Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. , S. 311 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ketten-Schleppschifffahrt auf dem Rheine.
Wie aus Berlin gemeldet wird, hat das Handelsministerium nunmehr im Princip die
Genehmigung zur Einführung dieser Schifffahrt ertheilt, über welche im polytechn.
Journal Bd. CLXXI S. 312 berichtet wurde.
Die Verhandlungen, welche vor Ausfertigung der förmlichen Concessionsurkunde zwischen
dem Handelsministerium und den Unternehmern noch zu pflegen sind, betreffen
lediglich die Vereinbarung und Festsetzung eines Maximal-Tarifs, welche die
Staatsregierung für nothwendig erachtet, damit das Unternehmen dauernd dem Verkehre
zu Gute kommt. (Berggeist, 1864, Nr. 63.)
Georg Egestorff's Fabrication von
Gewehr-Zündhütchen.
Zu den vielen gelungenen und blühenden Fabriken, womit der thätige Herr Georg Egestorff die hannoverische Industrie bereits bereichert
hat, gehört auch ein neues Etablissement, welches sich die Herstellung von
Zündhütchen für das sogenannte kleine Gewehr (im Gegensatze zu den Kanonen und
Mörsern) zur Aufgabe macht und dessen vorzügliche Producte sich bereits einen
Absatzmarkt weit über die Grenzen Deutschlands, ja Europa's hinaus, verschafft
haben, so daß Jäger in Indien und China, Amerika und Australien, die G. Egestorff'schen Zündhütchen gern verwenden.
Bei dem Interesse der Sache überhaupt, dürfte es unter solchen Umständen nicht
unwerth seyn, den Gang der Fabrication kennen zu lernen, wobei wir allerdings
bedauern müssen, die zu den verschiedenen Arbeitsstufen erforderlichen höchst
sinnreichen Werkzeuge und Instrumente nicht beschreiben und besprechen zu können, da
wir befürchten müssen, mit einer derartigen Veröffentlichung der Fabrik Eintrag zu
thun.
Die von einem Kupfer-Walzwerke bezogenen Platten von vorgeschriebener Länge, Dicke
und Breite werden zunächst in mit Wasser sehr verdünnter Schwefelsäure gebeizt und
mit Sägespänen rein und trocken geputzt. Dann wird die Platte vermittelst einer
Walze ganz gerade gerichtet und nachdem mit Oel bestrichen. Hierauf schneidet man
sie mittelst einer Zirkel-Schere in Streifen, deren Breite den speciellen Sorten
Zündhütchen entspricht und welche zwischen 3/8'' und 3 1/2'' variiren. Diese
Streifen werden zwischen gehärteten Gußstahlwalzen zu der für jede Sorte Hütchen
genau passenden Dicke gewalzt.
Sowie die ganze Fabrication der Zündhütchen eine genaue Arbeit erfordert, ist
besonders das Walzen und Schneiden der Streifen auf die größte Genauigkeit
angewiesen. Es geht dieses schon daraus hervor, daß zum Messen dieser Streifen
Instrumente gebraucht werden, die den Millimeter in 240 Theile getheilt genau
ablesen lassen.
Nachdem die Streifen gewalzt sind; werden dieselben aufgerollt, in einem eigens dazu
construirten Glühofen geglüht und dann wieder gleich der rohen Platte gebeizt und
mit Sägespänen rein und trocken geputzt. Vermittelst eines Walzenpaares werden sie
hierauf eingeölt; um das Oel ganz gleichmäßig auf den ganzen Streifen zu vertheilen
und die durch Glühen, Putzen und sonstige Umstände entstandenen Unebenheiten
auszugleichen, geht der Streifen noch durch eine Maschine, um jede Spur von Schmutz
zu entfernen und ihn sauber zu glätten.
So vorgerichtet, wird der Streifen der Kapselmaschine übergeben, die in der Minute
400 Stück gewöhnliche Jagd-Zündhütchen liefert. Die dazu verwendeten Stempel
erfordern eine sehr behutsame Behandlung, sind aus Gußstahl gearbeitet und in ihren
Dimensionen von der größten Genauigkeit.
Um die Schärfe von der offenen Seite des Hütchens wegzunehmen, dient eine andere
Maschine, welche auf ganz einfache Weise diesen Grath in sehr kurzer Zeit entfernt.
Nachdem dieß geschehen, werden die Hütchen verlesen, d.h. etwa sich vorfindende
schlechte Hütchen von den guten gesondert, dann in Wasser, dem etwas Weinstein
zugesetzt ist, gekocht, um dieselben von allen fettigen Theilen zu säubern. Nachdem
dieselben nun durch geeignete Vorrichtungen von Wasser befreit sind, werden sie in
der Polirmaschine sauber polirt, um ihnen einen schönen Glanz zu geben.
Die Zündhütchen sind jetzt bis zum Laden fertig, d.h. es kann jetzt die Füllung
derselben mit Zündmasse vorgenommen werden. Dieses erfordert nun wegen der leichten
Entzündbarkeit der Zündmasse große Vorsicht und sind daher alle nur denkbaren
Vorkehrungen getroffen, um Explosionen, die in ihren Wirkungen schrecklich sind, zu
verhüten. Die sehr sinnreich construirte Lademaschine ist von dem Arbeitsraume des
die Maschine bedienenden Arbeiters durch eine sehr starke schmiedeeiserne Brustwehr
getrennt, so daß bei einer möglichen Explosion, die jedesmal die gänzliche
Zerstörung der Maschine zur Folge hat, eine Verletzung des Arbeiters nicht zu
befürchten ist.
Nachdem die Hütchen die entsprechende, genau abgemessene Quantität Zündmasse von der
Maschine empfangen haben, werden sie in einem eigenthümlich construirten Walzwerke
gepreßt, was den doppelten Zweck hat: die Zündmasse festzupressen und den
Firmastempel aufzuprägen.
Die Hütchen, jetzt zum Gebrauch geeignet, werden nun in geeigneten Vorrichtungen
genau nachgesehen, etwa schadhafte entfernt und vermittelst der Zählmaschine
gezählt. In Dosen oder Schachteln, die eine bestimmte Zahl Zündhütchen fassen,
verpackt und emballirt, sind dieselben zum Versandt im Handel fertig, nachdem 18
Manipulationen erforderlich waren, um von der rohen Kupferplatte dem Schützen und
Jäger ein fertiges Zündhütchen zu liefern.
Die Darstellung und Zubereitung der Zündmasse erfordert sehr viel Aufmerksamkeit und
Vorsicht, und es sind hierbei alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, um sowohl den
Arbeiter vor der Gefahr des Explodirens zu sichern, als auch gegen schädliche
Einwirkungen auf den menschlichen Organismus zu schützen. (Monatsblatt des
hannoverischen Gewerbevereins, 1864, Nr. 5 und 6.)
Praktischer Handgriff beim Gießen des Eisens.
In den Eisengießereien Staffordshire's wird dem Eisen, wenn es zu kalt aus dem
Kupolofen läuft, eine kleine Quantität Blei zugesetzt, wodurch es dünnflüssiger wird
und die Formen besser ausfüllt. Da die Festigkeit des Eisengusses wesentlich davon
abhängt, daß das Eisen nicht zu heiß gegossen wird, so ist dieser Handgriff, wodurch
trotz der geringeren Hitze ein vollkommenes Ausfüllen der Formen ermöglicht wird,
sehr zu empfehlen. Worin der Grund dieser Erscheinung liegt, ist schwer anzugeben,
da eine Legirung des Bleies mit dem Eisen kaum anzunehmen ist. (Breslauer
Gewerbeblatt, 1864, Nr. 15.)
Ueber Nobel's Nitroglycerin-Pulver
als Sprengmittel.
Ueber das neue Nitroglycerin-Pulver, worüber im polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 443
berichtet wurde, enthält das Stockholmer Aftonblad
folgende Bemerkungen.
Ueber die zu Carlsborg mit Granaten angestellten Versuche wird bemerkt, daß
30pfündige Rundkugeln dreimal weiter geschleudert werden, als mit gewöhnlichem
Kanonenpulver.
Später glückte es dem Erfinder, Hrn. Nobel, ein Mittel zu
ersinnen, um das Nitroglycerin, ohne mit Pulver gemischt zu werden, zu entzünden.
Die ganze Ladung besteht gegenwärtig aus dieser Flüssigkeit. Dem Gewichte nach soll
sich die Kraft dieses neuen Sprengmittels zu der des gewöhnlichen Pulvers mindestens
wie 6 zu 1 verhalten, dem Volum nach aber sogar wie 9 zu 1. Dieses so modificirte
Sprengmittel wurde bei Sprengarbeiten in der Nähe von Stockholm mit dem günstigsten
Erfolg versucht.
In ihrem jetzigen Zustande ist die Erfindung sehr einfach und praktisch. Das Pyro-
oder Nitroglycerin wird direct in das mit Letten verdichtete Bohrloch gegossen, der
Zünder wird eingesteckt und der Schuß ist fertig. Man braucht nicht den geringsten
Besatz und geschieht das Laden sehr schnell.
Das Nitroglycerin entwickelt weder Gase noch Rauch, ist also sehr passend für
Grubenbaue; es mischt sich nicht mit Wasser, sondern entwickelt unter Wasser eine
außerordentliche Kraft. Eine Wassermine, bestehend aus diesem Pulver, soll
mindestens dreimal weniger Sprengmasse erfordern, als von gewöhnlichem Pulver.
Der große Nutzen dieses neuen Sprengmittels besteht keineswegs in Pulverersparniß,
wiewohl auch diese in gewisser Hinsicht stattfindet, sondern in Arbeitsersparniß.
Die wahre Ursache, weßhalb man, um eine große Gesteinmasse loszusprengen, z.B. ein 3
Ellen tiefes und 2 Zoll weites Loch bohren muß, besteht darin, daß man Platz für
eine hinreichende Pulverladung, z.B. für 3 Pfd. erhält, um die Masse loszubrechen.
Aber bei Anwendung des Nitroglycerins kann man in ein Loch von kaum 1 Zoll Weite
eine weit größere Kraft schaffen, als die, welche jenen 3 Pfd. Pulver entspricht. Um
jenes Loch zu schlagen, wird gewöhnlich 6 1/3 Frcs. bezahlt, während dieses nur 2,11
Frcs. kostet. Somit werden 2/3 erspart.
Nitroglycerin kostet nur das Doppelte des gewöhnlichen Bergpulvers.
Die Ansprüche des Erfinders sollen sehr bescheiden seyn. Die Bereitung des
Nitroglycerins ist leicht zu lernen. Gegenwärtig hält der Erfinder selbst das
Sprengmittel zur Abnahme für die Interessenten bereit. (Berg- und hüttenmännische
Zeitung, 1864, Nr. 32.)
Ueber den Einfluß der Zusammensetzung der Bronzen auf die
Entstehung der grünen Patina.
Die Abhandlung von Prof. Dr. G. Magnus, welche im polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 370 mitgetheilt wurde,
enthält die Resultate der bezüglichen, durch den Verein für Gewerbfleiß in Preußen
veranlaßten Untersuchungen.
Hinsichtlich dieser Untersuchungen theilte in der Versammlung der Mitglieder des
Vereins im Monat März d. J. Herr Dr. Weber die Analyse eines antiken patinirten Pferdekopfes mit, welche eine
wohl ungewöhnliche Zusammensetzung desselben, namentlich in dem Gehalte an Blei,
ergab. Ein directer Versuch, eine ähnliche Legirung herzustellen, ergab, daß
dieselbe sehr dünnflüssig ist, scharf fällt, und sich daher zum Guß von
Kunstgegenständen besonders eignet.
In derselben Angelegenheit berichtete Herr Dr. Kunheim über ein eingegangenes Gutachten von Pariser
Sachverständigen.
Die zu erzielende Farbe der Bronzen richte sich nach dem Geschmack des Publicums.
Um die sogenannte florentinische Patina zu erzielen, werde zur Legirung wenig Zink
und kein Blei hinzugesetzt; soll die Bronze schnell an der Luft Patinnen, so werde
viel Zink, wenig Blei und kein Zinn hinzugethan. Die Hauptsache bleibe aber in allen
Fällen die Herstellung der reinen Oberfläche, bei kleinen Figuren durch Feilen und
Poliren, bei größeren durch Beizen mit Säuren. Zur Herstellung der florentinischen
Farbe werden auch die Gegenstände mit Ammoniakwasser gewaschen und dann getrocknet,
mit Dampf erwärmt und mit einem fetten Körper überzogen. Außerdem wird aber in Paris
viel Aufmerksamkeit darauf verwendet, die Statuen zu waschen und zu reinigen. Um die
Wirkung der letzteren Prozedur zu erproben, werden von der betreffenden Commission
des Vereins Statuen und Platten in je Doppelexemplaren an verschiedenen Orten
aufgestellt werden. (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in
Preußen, 1864 S. 50.)
Anstrich als Ersatz des Oelanstriches für
Häuserfaçaden, Treppen etc.
Hierzu hat Vernimel in Paris seit Jahren mit bestem
Erfolge folgenden Anstrich angewendet:
Zuerst gibt man auf die Wand oder das Holz einen Anstrich aus mit Leimwasser
verdünntem Zinkoxyd; ist dieser nach 2 Stunden getrocknet, so läßt man einen
Anstrich aus mit Leimwasser verdünntem Chlorzink folgen. Das Zinkoxyd bildet nun mit
dem Chlorzink eine chemische Verbindung von der Härte des Glases und von
spiegelglatter, glänzender Oberfläche. Man kann dadurch, daß man die Farben mit dem
Leimwasser anreibt, jede beliebige Nüance erzeugen. Vor dem Oelanstrich bietet
dieser Zinkanstrich die Vortheile fast unverwüstlicher Dauer, eines sehr schnellen
Trocknens und eines um mehr als 50 Proc. billigeren Herstellungspreises. Von dem
unangenehmen Geruche frischer Oelanstriche, sowie vom Verstäuben derselben während
des Trocknens ist bei diesen Zinkanstrichen keine Rede.
Vernimel erhielt für seine Erfindung außer den
Preismedaillen der Weltausstellungen zu Paris und London, auch eine Staatsbelohnung
von 20,000 Fr., sowie er zum Ehrenmitgliede der Société d'Encouragement pour l'industrie nationale zu Paris
ernannt wurde. (Breslauer Gewerbeblatt, 1864, Nr. 14.)
Ueber Kältemischungen, von Joseph Hanamann.
Der Verf. hat drei Versuchsreihen ausgeführt, durch welche er zu ermitteln suchte,
welchen Einfluß die Natur und die Menge sich lösender Körper auf die
Temperaturerniedrigung in den Kältemischungen ausüben. Bei der ersten Versuchsreihe
wurden die betreffenden Salze für sich in Wasser gelöst, und zwar allemal 1) 1 Unze
Salz in 1 Unze Wasser; 2) 2 Unzen Salz in 2 Unzen Wasser, und sofort bis 8) 8 Unzen
Salz in 8 Unzen Wasser. Bei der zweiten Versuchsreihe wurden je zwei Salze gemischt
angewendet, und zwar 1) 1/2 Unze Salz von jedem in 1 Unze Wasser; 2) 1 Unze Salz von
jedem in 2 Unzen Wasser, und sofort bis 8) 4 Unzen Salz von jedem in 8 Unzen Wasser.
Bei der dritten Versuchsreihe drei Salze und zwar 1) 1/3 Unze Salz von jedem in 1
Unze Wasser; 2) 2/3 Unze Salz von jedem in 2 Unzen Wasser, und sofort bis 8) 2 2/3
Unzen Salz von jedem in 8 Unzen Wasser.
Die Temperatur sank bei
I. Reihe.
1) Salpetersaurem Ammoniak
um 25° C.
2) Salmiak
„ 14
3) Chlorkalium
„ 12
4) Kalisalpeter
„ 10
5) Natronsalpeter
„ 9,5
6) schwefelsaurem Ammoniak
„ 8
7) Glaubersalz
„ 7,5
8) schwefelsaurem Kali
„ 4,5
9) Kochsalz
„ 4
II. Reihe.
1) Glaubersalz und Ammoniaksalpeter
um 26° C.
2) Salmiak und Ammoniaksalpeter
„ 22
3) Chlorkalium und Ammoniaksalpeter
„ 20
4) Kalisalpeter und Salmiak
„ 20
5) Glaubersalz und Salmiak
„ 19
6) Natronsalpeter und Salmiak
„ 17
7) Chlorkalium und Natronsalpeter
„ 11
8) Glaubersalz und Natronsalpeter
„ 10
9) Kalisalpeter und Kochsalz
„ 10
10) Ammoniaksalpeter und Kalisalpeter
„ 22
III. Reihe.
Bei
Glaubersalz, Ammoniak- und Kalisalpeter
um 17–26° C.
„
Salmiak, Glaubersalz und Kalisalpeter
„ 17–23
„
Kali-, Natron- und Ammoniaksalpeter
„ 16–27
(Wittstein's Vierteljahresschrift,
1864, Bd. XIII S. 3.)
Reagens zur Entdeckung von Runkelrübenalkohol.
Dazu schlägt Cabasse (Chemical
News, vol. VII Nr. 165) Schwefelsäure vor.
Mischt man 3 Gewichtstheile dieses Alkohols mit einem Gewichtstheil Schwefelsäure, so
entsteht unmittelbar eine charakteristische rothe Färbung, welche ihre Intensität
mehrere Monate lang beibehält.
Folgende Resultate bezüglich der Einwirkung von Schwefelsäure auf Mischungen dieses
Alkohols mit gewöhnlichem Weinalkohol in bestimmten Verhältnissen werden als Beleg
angeführt:
a) Weinalkohol 3 Thle.; Runkelrübenalkohol 1 Thl.; rothe
Färbung, jedoch nur sichtbar, wenn ein weißes Papier hinter das Mischungsgefäß
gehalten wird;
b) Weinalkohol 1 Thl.; Runkelrübenalkohol 3 Thle.; noch
deutlichere rothe Färbung.
Nach des Verfassers Ansicht wird die rothe Färbung wahrscheinlich durch Einwirkung
der Säure auf das flüchtige Oel hervorgebracht, von welchem der Alkohol bisher noch
nicht hat befreit werden können. (Journal für praktische Chemie, Bd. XCII S.
320.)
Gewinnung ätherischer Oele aus destillirten Wässern.
Nach dem Engländer Groves gewinnt man dieselben auf
folgende einfache Art. Man fügt zu dem Wasser 1/8 seines Volums reines Olivenöl,
gibt dann etwas Potascheauflösung hinzu und verwandelt das Ganze durch Schütteln in
eine Emulsion. Setzt man derselben einen kleinen Ueberschuß einer Säure zu, welche
die Potasche sättigt, so scheidet sich das fette Oel wieder aus, indem es das
sämmtliche riechende Oel bindet. Dieses kann mittelst Alkohol dem fetten Oele wieder
entzogen werden.
Das Kamptulikon, ein Material zu Fußböden.
Ueber dieses Material, ein Gemisch von Korkabfällen mit geringeren Kautschuksorten,
wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CLXVII S. 238 berichtet.
In der Versammlung der Mitglieder des Vereins für Gewerbfleiß in Preußen, im Monat
März d. J., sprach Hr. Dr. Weber über das Kamptulikon unter Vorzeigung von Proben aus der Handlung
von Schwerdtmann in Berlin. Der Stoff eignet sich wegen
seiner Elasticität und Wasserdichtheit zum Belegen von Treppen, Sälen, Badezimmern,
Pferdeständen etc. und wird bereits in England in großer Ausdehnung fabricirt. Es
sind besonders zwei Bereitungsarten bekannt geworden: 1) der Kautschuk wird in
warmem Zustande dünn ausgewalzt, mit Korkpulver imprägnirt und die Lagen bis zur
gewünschten Dicke wiederholt; 2) der Kautschuk wird mit Theeröl aufgequollen,
zwischen Walzen gebracht und mit Korkpulver imprägnirt, und das Verfahren ebenfalls
bis zur gewünschten Stärke wiederholt. Neuerdings soll ein Hr. Wiese statt des Korks zu demselben Zwecke Faserstoff verwenden. Eine Reihe
von Untersuchungen zur Trennung des Kautschuks vom Kork mittelst Schwefelkohlenstoff
hat ergeben, daß das Fabricat 50 bis 56 Proc. Kork enthält. (Verhandlungen des
Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1864, S. 52.)
Ueber Daniel Hooibrenk's künstliche
Befruchtung des Getreides; von Dr. F. F. Runge, Professor der Gewerbekunde in Oranienburg.
Hr. Daniel Hooibrenk hat im vorigen Jahre in dem Moniteur unterm 10. Sept. (Nr. 253) ein Verfahren
beschrieben, das Getreide künstlich zu befruchten.
Die meisten Fachzeitungen und selbst politische, haben davon wortgetreue
Uebersetzungen gebracht und das mit einem Eifer und einer Schnelligkeit, als ob es
gewiß sey, daß man künftig die Menschheit um den halben Preis beköstigen könne.
Hr. Hooibrenk sagt nämlich: „Ich bringe den
Landwirthen ein sicheres Verfahren zur Kenntniß,
durch welches sie ohne Kosten und auf einfache Weise Jahr für Jahr um die Hälfte mehr als von einer gewöhnlichen Ernte an
Getreide erzielen können.“
„Mein Mittel,“ sagt er ferner, „besteht in der künstlichen Befruchtung des Getreides, und das
Werkzeug, dessen man sich dazu bedienen muß, sind wollene
Fransen, welche man in der Blüthezeit durch und über die Aehren gleiten
läßt. An einer starken Leine, so lang wie das zu befruchtende Feld,
sind Fransen oder Lappen von grober Wolle befestigt, 4–6 Zoll
lang.“ (Es ist dieß also eine Art biegsamer Harke mit biegsamen
Zähnen – eine Lappenharke.) „Zwei Arbeiter, zu beiden Seiten des
Feldes aufgestellt, halten die Leine in der Weise, daß die Aehren nur von den
Fransen berührt werden und im Vorwärtsschreiten sich so bewegen, daß sie leicht
gegen einander schlagen. Durch diese abwechselnde regelmäßige Bewegung
verbreitet sich der dadurch hervorgelockte Blüthenstaub gleichmäßig über alle
Aehren.“
„Bei dieser künstlichen Befruchtung muß man das erste Mal von Osten nach
Westen mit der Leine gehen, weil die nach Osten gerichtete Seite der Aehre stets
am ersten zur Fruchtbildung gelangt. Zwei oder drei Tage später geht man sodann
mit der Leine von Westen nach Osten. Nach weiteren zwei bis drei Tagen begeht
man noch einmal das Feld nach Gutdünken, um die zurückgebliebenen Aehren zu
berücksichtigen, und damit ist die künstliche Befruchtung vollendet.“
„Die eben beschriebene künstliche Befruchtung wurde auf dem Gute Sillery
des Hrn. Jacquesson ausgeführt, und zwar mit Roggen, Weizen, Gerste und Hafer.“
Das Ergebniß war nach Hrn. Hooibrenk ein überaus befriedigendes, und aus den von ihm angeführten
Zahlen ergibt sich, daß „der Ertrag des Getreides
durch die künstliche Befruchtung durchschnittlich um die Hälfte gesteigert
ward und zwar, da die Ausgaben für Fransen und Arbeitslohn kaum zu
rechnen sind, ohne wesentliche Erhöhung der
Kosten.“
Dieß Ergebniß wurde nach Hrn. H. durch drei Preisrichter festgestellt: Hrn. Payen, Mitglied der französischen Akademie der
Wissenschaften, Hrn. Dailly, Landwirth zu Trappes, und
Hrn. Simons vom landwirthschaftlichen Ministerium. Die
Zeitungen meldeten später, der Kaiser Napoleon III. habe Hrn. H. 20,000 Frcs. als
Belohnung gegeben.In Folge der auf dem Gute Sillery erlangten Resultate wurde zur gründlichen
Prüfung der Sache eine Commission ernannt, als deren Präsident der Marschall
Graf Vaillant, Minister des kaiserlichen Hauses
und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, fungirt. Diese Commission hat
Alle, die sich für den Gegenstand interessiren, eingeladen an den Versuchen
Theil zu nehmen und die Resultate einzusenden; um die Einheit der Versuche
zu erstreben, hat die Commission ihre Aufforderung mit Instructionen
begleitet, welche im Auszug im polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 238
mitgetheilt wurden. Daß das wahrhafte Resultat dieser Versuche der
gründlichen Auseinandersetzung des Hrn. Dr. Runge vollkommen entsprechen wird, ist nicht im
geringsten zu bezweifeln.A. d. Red.
Wer dieß so liest, ohne je eine Blüthe der vier genannten Getreidearten genau
betrachtet zu haben und ohne folglich die Werkzeuge zu kennen, von denen die Bestäubung ausgeht, und die Befruchtung abhängt, der wird dem Hrn. H. nicht nur glauben, sondern ihn
auch vielleicht noch loben und preisen.
Ich möchte auch Lob, Preis und Dank dem Hrn. H. spenden, wenn ich nur nicht den Blüthenbau der Getreidearten zu genau kennte. Dieser ist
aber von der Art, daß die Behandlungsweise des Hrn. H. durchaus den beabsichtigten
Zweck verfehlt und verfehlen muß, und die ganze weltbeglückende Erfindung des Hrn. H. als eine der
glänzendsten Aufschneidereien der Neuzeit erscheint.
Betrachten wir nun den Bau der Getreideblüthen und die Umstände, unter welchen das
Samenkorn sich bildet.
Eine Roggenähre enthält meistens an 40 Doppelblüthen, auf
jedem Spindelabschnitte eine. Ein solche besteht aus zwei schmalen Deckspelzen,
deren äußere in eine lange Granne ausgeht; die innere ist flach und ohne Granne. Sie
schließen drei Staubgefäße ein, die anfangs fast nur aus großen Staubbeuteln – die fast eben so lang sind wie die Spelzen
– mit ganz kurzen Staubfäden bestehen. Die sehr kleine gefiederte Narbe wird
dicht von den Staubbeuteln eingeschlossen. Später werden die Staubfäden so lang, daß
sie mit den Staubbeuteln aus den geöffneten Deckspelzen nach außen herabhängen.
Wenn dieß in die Erscheinung tritt, hat die Bestäubung und
Befruchtung im Innern bereits stattgefunden; denn die Staubbeutel sind
geplatzt, der Fruchtknoten ist schon merklich entwickelt, und von der gefiederten
Narbe tritt ein Theil seitwärts aus den Spelzen hervor.
Dieß Alles ereignet sich bei den einzelnen Blüthen nach und nach, und zwar zuerst an
der einen Seite der Aehre. Später folgt die andere Seite, so daß dieß Aufblühen der
einzelnen Blüthen einer Aehre wohl an 8 bis 10 Tage lang dauert.
Sehr bemerkenswerth ist die Fülle von Blüthenstaub, welche die heraushangenden
Staubbeutel spenden. Die Umgebung wird davon mit einem gelben Anflug überzogen. Dieß
kann auch nicht anders seyn, da an einer einzigen Aehre sich nach und nach 80
Blüthen mit je 3 Staubbeuteln, also 240 Stück, entwickeln.
Eine jede Aehre hat demnach für sich des Staubes genug zur Befruchtung und braucht
nicht von der Nachbarähre zu borgen.
Es ist demnach das „Gegeneinanderschlagen der
Aehren,“ wie es Hr. H. mit seiner Harke bewirken will,
durchaus überflüssig. Auch ist es unthunlich. Die Aehren stehen nie in gleicher
Ebene. Man kann 5–6 verschiedene Höhen blühender Roggenpflanzen bemerken.
Wäre hier nun ein Bewegen der Aehren vonnöthen, so könnte ihnen Hr. H. mit seiner
Vorrichtung nicht beikommen, aber der Wind würde das
schon besorgen. Es ist überhaupt verwunderlich, daß Hr. H., dessen ganze Erfindung
auf einem Versetzen und Ueberführen des Blumenstandes der einen Pflanze auf die
andere beruht, so ganz und gar den Wind außer Acht läßt.
Bei der Weizenähre stehen 5 Blüthen auf einem
Spindelabschnitt. Von diesen Blüthen sind 3 fruchtbar, d.h. jede enthält, dicht
eingeschlossen zwischen 2 Blüthenspelzen, die Staubgefäße nebst Griffel und Narbe.
Diese Narbe ist gefiedert und tritt niemals aus der Spelzenumhüllung heraus. Mit den
Staubbeuteln geschieht dieß aber wie beim Roggen. Die anfangs sehr kurzen Staubfäden
verlängern sich und treten heraus, so daß sie mit den Staubbeuteln herunterhängen.
Wenn dieß eingetreten, ist im Innern die Bestäubung der Narbe
und die Befruchtung des Keims bereits geschehen, gerade so wie es beim
Roggen der Fall ist.
Da beim Roggen die Narbe theilweis aus der Spelzumhüllung heraustritt, so ist, wenn
auch unnöthig, doch eine künstliche Bestäubung möglich. Hier ist sie aber vermöge
des dichten Verschlusses durch die breiten Spelzen ganz unausführbar. Hr. H. hat
demnach mit seiner künstlichen Weizenbefruchtung den Leuten etwas aufgebunden und seine Angabe, dadurch den Ertrag um die
Hälfte vermehrt zu haben, ist eine Unwahrheit.
Die fruchtbare Blüthe an der Gerstenähre kann man eine bewaffnete Blüthe nennen. Ihre 3 Staubfäden und 2
gefiederten Narben werden von 2 Spelzen eingeschlossen, von denen die eine mit einer
5–6 Zoll langen Granne versehen ist. Diese Blüthen
stehen nun so auf den Spindelabschnitten, daß die mit der Granne versehene Spelze
nach außen gekehrt ist, während sich die unbewaffnete Spelze dicht an die Spindel
anlegt. Auf diese Weise ist ihrem Inhalt gar nicht
beizukommen. Die Bestäubung und Befruchtung geschieht hier in einem völlig
verschlossenen Raume. Erst nachdem dieß geschehen,
werden die 3 Staubfäden mit den Staubbeuteln äußerlich bemerkbar. Die Narbe kommt dagegen vor der Befruchtung nie zu Tage.
Oeffnet man kurz vorher, ehe die Staubfäden äußerlich sichtbar werden, die Blüthe,
indem man sie mit der linken Hand an der langen Granne festhält und nun mittelst
einer Zange die innere oder oberere kleine Spelze zurückbiegt, so bemerkt man die
drei Staubgefäße dicht über der gefiederten Narbe. In den
meisten Fällen sind die Staubbeutel nun schon geplatzt, so daß der Blüthenstaub
aufliegt. Die Befruchtung ist also geschehen.
Nun möchte ich Hrn. H. sehen, wie er es anfängt ein Gerstenfeld mit seinen wollenen
Befruchtungslappen zu befruchten und zwar so, daß die Ausbeute, wie er behauptet,
die Hälfte mehr beträgt als ohne seine Lappalien! Jedenfalls sind seine Behauptungen
in Bezug auf die Gerste sämmtlich ebenso erlogen, wie ich dieß so eben hinsichtlich
des Roggens und Weizens nachgewiesen habe.
Der Hafer treibt Rispen mit 4, 5–6 Aesten, die
4–5 Doppelblüthen tragen. Diese Blüthen sind von
einem gemeinschaftlichen Kelch dicht umschlossen, der aus
zwei bauchigen, großen, weiten Spelzen besteht.
Jede einzelne Blüthe hat ebenfalls 2 Spelzen, welche den
Griffel und die Staubfäden gleichfalls dicht einschließen. Eine längere Zeit bleibt
dieser Verschluß vollkommen. Dann aber öffnet sich der gemeinschaftliche Kelch,
einem Storchschnabel gleich, und die beiden Einzelblüthen werden sichtbar. Hierauf
öffnet eine derselben ihre beiden Spelzen, und es werden
die drei Staubfäden mit den Staubbeuteln und der Griffel mit den federartigen Narben sichtbar und ragen seitwärts
hervor.
Wenn dieß geschieht, ist die Bestäubung und somit die Befruchtung bereits geschehen, denn diese geht früher vor sich, als die beiden Spelzen sich öffnen
und die Staubgefäße nebst den Narben sichtbar werden.
Dieß Sichtbarwerden der Staubgefäße geschieht durch Verlängerung der Staubfäden, so
daß sie dann mit den Staubbeuteln schlaff herunterhängen. Denn anfangs vor der
Bestäubung sind sie kaum länger als der Griffel nebst Narben und stehen straff und
dicht um dieselben herum, so daß sich die Bestäubung gleichsam von selbst macht.
Viele Blüthen öffnen ihre Spelzen gar nicht, so daß die
Staubgefäße durchaus nicht sichtbar werden. Zerlegt man nun eine solche Blüthe, die
neben einer bereits längere Zeit geöffneten steht, also alt genug ist, daß sie sich
hätte öffnen können – so findet man ein schon ziemlich entwickeltes Samenkorn mit milchigem Inhalt. Also ist die Befruchtung
geschehen. Die welken Staubbeutel befinden sich über dem Samenkorn an den
verlängerten Staubfäden, noch fest umschlossen von den beiden Spelzen.
Hiernach ist es 1) nicht nöthig, daß zur befruchtenden Bestäubung von außen
eingewirkt werde, und 2) ist eine solche Einwirkung geradezu unmöglich, da man der Narbe wegen der Spelzenhülle von außen gar nicht beikommen
kann. Wenn dieß aber später bei einigen Blüthen möglich wird, indem die gefiederten
Narben aus den geöffneten Spelzen hervortreten, so sind sie, wie gesagt, schon
befruchtet. Auch geben die Staubbeutel keinen Blüthenstaub mehr, er ist längst
verflogen.
Wenn daher Hr. H. behauptet, mittelst seiner wollenen Lappenharke auch den Hafer
künstlich befruchtet und dadurch den Ertrag um die Hälfte gesteigert zu haben, so
hat er auf das Unverschämteste aufgeschnitten.
Wir haben nun durch eine genaue Betrachtung der vier verschiedenen Getreideblüthen
gesehen, daß eine künstliche Befruchtung, wie sie Hr. H. bewirkt haben will, weder
stattfindet, noch überhaupt stattfinden kann, und es drängt sich die Frage auf: Wie
war es möglich, daß man dem Manne Glauben schenken konnte? Besonders ist es auffallend, daß die HH. Preisrichter und andere verständige
Männer sich täuschen ließen. Es scheint, als ob Keiner von ihnen sich recht
klar gemacht hat, um was es sich hier handelt, und daß sie der fabelhaften Befruchtungsmaschine des Hrn. H., der Lappenharke, mehr Aufmerksamkeit geschenkt haben, als dem eigenthümlichen
Bestandtheil der Blüthe, der befruchtet werden sollte, dem Griffel mit der Narbe. Daß diese fast nie zu
Tage kommt und dem Hrn. H. mit seiner Lappenharke unerreichbar ist, bleibt ihnen ein
Geheimniß. Auch fragten sie nicht darnach, weil Hr. H. wie ein kluger Taschenspieler
in der Beschreibung seiner Entdeckung durch mehrere Schwindeleien, denen er einen
wissenschaftlichen Anstrich zu geben wußte, die Aufmerksamkeit von der Hauptsache
ablenkte. So stellt er die Behauptung auf, daß der Blüthenstaub von einer und
derselben Pflanze eine bei weitem geringere Befruchtungskraft übe, als der von einer
in ihrer Nähe stehenden Getreidepflanze gleicher Art.
„Jede Aehre“ – sagt er – „stellt
gleichsam eine Familie vor, bei welcher die eingegangenen Verbindungen nicht die
zu erwartenden ersprießlichen Folgen haben, wenn sie sich innerhalb der Glieder
dieser Familie vollziehen. So gibt die benachbarte Aehre ihrer Nachbarin eine
größere Fruchtbarkeit, und das durch den Blüthenstaub einer fremden Aehre befruchtete Korn entwickelt sich bei
weitem besser als dasjenige, welches durch den Blüthenstaub einer Aehre des
gemeinschaftlichen Halmes befruchtet wird.“
Dieses Gesetz, das von Thieren und Menschen allerdings gilt, wendet unser Schwindler
auf Pflanzen an, deren Blüthen Zwitter sind, wo also
selbstverständlich und nothwendig der eigene Blüthenstaub
zur Befruchtung des eigenen Samenkeims bestimmt ist.
Diesen Umstand haben sich die Wenigsten klar gemacht, denen Hr. H. seine Entdeckung
anpries; daher wurde ihm auf's Wort geglaubt und ohne nähere Prüfung betrachtete man
wirklich das von ihm empfohlene Gegeneinanderschlagen der
Aehren als die Hauptsache bei seiner künstlichen Befruchtung.
Dasselbe Streben, seiner sogenannten Entdeckung eine wissenschaftliche Grundlage zu
geben, zeigt sich auch in der folgenden Behauptung: „Es steht als Regel
fest, daß das weibliche Organ zur Befruchtung bereit ist, indeß der Blüthenstaub
noch nicht so weit gediehen. Da nun ein Theil der Aehre in voller Blüthe stehen
kann, während dieß bei einem anderen Theile derselben noch nicht stattfindet, so
muß man diesen Umstand scharf in's Auge fassen.“
Ganz recht: „scharf in's Auge
fassen“, damit man die eigentliche Flunkerei nicht merkt. Ein dem
Hrn. H. auf's Wort Glaubender wird daher bereitwilligst sich der Lappenharke
bedienen, wenn er an seinem Weizen- oder Roggenfelde das einseitige Heraushängen der
Staubgefäße bemerkt. Die Wirkung kann gar nicht fehlen, denkt er, wenn nur die
blühende Seite der einen Aehre mit der andern in Berührung gebracht wird. Daß nun
aber an dieser nichtblühenden Seite gar nichts von außen
zu befruchten ist, das entgeht ihm, da Hr. H. ihm wohlweislich verhehlt, daß das
weibliche Organ hier dicht von den Kelchen umschlossen ist.
Eine gleiche Bewandtniß, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, hat es mit der
scheinbar gelehrten Behauptung, daß, wenn der Narbe die zur Blüthenstaubaufnahme
nöthige Feuchtigkeit fehle, diese durch Honig ersetzt
werden könne.
Man vernehme, wie Hr. H. dieses bewirkt. „Um die Folgen der zufälligen
Vernichtung des Honigtropfens der Staubwege auszugleichen, bestreiche ich die wollenen Fransen mit Honig, welcher den der
Staubwege vortrefflich ersetzt.“
Nun denke man sich einen mit Honig bestrichenen wollenen Lappen einer Roggenähre gegenüber, an der 70–80 Narben
vorhanden sind, von denen eine jede ihr Tröpfchen Honig erhalten soll! Wären alle Narben bloß und
nach außen gekehrt, so würden wohl einige mit Honig beschmiert werden, aber nie in
der Art, daß dadurch die natürliche Feuchtigkeit der Narbe – die übrigens gar
kein Honig ist – ersetzt würde.
Nun aber sind alle 70–80 Narben der Aehre zwischen zwei eng anschließenden
Kelchblättern wohl verwahrt, von denen das eine sich in eine mehrzöllige Granne
verlängert. Dieß gibt 70–80 Grannen, die gleich Palissaden die Aehre von
außen einschließen. Da komme nun einmal Hr. H. mit seinen Honiglappen an!
Wäre aber auch „dieses Honig um den Bart schmieren“ wirklich
ausführbar, so würde es doch nicht nützen, sondern schaden, denn die Staubbeutel würden ebenfalls ihren Theil bekommen, und
damit würde dann die Quelle des Blüthenstaubes verstopft.
Diese Honigangelegenheit ist in der That mehr als unverschämt; aber sie wird noch
durch die folgenden Rathschläge überboten, die Hr. H. in diesem Frühjahr von sich
gegeben hat.
In einem Pariser Blatte – sagt die Leipziger Bilderzeitung, 1864, Nr. 1087, S.
299 – gibt Hr. H. das Verfahren der „künstlichen Befruchtung der Obstbäume“ an und sagt
wörtlich:
„Ich halte es für meine Pflicht, das Mittel
anzugeben, sich eine reichliche Ernte zu sichern. Um diesen Zweck zu erreichen,
muß man das Pistill der Blüthe leicht mit dem in Honig
getauchten Finger berühren. Dann fährt man mit einem Büschel von
Schwanenflaum über alle Blüthen, um die Versetzung des befruchtenden Staubes zu
erleichtern. – Solche Fruchtbäume, deren Blüthen man mit der Hand nicht
erreichen kann, befruchtet man, indem ein mit Honig
bestrichener Schwanenbüschel an eine bewegliche Gerte befestigt wird,
mit welchem man das Pistill betupft, worauf über dasselbe, wie oben gesagt, mit
einem Flaum ohne Honig hinweggefahren wird.“
In diesen Rathschlägen, sich eine reiche Obsternte zu sichern, und deren Ertheilung
Hr. H. „für seine Pflicht hält,“ erreicht seine Unverschämtheit im Aufschneiden ihren Gipfelpunkt!
Man denke sich einen Obstgarten mit 50 Bäumen in voller Blüthe. Hr. H. steht mit
einem Honigtöpfchen und erhobenem
Zeigefinger vor einem Birnbaum, dessen Blüthenmenge ein Dase auf eine halbe Million schätzen würde. Hr. H. hat..
Doch ich unterlasse die weitere Ausmalung des Bildes. Es ist gar zu lächerlich, wenn
ein solcher Knirps den Weltverbesserer spielen und die ewigen
Naturgesetze vervollkommnen will. Ueberdieß wird Hr. H. sich wohl hüten,
seinen unsinnigen Vorschlag selbst zu befolgen; das überläßt er Anderen. Ihm ist es
nur darum zu thun, neue Anhaltspunkte der Wahrscheinlichkeit für seinen Getreideschwindel zu haben.
Die obigen Vorschläge sind in der That die Fortsetzung desselben. Die Lappenharke
wird hier durch den in Honig gestippten Finger nebst
Schwanenbüschel und Schwanenflaum ersetzt.
Wie wohl einer Biene eine solche Befruchtungspfuscherei
erscheinen möchte? Könnte sie denken und sprechen, so würde Hr. H. Spott und Hohn zu
hören bekommen, und mit gerechtem Zorn würde sie ihn auf ihren alten Freund Christian Conrad Sprengel verweisen, der in seinem Buche:
„Das entdeckte Geheimniß der Natur im Bau
und in der Befruchtung der Blumen, Berlin 1793“ ihre emsige
Thätigkeit, Staub von Blüthe zu Blüthe zu tragen, so schön
bewiesen, gepriesen und verherrlicht hat!