Titel: Der in England patentirte Concentrirapparat für Schwefelsäure aus der Platinfabrik von Johnson, Matthey und Comp. in London; von H. Roeßler in Frankfurt a. M.
Autor: H. Roeßler
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XII., S. 34
Download: XML
XII. Der in England patentirte Concentrirapparat für Schwefelsäure aus der Platinfabrik von Johnson, Matthey und Comp. in London; von H. Roeßler in Frankfurt a. M. Mit Abbildungen auf Tab. I. Roeßler, über den Concentrirapparat für Schwefelsäure aus der Platinfabrik von Johnson, Matthey und Comp. in London. Durch Vermittelung des Verfassers befand sich ein solcher Apparat zum Concentriren der Schwefelsäure auf 66° BauméDie Firma Johnson, Matthey und Comp. in London ist durch ihre ausgezeichneten Platingeräthschaften und ihr Verfahren Platin zu schmelzen und mit Platin zu löthen, rühmlichst bekannt; im polytechn. Journal Bd. CLXV S. 393 wurde das interessante Verzeichniß der Gegenstände mitgetheilt, welche dieses Etablissement auf die letzte allgemeine Londoner Industrie-Ausstellung geliefert hatte.A. d. Red. seit mehreren Monaten in der chemischen Fabrik Griesheim bei Frankfurt versuchshalber im Betrieb, und mag es den Besitzern von Schwefelsäurefabriken nicht ohne Interesse seyn, Einiges über das Resultat dieser Versuche zu erfahren, was man der Mittheilung des technischen Dirigenten dieser Fabrik, Herrn Baist, verdankt. Der. Apparat Fig. 9 besteht, abweichend von der gewöhnlichen nach oben geschlossenen Platinblase, einfach in einer etwa 2 1/2 Fuß weiten und 1 1/2 Fuß hohen Platinschale a, deren oberer etwas erweiterter Rand mit einer 1 1/2zölligen Umbiegung b versehen ist; dieser nach außen umgebogene Rand bildet mit einer, um die eingemauerte Platinschale liegenden und auf der Ofenmauer ruhenden Rinne c von Platin einen sogenannten Wasserverschluß, welcher zum Schutze des Platins in einer Rinne von Eisen oder Blei eingepaßt ist; in dieser etwa 5 Zoll breiten Rinne ruht zugleich der kegelförmige Hut von starkem Blei d, welcher die Platinschale somit gleich einem Deckel verschließt und auf dessen oberem Theile ein niederer Helm e mit stark abneigendem Rohre, beide ebenfalls von Blei, dicht verbunden oder verlöthet ist. Der Heber zum Abfließen der concentrirten Säure ist an der Seite der Schale im Niveau des bestimmten Säurestandes bei f angebracht, so daß, wenn die Säure in der Schale dieses Niveau übersteigt, sie von selbst abläuft ohne den bis zum Boden der Schale reichenden Heber anziehen oder füllen zu müssen. Auf dem bleiernen Hut sind sowohl das gewöhnliche Zuflußrohr g für die zu concentrirende 60grädige Säure, sowie die Vorrichtung h zur Sondirung des Säurestandes eingelöthet; das vom Helmee abneigende Rohr ist auf geeignete Weise mit der neben dem Ofen befindlichen Kühlschlange i in Verbindung gesetzt, um die oben entweichenden Dämpfe der Condensation zuzuführen. Der oben erwähnte Heber zum Abfließen der fertigen Säure ragt an der Seite des Kesselofens bei k hervor und steht mittelst Kugelgelenk l mit dem Röhrenkühler m von nur etwa 4 1/2 Fuß Länge in Verbindung, aus welchem schließlich die Säure noch einen sehr wirksamen Topfkühler n passirt, der es möglich macht die fast völlig abgekühlte Säure unmittelbar in die Ballons laufen zu lassen. Dieß die wesentliche Einrichtung des Apparates, wozu noch bemerkt werden muß, daß, um den bleiernen Hut stets kühl zu erhalten und ihn vor dem Einsenken in Folge der großen Hitze der kochenden Schwefelsäure zu bewahren, er mit einer cylindrischen Wandung umgeben war, wodurch der Hut selbst eine Art Abdampfpfanne bildete, die, stets mit Kammersäure gefüllt, denn doppelten Zweck der Kühlung und Abdampfung erzielen sollte. Wie sich schon aus der Beschreibung des Apparates entnehmen läßt, bezweckt die Construction desselben: 1) Verminderung der Kosten für einen Concentrirkessel von gleichen oder größeren DimensionenDer in Griesheim aufgestellt gewesene Apparat für eine Production von circa 50 Centner Säure, kostete inclus. Kühlheber, Kühltopf, Schwimmer und Zubehör, Fracht und Zoll eingerechnet, nur 9816 fl. S. W. Der bleierne Hut wurde auf der Fabrik selbst angefertigt.; 2) Förderung der Concentration, indem sich der größte Theil des Wassergehaltes schon am Hute condensirt und an seiner steilen inneren Fläche nach dem Wasserverschluß abgeleitet wird; 3) daß die Platinschale zum Zwecke des Reinigens und etwaigen Ausbesserns durch Wegnehmen des Hutes leichter zugänglich ist. Was nun die Resultate des in Griesheim mit dem Apparate angestellten Versuches betrifft, so erreichte derselbe bei einem Steinkohlenverbrauch von 10 Pfund per Centner die Production von 48 bis 50 Centner Säure in 24 Stunden, oder eben so viel als eine gleich große Platinblase; die Säure war gut 66° Baumé stark, von untadelhafter Qualität und konnte man sie sogleich in die Ballons laufen lassen. Allein schon nach 14 Tagen zeigten sich Umstände an dem bleiernen Hute, welche eine Aenderung desselben erforderlich machten, indem durch die strahlende Hitze der Schwefelsäure von innen, vermehrt durch den Druck der auf der Hutfläche lastenden Kühlflüßigkeit, dieselbe sich zu senken begann; ebenso veranlaßte das Gewicht und das feste Aufsitzen des Hutes in der allzu dünnen Platinrinne eine Verstopfung in dem richtigen Abfluß der Condenssäure und eine Aufbiegung des Platins, wodurch eine Unterbrechung dieser ersten Operation geboten war; diesem Umstande abzuhelfen wurde die oben bemerkte Wandung um den Hut beseitigt und derselbe oben und unten mit Bleiröhren belegt, die mittelst einer Anzahl Verbindungsröhren miteinander communicirten, wie solches aus Fig. 10 zu ersehen ist; durch diese Röhrenverbindung, welche überall die Hutfläche direct berührte, war bezweckt, während dem Gange des Apparates von unten nach oben stets kaltes Wasser circuliren zu lassen; außerdem wurde der Hut auf geeignete Weise mit überbleietem Eisenwerk und Haken versehen, um ihn mittelst Ketten und einer Hebevorrichtung so über dem Wasserverschluß aufzuhängen, daß er nicht mehr mit seinem vollen Gewichte denselben belasten und den Abfluß der Condenssäure verhindern konnte. Ein Versuch, die Kühlung der äußeren Hutfläche ganz wegzulassen, ergab kein günstiges Resultat, indem bei einer stattgefundenen wie immerhin möglichen Ueberhitzung der Schwefelsäure das Blei stark angegriffen wurde, ein Umstand, der allerdings eine baldige und vielleicht plötzliche Zerstörung des Hutes veranlassen könnte; jedoch haben alle späteren Untersuchungen, nachdem der Hut mit der oben beschriebenen Kühlvorrichtung versehen worden, ergeben daß ein nur geringes Angreifen des Bleies durch die Säure stattgefunden hat. Nachdem so der Apparat längere Zeit unausgesetzt und mit besserem Erfolg im Gange erhalten wurde, mußte leider die Fortsetzung des Versuches damit eingestellt werden, indem sowohl der obere umgebogene Rand der Platinschale wie auch die Platinrinne, welche beide von Anfang zu niedrig und viel zu leicht gearbeitet waren, vollständig defect geworden. Den vielfältigen Erfahrungen bei diesem Versuche zufolge dürfte nach der Ansicht des Herrn Director Baist an der vortheilhaften Verwendbarkeit des Apparates nicht zu zweifeln seyn; die ganze Schwierigkeit liegt hauptsächlich in einer geeigneten Construction und Kühlung des bleiernen Hutes, um ihn vor dem Einsenken und dem Angriff, welchen eine überhitzte Säure veranlassen könnte, sicher zu bewahren; ebenso bedarf es einer Eisenverbindung auf dem Hute und einer sorgfältigen Aufhängevorrichtung um ihn gleich wie an einem Krahnen bequem zu heben und zu senken, damit seine Belastung des Wasserverschlusses vermindert wird. Der letztere muß mit der nach der Platinschale gerichteten Seite hoch genug unter deren wenigstens 1 1/2zöllige Randumbiegung reichen, und nach der Außenseite einen ungehinderten und raschen Ablauf der Condenssäure gestatten, weßhalb es zweckmäßig seyn möchte der Rinnenfläche eine Neigung nach außen zu geben; auch müßten auf der letzteren Erhöhungen angebracht seyn, worauf sich der untere Rand des Hutes stützt, um ein Ansammeln von Sätzen hinter demselben zu vermeiden, welches das Abfließen der Condenssäure nach außen hindert. Dem Verfasser ist die Anwendung eines bleiernen Hutes bei Säureconcentrirkesseln von Gußeisen, selbst ohne alle Kühlung, nichts Neues; ein solcher befand sich lange Zeit unter seinen Augen in der Scheideanstalt zu Frankfurt, und ist noch einer in der königlichen Münze zu München stets im Betrieb; allein bei diesen in der Regel 3 Zoll dicken Kesseln ist eine solche Ueberhitzung der Säure wie bei einer dünnen Platinschale nicht so leicht zu besorgen, obwohl auch hier ein zeitweiliges Senken und selbst Angreifen des Bleies bei mangelnder Kühlung nicht zu verkennen war. Wenn es ihm gestattet ist, hier seine Ansicht über eine Verbesserung an dem bleiernen Hute zu dem Matthey'schen Apparat anzudeuten, so wäre es die Aufgabe eines geschickten Bleiarbeiters, auf dem möglichst spitzen Hute Fig. 10 äußerlich eine geschlossene terrassen- oder schneckenförmige Wassercirculation r von mäßig starkem Blei aufzulöthen, durch welche während dem Betrieb beständig kaltes Wasser von unten nach oben geleitet wird, so daß eine directe ununterbrochene Abkühlung der Hutfläche stattfindet. Obwohl eine bequeme und solide Aufhängvorrichtung stets nothwendig seyn wird, möchte die angedeutete Kühlung doch völlig geeignet seyn den bleiernen Hut vor jedem Senken oder Angreifen durch die Säuredämpfe zu bewahren, abgesehen davon, daß auf diese Weise die Condensation dieser Dämpfe an der inneren Hutfläche eine weit vollständigere seyn muß; auch möchte dann gewiß die den Wasserverschluß bildende Platinrinne gespart werden können; eine Rinne von starkem Blei wird genügen, weil sie, wie die darin sich sammelnde Condensflüssigkeit, durch die an der Basis s des Hutes beginnende kalte Wassercirculation eine starke Abkühlung erfährt.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    I
Tab. I