Titel: | Versuche über den Einfluß von wiederholten Stößen und Wechseln in der Belastung auf schmiedeeiserne Brücken, von William Fairbairn. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. VII., S. 12 |
Download: | XML |
VII.
Versuche über den Einfluß von wiederholten Stößen
und Wechseln in der Belastung auf schmiedeeiserne Brücken, von William Fairbairn.
Im Auszug mitgetheilt nach dem London Artizan, April 1864; hier aus dem Civilingenieur, Bd.
X S. 510.
Fairbairn, über den Einfluß wiederholter Stöße etc. auf
schmiedeeiserne Brücken.
Fairbairn bemerkt, daß nach den Versuchen, welche vor
Erbauung der die Conway und Menai Streets überspannenden Brücken zur Ermittelung der
Stärke und zweckmäßigsten Form der Röhrenbrücken angestellt wurden, anfänglich
angenommen worden sey, daß man dieses und ähnliche schmiedeeiserne Brückensysteme
nach Abzug der Hälfte des eigenen Gewichtes der Brücke nach einer Bruchlast
berechnen müsse, welche sechsmal so groß sey, als die Belastung schlimmsten Falles
betragen könne. Man glaubte hierbei schon eine genügende Sicherheit gegeben zu
haben, später auftauchende Bedenklichkeiten führten aber, wie dieß bei neuen
Constructionen oft der Fall ist, zur Annahme einer noch größeren Sicherheit und man
berechnete mehrere dieser Bauwerke nach dem Achtfachen der höchsten Belastung, gieng
jedoch später, als sich dieselben gut bewährten, wieder auf das Sechsfache
zurück.
Bei dem bald kund werdenden allgemeinen Verlangen für schmiedeeiserne Brücken
entstanden mehrere derartige Bauwerke, bei denen die durch die oben erwähnten
Experimente aufgefundenen Verhältnisse zwischen den Stärken der oberen und unteren
Gurtung u.s.w. nicht gehörig beachtet und befolgt worden waren, und bei einigen von
diesen schwachen Brücken waren die Verhältnisse so übel gewählt, daß sie schon bei
der Belastung mit dem Doppelten des permanenten Gewichtes nahe an der Grenze ihrer
Tragfähigkeit standen, was noch dadurch verschlimmert wurde, daß sie oft in Accord
gebaut und mit schlechtem Eisen und schlechter Arbeit ausgeführt waren. Hierdurch
wurden natürlich mancherlei Unfälle und Einstürze herbeigeführt, welche
Bedenklichkeiten und Befürchtungen bezüglich der Anwendbarkeit des Schmiedeeisens zum
Brückenbau hervorriefen, und endlich bestimmte der Board of
Trade, daß bei schmiedeeisernen Brücken keine stärkere Inanspruchnahme als
mit 5 Tonen pro Quadratzoll zulässig zu erachten sey,
ohne daß es dargelegt worden wäre, worauf sich diese Annahme gründe.
Die durchgängige Annahme von 5 Ton. scheint nicht geeignet, in allen Fällen die
besten Constructionsverhältnisse zu bestimmen, denn bekanntlich ist bei
Schmiedeeisen der Widerstand gegen Zug sehr verschieden vom Widerstande gegen Druck
und es kam daher vor, daß bei unpassender Dimensionirung der oberen Gurtung gegen
die untere ein mit sechsfacher Sicherheit berechneter Träger unter 10 Tonnen
Belastung, oder wenig mehr als der Hälfte der Bruchfestigkeit, bereits an der Grenze
der Widerstandsfähigkeit anlangte. Dabei wurde ferner beobachtet, daß die obere
Gurtung im Querschnitt nur wenig über halb so stark gemacht zu werden brauchte, wenn
sie nicht massiv, sondern zellenförmig construirt wurde, was für den Bau weit
gespannter Brücken von großer Wichtigkeit war. Die Vorschrift von 5 Tonnen pro Quadratzoll ist also in diesem Falle nicht
zutreffend und da bei derselben überdieß Nichts darüber gesagt war, in welcher Weise
das Eigengewicht in Rechnung zu bringen sey, so mußte dieselbe als ungenügend
erscheinen.
Fairbairn stellte daher die nachstehend angeführten
Versuche an, um zu finden, welche Anstrengung schmiedeeiserne Brücken mit Sicherheit
auszuhalten im Stande sind. Der Apparat war so eingerichtet, daß die Belastung
schnell erfolgte, und daß das Brückenmodell dann unter der Belastung beträchtliche
Erschütterungen auszuhalten hatte. Das Modell war ein 20 Fuß frei liegender
Blechbalken mit
4,3
Quadratzoll
Querschnitt
der oberen Gurtung,
2,4
„
„
„ unteren Gurtung
1,9
„
„
„ Mittelrippe
8,6
„
„
im Ganzen,
16 Zoll hoch und 7 Cwt. 3 Qrs. schwer.
Derselbe wurde zunächst mit 6643 Pfd. oder 1/4 der Bruchlast belastet und zeigte
dabei Folgendes:
Datum.
Zahl der Belastungen.
Einbiegung.
21. März 1860
0
0,17
7. April „
202890
0,17
1.
Mai „
449280
0,16
14. Mai „
596790
0,16
Nachdem der Balken ungefähr eine halbe Million von abwechselnden Be- und Entlastungen
(acht pro Minute) ohne merkliche Veränderung ausgehalten hatte, steigerte man
die Belastung auf circa 3 1/2 Tonnen oder 2/7 der
Bruchlast und setzte ihn abermals 403210 abwechselnden Be- und Entlastungen aus,
wobei die anfängliche Einbiegung (0,22 Zoll) sich nicht veränderte.
Hierauf wurde das Gewicht auf 10486 Pfd. oder 2/5 des Bruchgewichtes gesteigert und
es zeigte sich eine Einbiegung von 0,35 Zoll mit permanenter Einbiegung von 0,05
Zoll. Nach 5175 abwechselnden Belastungen (im Ganzen also 1005175 Wechseln) brach
der Balken ziemlich in der Mitte.
Derselbe wurde hierauf durch Erneuerung der zerrissenen Winkeleisen und Auflegen
einer Deckplatte reparirt und wieder mit 3 Tonnen belastet, und hielt ohne Zunahme
der permanenten Einbiegung 3150000 abwechselnde Be- und Entlastungen aus. Als man
nun die Last auf 4 Tonnen erhöhte, wodurch die Einbiegung von 0,17 auf 0,20 Zoll
wuchs, brach der Balken nach 313000 Wechseln in der unteren Gurtung, nahe bei der
geflickten Stelle.
Aus diesen Versuchen geht hervor, daß schmiedeeiserne Balken der gewöhnlichen
Construction bei einer Belastung mit 1/3 der Bruchlast starke Erschütterungen nicht
mit Sicherheit zu tragen vermögen, daß sie dagegen 1/4 der Bruchlast mit großer
Zähigkeit vertragen. Nimmt man an, daß eine schmiedeeiserne Brücke unter dieser Last
12 Millionen Wechsel ohne Schaden aushält, so würde eine solche Brücke 328 Jahre
stehen, wenn sie täglich hundertmal befahren würde. Bei 1/3 der Bruchlast würde sie
aber nur 8 Jahre sicher seyn, da der Versuchsbalken unter dieser Last nur 313000
Wechsel aushielt.