Titel: | Ueber englisches Letternmetall; von Dr. Franz Varrentrapp. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XVII., S. 38 |
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XVII.
Ueber englisches Letternmetall; von Dr. Franz Varrentrapp.
Varrentrapp, über englisches Letternmetall.
Von vielen Seiten hört man die englischen Lettern rühmend anerkennen; man sieht
selten englischen Druck, der nicht scharfe Contouren zeigt, ein Beweis, daß mit noch
nicht durch den Druck stumpf gewordenen Lettern gedruckt wurde, während man gar
häufig in deutschen Büchern, die übrigens mit Sorgfalt, ja sogar Luxus behandelt
sind, die zu große Abnutzung der verwandten Lettern deutlich erkennt.
Das Auffallende dieses Unterschiedes verschwindet, wenn man die Komposition mancher
englischer Lettern untersucht. Auf der Ausstellung im Jahre 1862 waren zwei
Gießmaschinen in Thätigkeit. Die zum Guß hier verwandten Legirungen bestanden nach
einer Analyse aus:
I.
II.
III.
Blei
55,0
61,3
69,2
Antimon
22,7
18,8
19,5
Zinn
22,1
20,2
9,1
Kupfer
–
–
1,7
III. ist die Zusammensetzung von aus England im gewöhnlichen Handel bezogenen
Schriften und zwar der größeren Sorten.
Zu
Nro. 1
sind
10 Theile
Blei mit 8
„
Nro. 2
„
„ „
„ mit 6,6
„
Nro. 3
„
„ „
„ mit 4,2
Zinn und Antimon legirt, während bei unserem gewöhnlichen
deutschen Schriftzeug auf 10 Thle. Blei selten mehr als 2 Thle., häufig weniger
Antimon genommen wird.
Es ist klar, daß das englische Metall sehr viel theurer kommt als das deutsche, aber
die Engländer lassen sich auch ihre Lettern stets viel theurer bezahlen, wogegen die
Haltbarkeit so harter Legirungen doch wohl in Anschlag zu bringen ist.
Die obengenannten Legirungen, auch die Nro. III., sind so hart, daß sie unter
schwachen Hammerschlägen zu gröblichem Pulver zerfallen.
Ob in England nur solche theure Legirungen in Gebrauch sind, weiß ich nicht,
jedenfalls sind sie nichts Seltenes.
Eine wesentliche Verbesserung unserer gewöhnlichen Schriftzeuge erlangt man schon,
wenn man 2 Pfd. Zinn in einem Tiegel unter Kohlenpulver stark erhitzt, 1 Pfd. Kupfer
in Blechschnitzeln oder Abfällen der Galvanoplastik einrührt, dann 5 Pfd. Blei
zugibt, die Legirung stark erhitzt und endlich 2 Pfd. Antimonregulus zusetzt und einschmilzt. Diese Legirung
wird ausgegossen, sie ist leicht schmelzbar genug, um, wenn 1 Pfd. davon zu
gewöhnlichem Schriftmetall gesetzt wird, welches aus 25 Pfd. Blei und 5 Pfd.
Antimonregulus legirt und geschmolzen ist, sich darin zu lösen, ohne daß man sehr
gesteigerter Temperatur bedarf. Dieß ist nicht in gleichem Maaße der Fall, wenn man
viel weniger oder viel mehr Zinn mit derselben Menge Kupfer legirt hat, so
auffallend die Thatsache erscheint.
Auch für diese Legirung sowie für alle Letternmetalle ist zu bemerken, daß, je kälter
sie vergossen wird, desto härter fallen die Lettern aus. Es ist unmöglich, dünne
Lettern, z.B. i oder Spatien, mit so wenig erhitztem
Metall zu gießen, als dicke Buchstaben. Bei der in unseren Gießereien üblichen
Manier, drei oder vier Gießpfannen auf einem Feuer zu erhitzen, haben es die
Schriftgießer wenig in der Hand, jeder mit nur eben genügend erhitztem Metall zu
gießen. Die Engländer ziehen deßhalb auch vor, jede Pfanne auf einem eigenen Feuer
zu erhitzen, damit jeder Gießer im Stande ist, je nach Bedürfniß sein Metall zu
erhitzen und demselben stets nur die möglichst niedrige Temperatur zu ertheilen,
welche erforderlich ist, damit der Buchstab gut fällt. Zu heiß gegossene Buchstaben
zeigen sich nicht allein bei Anwendung derselben Legirung viel weicher, sondern sind
auch sehr oft so hohl, daß sie schlecht stehen. In den Letterngießmaschinen sieht
man in der Regel mit viel zu heißem Metall gießen; die dann fallenden Lettern sind
so weich, daß sie sich mit Vorsicht biegen lassen, während aus derselben Legirung
möglichst kalt gegossene Lettern gleicher Dicke kurz brechen.
Wo Satz aus solchen Buchstaben in Papier abgeformt wird, um daraus Stereotypplatten
zu gießen, kommt es leicht vor, daß beim Trocknen der Papiermatrizen auf der
Schrift, wenn etwas stark erhitzt wird, die Höhlungen in den Buchstaben sich
erweitern und die Wandungen so auftreiben, daß die Lettern nicht mehr zu gebrauchen
sind, weil sich damit kein geschlossener Satz mehr herstellen läßt. So
empfehlenswerth das Abformen in Papier zu Stereotypplatten ist, so dringend muß man
der Schonung der Schrift halber rathen, nur auf Dampf zu trocknen. Die dabei zu
erlangende Trockenheit genügt vollkommen und bereitet keine andere Schwierigkeit,
als daß man einige Trockenpressen mehr anschaffen muß. Der erforderliche Dampf wird
unter der fast immer vorhandenen Voraussetzung, daß ohnedem ein Dampfkessel gespeist
wird, in der Regel weniger kosten als das Brennmaterial für directe Heizung.
(Mittheilungen für den Gewerbeverein des Herzogthums Braunschweig, 1864 S. 12.)