Titel: | Untersuchungen über den Holztheer und die Destillationsproducte desselben; von Dr. Georg Thenius, technischer Chemiker aus Dresden. |
Autor: | Georg Thenius [GND] |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LXXIX., S. 312 |
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LXXIX.
Untersuchungen über den Holztheer und die
Destillationsproducte desselben; von Dr. Georg Thenius,
technischer Chemiker aus Dresden.
Thenius, Untersuchungen über den Holztheer und dessen
Destillationsproducte.
Der täglich wachsende Verbrauch des Holztheers, theils zum Schiffbau, theils zur
Darstellung von Schusterpech und zur Fabrication von Wagenfetten, sowie
verschiedener anderer Artikel, veranlaßte den Verfasser verschiedene Holztheere
einer näheren Untersuchung zu unterwerfen, um namentlich festzustellen, ob sich die
bei der Holzgaserzeugung gewonnenen Theere zu jenen Fabricationen eben so gut
benutzen lassen, wie die bei der Meilerverkohlung erzeugten.
Der Verfasser hat nun gefunden, daß die ersteren Theere in ihren
Destillationsproducten sehr verschieden sind und sich nicht so gut zu den
verschiedenen Fabricationszweigen eignen wie die letzteren; namentlich trägt hierzu
der Umstand bei, daß der Geruch der Destillationsproducte der ersteren Theere sich mehr
dem Steinkohlentheer nähert, während diejenigen der letzteren Theere sehr wenig
Geruch besitzen.
Der in Niederösterreich im Handel vorkommende Holztheer wird zum großen Theil aus dem
Holze der Schwarzföhre gewonnen, welche bekanntlich den Terpenthin liefert.
Es werden zur Meilerverkohlung nur solche Bäume benutzt, welche wenig oder gar keinen
Terpenthin mehr geben. Das Holz ist daher auch harzarm und liefert ein Theerproduct,
welches sich von den übrigen Theeren, namentlich den böhmischen, in Farbe und Geruch
wesentlich unterscheidet. Es stellt eine dicke, schwarze, syrupähnliche Masse dar,
welche ein spec. Gewicht von 1,075 besitzt und noch einen nicht unbedeutenden Gehalt
an essigsaurem Wasser oder rohem Holzessig hat. Die Menge dieses rohen Holzessigs
beträgt durchschnittlich 20 bis 25 Proc. und ist dieselbe im Winter, wo sich das
Wasser schwerer trennen läßt, immer größer als im Sommer. Dieser Holzessig enthält 5
bis 6 Proc. Essigsäurehydrat und man gewinnt die Essigsäure am besten durch
Neutralisation des essigsauren Wassers mit Aetzkalk, Filtration und Eindampfen der
Flüssigkeit bei mäßiger Hitze. Der so erhaltene rohe essigsaure Kalk kann entweder
noch weiter gereinigt oder direct zur Darstellung von roher concentrirter Essigsäure
verwendet werden.
Die Destillation des Holztheeres wird in großen gußeisernen Blasen vorgenommen,
welche am Boden ein Abflußrohr haben, um die pechartigen Rückstände nach vollendeter
Destillation ablassen zu können; man läßt den Deckel der Destillirblase im Anfange
offen und unterhält so lange ein gelindes Feuer (während der Theer tüchtig umgerührt
wird), bis die Masse im Kessel nicht mehr steigt. Hierauf wird der Deckel
geschlossen und so lange gelindes Feuer unterhalten, bis alles Wasser übergegangen
ist. So lange bei der Destillation des Holztheeres Wasser übergeht, wird dasselbe
von einem anfangs hellen, später in Berührung mit der atmosphärischen Luft
dunkelbraun werdenden Oele von einem spec. Gewichte von 0,966 begleitet. Dieses Oel
besitzt einen sehr unangenehmen, sauren, penetranten Geruch. Nach dem Entweichen der
letzten Wassertheile aus dem Kessel, welches sich durch ein starkes Geräusch kund
gibt, geht ein schweres Oel von 1,014 spec. Gewicht und gelblichgrüner Farbe über.
Die Menge des leichten Oeles beträgt durchschnittlich 10 Proc., die des schweren
Oeles 15 Proc. Nachdem im Ganzen 25 Proc. Oel und circa
20 Proc. essigsaures Wasser abgezogen worden sind, unterbricht man die Destillation
und läßt nach Verlauf von 6 bis 8 Stunden die noch heiße, flüssige, pechige Masse
aus dem Kessel mittelst des Abflußrohres ablaufen. Das erkaltete Pech kommt in
Kisten gegossen unter dem Namen Schusterpech in den Handel. Es läßt sich, zwischen den Fingern erwärmt,
leicht kneten und in lange Fäden ziehen. Die Ausbeute beträgt circa 50 Proc.
Es folgen nun die quantitativen Analysen einiger Theere.
Niederösterreichischer Holztheer aus der
Schwarzföhre,
spec. Gewicht 1,075.
100 Theile gaben bei der trockenen Destillation:
20 Theile
essigsaures Wasser,
10 „
leichtes Holzöl, spec. Gewicht
0,966,
15 „
schweres „
„
1,014,
50 „
Schusterpech,
5 „
Verlust.
–––––––––
100 Theile.
Böhmischer Holztheer,
spec. Gewicht 1,116.
100 Theile Theer gaben bei der trockenen Destillation:
10 Theile
essigsaures Wasser,
5 „
leichtes Oel, spec. Gewicht
0,977,
15 „
schweres „ „
1,021,
65 „
Schusterpech,
5 „
Verlust.
–––––––––
100 Theile.
Der böhmische Holztheer ist durchscheinend und hat eine hell gelbbraune Farbe, sowie
grießliche Beschaffenheit und ist dickflüssiger als der niederösterreichische. Das
leichte Oel besitzt ein spec. Gewicht von 0,977, ist bei der Destillation anfangs
gelblich, färbt sich jedoch in Berührung mit der Luft bald braun und hat einen
aromatischeren Geruch als das von niederösterreichischem Theer gewonnene. Das
Schusterpech zeichnet sich durch einen sehr milden Geruch und etwas größere
Klebrigkeit aus, und ist ein beliebter Handelsartikel.
Wahrscheinlich werden zu den böhmischen Holztheeren harzreiche Hölzer verwendet,
namentlich die Wurzelstöcke, welche bekanntlich viele Harztheile enthalten.
Holztheer aus der Linzer
Gasanstalt,
spec. Gewicht 1,160.
100 Theile Theer gaben bei der trockenen Destillation:
7 Theile
essigsaures Wasser,
11 „
leichtes Holzöl, spec. Gewicht
1,014,
20 „
schweres „
„
1,029,
60 „
schwarzes Pech,
2 „
Verlust.
–––––––––
100 Theile.
Dieser Theer ist sehr dünnflüssig, dunkelschwarz und von sehr starkem, dem
Steinkohlentheer ähnlichen Geruch. Die bei der Destillation erhaltenen Oele dunkeln
ebenfalls sehr bald in Berührung mit der atmospärischen Luft nach, wie die der zwei
vorhergehenden Theere. Das Pech ist glänzend schwarz, sehr spröde und läßt sich
nicht als Schusterpech, sondern bloß zu Asphaltlacken verwenden. In dem Holztheer
der Gasanstalten scheint mehr ausgeschiedener Kohlenstoff und Naphtalin enthalten zu
seyn, welches sich bei der sehr großen Hitze in den Retorten gebildet hat, während
der bei der Meilerverkohlung erhaltene Theer mehr Paraffin und Brandharze
enthält.
Bei der sehr großen Sprödigkeit des Peches läßt sich dasselbe zum Schiffbau auch
nicht verwenden.
Holztheer aus der Salzburger
Gasanstalt,
spec. Gewicht 1,180.
100 Theile Theer gaben bei der trockenen Destillation:
20 Theile
essigsaures Wasser,
10
„
leichtes Holzöl, spec. Gewicht
1,012,
15
„
schweres „
„
1,022,
45
„
schwarzes Pech,
10
„
Verlust.
–––––––––
100 Theile.
Die Destillationsproducte sind denjenigen des Linzer Theeres sehr ähnlich, nur ist
das Pech etwas weicher und nicht so spröde. Als Schusterpech kann es jedoch
ebenfalls nicht verwendet werden, hauptsächlich wegen seines starken Geruches.
Die Reinigung der rohen
Holzöle.
Bei der Destillation der Holztheere aus gußeisernen Blasen werden sehr viele
Brandharze noch in die Destillationsproducte übergeführt und die erhaltenen Oele verharzen
sehr bald durch Sauerstoffaufnahme an der Luft, so daß man bei einer nochmaligen
Rectification der Rohöle einen dunklen, dicken, pechähnlichen Satz erhält. Das bei
dieser Operation. übergehende Holzöl besitzt schon eine hellere Farbe und die ersten
Portionen haben ein geringeres spec. Gewicht; sie sind mit Methylalkohol (Holzgeist)
gemischt, den man durch wiederholte Rectificationen daraus gewinnen kann. Das später
übergehende Oel ist von hellgelber Farbe, welche sich jedoch noch nicht an der Luft
hält, sondern nachdunkelt; zuletzt geht ein gelbgrünlich gefärbtes Oel von minder
starkem Geruch über. Man erhält von 100 Theilen dieses Rohöles:
25 Theile
schwarzen Satz,
70 „
rectificirtes Holzöl, leichtes und schweres,
5
„
Destillationsverlust.
Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß nur die Rohöle des niederösterreichischen
Holztheeres die so eben beschriebenen Eigenschaften und quantitativen Ausbeuten
besitzen, während die von den böhmischen Theeren und die der Gasanstalten nicht so
viel satzartige Producte geben.
Der Verfasser reinigte das erhaltene rectificirte Holzöl weiter, indem er es mit
15procentiger Aetznatronlauge behandelte und das von der kreosothaltigen Lauge
abgezogene Oel in einer neuen reinen Destillirblase rectificirte. Bei dieser
Operation bleibt wiederum ein satzartiger, fettiger Rückstand, circa 40 Proc., welcher dem vorhergehenden ziemlich
ähnlich ist. Das hierbei übergehende Oel ist bereits sehr rein, von hellgelber Farbe
und nicht zu starkem Geruch. Es enthält jedoch noch Kreosot, welches den Holzölen
sehr hartnäckig anhängt, weßhalb man noch eine zweimalige Behandlung mit
Aetznatronlauge und wiederholte Rectification vornehmen muß, wobei stets wieder
satzähnliche Rückstände in der Destillirblase verbleiben.
Das bei der letzten Rectification gewonnene erste leichte Oel ist vollkommen
wasserhell, leicht beweglich, destillirt in einer Glasretorte leicht über und
besitzt einen durchdringenden Geruch, ähnlich dem rohen Terpenthinöl, sowie ein sehr
großes Lichtbrechungsvermögen; an der Luft färbt sich dasselbe etwas hellgelb.
Das zweite schwerere Oel besitzt eine gelbliche Farbe, ist sehr fettig und hat wenig
Geruch. Es riecht angenehm gewürzhaft und hinterläßt auf der Zunge einen beißenden,
unerträglichen Geschmack. Der Hauptbestandtheil dieses Oeles scheint Kapnomor zu
seyn.
Ich lasse nun die Rectificationen und Fractionirungen nebst Angabe der specifischen
Gewichte der einzelnen Rectificate folgen.
Das rohe leichte und schwere Holzöl vom niederösterreichischen Holztheer aus
Schwarzföhre zeigt, wenn man es vermischt, ein durchschnittliches spec. Gew. von
1,014. Dieses Oel wurde in Quantitäten von acht Centnern auf eine gußeiserne
Destillirblase gegeben und der Rectification unterworfen; nach je 25 Pfd. des
übergegangenen Rectificates wurde dasselbe auf das specifische Gewicht geprüft,
wobei sich folgende Zahlen ergaben:
1.2.3.4.5.6.
Destillat„„„„„
von„„„„„
braunergelber„„„„
Farbe,„„„„„
spec.
Gewicht„„„„„
0,8970,9150,9530,9660 9790,986
Je25Pfund.
7.8.9.
„„„
„„„
„„„
„„„
„„„
0,9930,9960,999
Je50Pfund.
10.11.12.
„„„
„„„
„„„
„„„
„„„
1,0001,0141,025
Je100Pfund
Es bleibt außerdem ein satz- und pechartiger Rückstand in der gußeisernen
Destillirblase, welcher circa 200 Pfd. beträgt. Die
Destillate 1,2 u. 3 enthalten noch ziemlich viel Holzessigsäure, welche man entweder
durch Neutralisation mit kohlensaurem Kali oder mit 15procentiger Aetznatronlauge
entfernen kann. Letzteres ist natürlich viel billiger. Beim Neutralisiren mit
kohlensaurem Kali färbt die sich abscheidende Flüssigkeit sich röthlich, später wird
sie wieder gelb und das obenauf schwimmende Oel nimmt nach und nach eine gelbbraune
Farbe an.
Nach Behandlung der drei ersten Portionen des Rectificates mit 15procentiger
Aetznatronlauge, Abziehen des Gesättigten und Rectification des Oeles, erhielt ich
folgendes Resultat:
1.
Rectificat,
specifisches
Gewicht
0,853
2.
„
„
„
0,915
3.
„
„
„
0,953
4.
„
„
„
0,966
5.
„
„
„
0,988
6.
„
„
„
1,014
7.
„
„
„
1,020
8.
„
„
„
1,025
Es bleibt auch hierbei ein dicker, satzähnlicher, pechiger Rückstand, der circa 30 Proc. beträgt.
Das erste Rectificat von 0,853 spec. Gewicht wurde wiederholt mit Aetznatronlauge zur
Entfernung des Kreosotes und hierauf mit concentrirter englischer Schwefelsäure
behandelt, gut gewaschen und dann in einer tubulirten Glasretorte rectificirt. Die
einzelnen Rectificate hatten folgendes spec. Gewicht:
1. wasserhell,
0,820
specifisches
Gewicht
2. wasserhell,
0,828
„
„
3. gelblich,
0,833
„
„
4. gelb,
0,838
„
„
5. deßgl.
0,843
„
„
Die gewonnenen Oele wurden alsdann wieder mit Aetznatronlauge und Schwefelsäure
behandelt, gewaschen und nach und nach fünf Rectificationen unterworfen. Bei der
fünften Rectification zeigten sich folgende Siedepunkte und spec. Gewichte des
Oeles:
zwischen
47 und 520 Cels.
specifisches
Gewicht
0,660
„
52 und 57° Cels.
„
„
0,700
„
57 und 60° Cels.
„
„
0,750
„
60 und 70° Cels.
„
„
0,800
„
70 und 80° Cels.
„
„
0,850
Die nachfolgenden Rectificate 2, 3 bis 8 von 0,915 bis 1,025 spec. Gewicht wurden auf
gleiche Weise behandelt und rectificirt, wobei sich kleine Mengen Oel von den
niederen Siedepunkten ergaben, welche den vorhergehenden zugegeben wurden. Es ist
noch zu bemerken, daß bei jeder Rectification ein dunkel gefärbter satzartiger
Rückstand in der Retorte verblieb. Es stellten sich außer obigen Siedepunkten noch
folgende heraus:
zwischen
80 und 90° Cels.
ein
Oel
von 0,902
spec. Gewicht
„
90 und 100° Cels.
„
„
von 0,935
„
„
100 und 120° Cels.
„
„
von 0,950
„
„
120 und 140° Cels.
„
„
von 0,965
„
„
140 und 160° Cels.
„
„
von 0,975
„
„
160 und 185° Cels.
„
„
von 0,985
„
Die Feststellung der Siedepunkte und spec. Gewichte der einzelnen in obigen
Siedepunkten enthaltenen Kohlenwasserstoffe und ihrer chemischen Zusammensetzung
wird der Verfasser später veröffentlichen.