Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. , S. 164 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Ueber eine in Schottland gebrauchte Ziegelmaschine.
In der berühmten chemischen Fabrik von Tennant zu St.
Rollox bei Glasgow wurde mir eine nur für den eigenen Bedarf der Fabrik beschäftigte
Ziegelmaschine gezeigt, welche so nett arbeitet, daß sie wohl beschrieben zu werden
verdient.
Zu ihr gehört zunächst eine Thonmühle, bestehend aus einem Kollergange mit einer
eigenthümlichen Gußeisenplatte statt Bodensteins. Sie ist 6–7 Fuß im
Durchmesser, mit einer Zarge von 3/4 Fuß Höhe versehen und durchbrochen von feinen
Schlitzen, welche radial von dem Centrum nach der Peripherie hin dicht nebeneinander
laufen. Die Läufersteine haben nicht viel über 1 Fuß Dicke und 3 Fuß Durchmesser.
Indem der Thon gemahlen wird, siebt er sich zugleich durch die Schlitze der
Bodenplatte und fällt in einen unten angebrachten Behälter. Von da wird er durch
einen Elevator in die Höhe gehoben, in einer Holzröhre durch eine archimedische
Schraube bis über die Ziegelmaschine geführt und fällt dann in einen Holztrichter
mit Rührwerk, welcher die Maschine speist.
Der Haupttheil der Ziegelmaschine selbst ist eine horizontale kreisrunde Scheibe von
Gußeisen, von ungefähr 7 Fuß Durchmesser und 7–8 Zoll Dicke, welche sich um
eine senkrechte Achse dreht. Rings am Rande herum sind in ihr 14 länglichviereckige
Löcher angebracht, welche mit Rothgußmetall ausgekleidet sind und im Lichten genau
die Länge und Breite eines Ziegels haben. Der Boden dieser Formen wird von einem
lose darin beweglichen, 6 Zoll dicken Gußeisenstücke gebildet. Unter dieser Scheibe
läuft, parallel mit ihrem Rande, ein gußeiserner Kranz, auf welchem die Bodenstücke
aufruhen, da sie sonst natürlich aus den Formen herausfallen würden. Die Entfernung
der Oberseite dieses Kranzes von der Unterseite der Scheibe ist so groß, daß die
Bodenstücke, welche auf ihm aufruhen, noch einen Raum von 6 Zoll Tiefe bis zur
Oberfläche der Scheibe für den Thon freilassen. Diese 6 Zoll werden auf 3 Zoll
zusammengepreßt. Nachdem sich nämlich die Form durch den Trichter mit Thon gefüllt
hat, kommt sie beim Umdrehen der Scheibe sofort über eine hydraulische Presse,
welche das bewegliche Bodenstück und damit den Thon gegen einen an dieser Stelle
über der Scheibe fest angebrachten Klotz anpreßt. Gerade gegenüber der ersten Presse
wird es noch einmal eingepreßt, aber nicht so stark, als das erstemal, und darauf
der Ziegel aus der Form herausgedrückt, indem der untere Kranz an dieser Stelle
ansteigt, und die Bodenstücke sich somit heben; alsdann ist der Ziegel sofort
fertig, um in den Brennofen zu kommen, von welchen drei vorhanden sind. Mit dieser
Maschine kann man täglich 9000 Ziegeln aus dem rohen Thone bis zum Brennen fertig
machen. Dr. Lunge. (Breslauer
Gewerbeblatt, 1865. Nr. 1.)
Verbesserung im Beschlagen von Wagenrädern.
Damit die Reifen recht fest auf dem Rade sitzen, empfiehlt sich das Tränken der
Felgen mit heißem Leinöl. Eine ziemlich lange gußeiserne Pfanne wird mit Leinöl
gefüllt und dieses bis auf 100° Celsius erhitzt. Das unbeschlagene Rad wird
mit der Nabe auf einen Stock gesteckt, um den es sich nach Bedürfniß drehen läßt.
Man legt den Stock auf zwei Böcke, die neben der Oelpfanne stehen und läßt das Rad
mit seinen Felgen in das Oel hineinhängen. Jede Felge muß 1 Stunde in dem Oel
verweilen. Das Holz muß trocken seyn, indem es sonst das Oel nicht annimmt. Das Oel
darf nicht höher erhitzt werden, als angegeben ist, damit das Holz nicht verbrannt
wird. Das so präparirte Holz zieht keine Feuchtigkeit mehr an, und schwindet daher
nicht mehr. Durch die abwechselnde Ausdehnung und Schwindung werden aber gerade die
Radreifen lose. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr. 1.)
Die Fabrication des Bessemerstahles in Deutschland; von
Professor C. H. Schmidt in Stuttgart.
Die Herstellung des Stahles nach Bessemer's Methode durch
Einblasen von atmosphärischer Luft in flüssiges Roheisen ist nunmehr auch in
Deutschland zur Ausführung gekommen. Seit längerer Zeit soll das Bessemern in der
Krupp'schen Gußstahlfabrik zu Essen im Gange seyn; in
welchem Maaßstabe und mit welchem Erfolg, ist aber bei der gänzlichen
Verschlossenheit des Etablissements unbekannt geblieben. Im Mai dieses Jahres hat
das Hüttenwerk Horde bei Dortmund die Fabrication auch angefangen und betreibt
dieselbe seit dieser Zeit ununterbrochen im großartigsten Maaßstabe. Es werden
daselbst jeden Tag 3 Chargen à 7000–8000
Pfund gemacht, d.h. das zur Aufnahme des im Flammofen umgeschmolzenen Roheisens
bestimmte Gefäß, die sogenannte Birne, wird jeden Tag 3mal mit je 7000–8000
Pfund gefüllt. Dieses Roheisenquantum wird durch die in den Boden des Gefäßes
eingeführte Gebläseluft innerhalb 25–30 Minuten in Stahl verwandelt, welcher
zunächst in eine große zur Aufnahme von 4000 Pfd. vorgerichtete Pfanne gegossen, und
von hier den gußeisernen Formen, Coquilles, zugeführt wird. Es werden dadurch Blöcke
von cylindrischer oder vierseitig-prismatischer Form mit 3/4–1 Quadratfuß
Basis und 2 1/2–3 Fuß Höhe im Gewicht von 900 bis 1500 Pfund erhalten, deren
weitere Verarbeitung durch den Schmiede- und Walzproceß erfolgt. Unter
Berücksichtigung des Abganges kann man mithin die tägliche Production des Hörder
Werkes auf circa 200 Centner annehmen.
Die fertigen Fabricate bestehen derzeit vorzugsweise aus Eisenbahnschienen und
Radbandagen. Beide Gegenstände werden entweder gänzlich aus Bessemerstahl, oder aus
Bessemerstahl und sehnigem Eisen angefertigt. Ferner werden auch Scheibenräder mit
aufgeschweißten Stahlbandagen geliefert. Nabe und Scheibe werden aus einem einzigen
Stück sehnigen Eisens unter dem Hammer in einem Gesenke vorgeschmiedet, dann wird
die Stahlbandage umgelegt und in einem Gesenke unter einem großen Dampfhammer mit
der Scheibe zusammengeschweißt.
Die ganz aus Bessemerstahl hergestellten Schienen werden mit 70 Thlr., die aus Stahl
und sehnigem Eisen angefertigten mit 55 bis 60 Thalern per 1000 Pfd. verkauft. Zur Vergleichung mit diesem Preis geben wir im
Folgenden die Preise der Schienen, wie sich dieselben gegen Mitte vorigen Jahres auf
westphälischen Werken im Durchschnitt gestellt haben:
gewöhnliche Schienen
33 Thlr.
per
1000 Pfund,
Schienen mit Feinkornkopf
36 „
„
„ „
Schienen mit Puddelstahlkopf
45 „
„
„ „
Puddelstahlschienen
52 „
„
„ „
Die Schienen aus Bessemerstahl stehen mithin um 40 Procent höher als die beste
Qualität der bisher erzeugten Schienen. Eine theilweise Ausgleichung der
Anschaffungskosten dürfte indeß durch das geringere Gewicht, welches man den
Bessemerstahlschienen in Folge ihrer größeren Festigkeit geben kann, hervorgehen.
Wie sich die Bessemerstahlschienen in Bezug auf die Abnutzung verhalten, müssen die
Erfahrungen späterer Zeiten lehren. Läßt man aber die Annahme gelten, daß der
Bessemerstahl bezüglich der Abnutzung in demselben Range stehe, wie der Gußstahl, und daß ferner die
Abnutzungen der Schienen aus Gußstahl, Puddelstahl und sehnigem Eisen sich ebenso
verhalten, wie die Abnutzungen der Radbandagen aus denselben Materialien, für welche
sich aus vielfachen Beobachtungen das Verhältniß von 1 : 2 : 6 herausgestellt hat,
so lassen sich von der Verwendung dieser Schienen große Vortheile erwarten.
Ueber die Festigkeit des in Hörde erzeugten Bessemerstahles können aus eigener
Anschauung mit aller Zuverlässigkeit folgende Angaben gemacht werden. Auf absolute
Festigkeit wurden mehrere abgeschmiedete Stücke mit rechteckigem Querschnitt von 13
und 9 Millim. Seite, d. i. 117 Quadrat-Millim. Querschnittsfläche, untersucht. Das
Zerreißen erfolgte bei einer Belastung von 10,200 Kilogr., mithin erreichte die
Festigkeit per Quadrat-Millim. den Werth von 87 Kilogr.
Für die älteren Stahlsorten liegen die Festigkeitscoefficienten zwischen 75 und 100
Kilogr.; es gehört der Hörder Bessemerstahl sonach nicht zu den geringeren Sorten.
Die Festigkeit des Schmiedeeisens ist nur etwa halb so groß.
Neue Anlagen zur Erzeugung des Bessemerstahles in der gleichen Ausdehnung wie in
Hörde sind im Bau begriffen in der Gußstahlfabrik zu Bochum und auf einer durch eine
Commanditgesellschaft neu gegründeten. Stahlfabrik zu Oberbilt bei Düsseldorf. Für
das Staatshüttenwerk Königshütte in Oberschlesien soll ebenfalls eine Anlage in
Aussicht stehen. In Oesterreich hat man in zwei Werken die Fabrication des
Bessermerstahles angefangen, nämlich auf dem fürstl. Schwärzenbergi'schen Eisenwerke zu Turrach und dem der Comp. Rauscher zugehörenden Eisenwerk zu der Heft in Kärnthen.
Von Seiten des Staats ist eine dritte Anlage auf dem Hüttenwerk Neuberg im Bau
begriffen. Eine andere hat die Südbahn in Prag errichtet; auch in Mähren ist eine
Anlage projectirt und ebenso im Banat.
Die durch das Bessemeren möglich gemachte massenhafte Stahlproduction und der billige
Preis des Productes werden nach verschiedenen Richtungen hin von Einfluß seyn. Außer
der Verwendung des Bessemerstahles zu Schienen, Bandagen, Achsen, Kanonen,
Kesselblechen u.s.w. dürfte zunächst seine Verwendung zu Brückenbauten von
Wichtigkeit werden. Das gewöhnliche Schmiedeeisen kann bei Brücken mit großen
Spannweiten nur unter ungünstigen Verhältnissen angewandt werden, da es im
Verhältniß zu seiner Festigkeit ein viel zu großes Gewicht hat; es sind z.B. bei der
Dirschauer Weichselbrücke 3 Centner Eisen nöthig, um 1 Centner Nutzlast zu tragen,
bei der Britanniabrücke ist das Verhältniß noch ungünstiger. Bereits hat man bei
Mastricht in Holland drei Brücken aus Gußstahl von 100–124 Fuß Spannweite für
den Straßenverkehr ausgeführt und hat die Absicht, mehrere Eisenbahnbrücken von
300–500 Fuß Spannweite aus demselben Material herzustellen. Einer
allgemeineren Verwendung des Gußstahles zu solchen Zwecken steht aber der hohe Preis
desselben, 160–180 Thaler per 1000 Pfd. hindernd
entgegen, wogegen der um circa 60 Proc. billigere
Bessemerstahl sich sehr gut dazu eignen würde.
Schließlich wäre noch zu bemerken, daß aus England und Schweden (Högbo) Bessemerstahl
von besserer Qualität und zu höheren Preisen als die oben angegebenen in den Handel
kommt. Er kann zu Werkzeugen, Schneidwaaren u.s.w. verwandt werden und kostet per Centner 16–18 Thaler. Um dieses Product zu
erzeugen, wird angeblich der Bessemerstahl mit gewissen Zusätzen in Tiegeln
umgeschmolzen, und dadurch in wirklichen Gußstahl verwandelt.
Dieser Industriezweig erscheint somit als einer von denjenigen, welchen vorzugsweise
eine günstige Zukunft in Aussicht steht. (Württembergis. Gewerbeblatt, 1865, Nr.
1.)
Ueber das größere specifische Gewicht des Bessemer-Metalles im
Vergleich mit den anderen Eisensorten und über die besondere Verwendbarkeit des
weicheren Bessemer-Metalles.
Bei einem Besuch des Eisenwerks zu Store bei Cilli (Steiermark) wurde Sectionsrath
Tunner von dem dortigen Werksdirector Hrn. Frey darauf aufmerksam gemacht, daß das Bessemer-Metall ein größeres
specifisches Gewicht haben müsse, als für Eisen und selbst für Stahl
gewöhnlich angenommen wird. Tunner, der den Gegenstand
weiter zu verfolgen sich veranlaßt sah, theilt nun in dem Steiermarker Gewerbeblatt
Folgendes darüber mit:
Bekanntlich ist das spec. Gewicht des Roheisens 7,1 bis 7,5, des Stahles 7,7 bis 7,85
und des Stabeisens 7,5 bis 7,85. So wie das Roheisen entschieden leichter als der
Stahl ist, sollte auch der Stahl leichter als das Stabeisen seyn. Daß dieses aber
häufig nicht der Fall ist, liegt theils in der verschiedenen mechanischen
Bearbeitung und den verschiedenen Temperaturgraden, in welchen die Bearbeitung
vorgenommen wurde, theils in den verschiedenen Temperaturverhältnissen, denen die
bearbeiteten Stücke hinterher ausgesetzt waren, und theils endlich in den mechanischen Beimengungen, namentlich von Schlacken und
Eisenoxydaten, von denen besonders das Puddlingseisen, weniger das Herdfrischeisen,
stets mehr oder weniger enthält. Das Bessemer-Eisen,
welches dünnflüssig aus dem Ofen kommt und längere Zeit in diesem Zustande ruhig
verbleibt, muß offenbar rücksichtlich der mechanischen Beimengungen das reinste
weiche Eisen seyn. Unter sonst gleichen Verhältnissen bezüglich der
Temperatureinflüsse und der mechanischen Bearbeitung muß demnach das weiche
Bessemer-Eisen unter allen Eisensorten das größte spec.
Gewicht haben. Auf das größere spec. Gewicht, die größere Dichte, weist bei dem
Bessemer-Eisen auch der Umstand hin, daß dasselbe bei gleicher Härte mit
gewöhnlichem Schmiedeeisen auffallend steifer ist als dieses. Ingleichen erklärt
sich daraus die größere absolute Festigkeit des Bessemer-Eisens im Vergleich mit
anderem Schmiedeeisen von demselben Härtegrad, worüber in Storé directe
Versuche ausgeführt worden sind. Möglich, wiewohl nicht absolut nothwendig, ist, daß
mit dieser größeren Widerstandsfähigkeit des Bessemer-Eisens eine vermehrte
Brüchigkeit bei Biegungen und Stößen verbunden ist.
Um eine genaue Bestimmung des spec. Gewichts vorzunehmen,
hat Tunner von Store ein größeres, auf 2 1/4 Zoll im
Durchmesser geschmiedetes und gewalztes, abgedrehtes und polirtes Stück des
weicheren Bessemer-Metalles (Härte Nr. VI) mitgenommen, welches an der Leobner
Bergakademie untersucht, ein spec. Gewicht von 7,865 ergab, also in der That ein
größeres spec. Gewicht hat als bisher an irgend einer Eisensorte gefunden worden ist
und wobei angenommen werden muß, daß dasselbe bei einer weiteren mechanischen
Bearbeitung des Stückes noch größer geworden wäre. Obgleich diese besondere
Eigenschaft des weicheren Bessemer-Metalles, bei dessen wichtigster Verwendung, d.
i. im Maschinenwesen und für Bauten, sich mit verwerthen wird, so soll hier zunächst
doch die Aufmerksamkeit auf die vorzügliche Tauglichkeit dieses neuen Materiales für
solche Verwendungen gelenkt werden, bei denen ein möglichst schlackenfreies Eisen von vorzüglichem Werthe ist. Zu solchen Verwendungen
zählen: die Erzeugung von Weißblechen, Dachblechen, Schiffsblechen, Kesselblechen,
von Eisendrähten, polirten Eisenwaaren, Kattundrucker-Walzen u. dergl. m. Während
das härtere Bessemer-Metall die Concurrenz mit den Guß-
und Gerbstahlsorten nur allein durch billigere Preise
bestehen kann, wird sich bei dem weicheren voraussichtlich auch die bessere Qualität Geltung verschaffen. (Berggeist, 1865,
Nr. 4.)
Das Meggener Schwefelkieslager.
Das Schwefelkieslager bei Meggen, 1/4 Stunde unterhalb der Ruhr-Sieg-Bahn, Station
Altenhunden, wurde im Jahre 1852 aufgefunden, und wird als eines der großartigsten
Erzvorkommnisse von Deutschland geschildert. Die Lagerstätte tritt in Begleitung von
mächtigem Schwerspath in dem sogenannten Kramenzel auf,
ist dem Streichen nach auf 2000 Lachter Länge bekannt und wechselt in der
Mächtigkeit von 3/4–3 Lachter und darüber. Das allgemeine Streichen des
Lagers ist h. 4,2, sein Einfallen südöstlich mit einer
Neigung, die zwischen 24 und 65° schwankt. Es folgt im Streichen von dem
Lennefluß aus einem tiefen Gebirgseinschnitt und ist mit dem tiefen Carolinenglücker
Erbstolln schon bei 13 Lachter Länge noch 1 Lachter mächtig überfahren, so daß das
Niedersetzen bis unter die Thalsohle evident nachgewiesen ist. Der Schwefelkies,
sogenannter Graueisenkies, kommt nur ganz derb frei von Arsenik vor, ist seiner
chemischen Zusammensetzung nach in allen Teufen gleichartig und enthält
Schwefel
47,50
Eisen
43,55
Kohle
0,32
Kieselerde
8,22
Schon seit mehreren Jahren fabriciren die chemischen Fabriken von Rheinland und
Westphalen Schwefelsäure aus Meggener Kies, während selbige früher nur
sicilianischen Rohschwefel verbrauchten.
Die jetzige Förderung erreicht 800,000 Centner per Jahr,
von welchem Quantum die inländischen Fabriken nur etwa 300,000 Centner consumiren,
während 500,000 Centner über den Canal nach England wandern, um den großartigen
Sodafabriken zu Newcastle als Material zur Darstellung der Säure zu dienen. Hierbei
wird darauf hingewiesen, daß Preußen, trotzdem es im Besitze der wichtigsten
Factoren für Sodafabrication ist, dennoch 2/3 seines
Bedarfs an Soda von England bezieht.
Nach mäßiger Voraussetzung wird die oberhalb der Thalsohle anstehende Erzmasse des
Lagers auf circa 85,000,000 Ctr. geschätzt. Wie tief die
Erze unter die Thalsohle niedersetzen, ist noch unbekannt. (Berggeist, 1864, Nr.
79.)
Verordnung der Pariser Polizeipräfectur über den Gebrauch des
Petroleums.
Das gereinigte Petroleum ist fast farblos. Der Liter darf nicht weniger als 800
Gramme wiegen (spec. Gewicht 0,800). Es darf sich nicht unmittelbar durch die
Berührung mit brennenden Körpern entzünden. Um diese wesentliche Eigenschaft
festzustellen, gießt man etwas Petroleum in eine Untertasse und berührt die
Oberfläche der Flüssigkeit mit einem brennenden Schwefelholz. Wenn das Petroleum
vollständig von den leichten sehr brennbaren Oelen befreit ist, entzündet es sich
nicht, und selbst, wenn man das brennende Zündhölzchen hineinwirft, erlischt
dasselbe, nachdem es einige Zeit fortgebrannt hat. – Jedes Mineralöl, das
diese Probe nicht aushält, ist als gefährlich zu verwerfen.
Die Brennbarkeit selbst des brauchbaren Petroleums ist sehr groß, besonders, wenn
poröse Stoffe, Gewebe, Papier etc. damit durchtränkt sind. Seine Aufbewahrung und
Handhabung erfordert daher große Vorsicht.
Lampen. Eine zum Brennen von Petroleum bestimmte Lampe
darf keinen Sprung, keine Fehlstelle besitzen, durch welche Petroleum nach außen
dringen und sich an dem brennenden Dochte entzünden könnte. Das Reservoir muß mehr
Oel enthalten, als man an einem Abend verbrennt, damit es sich nicht ganz entleert
und mit den Dünsten des Petroleums füllt, oder ein Nachfüllen bei Lampenlicht nöthig
macht.
Um den Stand des Oeles im Reservoir leicht ermitteln zu können, sind die Behälter aus
Glas oder Porzellan, d.h. aus durchsichtigen Substanzen vorzuziehen. Die Wände
müssen hinreichend dick, der Brennerkopf nicht bloß aufgesetzt, sondern mit einem in
Petroleum unlöslichen Kitt (Gyps und Gummi) aufgekittet seyn. Der Fuß der Lampen muß
hinreichend breit und schwer seyn, damit die Lampe nicht leicht umgeworfen werden
kann. Beim Gebrauch der Lampen muß man das Reservoir vor dem Anzünden fast
vollständig füllen und dann sorgfältig verschließen. Ist das Petroleum verbraucht,
so muß man die Lampe auslöschen und abkühlen lassen, ehe man sie öffnet und von
Neuem füllt; wenigstens muß man beim Füllen einer noch warmen Lampe sich hüten, mit
Licht in die Nähe zu kommen.
Wenn der Cylinder einer Lampe zerbricht, muß man sie sofort auslöschen, indem sich
die Metalltheile sonst leicht so stark erhitzen können, daß sich Dämpfe im Reservoir
bilden, die sich an der Flamme entzünden und eine Explosion veranlassen können. Zum
Löschen des brennenden Petroleums ist Wasser weniger geeignet, als Erde, Asche,
Sand. Bei Verbrennungen durch Petroleum thut man wohl, bis zur Ankunft des Arztes
die verbrannten Theile mit in kaltes Wasser getauchten Tüchern zu bedecken. (Cosmos)
Ueber Fleischextract.
Hr. Professor v. Liebig in München hat aus Montevideo in
Uruguay von einem Ingenieur Giebert aus Hamburg, der nach
Liebig's Methode versucht hat, das Fleisch der Büffel
und Hämmel, welches die Eingeborenen nicht verwerthen konnten, in Fleischsaft zu verwandeln, zwei große Gefäße mit solchem
Saft zugeschickt erhalten. Bisher war es nur theilweise gelungen, das Fleisch dieser
halbwilden Ochsen und Schafe, die lediglich der Häute und des Fettes wegen
geschlachtet wurden, durch Einsalzen oder Trocknen so zu conserviren, daß man es in
den europäischen Handel bringen konnte, und es machte auf den Unternehmer, wenn er
sah, wie nur der kleinste Theil zum Einsalzen verwendet und alles Uebrige in. die
Flüsse geworfen wurde, im Hinblicke auf Europa einen peinlichen Eindruck und erregte
in ihm den Wunsch, dieses Fleisch nützlich zu verwerthen. Da kamen demselben die
chemischen Briefe Liebig's zu Gesicht, worin der
Fleischextract beschrieben ist,Man s. die Abhandlung des Hrn. v. Liebig
„über das zweckmäßigste Verfahren Fleisch zu kochen, Fleischbrühe
und Fleischextract zu bereiten, und das Fleisch einzusalzen“
im Jahrgang 1847 des polytechn. Journals, Bd. CVI S. 54. und nachdem er sich im Jahre 1862 in München in der Hofapotheke, wo
wöchentlich Fleischextract bereitet wird, mit dem genauen Verfahren bekannt gemacht
und in Berlin mit dem dazu nöthigen Apparate sich versehen hatte, kehrte er im Jahr
1863 nach Uruguay zurück und hat nun glücklich einen köstlichen Extract hergestellt,
der durch seine fett- und leimfreie Beschaffenheit ebenso unveränderlich als
wohlschmeckend und dabei so concentrirt ist, daß der Extract von 30 Pfund
Muskelfleisch 1 Pfund jener honigartigen Masse bildet: ein Quantum, das z.B. genügen
würde, durch bloßes Zugießen von heißem Wasser, mit Brod oder Kartoffeln vermischt,
für 128 Soldaten eine so kräftige und nahrhafte Suppe zu bereiten, wie man sie in
den ersten Gasthöfen nicht schmackhafter bekommen könnte. Seit den letzten zehn
Jahren ist die wohlthätige Wirkung des Fleischextracts immer mehr bekannt geworden,
und der Verbrauch desselben beweist, daß er nicht nur von Aerzten in Fällen
gestörter Ernährung, Verdauung und körperlicher Schwäche gegeben wird, sondern daß
er auch gleichsam ein Hausmittel geworden ist, indem er längst im Handverkauf, d.h.
ohne ärztliche Vorschrift, gebraucht und trotz des hohen Preises desselben von 1 fl.
12 kr. für die Unze so viel abgesetzt wird, daß allein die Hofapotheke in München
jährlich 5000 Pfund Rindfleisch zu ihrem Bedarf an Fleischsaft verbraucht. Auch ist
schon länger bei der französischen Armee von Parmentirer
und Proust der Fleischextract
(extractum carnis) in Wein aufgelöst als das beste
Stärkungsmittel für durch Blutverlust geschwächte Verwundete auf dem Schlachtfelde
und Reconvalescenten in Feldspitälern dringend empfohlen worden. Da also die
Einführung des Fleischsaftes zur Hälfte oder einem Drittel des gegenwärtigen Preises
in Europa aus Ländern, wo das Fleisch kaum einen Werth hat, für die europäische
Bevölkerung ein wahrer Segen Wäre, so hat Hr. v. Liebig
sich bereit erklärt, falls der Fleischextract aus Montevideo den Anforderungen der
Wissenschaft genüge, seine Echtheit zu bezeugen, unter der Bedingung, daß der
Unternehmer das Pfund Fleischextract im Kleinverkauf zu einem Drittel des
gegenwärtigen Preises in Europa zu liefern im Staude sey. Nach den vorliegenden
Erfahrungen dürfte sich dieser Preis auf etwa 3 Thlr. per Pfund stellen. Hr. Giebert hofft monatlich
5–6000 Pfd. nach Europa senden zu können.
Kaffee als Mittel bei Vergiftungen durch Pilze.
Bei der Vergiftung durch Pilze hat Dr. Humbert mit dem besten Erfolge Clystiere von Kaffee
angewandt, und berichtet darüber im Journal de Chimie
médicale Folgendes:
Der regnige Herbst des letzten Jahres hat sehr viel zu dem Gedeihen der Pilze
beigetragen, und ist dieses eine Ursache zu häufigen Vergiftungen geworden.
Verfasser hat mehrere solche Fälle beobachtet und unter Anderem sehr interessante
Einzelheiten mitgetheilt, die wohl verdienen aufgezeichnet zu werden. Besonders
handelte es sich um eine Familie, die aus vier Mitgliedern besteht, dem Vater, der
Mutter und zwei Kindern, welche alle vier zu derselben Zeit durch denselben
Champignon vergiftet worden sind. Bei den beiden Kindern trat heftiges Erbrechen
ein, und nach der Aussonderung des Giftes folgte eine schnelle Besserung. Was aber
die Eltern betrifft, bei denen sich kein Erbrechen einstellte, so zeigte sich die
Vergiftung sehr deutlich, aber die Symptome derselben stellten sich bei den beiden
Persönlichkeiten ganz verschieden heraus. Die Frau befand sich nämlich in einem
Zustande außerordentlicher Gehirnaufregung, charakterisirt durch große Wuth und
unaufhörliche Gesprächigkeit. Der Mann hingegen war in eine Stumpfheit versunken,
welche bis zum Zustande völliger Unempfindlichkeit, bis zum Starrkrampf anwuchs. Da
ihm aber das Schlucken unmöglich war, so wandte man wiederholte Clystiere von Kaffee
an. Dieses Verfahren brachte vortreffliche Wirkungen hervor; der Krampf und die
Betäubung gingen vorbei, und bald war der Mann wieder hergestellt. Bei der Frau
wurde durch die Anwendung desselben Mittels keine Erleichterung erzielt; auch nicht
durch Aether und Kirschlorbeerwasser; erst Blutegel, die am folgenden Morgen
gebraucht wurden, schienen die Aufregung zu vermindern und führten ziemlich schnell
die Genesung der Kranken herbei. (Industrieblätter, 1864, Nr. 11.)