Titel: | Die Spinnmaschine von Leyherr in Laval; Bericht von Alcan. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LXI., S. 258 |
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LXI.
Die Spinnmaschine von Leyherr in Laval; Bericht von Alcan.
Nach dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, August 1864, S. 449; aus der deutschen
Industriezeitung, 1865, Nr. 1.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Leyherr's Spinnmaschine.
Trotz der vielen Fortschritte in den Spinnereimaschinen, bemerkt Alcan in dem Berichte über die Leyherr'sche Spinnmaschine, welchen er der Pariser Société d'Encouragement erstattete, ist der Gebrauch der
selbstthätigen Spinnmaschine doch noch verhältnißmäßig beschränkt. Die im Handel
vorkommenden Garne sind oft von Nr. 300 (= 354 engl.) und selbst der doppelten, wenn
man die auf den Ausstellungen vorkommenden berücksichtigt; die Producte des
Selfactor und der Watermaschine erreichen aber feiten Nr. 50; der erstere
verarbeitet gleich vortheilhaft Kette und Schuß, die zweite nur Kette; die
gewöhnliche Mulemaschine, bei der eine der Hauptoperationen, das Aufwinden, von dem
Arbeiter ausgeführt werden muß, liefert alle Nr. über 50. Die Aufgabe, welche man
gewöhnlich zu lösen sucht, besteht darin, die Anwendung der ganz selbstthätigen
Maschinen, bei denen dem Arbeiter nur die Ueberwachung zufällt, immer mehr zu
verbreiten. Meist sucht man dieß durch Veränderung und Vereinfachung des Selfactor
zu erreichen, trotz dessen Complicirtheit, alternirender Wirkung und übermäßigen
Raumbedarfes; Andere ziehen die Watermaschine wegen ihrer Einfachheit, der
ununterbrochenen gleichmäßigen Arbeit und daraus folgenden vortheilhaften
Production, sowie wegen ihres geringen Raumbedarfes vor. Sie suchen sie dahin zu verbessern, daß
diese Vorzüge noch vermehrt und auch das Spinnen von Garnen von schwacher Drehung
möglich wird. Zu diesen gehört Leyherr, einer der
sachkundigsten Praktiker; er hat eine Maschine gebaut, die Fäden von beliebiger
Drehung und viel höherer Feinheit liefert, als man sie bisher auf ähnlichen Systemen
erreicht hat. Die Commission hat einen ganzen Tag der Arbeit einer Modellmaschine
von 50 Spindeln beigewohnt, die, obwohl nicht tadellos ausgeführt, doch befriedigend
bei 5000 Spindelumgängen per Minute arbeitete. Die
producirten Garne sind ausgezeichnet; nach wiederholten Versuchen besitzen sie eine
bemerkenswerthe Festigkeit und eine Gleichmäßigkeit, wie sie selten vorkommt.
Die Verbesserungen bestehen 1) in der Construction und Lagerung der Spindeln, und 2)
in der Bewegungsweise der Spindelbank. Fig. 8 zeigt eine
Endansicht der Maschine, Fig. 9 eine Vorderansicht,
Fig. 10
einen theilweisen Querschnitt und Fig. 11 eine Ansicht von
oben. A, A sind die durch horizontale Mittelstücke
verbundenen Endgestelltheile, B, B gleich hohe, aber
etwas weniger breite Mittelgestelltheile, C ist eine
horizontale, mit den Theilen A, A festverbundene Stange,
welche die Flügel D trägt; diese drehen sich
concentrisch mit den Spindeln, haben die Form eines abgestumpften Kegels und
bestehen aus je zwei Stäbchen, die durch zwei horizontale, mit einander parallele
Ringe verbunden sind. Die Fadenführer E liegen über den
oberen Flügelringen und bestehen aus zwei ein Auge bildenden Häkchen, die beliebig
geöffnet werden können. Die Flügel werden durch eine kleine Scheibe F von der Hauptwelle G
aus bewegt und gehen durch die rechtwinklig gebogene Platte H, welche an einem der horizontalen Mittelstücke befestigt ist. Die
Spindeln I gehen vertical durch die Mitten der Flügel
und werden unabhängig von diesen durch die Reibung des Fadens in Umdrehung gesetzt
und von den auf der Spulenbank K befestigten Lagern J getragen, in denen sie sich mittelst eines kleinen
Zapfens drehen. Die Gegengewichte L, L suchen die
Spulenbank K sammt den Spindeln fortwährend zu heben; an
die Spulenbank sind die Zahnstangen M festgebolzt, in
welche die auf einer horizontalen, von den Zwischengestelltheilen B, B getragenen Welle aufsitzenden zwei Zahnräder N, N eingreifen. Die niedergehende Bewegung der
Spulenbank wird durch einen gezahnten Sector O bewirkt,
der in ein drittes auf derselben Welle wie die obigen beiden Räder sitzendes Zahnrad
eingreift und durch ein Gegengewicht L' (Fig. 8) getragen wird. Der
Arm, an dessen Ende der gezahnte Sector sitzt, dreht sich um die Achse P, auf welcher neben ihm noch ein gußeisernes Stück Q sitzt, das sich ebenfalls um dieselbe drehen kann.
Dieses Stück trägt eine Schraube, deren Mutter durch einen Schraubenschlüssel, der am Ende der
Schraubenachse angesetzt wird, vor- oder rückwärts verschoben werden kann; durch ein
Sperrrad und Sperrhaken R mit Gegengewicht wird die
Schraube festgehalten. S ist eine Platte mit
Schraubenmutter, durch welche die Schraube des Stückes Q
geht, so daß die Platte vor- und zurückgeschoben und damit die Winkeldistanz
regulirt werden kann, die der gezahnte Sector O
durchlaufen muß, also auch die Höhe, um welche die Spulenbank gesenkt wird. Die
Platte legt sich bei ihren verschiedenen Stellungen mit der schmalen Seite auf den
Bolzen T am Arm des Sector O
(Fig. 8)
auf; es bewegen sich daher Sector und Platte zusammen, wenngleich sie unabhängig von
einander gelagert sind. Außer der intermittirenden geradlinigen Bewegung erhält die
Platte S eine alternirende kreisförmige verticale
Bewegung, welche dieselbe ist, welche den Niedergang des Sectors und damit der
Spulenbank bewirkt. Es wird nämlich die Bewegung der Welle G durch zwei conische Räder und die endlose Schraube V auf das Zahnrad U
übertragen, auf deren Welle ein Excenter W sitzt,
welches durch den mit einer Gleitrolle versehenen Arm S'
auf die Platte S wirkt. Von der Welle G geht sonach die Bewegung der Spindeln, sowie die der
Spulenbank aus, deren Hebung und Senkung von der Lage der Platte S abhängt. Die gleichmäßige Spannung des sich allmählich
auf die Spindeln abwickelnden Fadens wird folgendermaßen erreicht. Durch Schnuren,
welche an den Lagern J befestigt, mit Gegengewichten
versehen sind und auf kleine Ansätze am unteren Theile der Spindeln wirken (Fig. 10), wird
die Rotationsbewegung der Spindeln mehr oder weniger verzögert. Die Schnuren gehen
über eine kleine Stange Y, die durch das Excentric Z, welches auf gleicher Welle mit dem Excentric W sitzt, und mittelst des Hebels a horizontal verschoben und durch die Spiralfeder an ihrem rechten Ende
(Fig. 9
und 11) in
ihre erste Stellung zurückgebracht wird. Dieselbe Vorrichtung kann symmetrisch auf
der anderen Gestellseite angebracht werden, wo dann die Bewegung von der Welle G durch eine zweite, in Fig. 11 angegebene
Schraube ohne Ende zu übertragen ist.