Titel: | Das Präpariren des Baker-Guano's; von Max Rösler. |
Autor: | Max Rösler |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. CI., S. 397 |
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CI.
Das Präpariren des Baker-Guano's; von Max Rösler.
Rösler, über das Präpariren des Baker-Guano's.
Jeder Agronom ist jetzt von der Nothwendigkeit der Phosphorsäure-Düngung überzeugt,
und es handelt sich nur darum, sie auf die billigste, zweckmäßigste und wirksamste
Art auszuführen. Unsere phosphorsäurereichsten Materialien sind Knochenmehl und
Guano von den Baker's-Inseln. In ersterem ausschließlich, in letzterem zum größten
Theil ist die Phosphorsäure jedoch in einer Form vorhanden, die ihre Aufnahme von
Seite der Pflanzen sehr erschwert, nämlich als basisch-phosphorsaurer Kalk. Dieser
ist an und für sich unlöslich im Wasser, nur löslich in saurer Flüssigkeit. Wenn nun
auch diese letztere Bedingung durch das stets Kohlensäure, häufig auch andere Säuren
enthaltende Wasser, dann durch die im Boden enthaltenen Säuren auf dem Felde selbst
erfüllt wird, so
geschieht dieß doch in einem so geringen Grade und der Vorgang ist ein so langsamer,
daß augenscheinliche Resultate – freilich nachhaltige – in der
Beförderung des pflanzlichen Lebens erst nach einiger Zeit zu erzielen sind. Kauft
aber namentlich der Kleinwirth Baker-Guano, so will er
bald eine gehörige Wirkung sehen. Das Bestreben muß daher darauf gerichtet seyn, die
Phosphorsäure vor dem Anbringen in den Boden in einen leicht löslichen Zustand
überzuführen. Dieß geschieht durch Bildung von saurem phosphorsaurem Kalk, welche am
besten und in ihrem Nebenproduct für den Boden am zuträglichsten durch Behandlung
mit Schwefelsäure ausgeführt wird. Die nöthige Menge Schwefelsäure je nach der
verlangten Raschheit des mit dem Düngemittel zu erzielenden Resultates läßt sich
folgendermaßen berechnen.
Die Analyse des Baker-Guano's lautet auf 100 Theile:
Phosphorsäure
40,62
Kalk
40,18
Eisenoxyd.
0,51
Magnesia, Kali, NatronSchwefelsäure, Chlor,
Salpetersäure
1,84
Stickstoff
0,43
Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff
6,79
unlösliche Bestandtheile (Sand)
0,06
Wasserverlust bei 100° C
9,57
Der Kalk existirt hierin zum größten Theil als phosphorsaurer Kalk, nur ein sehr
geringer Theil wird an die Schwefelsäure und an Kohlensäure gebunden seyn. Magnesia
ist an Phosphorsäure, Kali und Natron sind an Chlor, Salpetersäure, wahrscheinlich
auch an etwas Phosphorsäure gebunden. Der geringe Stickstoffgehalt repräsentirt
Ammoniak, allerdings in sehr kleiner Menge, welche ebenfalls einen Theil
Phosphorsäure binden wird. Die durch die anderen Basen jedoch, wenn ich so sagen
darf, für unsere Berechnung dem Kalk vorenthaltenen Mengen Phosphorsäure, sowie die,
wieder von unserem augenblicklichen Standpunkte aus so bezeichneten, der
Phosphorsäure durch die anderen Säuren entzogenen Mengen Kalk sind beide so gering,
und in Bezug auf die nöthige Schwefelsäuremenge von so geringem Einfluß, daß wir sie
bei der Berechnung ganz außer Acht lassen können. Wir nehmen also sämmtliche
Phosphorsäure als an sämmtlichen vorhandenen Kalk gebunden an. Dieß ist überhaupt in
drei verschiedenen Verhältnissen möglich:
1) als basisch-phosphorsaurer Kalk = 3 CaO, PO⁵,
2) als neutraler phosphorsaurer Kalk = 2 CaO HO, PO⁵.
Diese beiden Verbindungen sind unlöslich, werden aber die erste durch 2 Aequiv., die
zweite durch 1 Aequiv. Schwefelsäure in eine lösliche, in
3) sauren phosphorsauren Kalk = CaO 2 HO, PO⁵ übergeführt.
Im Baker-Guano sind die beiden ersten Verbindungen vertreten, die dritte wollen wir
bilden. Wie viel von der Verbindung 1, wie viel von der Verbindung 2 vorhanden ist,
gibt die Analyse nicht an und kann sie nicht angeben, schon weil das Verhältniß ein
wandelbares seyn wird; wir müssen deßhalb einen Mittelwert!) für die nöthige Menge
Schwefelsäure aus der Annahme eines Maximal- und eines Minimalfalles berechnen. Es
erhellt, daß die größtmöglichste Menge Schwefelsäure nöthig ist, wenn die
größtmöglichste Menge der Verbindung 1 vorhanden, wenn also alle 40,18 Theile Kalk
als basisch-phosphorsaurer Kalk existiren. In diesem Falle wären, beiläufig bemerkt,
schon 6,67 Theile Phosphorsäure in löslichem Zustande vorhanden. Es würden in diesem
Maximalfall, stöchiometrisch berechnet, 74,8 Theile 45grädige Kammersäure zur
Ueberführung des ganzen Quantums in die lösliche Verbindung erforderlich seyn. Der
Minimalfall ist der, wo die größtmögliche Menge der Verbindung 2 existirt; dann
müßten 65 Procent der 40,18 Theile Kalk als Verbindung 1, und 35 Proc. als
Verbindung 2 vertreten seyn. In diesem Falle bedürften wir zum Löslichmachen des
ganzen Quantums 68,29 Theile 45grädige Kammersäure.
Im
Maximalfall „ Minimalfall
74,868,29
Theile 45grädige Schwefelsäure auf
100 Theile Baker-Guano.
Da nun mit ziemlicher Gewißheit anzunehmen ist, daß die Wirklichkeit dem Minimalfall
etwas näher liegt wie dem Maximalfall, so wird ein Zusatz von 70 Theilen Kammersäure
auf 100 Theile Baker-Guano der günstigste Mittelwerth für das Löslichmachen der
sämmtlichen vorhandenen Phosphorsäure seyn.
Die praktische Ausführung des Präparirens ist eine sehr leichte. Ich werde der
größeren Deutlichkeit wegen eine bestimmte Menge Baker-Guano zu einmaligem
Aufarbeiten annehmen, wie ich sie in der That im Fabricationsbetriebe stets
festgehalten habe. Als Local hatte ich einen mit Platten gepflasterten Raum –
eine gute Tenne genügt jedoch auch – überdacht, aber nach zwei Seiten wegen
des bequemeren Abzugs der Dämpfe offen. An Einrichtungsgegenständen ist nichts
nöthig als ein, wenn man Kammersäure zur Verfügung hat, oder zwei, wenn man die
Schwefelsäure erst verdünnen muß, hölzerne, durchaus mit Blei gut ausgeschlagene
Bottiche, von denen jeder circa 15 Cntr. Wasser faßt;
dann einige Krücken und Schaufeln, zwei breite Kratzen, ähnlich den in Ziegeleien
zum Hacken des Lehms gebräuchlichen, und ein Durchwurf.
Die beiden Bleibottiche werden in zwei entgegengesetzten Ecken des Raumes
aufgestellt, nämlich den jedenfalls öfter vorkommenden Fall angenommen, daß man die
Schwefelsäure erst selbst verdünnen muß (ein Arbeiten mit concentrirter
Schwefelsäure wird Jeder, der die Sache im Großen versucht hat, rasch wieder
aufgeben, dasselbe wäre auch in Bezug auf die Menge des erzielten Productes
unrentabel). Auf ein einmaliges Arbeitsquantum von 25 Centner Guano kommen 17 1/2
Centner Kammersäure = 12 Centner Schwefelsäure von 66° Baumé und 5 1/2
Centner Wasser. Man füllt nun in jeden der Bottiche 5 1/2 Centner Wasser, gibt die
12 Cntr. 66grädige Säure hinzu und wartet bis das Gemisch nahezu erkaltet ist. Je
heißer die Mischung, um so unerträglicher gestaltet sich die Menge der entwickelten
schwefligsauren Dämpfe beim Präpariren und um so mehr natürlich verliert man an
Säure. Deßhalb nehme man auch zwei Bottiche, damit immer, während die in dem einen
enthaltene Säure verarbeitet wird, das unterdessen angesetzte Säuregemisch für die
nächste Portion in dem anderen nahezu erkalten kann. Vor jedem, etwas höher als die
Tenne stehenden Bottiche schüttet man die 25 Cntr. Guano im Kreise aus den Säcken
aus, setzt einen zweischenkeligen bleiernen Heber mit entsprechend kleiner
Röhrenöffnung in die Säure ein und läßt nun dieselbe im continuirlichen Strahle auf
den, von zwei Arbeitern darunter mit Krücke und Schaufel möglichst gleichmäßig
durchgearbeiteten und hin- und hergeschütteten Guano laufen. In drei Stunden haben
zwei kräftige Arbeiter die ganze Mischung vollendet. Der nun feuchte, heiße,
dampfende Guano wird von ihnen auf einen Haufen geschaufelt und liegen gelassen. Am
nächsten Tage wird der Haufen mit breiten Kratzen einmal umgearbeitet, von einem
dritten Mann durchgeworfen, die Klöße werden zerpocht und der nun wieder feinkörnige
Guano, welcher fast das gleiche Ansehen wie der unpräparirte hat, in alte Tonnen
gefüllt. Sollte das Product in dieser Zeit, etwa weil der Guano beim Transportiren
oder Lagern Wasser aufgenommen hat, nicht ganz trocken werden, so braucht man nur,
um dieß bestimmt zu erreichen, der zum Verdünnen der Schwefelsäure angenommenen
größten Quantität Wasser etwas abzubrechen. Ist der Wassergehalt bedeutend, so muß
allerdings auch weniger Schwefelsäure genommen werden.
Drei tüchtige Arbeiter können zusammen sämmtliche zu dem angegebenen Quantum gehörige
Operationen, vom Mischen der Säure an bis zum Zuschlagen der Fässer, in einem Tage
vollenden. Das Geschäft gestaltet sich nun nicht schlecht, wenn man bedenkt daß
trotz alles Verdampfens und sonstigem Arbeitsverluste durch Hin- und Hertreten etc.
aus 25 Cntr. Baker-Guano 39 Cntr. präparirter Guano resultiren. Nehmen wir den Centner
Baker-Guano zu 3 Thlr., den Centner Schwefelsäure zu 2 5/6 Thlr., wie sie sich Jeder
beschaffen kann, den Arbeitslohn pro Tag zu 15 Sgr. an,
so kosten:
25 Centner Guano à 3
Thlr
75 Thlr.
– Sgr.
12 Cntr. Schwefelsäure à 2
5/6 Thlr
34 Thlr.
– Sgr.
3 Mann Arbeitslohn à 15 Sgr
1 Thlr.
15 Sgr.
Zinsen und für Abnutzung der
Gerätschaften
1 Thlr.
– Sgr.
–––––––––––––––
111 Thlr.
15 Sgr.
39 Cntr. Guano à 3
Thlr
117 Thlr.
– Sgr.
Es verbleiben also täglich, allerdings ohne Berücksichtigung der Capitalzinsen und
der Verkaufsspesen, 5 1/2 Thlr.
Das angegebene Präparirverfahren ist das einfachste und reellste. Das so erzielte
Product wies bei mehrfach von Agriculturchemikern ausgeführten Analysen 24 bis 26
Procent lösliche Phosphorsäure nach.
Man kann jedoch das Verfahren billiger bei erhöhter Ausbeute machen, indem man statt
des größeren Theiles der Schwefelsäure zum Zersetzen des basisch-phosphorsauren
Kalks Salzsäure anwendet und, um ein stets trocken bleibendes Product zu erzielen,
noch eine, dem Boden immer dienliche, entsprechende Quantität gemahlenen Gyps
darunter mischt. Alsdann ist man leicht in Stand gesetzt, das präparirte Product,
welches sich rascher wirkend zeigt als das unpräparirte, bei anständigem Nutzen doch
billiger zu verkaufen als jenes.