Titel: | Ueber Reinigen und Bleichen von Drucksachen; von Dr. F. Varrentrapp. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XIX., S. 57 |
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XIX.
Ueber Reinigen und Bleichen von Drucksachen; von
Dr. F.
Varrentrapp.
Varrentrapp, über Reinigen und Bleichen von
Drucksachen.
Von Zeit zu Zeit finden sich in den Journalen Vorschriften mitgetheilt, welche lehren
sollen, wie man vergilbte und fleckige Kupferstiche und ähnliche Drucksachen zu
reinigen habe. Die Mehrzahl enthält in einer oder der anderen Richtung nützliche
Rathschläge, die meisten legen viel zu geringes Gewicht auf die vollständige
Entfernung des Chlors, welche durch einfaches Auswaschen mit Wasser nie ganz möglich
ist, und geben endlich zumeist so rohe Verfahren an, daß man kaum glauben kann, die
Autoren hätten je ein werthvolles Blatt der Reinigung unterworfen.
Es mag daher gestattet seyn, hier nochmals eine solche Anleitung in ausführlicher
Darstellung zu geben. Ohne behaupten zu wollen, daß nur, wenn man genau so verfahre,
wie wir vorschlagen, ein genügendes Resultat erzielt werden könne, müssen wir doch
alle Solche, die nicht Kenntnisse besitzen, welche sie befähigen, den Erfolg von
Abänderungen mit Sicherheit vorherzusehen, warnen, solche vorzunehmen, wenn
dieselben auch noch so unbedeutend erscheinen.
Man beschafft einen leichten Rahmen von weichem, harzfreiem Holz, etwa Pappelholz,
und bespannt denselben mit einem gut ausgewaschenen Stück Gaze, Tüll oder
dergleichen losen Gewebes, welches man angefeuchtet hat und stramm festnäht. Man
legt diesen bespannten Rahmen auf ein ebenes Bret von Tannen- oder
Pappelholz, welches man mit einem Stücke Wachstuch bedeckt hat. Um das Verziehen
möglichst zu verhindern,
werden auf der Rückseite des Bretes ein paar Leisten eingeschoben. Die Gaze muß so
angenäht werden, daß sie sich ganz oben auf das Wachstuch legen kann, die Dicke des
Rahmens steht nach oben. Er befördert das Stehenbleiben von Flüssigkeiten auf dem in
den Rahmen zu legenden Kupferstich. Den mit einem Haarpinsel von Staub auf's
Sorgfältigste gereinigten Kupferstich bringt man auf den bespannten Rahmen, der auf
dem Wachstuche und dem Brete liegt, und bedeckt ihn mit etwa 6 bis 8 Bogen weißen
Löschpapiers, die man vorher in recht klares weiches Wasser getaucht und dann zum
Abtropfen aufgehängt hat, wobei man durch Wenden der zuerst unten hängenden Theile
nach oben die möglichst gleichmäßige Vertheilung des Wassers erreicht. In einiger
Zeit wird auch der Kupferdruckbogen gleichmäßig feucht durchzogen seyn, wenn man
dafür sorgt, daß das nasse Löschpapier überall gleichmäßig aufliegt. Man hebt das
übrige Löschpapier ab und läßt nur einen Bogen auf dem Kupferstich liegen. Jetzt
übergießt man diesen mit Wasser, am besten destillirtem oder wenigstens filtrirtem
weichen Wasser, dem man auf 100 Gewichtstheile einen Theil farblose englische
Schwefelsäure zugesetzt und gleichmäßig damit vermischt hat. Es wird nicht lange
dauern, so hat die verdünnte Schwefelsäure, welche man von neuem aufgießt, sobald
man eine Stelle trocken werden sieht, den Kupferstich ganz durchzogen. Bei einiger
Uebung wird man es leicht dahin bringen, daß das Löschpapier ohne Falten und
Luftblasen auf dem Kupferstich liegt. Man läßt nun den Ueberschuß der Schwefelsäure
durch Neigen des Bretes abfließen und gießt sofort die Chlorlösung auf. Indem man
das Bret an einem Ende etwas hoch hält und die Flüssigkeit auf das Gewebe, nicht auf
das Papier gießt, läuft diese zuerst unter letzterem durch, dann gießt man auf das
Papier, und nachdem die Flüssigkeit ganz darüber hergeflossen, legt man das Bret
wieder horizontal und füllt den Rahmen möglichst mit Flüssigkeit. Ist Sonnenschein,
so beschleunigt es die Operation, wenn man das directe Sonnenlicht auf den
Kupferstich, während er mit Chlorlösung übergossen ist, fallen läßt. Sobald eine
Stelle nicht mit Flüssigkeit bedeckt scheint, gießt man etwas frische auf. Nach
einer Viertelstunde läßt man alle Chlorlösung ablaufen und gießt wie
vorherbeschrieben frische auf. Sollte nach dreimaliger Wiederholung noch keine
vollständige Bleiche eingetreten seyn, so gießt man in derselben Weise mehrere Quart
Wasser über das Bild, läßt abtropfen, gießt nochmals Schwefelsäure und Chlorlösung
auf. Zuletzt wäscht man mit einigen Quart Wasser, nachdem man das Bild mit dem
Rahmen aufgehoben, das Wachstuch abgespült und den Rahmen wieder aufgelegt hat. Es
geschieht dieß, weil dadurch das vollständige Abwaschen sehr erleichtert und beschleunigt wird. Hierauf
übergießt man mit einer Lösung von 1/30 unterschwefligsaurem Natron (1 Loth auf 1
Pfd. Wasser), läßt fünf Minuten stehen, wäscht dann sorgfältig durch Ueberfließen
von Wasser, wobei man zeitweilig den Rahmen von dem Wachstuch und wenn es angeht den
Bogen Löschpapier von dem Bilde abhebt.
Man entfernt dann das Löschpapier, läßt durch Aufrechtstellen des Rahmens das Wasser
möglichst gut ablaufen, wischt das Wachstuch trocken, legt 10 bis 12 Bogen
Löschpapier darauf, dann den Rahmen, das Bild nach oben, hierauf wieder mehrere
Bogen Löschpapier und darauf ein ebenes Bret von Pappelholz, einen Zoll dick und
kleiner als der Rahmen, so daß es hinein gelegt werden kann. Dieß beschwert man
durch Gewichte. Nach kurzer Zeit entfernt man das Löschpapier, legt frisches auf,
bis es nicht mehr naß wird, und läßt dann den Kupferstich auf dem Tüll des Rahmens,
der frei horizontal aufgestellt wird, so daß die Luft von unten und oben zutreten
kann, in einem geschlossenen Zimmer langsam trocknen. Sollte er doch noch uneben
seyn, so muß er noch etwas feucht vollends in einer Presse zwischen vorher durch
Pressen geglättetem Löschpapier getrocknet werden. Rasches Trocknen, alles Streichen
und Drücken auf das Löschpapier, alles Angreifen, Aufheben, Umlegen des Kupferstichs
ist zu vermeiden, er verzieht sich dabei, feine Papierfäserchen lösen sich ab und
nehmen zarte Druckschatten mit hinweg.
Die Chlorlösung bereitet man, indem man 1/4 Pfd. besten Chlorkalk in 2 Pfd. Wasser
löst. Man gibt den Chlorkalk in eine trockene starke Flasche, wirft 20 bis 30 Stück
1/2 Zoll lange Stücke eines bleistiftdicken Glasstabes mit hinein, schüttelt etwas
um, gießt alles Wasser darauf, schüttelt fünf Minuten lang heftig, läßt dann klar
absitzen, gießt die helle Flüssigkeit ab, bringt den Satz auf ein vorher naß
gemachtes Filter und läßt abtropfen. Diese Flüssigkeit versetzt man so lange mit
einer kalten gesättigten Lösung von krystallisirtem kohlensaurem Natron als nach
tüchtigem Umschütteln durch einen weiteren Zusatz noch Niederschlag erfolgt. Nachdem
man etwas stehen gelassen, damit der Niederschlag sich senken kann, gießt man zuerst
die Flüssigkeit auf ein nasses Filter, zuletzt den Niederschlag selbst und wäscht
diesen mit etwas Wasser aus.
Diese Chlorlösung ist empfehlenswerther als die meisten anderen Vorschriften.
Die beschriebene Behandlungsweise genügt bei sehr alten, sehr braun gewordenen
Stichen nicht immer, solche lohnen aber auch oft eine noch umständlichere
Behandlung. Man kann dann zu folgenden Mitteln greifen.
Nachdem man den Kupferstich auf dem Rahmen liegend durch Auflegen nassen Löschpapiers
gleichmäßig gefeuchtet hat, hebt man ihn mit dem Rahmen auf und setzt ihn auf den
Rand einer entsprechend großen Kiste von mindestens 2 Fuß Höhe, auf deren Boden man
ein Schälchen mit Schwefel gestellt und diesen entzündet hat. Unten muß frische Luft
zutreten können, was man am besten erreicht, indem man die Kiste ohne Boden nicht
ganz dicht auf die Erde setzt. Man sucht das Entweichen der schwefligsauren Dämpfe
durch Zudecken der etwa bleibenden Spalten möglichst zu vermeiden.
Es muß so lange Schwefel in der Kiste verbrannt werden, bis der Dunst sich ganz durch
das Löschpapier gezogen hat, dabei darf aber die Hitze nicht so groß werden, daß der
Kupferstich oder auch nur die Gaze des Rahmens trocknet.
Zu demselben Zwecke bedient man sich noch sicherer einer Lösung von saurem schwefligsaurem Natron, nicht von
unterschwefligsaurem. Man befeuchtet nach einhalbstündiger Wirkung mit etwas
verdünnter Schwefelsäure, wäscht mit Wasser ab und wiederholt das Schwefeln. Endlich
wäscht man mit Wasser, sehr verdünnter Lösung von krystallisirter Soda, zuletzt mit
destillirtem Wasser und trocknet wie oben bei der Chlorbleiche beschrieben
wurde.
Statt verdünnte Schwefelsäure zum Ansäuren zu nehmen, kann man sich einer Lösung von
3 Theilen Oxalsäure in 100 Thln. Wasser bedienen und diese dann wenigstens 1 Stunde
lang auf das Papier wirken lassen.
Von der Benutzung von Chlorwasser muß ich abrathen, es wirkt zu local und zu kurze
Zeit. Jedes Eisen ist entfernt zu halten, der Rahmen darf deßhalb nicht anders als
mit Holznägeln genagelt seyn.
Viel, sehr viel Wasser, am besten destillirtes, und Sorgfalt, daß man es überall
gleichmäßig abwasche, ist anzuwenden. Bei genauer Befolgung dieser Verfahren ist es
mir nicht vorgekommen, daß das Resultat den strengsten Anforderungen nicht genügt
hätte. (Mittheilungen für
den Gewerbeverein des Herzogthums Braunschweig.)