Titel: | Ueber die Verbindungen des Chlorzinks mit dem Anilin und die Anwendung derselben in der Technik zur Darstellung von Farben; von Dr. H. Vohl in Cöln. |
Autor: | Hermann Vohl |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LII., S. 211 |
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LII.
Ueber die Verbindungen des Chlorzinks mit dem
Anilin und die Anwendung derselben in der Technik zur Darstellung von Farben; von Dr. H.
Vohl in Cöln.
Vohl, über die Verbindungen des Chlorzinks mit Anilin.
Bekanntlich geht das Anilin und Chloranilin mit verschiedenen Chlormetallen
Verbindungen ein, deren Natur jedoch noch wenig gekannt ist. Hofmann, Gerhardt, H. Müller und Raewsky haben die Verbindungen dieser Basis mit
Quecksilber-, Platin-, Gold- und Palladiumchlorid, so wie auch die mit den Chlorüren
dieser Metalle dargestellt und analysirt.
Da das Zinkchlorid ebenfalls eine große Neigung hat sich mit organischen Nasen zu
verbinden (z.B. mit Kreatin und Kreatinin), so habe ich die Verbindungen dieses
Chlormetalles dargestellt und untersucht.
Chlorzinkanilin (chlorzinksaures Anilin).
Wenn man eine concentrirte, wässerige neutrale Chlorzinklösung mit Anilin versetzt,
so gesteht die ganze Flüssigkeit zu einem Krystallbrei, welcher von der Mutterlauge
durch Pressen befreit, sich leicht in siedendem Alkohol löst und aus dieser Lösung
beim Erkalten in schönen glänzenden weißen Nadeln anschießt.
Das Salz ist wasserfrei und wird von kaltem, leichter von siedendem Nasser unter
Abgabe von Anilin zerlegt.
Wird es mit Wasser in einer Retorte gekocht, so erhält man den größten Theil des
Anilins als Destillat und es bleibt eine sehr schwer lösliche Zinkverbindung als
weißes Pulver zurück. Gleichzeitig geht Chlorzink in Lösung.
Schwach erhitzt, verknistert das Salz, schmilzt alsdann und zersetzt sich zuletzt,
indem Anilin entweicht und fast reines Chlorzink zurückbleibt.
In verdünnter Salzsäure ist diese Verbindung leicht löslich und gibt bei 100°
C. abgedampft ein neues Salz, das salzsaure Chlorzinkanilin.
Aetzende sowie kohlensaure Alkalien zersetzen das Chlorzinkanilin und es scheidet
sich Anilin ab.
Die Analyse ergab in 100 Gewichtstheilen:
gefunden.
berechnet.
Chlor
22,027
22,036
Zink
20,229
20,236
Anilin
57,701
57,728
–––––––––
––––––––––
99,957
100,000
Diese Procentische Zusammensetzung ergibt die Formel:
Zn Cl + C¹² H⁷ N
Salzsaures Chlorzinkanilin.
Löst man Chlorzinkanilin in verdünnter Salzsäure, dampft im Wasserbade zur Trockne
ein, nimmt den Rückstand mit Wasser auf und überläßt die Lösung der freiwilligen
Verdunstung, so erhält man die Verbindung in großen farblosen Säulen und Tafeln, die
sich an der Luft bald verändern, indem sie violettblau anlaufen.
Das Salz ist in Weingeist und Wasser leicht löslich.
Aus der wässerigen Lösung wird es durch starke Salzsäure gefällt.
Das Salz enthält Krystallwasser, welches beim Erhitzen bis 105° C. vollständig
entweicht.
Stärker erhitzt, schmilzt das Salz, es entwickeln sich Dämpfe von salzsaurem Anilin,
während Chlorzink zurückbleibt, welches eine prächtig blauviolette Farbe
annimmt.
Die Wasserbestimmung ergab 4,201 bis 4,334 Proc. Krystallwasser.
100 Gewichtstheile des wasserfreien Salzes ergaben an:
Chlor
35,301
Zink
16,379
Anilin
47,993
–––––––
99,673
Verlust
0,327
–––––––
100,000
Das wasserfreie Salz hat demnach die Formel:
(Zn Cl + C¹² H⁷ N) Cl H.
Diese Formel verlangt nachfolgende procentische Zusammensetzung:
Chlor
35,425
Zink
16,497
Anilin
48,078
–––––––
100,000
Das wasserhaltige Salz ergab in 100 Gewichtstheilen:
gefunden.
berechnet.
Chlor
34,592 bis 34,321
34,382
Zink
15,755
Anilin
45,518
Wasser
4,334 bis 4,201
4,345
––––––––
100,000
Die Formel des wasserhaltigen Salzes ist demnach:
[(Zn Cl + C¹² H⁷ N) Cl H + HO.]
Darstellung des Chlorzinkanilins direct
aus Nitrobenzol.
Um diese Verbindung des Chlorzinks direct aus Nitrobenzol darzustellen, wende ich
nachfolgende Methode an:
12,3
Gewichtstheile
Nitrobenzol,
20
„
Zink (granulirt),
75
„
Salzsäure von 1,17 spec. Gewicht
und so viel 90procentiger Weingeist als zur Lösung des
Nitrobenzols erforderlich ist, werden in einem Kolben oder einer Retorte
zusammengegeben. Das Gemisch erwärmt sich unter Entwickelung von Wasserstoffgas. Man
leitet die Dämpfe in einen Kühlapparat, so daß die condensirten Dämpfe in das Gefäß
zurückfließen. Hat die Einwirkung nachgelassen, so erwärmt man im Wasserbade so lang
auf 100° C., bis alles Zink gelöst ist und die Wasserstoffgasentwickelung
aufgehört hat.
Man setzt nun vorsichtig 14,5 Gewichtstheile krystallisirtes kohlensaures Natron
hinzu, erhitzt, nachdem man noch 4 Theile 90procentigen Weingeist hinzugegeben hat,
zum Sieden und filtrirt.
Beim Erkalten krystallisirt Chlorzinkanilin heraus, welches man abfiltrirt und
preßt.
Um es vollständig zu reinigen, wird es nochmals in 90procentigem Weingeist gelöst und
der Krystallisation überlassen.
12,3
Gewichtstheile
Anilin sollen geben
16
„
Chlorzinkanilin. Ich erhielt
15,2
Gewichtstheile,
gewiß eine reichliche Ausbeute.
Darstellung des salzsauren
Chlorzinkanilins direct aus Nitrobenzol.
Die Darstellung dieser Verbindung weicht nur insofern von der des ersten Salzes ab,
als man nach Beendigung der Reaction einen Ueberschuß von Salzsäure zusetzt, den
Alkohol abdestillirt und nun die Auflösung im Wasserbade zur Trockne abdampft.
Selbstredend bleibt der Zusatz von kohlensaurem Natron weg.
Zur Darstellung von Farben kann die trockene Salzmasse verwendet werden. Man reinigt
das Salz durch Umkrystallisiren aus Weingeist oder Wasser. Die Mutterlaugen von der
Chlorzinkanilin-Bereitung können auch zur Darstellung dieses Salzes verwandt
werden.
Verwendung des Chlorzinkanilins und
salzsauren Chlorzinkanilins zur Bereitung von Fuchsin und
Anilinblau.
Wird Chlorzinkanilin mit Oxydationsmitteln gemischt und im Oel- oder Paraffinbade auf
180° C. erhitzt, so verwandelt sich das Anilin in Fuchsin.
Eine geeignete Mischung zur Darstellung von Fuchsin ist
folgende:
16 Gewichtstheile
Chlorzinkanilin (trocken),
7,2 bis 8 „
salpetersaures Quecksilberoxyd.
Besser ist es noch, wenn man die Hälfte Oxyd- und die andere Hälfte Oxydulsalz
anwendet.
Beim Erhitzen des Gemenges im Paraffinbade tritt Folgendes ein:
bei 100° C.
scheidet sich metallisches Quecksilber aus;
„ 110° C.
starke Wasserdampfentwickelung,
Die Masse nimmt eine dunkle Farbe an und bei fortwährender Temperaturerhöhung
vermehrt sich der Wasserdampf.
Bei 150° C.
entwickeln sich Anilindämpfe
und
bei 180° C.
ist die Reaction beendigt.
Die Masse ist dunkelroth, fast schwarz geworden und teigig; beim Erkalten wird sie
steinhart und ist leicht zu pulvern. Die erkaltete gepulverte Masse wird nun mit den
geeigneten Lösungsmitteln behandelt, das Fuchsin von dem Anilinpurpur durch
Lösungsmittel und Präcipitation getrennt und zuletzt krystallisirt. Die anderen
Oxydationsmittel, z.B. Arsensäure, Chlorzinn etc., können ebenfalls angewandt
werden.
Darstellung des Anilinblaus aus
salzsaurem Chlorzinkanilin.
Werden 20
Gewichtstheile salzsaures
Chlorzintanilin
mit 8
Gewichtsth. salpetersaurem
Quecksilberoxydul
gemengt und im Paraffinbade langsam erhitzt, so findet
Folgendes statt:
Bei 130° C.
wird das Gemenge flüssig unter starker Wasserdampfentwickelung;
bei 140° C.
schäumt die Masse stark auf unter Entwickelung von Wasser
und scharfen
sauren Dämpfen (organische Säure). Es entweicht keine Spur von
Salzsäure. Das Gemenge nimmt eine grüne Farbe an.
Bei 165° C.
wird die Masse dunkel schwarzblau und es entweichen
scharfriechende,ölige, saure Dämpfe neben Wasser.
Bei 200° C.
ist die Bildung der blauen Farbe beendigt; eine höhere
Temperaturzerstört dieselbe.
Die erkaltete und gepulverte Masse wird nun mit siedendem Wasser ausgezogen, wodurch
Spuren von Fuchsin gelöst werden.
Mit Weingeist kann aus dem getrockneten Rückstände alsdann der blaue Farbstoff
ausgezogen werden.
Nachtrag.
Die entsprechenden Jod- und Bromverbindungen mit Zink und Anilin habe ich ebenfalls
dargestellt; man kann mit denselben Farben erzeugen, doch steht der technischen
Anwendung dieser Verbindungen der Kostenpunkt entgegen. (Die entsprechenden
Cadmium-, Mangan-, Eisen- und Kupfersalze geben ähnliche Verbindungen.)
Cöln, im Januar 1865.