Titel: | Ueber die Conservirung des Gußeisens und Schmiedeeisens im süßen Wasser; von Becquerel. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XXXIV., S. 142 |
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XXXIV.
Ueber die Conservirung des Gußeisens und
Schmiedeeisens im süßen Wasser; von Becquerel.
Aus den Comptes rendus,
t. LIX p. 718, October 1864.
Becquerel, über Conservirung des Guß- und Schmiedeeisens im süßen
Wasser.
In meinem der Akademie der Wissenschaften früher eingereichten Aufsatze über die
Conservirung der Metalltheile der PanzerschiffePolytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 41. habe ich nachgewiesen, daß, wenn eine Guß- oder Schmiedeeisenplatte an einem
ihrer Enden mit einer Zinkplatte in Berührung steht, deren Oberfläche weit kleiner
als ein Hundertstel der Oberfläche der anderen ist und eine solche Eisenplatte sich
unter Seewasser befindet, die Intensität der auf der Oberfläche des geschützten
Metalls durch die Oxydation des Zinks entstehenden secundären Ströme mit zunehmender
Entfernung von den Berührungspunkten beider Metalle abnimmt, aber in solchen
Verhältnissen, daß der Schutz in beträchtlichen Entfernungen von diesen Punkten
stattfindet. Im Allgemeinen wechselt diese Intensität nach der Leitungsfähigkeit,
der Natur der Flüssigkeit und verschiedenen anderen Ursachen.
In diesem Auszug meiner kürzlich der Akademie eingereichten Abhandlung komme ich auf
das Verfahren, mittelst dessen man den elektrischen Zustand eines beliebigen Punktes
einer in einer Flüssigkeit befindlichen Metallplatte bestimmt, nicht zurück, da
dasselbe in dem oben erwähnten Aufsatze bereits besprochen worden ist.
Bei den Versuchen, welche sowohl im Laboratorium mit salzhaltigem Wasser, als im
Hafen von Toulon im Seewasser mit einer 10 Meter langen Eisenplatte angestellt
wurden, die an einem Ende mit einer Zinkplatte von 1/120 ihrer Fläche armirt war,
erhielt man folgende Resultate:
elektromotorische
Kraft
des nicht armirten Zinks
100
„
„
in 5 Decimet.
Entfernung
von den
Berührungspunkten
86,8
„
„
in 2 Meter
„
„ „
„
78,8
„
„
in 4 Meter
„
„ „
„
76,0
„
„
in 9,50 Meter
„
„ „
„
74,0
„
„
des nicht geschützten Schmiedeeisens
60,3
Ferner wurde beobachtet, daß, weil in ungefähr 1 Decimet. Entfernung die
elektromotorische Kraft nur geringe Schwankungen zeigt, bei größerer Entfernung diese Kraft
sich unmerklich vermindert, jedoch in der Weise, daß sie bei 9,50 Meter Entfernung
noch = 74, wenn die des nicht geschützten Eisens = 60,3 ist; über die letztere
Entfernung hinaus wird sie so unmerklich, daß die Intensitätscurve sich zu der die
elektromotorische Kraft des Eisens repräsentirenden Geraden – vorausgesetzt,
daß dieses Metall vollständig homogen ist – als Asymptote verhält. So weit
diese beiden Linien sich nicht treffen, ist das Eisen geschützt. In welcher Distanz
aber sie sich schneiden, das ist noch unbekannt.
Die bei den in Süßwasser angestellten Versuchen erhaltenen Resultate zeigen
bemerkenswerthe Verschiedenheiten. Experimentirt man zunächst mit einer
Platinplatte, an deren einem Ende eine Zinkplatte befestigt ist, der man
verschiedene Dimensionen gibt, während die Oberfläche des Plattenpaares nicht
verändert wird, so gelangt man zu Resultaten, welche zeigen, daß, sofern die
Oberfläche des Zinks nur etwa dem hundertsten Theile von der des Platins gleich ist,
die elektromotorische Kraft des ersteren etwas weniger als halb so groß ist wie die,
welche es besitzt, wenn es nicht mit dem Platin armirt ist; ist die Oberfläche des
ersteren gleich einem oder zwei Dritteln von der des letzteren, so nimmt die
elektromotorische Kraft zu in dem Verhältnisse von 1 : 1,76 und 1 : 2,1. Im letztern
Falle haben die secundären Ströme, welche auf der Oberfläche des Platins in Folge
der Wiedervereinigung der bei der Oxydirung des Zinks entwickelten beiden
Elektricitäten entstanden, auf die elektromotorische Kraft des Zinks, oder
wenigstens auf die Intensität des durch das Zink erzeugten Stromes nur geringen
Einfluß.
Als anstatt des Platins Gußeisen von einer 120mal größeren Oberfläche als die des
Zinks angewendet wurde, ergaben sich folgende Werthe:
elektromotorische
Kraft
des nicht armirten Zinks
100
„
„
des Gußeisens
62,30
„
„
des mit dem Gußeisen in Contact stehenden Zinks
69,02
Die Vergleichung dieser Resultate mit den vorhergehenden ergibt, daß bei Anwendung
von Platin die elektromotorische Kraft des mit demselben verbundenen Zinks im
Verhältnisse von 100 : 44,82 abgenommen hat, während die Abnahme bei Anwendung von
Gußeisen nur in dem Verhältnisse von 100 : 79,04 stand.
Das Schmiedeeisen verhält sich ganz so, wie das Gußeisen.
Im Seewasser resultiren, wie wir bereits in dem früheren Aufsatze sahen, andere
Wirkungen, weil das Zink in Verbindung mit dem Eisen dieselbe elektromotorische
Kraft besitzt, als wenn es nicht mit dem letzteren verbunden ist. Um eine
Vorstellung von der unter gleichen Verhältnissen stattfindenden Verminderung der
elektrischen Intensität zu geben, erinnern wir an die oben angeführte Thatsache, daß
an einer 10 Meter langen und 0,15 Meter breiten, an dem einen ihrer Enden mit einer
Zinkplatte armirten Eisenplatte, am anderen Ende die Intensität des den elektrischen
Zustand des explorirten Punktes repräsentirenden Stromes noch = 74,7 war, bei der
elektromotorischen Kraft des Eisens = 60,3; da die Intensitätsverminderung demnach
eine sehr geringe ist, so erstreckt sich natürlich der Schutz sehr weit.
Welcher Ursache ist nun der Unterschied zwischen den im süßen und den im Seewasser
stattfindenden Erscheinungen zuzuschreiben? Zur Erklärung desselben läßt sich nur
der Unterschied in der Leitungsfähigkeit beider Flüssigkeiten und der Grad der
chemischen Wirkung, welche jede derselben auf das Zink ausübt, zu Hülfe nehmen;
durch die größere Leitungsfähigkeit wird die Intensität der secundären Ströme
vermehrt, welche die Ursache der Conservirung des Guß- und Schmiedeeisens sind;
dasselbe gilt für die chemische Wirkung. Obgleich die secundären Ströme, welche die
Ursache der Conservirung des Eisens im Süßwasser sind, sowie die elektromotorische
Kraft an ihrer Stärke verlieren, so bleibt ihnen doch noch genug davon, um große
Guß- und Schmiedeeisenflächen, welche aus über- oder nebeneinander liegenden und mit
Zink oder einer passenden Legirung armirten Theilen bestehen, vor Oxydation schützen
zu können, wie die nachstehenden beiden Beispiele beweisen.
Eine Säule, welche aus 5 Centim. hohen und 1 Centim. starken schmiedeeisernen
Cylindern bestand, die zu zwei und zwei rechtwinkelig kreuzweise über einander
gelegt waren, und eine Oberfläche von 660 Quadratcentim. darbot, wurde unter Wasser
mit einer Zinkplatte von 30 Quadratcentim. in Contact gebracht; das Gewicht der
Cylinder genügte, um ihre Berührung zu sichern. Die Untersuchung des elektrischen
Zustandes der Oberfläche ergab folgende Resultate:
elektromotorische
Kraft
des nicht verbundenen Zinks
100
„
„
des Schmiedeeisens
62,30
„
„
des verbundenen Zinks
91,60
„
„
des Eisens am oberen Ende der Säule
88,25
Dann wurden dieselben Cylinder mittelst eines Hanffadens zu einer Kette von 1,50
Meter Länge mit einander verbunden, und diese Kette ward mit einer Zinkplatte von 6
Kubikcentimet. in Contact gebracht; die beiden Oberflächen verhielten sich wie 110 :
1. Die Untersuchung der Oberfläche dieser Kette ergab folgenden elektrischen
Zustand:
elektromotorische
Kraft
des nicht verbundenen Zinks
100
„
„
des Schmiedeeisens
62,3
„
„
des verbundenen Zinks und eines beliebigen Theils der Kette
86,6
Daraus ergibt sich, daß ungeachtet der bedeutenden Differenzen zwischen den
elektromotorischen Kräften des mit dem Eisen verbundenen und des nicht verbundenen
Zinks – Differenzen, welche im Salzwasser nicht vorhanden sind – das
Eisen im Süßwasser gleichwohl noch in großer Entfernung vom Zink conservirt wird, da
man bei 1,50 Meter Distanz noch dieselbe elektromotorische Kraft hat, wie auf dem
Zink.
Gußeisen verhält sich ganz wie das Schmiedeeisen. Den in diesem Aufsatze gegebenen
Fingerzeigen zufolge ist es möglich, gußeiserne Geschosse
in mit Wasser gefüllten Gruben beliebig lange Zeit vor Oxydation zu bewahren, wenn
das Niveau des Wassers constant erhalten wird. Ein aus 9387 Kanonenkugeln von 12
Centim. Durchmesser bestehender Haufe würde zu seiner Conservirung Bänder von Zink
oder einer passenden Legirung erfordern, welche eine Gesammt-Oberfläche von 2
Quadratmetern haben und immer sehr rein erhalten werden müßten; gewiß eine in Bezug
auf das Resultat sehr unbedeutende Zinkmenge.
So sonderbar der Gedanke, Geschosse mit Hülfe sehr kleiner Mengen von Zink oder
Messing unter Wasser zu conserviren, auch erscheinen mag, so ist dessen praktische
Ausführung doch möglich, wenn dabei den erörterten Grundsätzen volle Rechnung
getragen wird.
Es ließe sich auch noch eine andere Anwendung dieser Idee mit Aussicht auf günstigen
Erfolg versuchen, nämlich die Conservirung gußeiserner
Leitungsröhren, welche in feuchtem Erdboden liegen. Wenn dieser letztere
hinreichende Leitungsfähigkeit besäße, so könnten die Röhren auf sehr bedeutende
Längen hinlänglich geschützt werden, indem man an den Punkten, wo der Schutz
aufhört, Oeffnungen anbringt, welche die Zinkplatten von Zeit zu Zeit zu reinigen
gestatten, damit keine Unterbrechung der elektrochemischen Wirkung eintritt.