Titel: | Wothly's photographisches Uranverfahren. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XX., S. 60 |
Download: | XML |
XX.
Wothly's photographisches Uranverfahren.
Aus dem photographischen Archiv, April 1865, S.
125.
Das Wothlytyp-Verfahren.
I. Specification des französischen
Patents.
a) Die
empfindlichmachende Flüssigkeit.
Reines Uranoxydhydrat wird in Salpetersäure gelöst und krystallisirt. Das Salz
wird in Wasser gelöst und durch Ammoniak niedergeschlagen. Der Niederschlag wird
in Salpetersäure gelöst, krystallisirt und getrocknet. Das hierdurch entstehende
Doppelsalz nenne ich Uranammonium nitricum
(salpetersaures Uranoxydammon). Von diesem Salze löse ich zwölf Unzen in sechs
Unzen destillirten Wassers; sodann löse ich in einer Unze Wasser eine halbe Unze
salpetersaures Silberoxyd, oder ich ersetze dieß durch ein anderes in Wasser
lösliches Silbersalz.
Ich mische diese Lösungen und lasse krystallisiren, wodurch sich ein Tripelsalz
bildet. Von diesem löse ich drei Unzen in acht Unzen Alkohol und setze hinzu
eine viertel Unze destillirtes Wasser und einige Tropfen Salpetersäure. Diese
Flüssigkeit dient zum Empfindlichmachen des Collodiums.
Oder:
Drei Unzen Uranammonium nitricum, oder drei Unzen
gereinigtes krystallisirtes salpetersaures Uranoxyd, löse ich in acht Unzen
Alkohol; dann löse ich in Wasser sechzig Gran Chlorpalladium, Chlorplatin oder
Chlorgold.
Auch diese Lösungen dienen zum Empfindlichmachen des Collodiums. Sie können
monatelang im Voraus präparirt werden, ohne daß sie sich zersetzen; man bewahre
sie aber im Dunkeln auf.
b) Bereitung des Harzcollodiums.
Ich löse drei Unzen Schießbaumwolle in vier Kilogram. Aether, zwei Kilogram.
Alkohol, einer viertel Unze Ricinusöl, und decantire. Auch dieß Collodium kann
für Monate im Voraus bereitet werden. Das Ricinusöl ist eine Auflösung von
Ricinusöl und Canadabalsam in Aether, die filtrirt und im Wasserbade zur
Syrupconsistenz eingedickt wurde.
c) Empfindliches Urancollodium.
Ich mische 1 bis 1 1/2 Unzen empfindlichmachende Flüssigkeit mit drei Unzen
Harzcollodium; der größeren Empfindlichkeit wegen setze ich einige Tropfen
Salpetersäure zu.
d) Bereitung des Wothlytyp-Papiers.
Eine halbe Unze Stärke (von Reis, Weizen, Kartoffeln, Arrowroot, Caraghon), ein
halbes Kilogramm Wasser und einige Gran essigsaures Bleioxyd werden zusammen
erwärmt und bei einer Temperatur von 30° R. mit zwei Unzen fibrinfreien
Eiweises versetzt.
Das Papier wird auf eine Glasplatte gelegt und mit einem Pinsel oder Schwamm mit
obiger Mischung befeuchtet, um die Poren damit anzufüllen, so daß das Collodium
nicht hineindringen und das Bild an der Oberfläche bleiben kann.
Oder:
Ich nehme fünf Kilogramme Eiweiß und schüttele es mit einer Mischung von vier
Unzen Aether und zwei Unzen Essigsäure. Dadurch wird das Fibrin vom Albumin
geschieden.
Dieß Papier läßt man fünf bis zehn Minuten auf folgendem Uranbade schwimmen.
e) Ich löse in 1 1/2 Kilogrammen destillirten
Wassers sechzehn Unzen eines der vorbeschriebenen Uransalze und drei viertel
Unzen eines der benannten Stoffe die das Uran reduciren. Dann füge ich vier
Unzen Aether, vier Unzen Alkohol und fünfzehn Tropfen Salpetersäure hinzu.
Im trockenen Zustande ist dieß Papier eben so empfindlich wie
Chlorsilberpapier.
Die Stärkepapiere sind auch mit diesem Uranbad zu gebrauchen und geben dann
Bilder ohne Glanz.
Die Wothlytyppapiere sind auch zum Vergrößern anwendbar.
f) Alle auf diese Arten erzeugten Bilder werden in
folgenden Bädern fixirt und getont:
Ich lege das Bild auf ein Bad von fünf Kilogrammen destillirten Wassers, 3/4 Unze
Essigsäure und 3/4 Unze Salzsäure. Anstatt des Wassers kann man Alkohol
anwenden.
Diese Bäder lösen alle Uranverbindungen aus dem Papier auf, ohne die Bilder zu
verändern. Diese Verbindungen sind in Wasser unlöslich und müssen entfernt
werden, damit die Bilder nicht gelb werden.
Nachdem die Bilder zehn Minuten in diesem Bad gewesen und oft bewegt worden sind,
lege ich sie für einige Minuten in Regenwasser, dann wasche ich sie mit
gewöhnlichem Wasser und tone sie in dem folgenden Bad:
g) Ich löse 80 Gran Goldchloridcalcium oder 60 Gran
Chlorgold oder 60 Gran Chlorplatin in zwei Kilogrammen Wasser. In ein zweites
Glas gieße ich 1 1/2 Kilogr. Wasser und 1/2 Kilogr. unterschwefligsauren Kalk. Dann gieße ich
langsam und unter Umrühren die Goldlösung in die Kalklösung. Statt des
unterschwefligsauren Kalks nehme ich auch 1/2 Kilogr. unterschwefligsaures
Ammon, Magnesia, Kali, Schwefelcyanammonium oder Schwefelcyankalium.
Fixirbäder:
1)
Vier
Kilogramme
Wasser,
1/2
„
Schwefelcyanammonium.
2)
Vier
Kilogramme
Wasser,
1/2
„
unterschwefligs. Kali, Magnesia, Ammon, oder Kalk.
II. Anleitung zur Wothlytypie, von der
United Association of Photography in
London.
1) Man nehme ein Stück viertelzölliges Fichten- oder Mahagonyholz, einen
viertel Zoll rundum kleiner als das Papier welches mit Collodium überzogen werden
soll. An der unteren Seite ist das Bret mit zwei Leisten, die das Werfen verhindern
sollen, und mit einer Handhabe zu versehen.
2) Man nehme ein Stück präparirtes Papier (das man zwischen zwei Bretern oder in
einer Presse aufbewahren muß) und stifte es an den Ecken auf das Bret; man gieße das
Collodium wie auf eine Glasplatte auf. Leichter ist dieß, wenn man das Papier rundum
einen achtel Zoll breit in die Höhe aufwärts biegt.
3) Man gießt das abfließende Collodium in eine andere Flasche und versetzt es ehe man
es wieder braucht mit etwas Aether.
4) Man hängt das Papier mit Holz- oder Glasklammern an zwei Enden zum Trocknen
auf.
5) Die Temperatur des Trockenraumes sollte kühl und feucht seyn. Wenn das Papier zu
trocken ist, halte man es vor dem Ueberziehen über Wasserdampf.
6) Nach dem Trocknen bewahre man das Papier zwischen Fließpapier auf.
7) Man belichte niemals direct in der Sonne, und drucke nicht über.
8) Aus dem Copirrahmen werden die Bilder wieder zwischen Fließpapier gelegt; sie
brauchen nicht gleich getont zu werden.
9) Man tauche die Bilder in
Essigsäure
2 1/2 Unzen,
Wasser
100 Unzen,
bis die weißen ihre gelbliche Färbung vollständig verloren haben; 8 bis 12 Minuten genügen.
10) Man spüle die Bilder unter dem Krahnen auf einer schräg gehaltenen Glasplatte gut
ab, wobei man sie mit einem weichen Schwamm reibt, und lege sie in folgendes
Tonbad:
Schwefelcyanammonium
1 Pfund,
destillirtes Wasser
120 Unzen.
–––––––
Chlorgold
120 Gran,
destillirtes Wasser
120 Unzen.
11) Man gießt die letzte Lösung in die erste und schüttelt gut um. Dieß Bad wird mit
dem Alter besser. Man kann es mit Wasser verdünnen, wenn es zu blaue Töne gibt.
12) Nimmt man statt des Schwefelcyanammoniums unterschwefligsaures Kali, Natron oder
Kalk, so erhält man reiche violettbraune Töne.
13) Man wasche wieder mit dem Schwamm unter einem Krahnen, namentlich die Rückseite
des Bildes. Dann hänge man zum Trocknen auf.
14) Man klebe die Bilder mit frischer Stärke oder Arrowroot auf, der etwas Zucker
zugesetzt wurde.
15) Ziemlich dichte Negativs geben die besten Abdrücke.
16) Verlangt man nicht viel Glanz, so setze man dem Collodium etwas Aether zu.
17) Aus dem Säurebade sind die Rückstände in folgender Weise wieder zu gewinnen: man
setzt Ammoniak hinzu bis alles gelbe Oxyd niedergeschlagen ist, rühre mit Wasser
auf, lasse zu Boden sinken, gieße die klare Flüssigkeit ab und lasse trocknen.
Dieses Pulver wird von der Association zum Preise von 15
Shilling pro Pfund angekauft.Der Uranproceß des deutschen Photographen Wothly
wurde von der United Association of Photography
in London für die Verwerthung in England, von Hrn. Mangel du Mesnil für die Verwerthung in
Frankreich und von Hrn. Silveira für die
Verwerthung in Spanien, Portugal und Amerika angekauft. Die photographische
Welt hat bisher erwartungsvoll auf die Veröffentlichung des Uranverfahrens
geblickt, in dem Glauben, daß der von Wothly
eingeschlagene Weg völlig dauerhafte Bilder
anzufertigen gestatten werde, da nach seiner Methode kein Silber und kein
unterschwefligsaures Salz in Anwendung komme; überdieß hatte Wothly versichert, daß namentlich bei dem
Urancollodium-Verfahren unter allen Umständen eine Ersparniß von circa 50 Procent (!) im Vergleich zum
Chlorsilberverfahren eintritt.Hr. Liesegang bemerkt in seinem photographischen
Archiv (Februar 1865, S. 45) über das Urandruckverfahren: „Ob das
Verfahren den Chlorsilbermethoden gleichzustellen oder gar vorzuziehen
sey, darüber können wir uns natürlich nach einer erst vor wenigen Tagen
begonnenen Praxis nicht aussprechen. Soviel aber können wir mit
Sicherheit behaupten, daß die nach dieser neuen Methode dargestellten
Abdrücke guten Albumincopien nach denselben Negativs täuschend ähnlich
sehen, sie an Zartheit jedenfalls übertreffen. Die Töne der
Albuminabdrücke lassen sich ganz genau nachahmen; die Manipulationen
sind durchaus nicht complicirt, und wir glauben allerdings der Methode
eine
gewisse Zukunft vorhersagen zu können; namentlich denken wir, daß sie
Dilettanten von Nutzen seyn werde, die nur von Zeit zu Zeit und wenige
Abdrücke zu machen haben, denn die Lösungen welche man anwendet, halten
sich lange, brauchen nicht filtrirt zu werden, die Darstellung der
Bilder nimmt weniger Zeit in Anspruch und ist auch wohl billiger als die
der Chlorsilberbilder.“
A. d. Red.