Titel: | Ueber den rothen Farbstoff des Sapanholzes; von Professor Dr. Bolley. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XVII., S. 50 |
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XVII.
Ueber den rothen Farbstoff des Sapanholzes; von
Professor Dr. Bolley.
Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1864
S. 132.
Bolley, über den rothen Farbstoff des Sapanholzes.
Mit dem Namen Brasilin wurde von Chevreul eine
krystallisirte gelbliche Substanz belegt, die er durch Behandeln des Brasilienholzes
(Cæsalpinia echinata) mit Wasser, Schütteln
mit Bleioxyd, Versetzen mit Leimauflösung, Filtriren, Eindampfen zur Trockne,
Aufnehmen in Alkohol und freiwilliges Verdunsten erhalten hatte. Es haben sich außer
ihm Bonsdorf und später Preißer mit der Sache beschäftigt, ohne daß die Bekanntschaft mit diesem
Körper wesentlich gefördert worden wäre. Weil im technischen Verbrauch die
Abkochungen der verschiedenen Varietäten des Fernambuk- oder Rothholzes sich
beinahe gleich verhalten, d.h. hinsichtlich der Nüancen und Haltbarkeit der
Färbungen keine, wenn auch hinsichtlich der Reichhaltigkeit an Farbstoff einige
Verschiedenheiten zeigen, hat man angenommen, es sey im Brasilienholz, St.
Marthaholz, Brasiletholz, Nicaraguaholz, Sapanholz ein und derselbe Farbstoff enthalten. Diese Annahme
hat Wahrscheinlichkeit, als ausgemachte Sache aber dürfen wir sie nicht gelten
lassen.
Es haben viele Chemiker sich bemüht, diesen Körper auf dem von Chevreul angegebenen Wege darzustellen; auch im Laboratorium des Verf.
wurde dieß öfter versucht, immer aber nur mit negativem Erfolg. Es scheint daß
dieser Körper, der im Extract sich neben einer Menge anderer unkrystallisirbarer
Substanzen findet, nur unter besonders glücklichen Umständen auskrystallisirt.
Der Verf. hat aus der Farbholzextractfabrik von Müller und
Comp. in Basel den krystallinischen röthlichen
Bodensatz eines längere Zeit gefüllt gestandenen Sapanholzextractfasses erhalten,
und sich durch einige Reactionen überzeugt, daß dieser Körper nichts anderes als
rohes Brasilin sey.
Die Reindarstellung des Brasilins erfolgte am besten durch Auflösen in absolutem
Alkohol, Filtriren und Verdunsten in der Wärme, bei möglichst abgehaltener Luft und
Licht. Man erhält aus den im Dampftrockenkästchen stehenden Lösungen bald
bernsteingelbe Krystalle, die als reines Brasilin angesehen werden können.
Dieselben sind etwas heller von einem Durchmesser von 1 bis 2 Millimeter, und etwas
dunkler bräunlich von einem Durchmesser von 5 bis 6 Millimeter erhalten worden. Sie
sind hexagonal (Rhomboeder) oder klinorhombisch (kurze, schiefe, rhombische Säulen),
was sich bei der unvollkommenen Ausbildung derselben nicht mit Entschiedenheit
erkennen läßt.
In Wasser, Weingeist und Aether sind sie löslich. Die wässerige Lösung erscheint
etwas mehr röthlich als die weingeistige und ätherische, und wird es bei längerem
Stehen noch mehr. Die kleinste Spur von Ammoniak bringt eine sehr intensive
carminrothe Färbung der Lösungen hervor. Lösungen fixer Alkalien und Barytwasser
verhalten sich ähnlich. Weder mit Ammoniak, noch mit Alkalien konnten krystallisirte
Verbindungen erhalten werden. Beim längeren Stehen und langsameren Verdunsten der
weingeistigen Lösung bildeten sich neben den größeren bernsteingelben Krystallen
noch dunklere Flimmer von kantharidengrünem Glanz und Farbe. Es konnte von denselben
bis jetzt nicht genug erhalten werden, um ihre Zusammensetzung zu studiren. Mit
Aetzkalilösung erwärmt zeigten sie Ammoniakreaction, so daß es nicht
unwahrscheinlich ist, sie seyen eine durch Ammoniak- (und vielleicht
Sauerstoff-) Einwirkung zu Stande gebrachte Verbindung.
Von den bernsteingelben Krystallen wurden zwei Analysen gemacht Es zeigte sich, daß sie, einige
Grade über 100° C. erwärmt, kein Wasser verloren, sich aber bei 130 bis
140° schon zersetzten.
Die Elementaranalyse ergab:
I.
II.
Kohlenstoff
66,61
66,60
Wasserstoff
5,10
4,90
Dieß entspricht folgender Zusammensetzung:
berechnet
im Mittel gefunden
C 44 =
264
66,66
66,605
H 20 =
20
5,04
5,000
O 14 =
112
28,28
28,395
–––––––––
396
Werden die durch Umkrystallisiren in absolutem Alkohol gereinigten Krystalle in
Aldehyd oder gewöhnlichem starken Weingeist aufgenommen und die Lösung zum
Verdunsten gestellt, so erhält man leicht ein Haufwerk kleiner Krystallnadeln, die
in ihrem Habitus von den beschriebenen gänzlich verschieden sind. Sie gehören dem
zwei- und eingliedrigen System an, sind im ganz reinen Zustande bloß
stroh- bis goldgelb, im nicht ganz reinen Zustande musivgoldartig von
Farbe.
Ihre Zusammensetzung ist gefunden:
I.
II.
berechnet
C = 62,81
62,76
44 C = 264
= 62,41
Proc.
H = 5,45
23 H = 23
= 5,43
„
O = 31,74
17 O = 136
= 32,16
„
–––––––––––––––––––––––––––
423
100,00
Hiernach wären diese Krystalle C⁴⁴H²⁰O¹⁴ +
3 HO = Brasilin mit 3 Atm. Krystallwasser. Diese Annahme
wurde bestätigt durch Bestimmung des Gewichtsverlustes, den die Krystalle bei
12stündigem Verweilen in einer Temperatur von 80 bis 90° C. erfuhren. Er
beträgt 6,61 Proc., was auf 423 Gewichtstheile 28,5 ausmacht und somit nahezu 3 Aeq.
Wasser entspricht. Die gelben Krystalle wurden beim Trocknen braun; mehrere Stunden
bei 110 bis 120° C. im Luftbad gelassen, verloren sie nichts mehr an Gewicht.
Vor der Hand muß diese Verbindung zur Feststellung des Aequivalents des Brasilins
benutzt werden. Versuche, Verbindungen des Körpers mit Basen in festen Verhältnissen
zu erhalten, erwiesen sich fruchtlos. Auch ließ sich durch Spaltungsversuche nichts
erreichen. Eine farblose schwefelhaltige Verbindung wurde erhalten durch Lösen des
Brasilins in doppelt-schwefligsaurem Natron und Auskrystallisiren; die
Analysen führten aber zu wenig wahrscheinlichen Formeln.
Man hat früher den Farbstoff des Fernambukholzes mit dem des Campecheholzes für
identisch halten wollen; dieß ist nach Obigem (unter der Voraussetzung, daß die
verschiedenen Rothhölzer den gleichen Farbstoff enthalten) nicht wahr, aber auf eine
interessante Beziehung zwischen beiden Körpern müssen wir doch aufmerksam machen.
Zieht man nämlich das Aequivalent des letzteren vom ersteren ab:
C⁴⁴
H²⁰
O¹⁴
C³²
H¹⁴
O¹²
–––––––––––––––––
12
6
2
so erhält man als den Rest Phenylalkohol. Und daß diese
Substanz eine Rolle in der Atomengruppe habe, wird wahrscheinlich dadurch, daß das
Hämatoxylin mit Salpetersäure nach O. L. Erdmann's
Angaben Oxalsäure liefert, während aus Brasilin, wie Chevreul angibt und durch die Versuche von Greiff (dem Assistenten des Verf., welcher bei dieser Untersuchung
wesentlich betheiligt war) und dem Verf. bestätigt wird, Pikrinsäure,
Trinitrophenylalkohol, entsteht.