Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. , S. 402 |
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Miscellen.
Miscellen.
Große Hängebrücken.
Die Clifton-Hängebrücke bei Bristol, die mit einer Oeffnung in 210 Fuß Höhe den Avon
überspannen wird, schreitet jetzt, nachdem seit mehr als 10 Jahren die Pfeiler auf
den hohen malerischen Ufern verlassen standen, endlich ihrer Vollendung entgegen.
Die Hauptketten sind bereits überspannt und wird mit dem Anbringen der Hängestangen
und darauf der Fahrbahn begonnen werden. Der Bau soll früher wegen eines Unglücksfalles, während
provisorische Ketten oder Seile übergespannt waren, verlassen seyn. Die Brücke wird
hinsichtlich ihrer reizenden Lage wenigstens in England nicht ihres Gleichen haben.
In deutschen Geographie-Lehrbüchern findet sie sich seit Jahren als Merkwürdigkeit
verzeichnet, obgleich sie bisher bis auf die Pfeiler nicht vorhanden gewesen.
Die Ketten der von Brunel gebauten, jetzt abgebrochenen
und durch die Charing-Croß-Brücke ersetzten 630 Fuß weiten Hungerford-Brücke in
London finden hier wieder Verwendung.
Es wird vielleicht von einigem Interesse seyn, die Spannweiten einiger amerikanischen
Brücken hier nachzufügen, welche die größten Brücken Europa's um ein Bedeutendes
übertreffen. So hat die Niagara-Drahtbrücke eine Spannweite von 822 Fuß, die
Lewistown-Brücke von 1043 Fuß, die Kentucky-Brücke, die übrigens noch nicht eröffnet
ist, gar von 1224 Fuß. Erscheinen diese Zahlen geradezu als enorm, so werden sie
noch bei weitem übertroffen durch die kühnen Projecte, welche zur Ueberbrückung
verschiedener Meerbusen der neuen und der alten Welt gegenwärtig in Ueberlegung
genommen sind.
So beabsichtigt der Ingenieur Röbling, der die
Niagara-Brücke baute, zwischen New-York und Brocklyn eine Brücke zu bauen mit einer
größten Spannweite von 1800 Fuß. Ueber den Frith of
Forth denkt man eine Brücke mit Oeffnungen von 2000 Fuß herzustellen. Barlow hat allen Ernstes zur Verbindung von Liverpool mit
Birkenhead die Erbauung einer Hängebrücke von 3000 Fuß Spannweite mit 300 Fuß Pfeil
und 450 Fuß hohen eisernen Landpfeilern vorgeschlagen (Observations on the Niagara Railway Suspension bridge by P. Barlow) und es soll bereits an die Ueberbrückung
der 3220 Fuß weiten Meerenge von Messina in einer einzigen Oeffnung gedacht werden.
Nun, die Grenze der Möglichkeit der Ausführung derartiger Constructionen, zumal mit
gezogenem Draht, ist damit noch nicht erreicht; es wird hauptsächlich darauf
ankommen, in welchem Verhältniß die Last der übrigen Theile der Brücke und der
Transportgegenstände zu dem Gewicht der Tragketten steht; ein gleich dicker
Eisendraht kann mit 1/10 Pfeil bei 10,000 Pfund pro
Quadratzoll Spannung, wenn er nur sich selbst zu tragen hat, schon bis 2450 Fuß weit
gespannt werden und geht man so weit wie bei der Niagara-Brücke, wo 18,000 Pfund
Spannung in den Drähten vorkommen, so erweitert sich in demselben Verhältniß die
Grenze der Spannweite. Bedenkt man aber, daß Stahldraht noch mehrfach größere
Spannungen wenigstens für einige Zeit ohne Schaden erträgt, so bleibt für Weiten von
2000 bis 3000 Fuß noch ein so günstiges Verhältniß zwischen dem Gewicht des Seiles
und dem zulässigen Gewicht der übrigen für die Fahrbahn und zur Absteifung nöthigen
Theile, so wie die zu transportirenden Lasten bestehen, daß man die wirkliche
Ausführung derartiger Constructionen, sobald die Nothwendigkeit dazu vorliegt, in
Zukunft höchst wahrscheinlich zu erwarten haben wird. (Nach dem Engineer vom 29. April 1864, durch die Zeitschrift des
hannoverschen Architekten- und Ingenieurvereins.)
Achard's elektrische
Eisenbahnbremse.
Schon mehrfach hat man die Anwendung des Elektromagnetismus beim Eisenbahnbetriebe in
Vorschlag gebracht, sey es, daß man durch Magnetisirung der Radreifen die Adhäsion
vermehren, sey es, daß man damit das Bremsen erleichtern, oder die einzelnen Wagen
mit einander in Communication setzen wollte. In neuester Zeit ist auf dem Pariser
Bahnhofe der Straßburger Bahn das Bremsungssystem des Ingenieurs Achard einer eingehenden Prüfung unterworfen worden und
hat sehr zufriedenstellende Resultate geliefert. Das Wesentliche dieses Systems
besteht darin, daß man Bremsvorrichtungen anwendet, die beständig in Function seyn
würden, wenn sie nicht durch Elektromagnete angezogen und dadurch von den Rädern
entfernt gehalten würden. Sobald daher der Strom, der den Magnetismus hervorruft, an
irgend einer Stelle unterbrochen wird, tritt eine kräftige Bremsung an allen Punkten
des Zuges sofort von selbst ein. Zwei Wagen, auf denen der elektrische Apparat
aufgestellt war, wurden zuerst von den Zuschauern und Arbeitern genau besichtigt, um
letztere besonders mit dem Spiele des Apparates vertraut zu machen. Es wurde dann
eine Locomotive mit
Tender herangefahren und die Wagen angehängt. Die elektrische Leitungsschnur, in
welcher sich zwei Drähte, für die eine und die andere Hälfte des Stromkreises
vereinigt befanden, natürlich gut von einander isolirt, wurden dann auf den Tender
geworfen, und der Unterbrechungsapparat mittelst einer einfachen Druckschraube in
wenigen Secunden an der Wand des Tenders befestigt. Wenn man sich denkt, daß auf
jedem mit der elektrischen Bremse versehenen Wagen ein oder zwei Elektromagnete und
rechts und links zwei Leitungsdraht-Enden sich befinden, so begreift man leicht, daß
man durch eine leicht zu bewirkende Verbindung der resp. Drahtenden eine Anzahl
solcher Bremswagen hinter einander, oder mit Einschaltung einer Leitungsschnur mit
zwei isolirten Drähten auch an verschiedenen Stellen des Zugs einschalten kann.
Nöthigenfalls genügte auch ein einfacher Leitungsdraht, indem die Rückleitung durch
die Schienen und die Erde bewirkt werden könnte. Der Unterbrecher, welcher am Tender
angeschraubt wurde, besteht einfach aus einer kleinen Handhabe, die von links nach
rechts umgelegt wird, und dann sofort den Strom unterbricht. In diesem Moment trat
volle Wirksamkeit der Bremsen ein. Die Räder der Wagen rollten nicht mehr, sondern
bewegten sich schlittenartig auf den Schienen fort. Der dadurch geleistete
Widerstand war so enorm, daß der Zugführer sich beeilen mußte, den Unterbrecher
umzulegen, und so den Strom wieder herzustellen. Sofort wurden die Bremsen wieder
angezogen, und der Zug erlangte allmählich die verlorene Geschwindigkeit zurück. Der
vielfach, sowohl beim Ziehen als beim Schieben der Locomotive wiederholte Versuch
ergab stets dasselbe günstige Resultat. Selbst bei hoch gesteigerter Schnelligkeit
vermochte man den Zug auf 250–300 Meter Länge zum Stehen zu bringen, wo er
sonst noch 12–1500 Meter gelaufen wäre. Derselbe elektrische Strom wird auch
dazu benutzt, um vom hintersten Waggon aus durch den dort placirten Conducteur dem
Locomotivführer und dem zugführenden Oberschaffner ein Warnungszeichen durch
Anschlagen einer Glocke zukommen zu lassen, welche Glocke ertönt, sobald an irgend
einer Stelle der Strom unterbrochen wird, indem ein bis dahin vom Elektromagneten
angezogener Hammer frei wird. In ganz derselben Art kann jeder einzelne Conducteur,
ja jeder Passagier, in den Stand gesetzt werden, das Warnungszeichen zu geben. Auf
gleiche Weise kann jeder Conducteur, sobald er ein drohendes Unheil bemerkt, die
Bremsen spielen lassen. Sollte der Zug aus den Schienen kommen, ein angehängter
Wagen sich losreißen, so wird der Strom ebenfalls unterbrochen; die Folge davon ist
wie immer die sofortige Bremsung. Jedenfalls verdient der Achard'sche Apparat die Aufmerksamkeit unserer, Eisenbahnverwaltungen.
(Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr. 4.)
Ueber ein neues Mittel zur kräftigen Wetterführung auf Stollen
und Strecken.
Die durch die Explosion der schlagenden Wetter in Steinkohlengruben verursachten,
leider so häufigen Unfälle nehmen unablässig die Aufmerksamkeit der tüchtigsten
Bergingenieure in Anspruch. Die jetzt angewendeten Sicherungsmittel sind noch
keineswegs vollkommen; viele derselben sind zu sehr von der unbegreiflichen
Fahrlässigkeit der Arbeiter abhängig, obgleich die letzteren immer als die
unmittelbarsten Opfer der Explosion fallen. Gegenwärtig sind die englischen
Bergingenieure mit Untersuchungen über die Mittel beschäftigt, in den Stollen und
Strecken einen bleibenden Druck hervorzubringen, welcher stärker ist als der Druck
der äußeren Luft. Versuche in diesem Sinne erscheinen dadurch gerechtfertigt, daß
nach zahlreichen Beobachtungen die Explosionen der schlagenden Wetter fast stets in
dem Augenblicke eintreten, in welchem das Barometer sank, woraus sich schließen
läßt, daß die Entwickelung des explosiven Gasgemisches durch eine Verminderung des
atmosphärischen Drucks befördert wird.
Mittelst kräftiger Gebläse würde sich in die Strecken eine genügende Menge frischer
Luft injiciren und ein überschüssiger Druck erhalten lassen, welcher zur
Verhinderung von Gasentwickelungen aus dem Kohl hinreichen würde, ohne die
Gesundheit der in diesem Medium beschäftigten Arbeiter in nachtheiliger Weise zu
beeinflussen.
In dieser Beziehung wird jetzt die sich stets wiederholende Geschichte jener
Erfinder, deren Ideen der Praxis sich zu früh oder zu spät darboten, um ein neues Beispiel vermehrt. Deroux, der Redacteur des „Journal des
Mines“ ließ sich vor sechs Jahren die Erfindung des
Verfahrens patentiren, welches englische Bergingenieure jetzt anzuwenden suchen.
„Wenn wir“, bemerkt Deroux,
„die Taufe von Seiten des Auslandes abwarten mußten, so wollen wir
deßhalb doch nicht unterlassen, die Vaterschaft für die erste, ursprüngliche
Idee dieser Erfindung in Anspruch zu nehmen.“ (Annales du Génie civil Januar 1865, S. 60.)
Zugutemachung von Eisenfrischschlacken durch Erzeugung von
Schlackenkohks.
Die Schlacken vom Eisenfrischen, Puddeln, Schweißen u.s.w. mit 40–70 Proc.
Eisen lassen sich bekanntlich mit anderen Eisenerzen im Hohofen nur in gewissen
Verhältnissen verschmelzen, weil sie sonst ein kohlenstoffarmes weißes, silicium-
und phosphorreiches Roheisen von minderer Qualität geben. Dieß liegt darin, daß die
der Eisenstein-Beschickung beigemengten Schlacken schon bei 500° C. zu
schmelzen beginnen und dann die Reductions- und Kohlungszone so rasch im flüssigen
Zustande durcheilen, daß sie im geschmolzenen Zustande in's Gestell gelangen. Etwas
über der Form vereinigt sich dann ein Theil der Schlacke mit der Normalschlacke,
macht diese eisenreich und zur Entkohlung des Roheisens sehr geneigt. Ein anderer
Theil der Schlacke wird in Berührung mit dem glühenden Kohlenstoff bei der hohen
Temperatur zu Silicium- und Phosphoreisen reducirt und dieses verunreinigt dann das
Roheisen. Minary und Soudry
haben nun durch Versuche nachgewiesen, daß
Eisenfrischschlacken, längere Zeit bei nicht zu hoher Temperatur reducirenden
Agentien ausgesetzt, metallisches Eisen geben, ohne daß sich die Kieselsäure
reducirt, und darauf nachstehende Zugutemachungs methode basirt. Die sehr fein gepochten Schlacken werden mit gepulverten,
etwas fetten Steinkohlen in Verkohkungsöfen erhitzt, wobei durch die Verkohkungsgase
das Eisenoxydul reducirt und das Eisen durch die Kohlenwasserstoffgase theilweise
gekohlt wird. Kieselsäure bleibt unzersetzt und muß demnächst durch entsprechende
Vermehrung des Kalkzuschlags beim Beschicken verschlackt werden. Phosphor und
Schwefel entweichen zum größten Theile im Zustande von Phosphor- und
Schwefelwasserstoff. Durch überzeugende Experimente haben die Genannten dargethan,
daß diese Reactionen wirklich stattfinden. Damit hinreichend zusammenhängende Kohks
entstehen, darf man den Schlackenzusatz zu den Steinkohlen nicht über eine gewisse
Grenze steigern. Sehr gute Resultate erhielt man zu Givors bei V. Picard, Kohksfabrikanten, bei einem Verhältniß von 40
Proc. Schlacken und 60 Proc. mittelfetten Steinkohlen, wo dann die Kohks 20 bis 25
Proc. gekohltes Eisen enthalten. Bei einem Verhältniß von 62 : 38 würden die
Verkohkungsgase zur Reduction der Schlacke noch hinreichen. Werden solche
Schlackenkohks wie gewöhnliche Kohks in Eisenhohöfen angewandt, so schmilzt das
gekohlte Eisen früher aus, als die beigemengte Kieselsäure sich reduciren kann. Bei
Anwesenheit einer hinreichenden Kalkmenge wird dieselbe vor der Reduction
verschlackt. Man erhält unter diesen Umständen ein gutes graues Roheisen und spart
gegen die Anwendung der rohen Schlacken im Hohofen bedeutend an Brennmaterial.
Während im ersteren Falle auf 100 Roheisen 130–140 Kohks gehen, braucht man
in letzterem nur unbedeutend davon. Auch hat die Erfahrung gezeigt, daß sich bei
Anfertigung von Schlackenkohks das Ausbringen beim Verkohlen vermehrt hat, indem der
bei der Verkohkung entstehende Wasserstoff sich mit dem Sauerstoff des oxydirten
Eisens und nicht mit Kohlenstoff verbindet. Es können solche Schlackenkohks auch
vortheilhaft beim Bleierzschmelzen angewandt werden, wo dann, wie z.B. auf der Bleihütte von Piellat zu Vienne, das Eisen den Bleiglanz zerlegt. (Auszugsweise aus der Revue universelle des mines, 1864, t. XVI p. 582, in der berg-
und hüttenmännischen Zeitung.)
Zusammengesetzte Natur des Wolframs.
J. Persoz und Jules Persoz ist
es bei ihren Untersuchungen über das Wolfram gelungen, eine Methode zur Trennung
desselben in mehrere Körper aufzufinden.
Die große Verschiedenheit der Chlorüre, welche das Wolfram liefert, die Anomalien,
welche gewisse wolframsaure Salze zeigen und endlich die so widersprechenden Angaben
verschiedener Chemiker über die Eigenschaften der Wolframsäure, sowie über die Menge
des darin enthaltenen Sauerstoffs, alle diese Umstände beweisen zur Genüge die
zusammengesetzte Natur des Wolframs.
Die genannten Chemiker theilen vorläufig nur mit, daß sie im Wolfram mehrere Elemente
gefunden haben, welche Säuren liefern, von denen die eine vollkommen weiß ist, und
welche sehr verschiedene Mengen Sauerstoff enthalten. Eins dieser Elemente bildet
mit Sauerstoff aber zwei Verbindungen mit basischem Charakter und gibt Salze, welche
im Minimum der Oxydationsstufe farblos, im Maximum gelb, ähnlich dem Chlorgold sind.
(Comptes rendus, t. LVIII p. 1196.)
Anwendung der Anilinfarben zum Aquarelliren und Coloriren von
Photographien; von Dr. E. Jacobsen in Berlin.
Ich halte es für nöthig, noch einmal (vergl. polytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 405)
auf die von mir zu Aquarellfarben präparirten Anilinfarben, welche sehr rasch eine
ausgebreitete Verwendung gefunden haben, zurückzukommen und diejenigen Beobachtungen
nachzutragen, die mittlerweile von Anderen und von mir selbst bei ihrer Anwendung
gemacht worden sind. Die Anilinfarben bieten gegenüber den bisherigen Aquarellfarben
manche Eigenthümlichkeiten dar, so daß ihre Anwendung zum Theil eine eigene, wenn
gleich leicht zu überwindende Technik erfordert, die zum wenigsten der Technik der
gewöhnlichen Aquarellmalerei näher steht als der letztern die Technik der
Oelmalerei. Die bisher ausschließlich in Anwendung gekommenen Aquarellfarben haben
größtentheils viel Körper und liegen dann locker auf dem Papiere, so daß sie durch
Abwaschen mit dem nassen Pinsel wieder entfernt werden können; die von mir
präparirten Anilinfarben dagegen sind sämmtlich gelöste (mit Ausnahme des
Neutralbraun), transparente Farben und lassen sich nicht alle wieder vom Papier
durch Wasser entfernen. Dies schließt nicht aus, daß sich die Anilinfarben überhaupt
in deckende (Körper-) Farben verwandeln lassen, und ich gedenke später je nach
Bedürfniß einzelne oder alle derselben auch in diese Form zu bringen, was indeß
weniger für das Coloriren von Photographien als für die eigentliche Aquarellmalerei
von Wichtigkeit seyn dürfte. Bei den gelösten Anilinfarben tritt zu dem Umstande,
daß manche derselben nicht mehr durch Abwaschen zu entfernen sind, noch hinzu, daß
diese jede noch nicht zur homogenen Papiermasse gewordene Faser des Papieres (d.h.
so weit die Faser als solche noch mit dem bloßen Auge erkennbar geblieben) für sich
färben, woraus folgt, daß namentlich beim Malen auf gewöhnlichem Papier letzteres in
seiner Masse möglichst gleichmäßig, seine Fasern möglichst kurz seyn müssen. Auf
Albuminpapier ist die Wirkung der gewöhnlichen und der Anilinfarben noch weiter
verschieden. Die glatte Oberfläche des ersteren (gewöhnlich durch Satinirung noch
glatter gemacht) verlangt für gewöhnliche Wasserfarben ganz besondere Haft- oder
Bindemittel, z.B. Galle, Gummi, Zucker etc. Anders bei den zu Aquarellfarben
präparirten Anilinfarben; diese haften hier sofort, nicht nur weil sie mit
geeigneten Haft- und Verdickungsmitteln versehen sind, sondern weil die Farben
selbst sich chemisch mit dem Albumin verbinden; wenn sie trotzdem nicht auf jeder
Albuminphotographie haften, so liegt dieß, wie ich schon früher bemerkt, entweder
daran, daß die Photographie zu stark satinirt, oder mit den immer etwas fettigen
Fingern befaßt war, oder daß an den sehr dunkeln Stellen der Photographie zu viel
der im photographischen Proceß abgelagerten Metalle auf und in dem Eiweiß liegt.
Hier hilft, wie ich schon bemerkt habe, ein leichtes Abreiben des Bildes mit einer
geringen Menge Glycerin ab. Zu stark darf man nicht
reiben, um die vom Leime des Papieres festgehaltenen Papierfasern nicht loszureißen, wobei dann das eintreten würde, was vorher
schon erwähnt, nämlich daß jede einzelne Faser die Anilinfarbe aus der Farblösung
ausziehen und die Bildstelle durch diese dunkler als ihre Umgebung gefärbten Fasern
unrein, punktirt (grisselig) aussehen würde; eine Erscheinung, die man bei
oberflächlicher Betrachtung dahin zu erklären geneigt seyn könnte, als wäre sie
durch nicht aufgelöste Farbkörnchen entstanden. Die von mir präparirten Farben
sind aber gelöst, und wenn ja etwas ungelöste Farbe sich aus den Farblösungen
abscheiden sollte, so hat dieß seinen Grund lediglich darin, daß bei der
Schwierigkeit, mit welcher sich einzelne Anilinfarben in einer concentrirten
wässerigen Flüssigkeit erhalten lassen, ein nachträgliches Absetzen der reinen
Farbstoffe stattfinden kann (z.B. durch Temperaturunterschiede); immer aber werden
sich diese Farbkörner mit dem nassen Pinsel auf der Palette lösen lassen. Körnige
Farbniederschläge können aber auch bei einigen Farben (z.B. Blau, Roth III. etc.)
entstehen, wenn man beim Malen ein sehr kalkhaltiges Wasser zum Verdünnen der Farben
gebraucht; es ist daher gut, Regen- oder destillirtes Wasser anzuwenden. Noch möchte
ich bei dieser Stelle Folgendes bemerken: Der Uebelstand, daß zwei oder drei von
meinen Farben (Grün, Orange) eine geringe Menge Spiritus enthalten (der lediglich
dazu dient, eine möglichst große Quantität dieser ohnehin hellen Farben in Lösung zu
halten), wodurch beim directen Auftragen die Farben leicht durchschlagen etc., läßt
sich leicht dadurch vermeiden, daß man ein paar Tropfen einer solchen Farbe auf der
Palette verdampfen läßt oder mit dem Pinsel bis zum Verdunsten des Spiritus verreibt
und dann das Zurückbleibende mit Wasser verdünnt. Stark alkoholische Farblösungen,
z.B. die Anilinliqueure des Handels (für Färber), sind zum Coloriren ganz
unbrauchbar, weil sie mit Wasser verdünnt unlösliche Farbstoffe abscheiden.
Es kommen Albuminpapiere vor, bei welchen die Qualität des Rohmaterials so schlecht
ist, daß schon durch die verschiedenen Operationen und Bäder, welche die
Papierbilder in der Photographie durchzumachen haben, die Papierleimung fortgeht und
die Fasern der Papiermasse isolirt hervorstehen, wodurch schon bei genauer
Betrachtung mit dem bloßen Auge die Bildoberfläche rauh erscheint und wodurch
natürlich am ehesten das vorhin erwähnte unreine Aussehen beim Malen zum Vorschein
kommt. Zu bemerken ist noch, daß das Albumin auf dem Papiere, je nach der Dicke der
Albuminschicht, eine bestimmte Quantität Farbe zu binden
im Stande ist, daß daher jeder Ueberschuß sämmtlicher
Farben mit dem Pinsel durch Abwaschen sich entfernen lassen wird. Dieses Fixiren der
Farben innerhalb der Albuminschicht, welches in der bisher üblichen Technik der
Aquarellmalerei für die meisten Fälle als Uebelstand angesehen wird, der sich beim
Malen mit Anilinfarben nur durch wiederholtes allmähliches Verstärken und Uebergehen
mit ganz verdünnter Farbe compensiren läßt, hat aber anderseits seine großen Vorzüge, wie sie von Aquarellfarben sonst nicht
geboten werden. Es läßt sich dadurch auf Photographien die Monotonie des
photographischen Tones wirksam bekämpfen, den verschiedenen zu colorirenden
Gegenständen auf einem Bilde ein verschiedener Grundton
geben, auf welchem die photographische Zeichnung wie in indifferenten Tuschtönen
ausgeführt erscheint; auf solchem Grundtone kann man mit anderen entsprechenden
Farben weiter arbeiten, ohne befürchten zu müssen, ihn durch Fortwaschen zu
verletzen, wodurch sich die in verschiedenem Grundtone angelegten Gegenstände
wirkungsreich von einander abheben und sich ganz neue Effecte erzielen lassen.
Ich fertige gegenwärtig folgende 12 selbstständige Farben (nicht Mischfarben) an:
Roth I. (carminroth), Roth II. (bräunlichroth), Roth III. (scharlachroth), Blau I.
(rothstichig), Blau II. (grünstichig), Lichtbraun I. (der Terra di Siena entsprechend), Lichtbraun II. (rothbraun), Gelb, Orange,
Grün, Violett I. (rothviolett) und Neutralbraun. Nicht mehr durch Waschen vom
Albuminpapiere zu entfernen sind: Roth I., Violet I., Gelb, Lichtbraun I. und
Orange, dagegen sind Blau I., II., Roth III., Grün, Neutralbraun ganz oder zum
größten Theil, die übrigen zum kleinern Theil abwaschbar.
Der Ton der Photographie ist, namentlich wenn er auffallend rothbraun oder blau ist,
bei manchen Farben von Einfluß auf die schließliche Nüance der aufgetragenen Farbe;
zu dunkel copirte Photographien sind überhaupt zum Coloriren ungeeignet.
Zur Verwendung des Glycerins sey noch bemerkt, daß es nicht nur als Haftmittel,
sondern sehr zweckmäßig auch dazu dienen kann, das Trocknen der Farben zu
verlangsamen, wenn es diesen auf der Palette in geringer Menge zugesetzt wird.
Zum Schluß noch die Bemerkung, daß selbstverständlich jedes colorirte Bild einen um
so schöneren Gesammteindruck machen und das Malen mit Anilinfarben um so leichter
und rascher von der Hand gehen wird, je vortrefflicher die Photographie als solche
ist. Auf einer schlechten Photographie werden die Farben, weil sie eben Lasurfarben
sind, welche die Mängel des Bildes nicht verdecken können, diese Mängel noch um so
mehr hervortreten lassen. Auf einer guten Photographie würden dagegen auch die im Malen Ungeübteren
und Dilettanten, weil die Photographie Zeichnung und Schattirung hergibt, mit viel
leichterer Mühe ein dem Auge gefälliges fertiges Bild herzustellen im Stande
seyn.Den Alleinverkauf der Anilinfarben des Hrn. Dr.
Jacobsen (welche in Berlin von den größeren
Fabricanten und Händlern, z.B. Beyrich, Sehring
und Brandt u.a.m. à Satz zu 3 Thlr. verkauft werden und in Oesterreich (Wien,
Moll), Belgien, England und Rußland bereits bedeutenden Absatz finden) hat
für Sachsen Hr. Hugershoff in Leipzig übernommen.
Die Preise betragen:Roth, Blau, ViolettproDutzendFlaschen(à 1 Loth Inhalt).1 Thlr.Schwarz„„„ „ „
„4/5 „Blau pro Pfund2 „Roth, Violett pro Pfund1 4/5 „Schwarz pro
Pfund1 2/5 „ (Deutsche Industriezeitung, 1864, Nr. 49.)
Einfaches Mittel, die Photographien behufs der Retouchirung
mit Anilinfarben zu präpariren; von Joh. Grasshof.
Dem in der Retouche mit Anilinfarben Ungeübten mißlingt leicht ein Bild in Folge des
zu starken Einsaugens der Farben. Deßhalb wurde ein Uebergehen der Bilder mit
Glycerin empfohlen.
Neuerdings habe ich ein anderes Verfahren, welches noch bessere Dienste leistet, mit
Glück angewendet.
Man bestreicht nämlich mittelst eines gewöhnlichen Pinsels die vorher schon satinirte
Karte mit einer Mischung von ungefähr gleichen Theilen Wasser und gewöhnlichem
Eiweiß. Zur besseren Mischung kann man diese Substanzen in einem Fläschchen gut
umschütteln. Nach dem Trocknen des Bildes malt es sich wirklich ausgezeichnet leicht
und fein, besser als wie auf allen anderen Unterlagen. Die Anilinfarbe läßt sich zum
Theil wieder abwaschen. Ich habe so mit großer Leichtigkeit und Schnelligkeit Bilder
erhalten, die nichts zu wünschen übrig lassen. Der dann aufgetragene Ueberzug nimmt
auch viel leichteren, gleichförmigeren Glanz an. Die Echtheit der Farben wird durch
die Eiweißpräparation wohl noch erhöht. (Photographische Mittheilungen, März 1865,
S. 162.)
Ueber Erkennung einer Asche als von Papiergeld herrührend; von
C. Lesimple in Cöln.
Vor einiger Zeit wurde mir von einer hiesigen Behörde eine Asche, anscheinend von
verkohltem Papier herrührend, vorgezeigt und dabei die Frage gestellt, ob es sich
wohl entscheiden ließe, daß die verkohlten Reste von Papiergeld, resp. Banknoten,
herrührten. Wollte man, wie es nahe lag, die Bestandtheile der Asche des fraglichen
Papiers mit derjenigen von wirklichen Banknoten einer Vergleichung unterziehen, so
würde man bei einer Verschiedenheit damit mit einiger Wahrscheinlichkeit auf ein
negatives Resultat schließen, d.h. annehmen können, daß das verbrannte Papier kein
Banknotenpapier gewesen sey, aber nicht bei übereinstimmender Zusammensetzung das
Gegentheil annehmen dürfen. Es gelingt indessen auch in einem positiven Falle auf
eine sehr einfache und sichere Weise der gestellten Aufgabe Rechnung zu tragen, wenn
nämlich, wie im vorliegenden Falle, die verkohlte Asche noch einigermaßen
zusammenhängend ist. Glüht man dann einige Stückchen in einem Platintiegel bis zum
Weißbrennen, so wird man beim nachherigen Beobachten unter der Loupe oder schon mit
bloßem Auge den Druck und Unterdruck deutlich auf dessen Herkunft entziffern können.
Man darf jedoch
hierzu keinen Porzellantiegel nehmen, da in demselben auch der Druck verbrannt wird.
Man kann sich natürlich sehr schnell von diesem kleinen Versuche mit jedem
beliebigen Stück bedruckten oder beschriebenen Papiers überzeugen.
Neue Methode, organische Stoffe zu zerstören und dabei die
Mineralbestandtheile zu gewinnen; von E. Millon.
Man zertheilt die organische Substanz in so kleine Stücke, daß man sie bequem durch
den Tubulus einer Retorte bringen kann und übergießt sie darin mit wenigstens dem
vierfachen Gewicht (von der rohen nicht getrockneten Substanz) reiner concentrirter
Schwefelsäure. Die Säure darf nur ein Drittel der Retorte anfüllen. Man erhitzt nun
schwach bis zur Lösung der Substanz und fügt alsdann durch einen ausgezogenen
Trichter nach und nach Salpetersäure zu, während man etwas stärker erhitzt.
In der ersten Zeit der Operation werden die in der organischen Substanz enthaltenen
Chlorüre zersetzt und es ist dazu ungefähr eine halbe Stunde nöthig, dann gießt man
den Inhalt der Retorte in eine Platinschale und erhitzt allmählich so stark, bis die
Schwefelsäure rasch verdampft; dabei verliert die Flüssigkeit ihre schwarze Farbe,
und nimmt eine bald orangefarbene, bald rothe Färbung an.
Bei jedem Zusatz von Salpetersäure tritt eine merkliche Entfärbung ein, durch
Einwirkung der Wärme wird die Flüssigkeit aber sehr schnell wieder dunkel. Man setzt
so lange Salpetersäure zu, als sich die Flüssigkeit färbt und erhält endlich nach
vollständiger Zersetzung der organischen Substanz eine einfache Lösung der
mineralischen normalen und annormalen Bestandtheile der Substanz in Schwefelsäure,
deren Ueberschuß durch Erwärmen vertrieben wird.
Der reine salzige Rückstand ist weiß, vollständig frei von Kohle und kann natürlich
leicht analysirt werden. Mäßigt man gegen das Ende der Operation das Feuer, so
enthält der Rückstand auch etwa vorhandenes Arsen und Quecksilber. Die kohlensauren
Salze, Chlorüre, Bromüre, Jodüre und ebenso die Basen der Salze organischer Säuren
sind im Rückstand selbstverständlich in Form schwefelsaurer Salze vorhanden. (Comptes rendus, t. LIX p.
195.)
Delphineum (schwarze Lederwichse).
Unter dem Namen Delphineum wird eine neu erfundene
Composition zum Conserviren und Wasserdichtmachen des Leders empfohlen, welche die
Wichse vollkommen ersetzen soll, indem einige Tropfen mit einem Schwämmchen
aufgetragen, den schönsten dunkelsten Glanz geben, der sich durch Wasser nicht
verwischen läßt. Das Gläschen, von 6 Drachmen Inhalt zu 180 Paar Stiefel
hinreichend, kostet 5 Sgr. Diese Composition ist nach der Untersuchung von Julius
Geisse in Fulda eine concentrirte Lösung von
Schellack in Alkohol, mit einem geringen Zusatz von Thran und etwas Kienruß.
Folgende Mischungsverhältnisse liefern einen Lack, der dem Delphineum ganz gleich
ist und dabei inclus. Glas auf höchstens 1 Sgr. zu
stehen kommt: 1/2 Unze Alkohol, 1 Drachme 42 Gran dunkler Schellack, 20 Tropfen
Thran und 2 Gran Kienruß. (Der Arbeitgeber.)