Titel: | Rubinglas-Fabrication von H. Pohl Glasfabrikanten auf Josephinenhütte bei Schreiberau in Schlesien. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XCVI., S. 385 |
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XCVI.
Rubinglas-Fabrication von H. Pohl Glasfabrikanten auf Josephinenhütte bei Schreiberau in
Schlesien.
Pohl, über Rubinglas-Fabrication.
Ich habe mich seit 27 Jahren mit der Rubinschmelzung befaßt und darin die
mannichfaltigsten Erfahrungen gemacht; nach diesen ist fast Alles, was darüber
geschrieben worden, entweder einseitig, unpraktisch oder gar falsch, denn es steht
fest und ich kann es jeder Zeit beweisen, daß mit jedem Glassatze (d.h. mit jeder
Material-Zusammensetzung für Glas) und in jeder Hitze mit
metallischem Golde, mit Goldlösung, mit und ohne Zinn, Rubinglas erzeugt werden
kann. Es kömmt bloß auf die richtige Behandlung an, die aber in allen
Fällen einfach ist. Die Fehler des Fuß'schen Rubins und
dessen BereitungsartDie Anleitung von Dr. Fuß zur Anfertigung des Glasrubins wurde aus den
„Verhandlungen des Vereins Zur Beförderung des Gewerbfleißes
in Preußen“ im Jahrgang 1836 des polytechn. Journals, Bd. LX
S. 284, mitgetheilt. A. d. Red. in Bezug auf praktische Verwendbarkeit sind folgende:
Der Glassatz selbst ist der Art, daß sich das damit hergestellte Glas schwer
verarbeiten läßt; jeder Glasmacher, der es zum Verarbeiten bekommt, wird dieß
bestätigen und es gehört bei natürlicher Geschicklichkeit noch viel Uebung dazu, um
dieß Glas in vorgeschriebenen Formen zu verarbeiten. Der Glassatz der
Compositionsbrenner ist ungleich besser.
Das Auflösen des Goldes und das vorgeschriebene Verdünnungs-Verfahren ist viel zu
complicirt und ganz ohne praktischen Werth. Der Fabrikant muß Alles auf dem
möglichst einfachen Wege zu erreichen suchen und alle Umständlichkeiten vermeiden,
wenn sie nicht nöthig sind. Es kömmt ganz und gar nicht auf eine bestimmte Verdünnung
nach Pfunden oder Quarten an; die Verdünnung geschieht überhaupt nur, um die Lösung
möglichst gut unter das Gemenge zu vertheilen, und dazu ist das Augenmaaß
hinreichend; Hauptsache bleibt das gute Mengen und dieß geschieht besser, wenn
lieber etwas mehr als weniger verdünnt wird. Die Compositionsbrenner nehmen es nicht
so genau und erhalten mit aller Sicherheit (trotz der gegentheiligen Behauptung des
Dr. Fuß) einen guten Rubin; daß die Schmelzung zuweilen (aber sehr selten) mißräth, das liegt in anderen
unrichtigen Behandlungen, im Material, in unrichtiger Feuerung und anderen Zufällen,
denen das Fuß'sche Schmelzverfahren aber noch weit mehr
ausgesetzt ist. Der Fuß'sche Rubin wird auch sehr
ungleich in der Farbe, meist zu gelb, selten violett; der gelbe Ton läßt sich durch
Kobalt oder Mangan nur sehr schlecht corrigiren.
Ich verarbeite allwöchentlich 1 1/2 bis 2 Centner und darüber Rubin zu Ueberfängen;
dieser Rubin muß allerdings sehr dunkel also weit stärker gefärbt seyn, um in ganz
schwachen Lagen des Ueberfanges den richtigen Farbenton zu geben. Zum
Krystall-Ueberfang verwende ich einen Glassatz aus Salpeter und Borax, und für den
Ueberfang der matten Gläser, wie Alabaster, einen weicheren Glassatz mit Minium und
Salpeter. Zu diesen Farben (Rubin) nehme ich zum Golde einen dem Golde gleichen
Gewichtstheil Zinn; beide Auflösungen, 6–8fach mit Wasser verdünnt, werden
unter das Gemenge gemischt, erst die Zinnlösung. dann die Goldlösung. Seit Jahren
ist mir noch keine Schmelzung mißglückt, obgleich ich das Glas in demselben Ofen und
in demselben Hafen, worin Krystallglas geschmolzen wird, schmelze, und zwar mit
diesem und anderen Glasarten zugleich.
Den Rubin, der nicht zum Ueberfang bestimmt ist, der vielmehr als massives Farbenglas
verarbeitet wird, daher viel heller seyn muß, erzeuge ich mit einem gewöhnlichen
Weißglassatze, auf 70 Pfund Kies, 2 Ducaten Goldlösung ohne alles Zinn; derselbe
wird eingelegt und geschmolzen wie gewöhnliches Weißglas.
Die Compositionsbrenner schmelzen den Rubin in Töpfen, früher in Krügen, welche,
nachdem das Gemenge eingebracht ist, mit einem Thondeckel versehen und mit Lehm
verstrichen werden. Der Topf (Krug) wird in einen irdenen unglasirten Napf gestellt,
welcher bis zur halben Höhe des Topfes reicht und 3/4–1 Zoll ringsum absteht.
Der Zwischenraum so wie der Boden werden mit grobem Sand, oder Thonziegelpulver
(grob) ausgefüllt, sonst zerreißen die Töpfe in der Hitze vom Druck des schweren
Inhaltes.
Das Gemenge zum Rubin besteht, auf 4 Krüge gerechnet, aus:
33 Pfd. Kies, 63 Pfd. Minium, 2 Pfd. Potasche, 5 Pfd. Salpeter, 7 Loth Antimon (ich
habe auch 4 Loth und auch gar kein Antimon mit demselben Erfolge genommen; ohne
Antimon ist der Rubin violett), 60 Pfd. gestoßene Abfälle (Brocken) von Rubin und 1
# (Ducaten) Goldlösung ohne alles Zinn. Die Goldlösung wird stark verdünnt,
5–6 auch 10fach, erst nach und nach mit den Händen unter eine kleine Menge
des Gemenges gemischt, dieß Quantum dann mit einer größeren Menge wieder
durcharbeitet und dieß dann erst mit dem ganzen Gemenge gut durchmengt.
Wenn die Krüge in den eigens construirten Ofen, worin in der Regel 6 Töpfe (oder
Krüge) Platz haben, eingesetzt sind, wird etwa 6–7 Stunden langsam getempert,
nach 6–7 Stunden ist der Ofen dann schon so warm, daß die Schmelzhitze binnen
einer Stunde gegeben werden kann. Nach 11–12 Stunden läßt man das Feuer
ausgehen und nach dem Erkalten nimmt man die Töpfe heraus, die etwa die Hälfte voll
Rubin sind, welcher meist weiß, gelblich, manchmal schon roth aussieht. Diese
Rubin-Composition wird jetzt nur noch sehr wenig zu hohlen Gegenständen verarbeitet,
meist zu Steinen, Knöpfen u. dergl. Mehr Gold und Braunstein zugesetzt, gibt einen
dunkeln granatfarbenen Rubin. (Aus Dr. Elsner's chemisch-technischen Mittheilungen des Jahres
1863–1864. Berlin 1865.)