vorreißer bildet, während die andere mit feinerenseineren Zähnen die Waare fertig macht. Je nachdem enthält die Mantelfläche des
Cylinders bei 30'' Breite und 40'' Durchmesser 9000 bis 12000 eiserne Zähne, die
ungefähr 5/4'' aus dem Holze hervorragen, an der Basis einen Durchmesser von 1/4''
haben und in eine Spitze auslaufen.
An Kraft gebraucht bei obigen Dimensionen und einer Cylindergeschwindigkeit von 800
Umdrehungen die Maschine eine Pferdestärke, ist also in Spinnereien von nur
unbedeutender Größe sehr leicht zu verwenden, zumal sie auch nur einen sehr kleinen
Platz von circa 8' Länge und 4 1/2' Breite einnimmt;
doch läßt sich dieselbe natürlich auch noch in kleineren Verhältnissen
construiren.
Die aus guten Fadenabgängen gewonnene Wolle eignet sich vorzüglich dazu, dunkle
schmutzige Baumwolle zu färben, welcher man sie in geeignetem Verhältniß zusetzt;
sie ist natürlich ganz rein und frei von Staub und Schalen, da sie schon früher alle
Reinigungsprocesse durchgemacht hatte, und erscheint daher in einer blendend weißen
Farbe.
Nur das ist noch zu bemerken, daß die Faser durch diese vielen vorhergegangenen
Bearbeitungsstadien bedeutend an Elasticität verloren hat, und daher mit neuer
Baumwolle zusammen verarbeitet werden muß, um wieder gutes Garn zu liefern; auch hat
sie natürlich an ihrer ursprünglichen Länge verloren.