Titel: | Ueber die Erzeugung der Theerfarben hinsichtlich des quantitativen Erträgnisses und über neue Läuterungsmethoden des Rohparaffins; von V. Kletzinsky. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. CXI., S. 472 |
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CXI.
Ueber die Erzeugung der Theerfarben hinsichtlich
des quantitativen Erträgnisses und über neue Läuterungsmethoden des Rohparaffins; von V.
Kletzinsky.Aus dem vom Verf. erstatteten Jahresbericht (1864) des chemischen Laboratoriums
der Communal-Wiedner-Oberrealschule in Wien.
Kletzinsky, über die Erzeugung der Theerfarben und über neue
Läuterungsmethoden des Rohparaffins.
Erzeugung der Theerfarben. – Eine hinsichtlich des
quantitativen Erträgnisses controlirte Versuchsreihe lieferte im Mittel folgende Ergebnisse:
100 Theile Theer (Gastheer, Steinkohlentheer) liefern 1,5 Theile Benzol
C¹²H⁶ und 3 Theile sogenanntes Benzin.
100 Theile Benzol und 200 Theile Salpetersäure von 48° Baumé vorsichtig
gemischt, nach der Nitrirung gewaschen und das orangegelbe Product abgeblasen,
liefern 100 Theile reines Nitrobenzol C¹²H⁵NO⁴ (die
Theorie würde 150 Theile erfordern), sogenanntes künstliches Bittermandelöl oder
Mirbanöl.
100 Theile Nitrobenzol, 125 Theile concentrirte (30procentige) Essigsäure und 180
Theile Eisenfeile liefern nach mehrstündigem Angriff durch Destillation 75 Theile
Rohanilin. Dieses, mit roher Salzsäure neutralisirt, das salzsaure Anilin in Wasser
gelöst, zur Abscheidung der öligharzigen Verunreinigungen filtrirt, eingedampft, mit
Kalkbrei schwach übersättigt und destillirt, liefert nach erfolgter Rectification 70
Theile reines Anilin C¹²H⁷N = C¹²H⁵ .
H² . N.
100 Theile Anilin mit 200 Theilen Arsensäure AsO⁵(HO)³ angegriffen und
erhitzt, liefern nach mehrstündiger aufsteigender Destillation 150 Theile Rohmasse,
aus welcher sich schließlich 50 Theile chemischreiner Fuchsinkrystalle darstellen
lassen; die Reinigung der Rohmasse erfolgt am besten auf folgende Weise:
Die purpurne pechige Rohmasse wird in lauer, verdünnter Salzsäure gelöst; die Colatur
mit kohlensaurem Natron unter Vermeidung jedes Ueberschusses neutralisirt, wobei
arsensaures und arsenigsaures Natron, Chlornatrium, etwas Salmiak und Rosanilin in
Lösung bleiben, während die Hauptmasse des Rosanilins (Fuchsins) sich in
metallgrünglänzenden zähen Massen abscheidet; diese sogen. gereinigte Masse wird am
zweckmäßigsten mehrmals mit einer halbgesättigten Kochsalzlösung ausgekocht, worin
das Rosanilin beinahe unlöslich ist, und dadurch so vollständig gereinigt, daß
Proben davon selbst im Marsh'schen Apparate keine
Arsenspur mehr verriethen. Die völlig reine Masse wird entweder aus essigsaurer
Lösung oder aus einer Lösung in Alkohol krystallisirt; löst man die reine Masse in
salpeterhaltigem Wasser, worin sie löslicher ist als in reinem, und versetzt man die
Lösung mit einer heißen concentrirten Kochsalzlösung, so scheidet sich das
Rosanilinhydrat (Fuchsin) in kleinen, goldgrünglänzenden Schüppchen aus, die eine
außerordentliche Feinheit haben.
100 Theile Fuchsin mit 100 Theilen Anilin der aufsteigenden Destillation bei gelinder
Wärme durch längere Zeit unterworfen, liefern 150 Theile einer Rohmasse von blauer
Farbe mit Kupferglanz, welche zuerst mit mäßig verdünnter, kalter Salzsäure
gewaschen, dann mit Essigsäure ausgekocht und zuletzt mit sehr verdünnter, kalter
Salpetersäure gewaschen wird, worauf man die 100 Theile gereinigter Masse aus
Alkohol oder Fuselöl als Anilinblau, Kyanilin, Azulin, Bleu
de lumière krystallisirt. Beim Neutralisiren der zum Waschen des
Rohblau's gebrauchten Säure mit Soda oder Ammoniak scheidet sich ein violetter
Farbstoff aus, der aus Essigsäure umkrystallisirt werden kann (Parme, Violet de l'impératrice). Die abgekürzte
Dauer des Destillationsprocesses, des Angriffs bei der Rohblaugewinnung gibt
gleichfalls ein Mittel an die Hand, die Ausbeute mannichfacher violetter Nuancen zu
erhöhen und zu regeln.
Läuterung des Rohparaffins. – Das braune, mit
Brandharzen und schweren Theerölen verunreinigte Rohparaffin wird bekanntlich durch
Decken mit Benzin, Schleudern in der Centrifuge, Kochen mit Schwefelsäure etc.
raffinirt. Zahlreiche, zur Ermittelung neuer Reinigungsmethoden angestellte Versuche
ergaben zwei neue vortheilhafte Läuterungsmethoden:
a) Das Rohparaffin wird geschmolzen und in das
geschmolzene Paraffin trockener, pulveriger Chlorkalk in der Menge von beiläufig 10
Proc. eingerührt; es tritt unter Bleichung der Masse eine lebhafte Gasentwickelung
(Sauerstoffentbindung) ein. Dieser Brei aus geschmolzenem Paraffin und zersetztem
Chlorkalk wird nun in verdünnte Salzsäure gegossen und damit ausgekocht, bis alles Paraffin kalkfrei
und blank als Oelschichte oben auf schwimmt, die nach dem Erkalten und Erstarren
abgehoben werden kann.
b) Rohparaffin wird mit der zehnfachen Gewichtsmenge
Fuselöl zum Sieden erhitzt und die gelöste Masse heiß filtrirt, wobei auf dem Filter
die unlöslichen, theerpechigen Verunreinigungen zurückbleiben; die Lösung läßt beim
Erkalten reine Paraffinflittern fallen, während die schweren Oele im Fuselöle gelöst
bleiben. Trennt man das herauskrystallisirte Paraffin von der braunen Mutterlauge
durch Filtration und Pressung, so braucht man den Preßkuchen nur noch ein- bis
zweimal mit kaltem Fuselöle zu verbreien, zu waschen und wieder zu pressen, um
endlich beim entfuselnden Schmelzen ein spiegelblankes, völlig reines Paraffin zu
erhalten.