Titel: Ueber die von Hrn. Hipp in Neuenburg (in der Schweiz) gemachten Erfahrungen an elektrischen Uhren für öffentliche Zwecke und die von demselben vorgenommenen Verbesserungen der letzteren.
Fundstelle: Band 173, Jahrgang 1864, Nr. CI., S. 426
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CI. Ueber die von Hrn. Hipp in Neuenburg (in der Schweiz) gemachten Erfahrungen an elektrischen Uhren für öffentliche Zwecke und die von demselben vorgenommenen Verbesserungen der letzteren. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Ueber Hipp's Verbesserungen an elektrischen Uhren für öffentliche Zwecke. In einem in der naturforschenden Gesellschaft zu Neuchatel am 11. Febr. d. J. gehaltenen Vortrage hat Hr. Hipp die Umstände erläutert, welche den geregelten Gang der für öffentliche Zwecke eingerichteten s. g, elektrischen Uhren beeinträchtigen können, und gezeigt, daß durch die neuen, von ihm getroffenen Anordnungen jene Schwierigkeiten beseitigt worden seyen. Seinen Betrachtungen legt hierbei Hr. Hipp die von ihm seit mehreren Jahren bei solchen Einrichtungen gemachten Erfahrungen zu Grunde, insbesondere aber jene, welche durch die in dem Jahre 1861 zu Genf von ihm angelegten elektrischen Uhren sich dargeboten haben. Hier handelt es sich nicht um die Aufhebung solcher Störungen, wie sie etwa durch die Veränderlichkeit der Stromstärke der zur Anwendung kommenden Stromquelle, durch etwaige Aenderungen in dem Gange der Hauptuhr, oder durch andere bekannte Umstände zu Tage kommen können, da die von ihm in mehreren Städten für öffentliche Anstalten sowie für Private innerhalb der Gebäude an passenden Plätzen aufgestellten elektrischen Uhren in dieser Beziehung keine besonderen Schwierigkeiten dargeboten und dieselben dem Zwecke ganz und gar entsprochen haben. Es ist vielmehr von jenen elektrischen Uhren die Rede, welche ganz im Freien und zwar gewöhnlich in Gaslaternen aufgestellt sich befinden, und die daher allen Temperaturänderungen, der höchsten durch die directe Insolation statthabenden Temperaturerhöhung, den stärksten eintretenden Temperaturerniedrigungen, den sehr verderblichen Einwirkungen des Staubes sowie der Feuchtigkeit, den Erschütterungen und Stößen mannichfacher Natur, insbesondere durch Stürme, Orkane etc. ausgesetzt sind. Die durch derartige sowie durch manche andere secundäre Einwirkungen hervorgebrachten Fehler seyen oft so kleinlich, daß sie erst nach längerem Suchen entdeckt werden können, und es könne daher auch der Gang der Uhren zuweilen auf kürzere oder längere Zeit gestört bleiben. So wurde bald nach der Einrichtung der elektrischen Uhren zu Genf, nachdem jedes System derselben durch mehrere Wochen in geregeltem Gange geblieben war, eine Störung beobachtet, die sich öfters, insbesondere bei ungünstiger Witterung wiederholte. Nachdem keine Untersuchung auf etwaige mangelhafte Isolation etc. zur Entdeckung des Fehlers geführt hatte, wurden die Contactstellen mikroskopisch untersucht und dabei zeigte es sich zufällig, daß an einer Drahtspirale eines der Elektromagneten eine ganz kleine Stelle von ihrer isolirenden Umwindung bloß gelegt war, die mit den Metalltheilen der Laterne in Contact kommen konnte und da die Candelaber mit den Gasröhren als Erdleitung benutzt werden, so mußte an dieser Stelle eine Nebenschließung für den Strom entstehen, und die Einwirkung auf den Elektromagneten geschwächt werden, oder ganz unterbleiben. Eine weitere ihrem Wesen nach kleinliche Störungsquelle bestehe nach den gewonnenen Erfahrungen darin, daß durch zufällige Einwirkungen der Contact mit der Erdleitung rasch nach einander unterbrochen und wieder hergestellt, also das betreffende Drahtende hierdurch in Oscillationen versetzt werden kann, und geschieht dieß gerade in solchen Augenblicken, in welchen die Kette an der Hauptuhr geschlossen wird, so muß die elektrische Uhr entweder zurückbleiben, oder es kann sogar – in Folge des durch die Erschütterungen eintretenden und sich wiederholenden Schließens und Oeffnens der Kette – der Zeiger um einige Intervalle vorwärts springen. Ein Voreilen der Uhren könne bei den früher von Hrn. Hipp benutzten (sowie auch bei anderen nach ähnlichen Principien getroffenen) Anordnungen sogar durch Erschütterungen, Windstöße etc. dadurch bewirkt werden, daß der Ankerhebel des Elektromagneten in Oscillationen kommt, und sind diese stark genug, so wird der Uhrzeiger auch ohne Stromeswirkungen fortgerückt. Solche Störungen können um so leichter eintreten, als die Gangweite des Ankers eine sehr geringe – zwischen 1/2 bis 1 Millim. – seyn müsse, um selbst bei geringer elektromagnetischer Anziehung die gehörige Empfindlichkeit für die Bewegung des Ankerhebels zu erreichen. Endlich seyen noch die Gewitterentladungen, wenn solche in der Nähe der Drahtleitungen vorkommen, eine wesentliche Quelle der Störungen, wie die Erfahrungen dieß herausgestellt haben. So erzählt Hr. Hipp unter Anderem, daß am 25. Mai 1862 der Blitz ganz nahe an den Drahtführungen in das Trottoir eines Palais zu Genf einschlug, und in Folge dessen wurde der Gang an sieben Uhren gestört: an 5 derselben wurden die Zeiger um 3 Minuten vorgerückt, an einer blieb der Zeiger zurück und eine andere blieb 1 Stunde und 5 Minuten stehen. Diese Erscheinungen sind leicht zu erklären, wenn man berücksichtiget, daß bei den in der Nähe (und namentlich auch in größeren Entfernungen) eintretenden Blitzesentladungen in den für die elektrischen Uhren angelegten (und mit der Erde in Communication stehenden) Leitungssystemen gleichzeitig Entladungsströme inducirt werden, welche dieselben Wirkungen, wie ein Volta'scher Strom hervorbringen können; ihre magnetische Wirkung wird daher ein Voreilen derjenigen Uhren zur Folge haben, deren Elektromagnete in den betreffenden Leitungen eingeschaltet sich befinden. Sind aber diese secundären Entladungsströme stark genug, so kann sogar der remanente Magnetismus der Elektromagnete noch so groß seyn, daß ein Abziehen des Ankers von seiner Arbeits- zur Ruhelage nicht unmittelbar nach der Entladung, sondern erst dann eintritt, wenn eine heftige Erschütterung gegen denselben ausgeübt wird, und es ist daher auch erklärlich, wie in Folge der Gewitterentladungen selbst ein Zurückbleiben der Uhren eintreten kann. (Es muß übrigens nebenbei bemerkt werden, daß die eben gedachten Wirkungen von Blitzesentladungen auf die elektromagnetischen Apparate der Uhren die günstigsten seyn dürften, wenn überhaupt solche auftreten, da bei heftigen Entladungen selbst wenn diese nicht direct die Leitung treffen, die secundären Wirkungen so stark ausfallen können, daß eine Abschmelzung der elektromagnetischen Spiralen, also eine Zerstörung der letzteren eintreten kann; auch die Eisenkerne der Elektromagnete sowie der Anker können dabei in der Art afficirt werden, daß dieselben permanent magnetisch werden und in Folge dessen ihre Brauchbarkeit verlieren etc.) Nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen seyen es überhaupt die nachbenannten vier Hauptursachen, welche den geregelten Gang der elektrischen Uhren wesentlich stören können, nämlich: der Einfluß der atmosphärischen Elektricität (Gewitterentladungen), die Unsicherheit des nicht sorgfältig genug statthabenden Erdcontactes, heftige zufällige Erschütterungen und Windstöße, und endlich die Einwirkung von Staubansammlungen und der Feuchtigkeit, und diesen Einwirkungen entgegenzutreten sey daher bei der neuen Anordnung der elektrischen Uhren die Hauptaufgabe gewesen. Bei der neuen Construction seiner elektrischen Uhren hat Hr. Hipp das frühere System, bei welchem der Anker (vermuthlich am Ende eines doppelarmigen Hebels angebracht) eine fast geradlinige, innerhalb eines Intervalles von höchstens 1 Millim. hin- und hergehende Bewegung bei seiner Einwirkung auf das Echappementrad vornehmen mußte, verlassen, und dafür nach einem bekannten (sowohl bei elektrischen Telegraphen, als auch bei elektrischen Uhren mehrfach angewendeten) Principe einen magnetisch polarisirten unmittelbar an einer Achse angebrachten Anker gewählt, der nur durch Ströme von wechselnder Richtung in pendulirende Bewegung versetzt werden, und wobei, ohne die Empfindlichkeit wesentlich zu beeinträchtigen, die Schwingungsweite zwischen 60 bis 80 Grad betragen kann. An seiner Achse ist die Welle einer Spindelhemmung angebracht, welche auf das Echappementrad einwirkt, so daß dasselbe sowohl bei jedem Hin- als auch bei jedem Hergange des Ankers um eine Zahnweite und sohin der an seiner Welle angebrachte Zeiger jedesmal um ein einem bestimmten Zeitintervalle (etwa 1 Minute) entsprechendes Feld vorwärts rücken muß, während gegen das Rückwärtsgehen des Zeigerrades sowie für die weitere Uebertragung seiner Bewegung in bekannter Weise die Anordnungen getroffen sind. Der Hauptsache nach sind die neuen Einrichtungen der elektrischen Uhren des Hrn. Hipp in Fig. 58 dargestellt (worin gleiche Theile auch mit denselben Buchstaben bezeichnet sind): a, a ist ein permanenter, nämlich ein Stahlmagnet, von dem der eine Schenkel die an ihm mittelst Schrauben befestigten zwei Spulen des Elektromagneten p, p' trägt (vermuthlich sind die beiden Eisenkerne des Elektromagneten mittelst ihres unteren gemeinschaftlichen Ankers an dem Ende des kürzeren Schenkels des Stahlmagneten a, a befestiget), während der andere Schenkel bei e um einen rechten Winkel abgebogen ist. Der Anker g des Elektromagneten kann um die Achse s an der er angebracht ist schwingen, und ist vermöge der Lage dieser Achse mit einem Ende sehr nahe an dem Polende e der Stahlmagneten a, a, so daß dieser den Anker durch Influenz magnetisiren kann. Ist also z.B. das Ende e nordpolarisch, so wird der von der Achse abgewendete Theil des Ankers und zwar vermöge der vom Hrn. Hipp gewählten Anordnung fast seiner größten Ausdehnung nach nordpolarisch, während das dem Polende e zugekehrte Ende des Ankers südpolarisch ist; die freien Enden der Eisenkerne des Elektromagneten p, p' werden durch das südpolarische Polende des Stahlmagneten, mit dem ihre abgewendeten unteren Enden in Verbindung stehen, aus gleichem Grunde südlichen Magnetismus von unter sich gleicher Stärke annehmen. Befindet sich nun, wie in Fig. 7, der Anker g in der Mitte zwischen diesen Polenden (so daß nämlich seine magnetische Achse von diesen gleichweit entfernt ist), so wird die von jedem dieser Polenden stattfindende Anziehung gegen denselben von gleicher Stärke seyn, und der Anker wird daher hier im Gleichgewichte verbleiben müssen. Wird hingegen der Anker in eine Lage gebracht, wie in Fig. 8, so daß der größte Theil seiner Masse dem Polende p zugewendet ist, so muß er jetzt in dieser Lage verharren, und er wird dieselbe erst dann verlassen, wenn durch einen durch die Spirale des Elektromagneten circulirenden Strom die Eisenkerne so magnetisirt werden, daß p nordpolarisch, also p' jetzt stärker südpolarisch wird als vorher; in diesem Falle wird der Anker seine letzte Lage, da er von p gegen p' hin abgestoßen, von p' aber angezogen wird, verlassen, und sich so gegen p' hin bewegen, daß er nunmehr eine der in Fig. 8 symmetrische Lage annimmt. Würde jetzt der Strom in entgegengesetztem Sinne wie vorher circuliren, so müßte dieser Stromwechsel auch einen Polwechsel in p und p' zur Folge haben, und der Anker würde dann wieder die in Fig. 8 angezeigte Lage annehmen. Diese beiden äußersten Lagen sind also gleichsam seine eigentlichen stabilen Ruhelagen, und aus einer derselben kann er nur durch einen dem letzten entgegengesetzten Strom gebracht werden, während ein Strom, in gleichem Sinne durch die Spirale geleitet wie jener der die letzte Ruhelage erzeugt hat, oder eine Unterbrechung des Stromes keine Bewegung des Ankers veranlassen kann. Hierbei kann nun der Anker eine schwingende Bewegung von 60° bis 80° Schwingungsweite annehmen. Bei dieser neuen Construction war es Hrn. Hipp bloß darum zu thun, die Bewegung des Ankers nahezu gleichförmig zu machen, und dieß ist auch das Wesentliche seiner Anordnung. Es wurde nämlich dem Anker eine solche Gestalt gegeben, daß sein Anziehungsmittelpunkt in dem Maaße, in welchem er sich dreht, nach Innen sich verrücken muß, so daß seine Distanz von dem Anziehungsmittelpunkte des Magneten nahezu dieselbe verbleibt. „Hierin liege – bemerkt Hr. Hipp – der wesentliche Fortschritt in der Construction der Elektromagneten, wie er dieselbe in einer anderen Art für seine neuen Weckerwerke anwendete, dem Anker nämlich eine gleichförmige Bewegung beizubringen, während dieselbe gewöhnlich eine beschleunigende ist, und den Weg des Ankers sowie die zur Zurücklegung desselben nöthige Zeit beträchtlicher zu machen, als dieß bei anderen Anordnungen der Fall ist. Hierin sey auch der Nutzen dieser gewählten Construction für elektrische Uhren zu suchen.“ Was die Uebertragung der Bewegung des Ankers auf das Echappementrad betrifft, so wurde das Wesen desselben, wie es in Fig. 5 und 6 ersichtlich ist, schon oben erwähnt; das Zurückgehen des Zeigerrades wird dabei durch eine Sperrfeder verhindert, während die Lippen der Hemmung so gestaltet sind, daß ein sicherer Eingriff der Hemmung bei statthabender Drehung und ein plötzliches Anhalten des Rades erfolgt, wenn der Anker, also auch die Hemmung eine der äußersten Ruhelagen angenommen hat. Daß nun durch diese neue Anordnung die drei ersten der genannten Störungsquellen entweder gar keine Einwirkung auf die elektrischen Uhren mehr haben können, oder daß wenigstens der Hauptsache nach solche Einwirkungen erfolglos für den Gang der Uhren verbleiben, ist leicht ersichtlich. Eine starke Erschütterung kann ohnehin den Anker der neuen Anordnung nicht aus seiner Ruhelage bringen, da derselbe einen langen Weg gleichförmig sich bewegend zurücklegen müßte, und würde er daher auch etwas aus seiner letzten Ruhelage durch Stöße etc. verrückt werden können, so müßte derselbe wegen der überwiegenden Anziehung von dieser Seite her wieder seine vorige Ruhelage annehmen. Ebenso können Erschütterungen, welche den Erdcontact (wenn dieser nicht sorgfältig genug ausgeführt seyn sollte) in oscillirende Bewegung versetzen, keinen Einfluß mehr haben, da zur Umkehrung der Ankerbewegung ein Stromwechsel erforderlich ist, eine Unterbrechung des Stromes aber (die hier ohnehin nur eine momentane wäre) hierauf keinen Einfluß ausüben kann. Eine Verrückung des Zeigers durch Einwirkung von Entladungsströmen kann, da dieselben von äußerst kurzer Dauer sind, nur dann erfolgen, wenn dieselben von hinreichender Stärke sind. Aber selbst in diesem Falle wird keine Störung zu Stande kommen; denn hat der Entladungsstrom dieselbe Richtung wie der Strom, der zuletzt die Ankerbewegung erzeugte, so behält der Anker ohnehin seine letzte Ruhelage bei; geht aber der Entladungsstrom in entgegengesetztem Sinne, so wird allerdings der Anker von seiner letzten in die entgegengesetzte Ruhelage übergehen, und damit der Zeiger um ein Intervall vorgerückt; hierbei verrichtet dann der Entladungsstrom etwas früher die Function des nächstfolgenden Arbeitsstromes, während letzterer sodann unwirksam bleiben muß. Hingegen können allerdings starke Entladungsströme, wie solche die Gewitterentladungen begleiten, und noch viel mehr directe Blitzesentladungen gegen die Leitungen oder gegen die Apparate auf die elektrischen Uhren wesentlich einwirken, wenn entweder der permanente Magnet durch solche Entladungen geschwächt oder gar entmagnetisirt wird, oder wenn die Drähte durch die dabei eintretenden Wärmewirkungen zerstört werden etc. – Hr. Hipp hält es für zweckmäßig, zum Schutze gegen Blitzesentladungen die Erdleitung durch einen zweiten Draht zu ersetzen. – Zur Beseitigung anderweitiger Uebelstände, welchen die im Freien aufgestellten elektrischen Uhren noch ausgesetzt seyn können, hält es Hr. Hipp für rathsam, dieselben an den Mauern von Gebäuden in der Art anzubringen, daß sie bei Nacht durch die benachbarten Gasflammen hinreichend erleuchtet werden können. – Es versteht sich von selbst, daß ein gehöriger Schutz gegen bedeutende Temperaturveränderungen, insbesondere gegen die directe Bestrahlung durch die Sonne und gegen Erhitzung durch die neue Anordnung nicht überflüssig geworden ist, und daß vielmehr das neue System in dieser Beziehung besondere Rücksichten erfordert, da die permanenten Magnete unter solchen Einwirkungen mit der Zeit bedeutenden Kraftverlust erleiden und durch dieselben sogar unwirksam gemacht werden könnten. C. Kuhn.

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