Titel: Die Photosculptur; als Mittheilung für W. Clark in London patentirt.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XXI., S. 64
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XXI. Die Photosculptur; als Mittheilung für W. Clark in London patentirt. Mit Abbildungen auf Tab. I. Clark's Verfahren zur Photosculptur. Die Photosculptur beruht auf der Anwendung der Photographie in Verbindung mit dem Storchschnabel und ermöglicht die Wiedergabe eines Modells, möge dasselbe lebend seyn oder nicht, durch Sculptur in größter Treue, rascher und billiger, als bisher, und durch Personen, die nicht als Künstler gebildet sind. Die Zeit des Sitzens wird abgekürzt und die Sculptur kann in jedem beliebigen Maaßstab dargestellt werden. Das Verfahren hierbei (patentirt für England am 28. Januar 1863) ist folgendes: Das Modell e, Fig. 21, wird in die Mitte eines Ringes gesetzt, welcher in gleichen Abständen von einander und in gleicher Höhe mit Objectgläsern a, b, c, d versehen ist. Je größer die Zahl dieser Objectgläser ist, desto genauer wird die Sculptur. Die Objectgläser sind so angeordnet, daß sie gleichzeitig wirken; zu diesem Zwecke sind die Deckel derselben sämmtlich an eine Schnur angehängt, welche der Photograph in der Hand hält, so daß er im Stande ist, alle Deckel gleichzeitig zu öffnen und zu schließen. Die Gläser a und c geben die Vorder- und Hinterfläche, die Gläser b und d die Seitenflächen des Modells, und die so erhaltenen photographischen Aufnahmen stellen dasselbe Object in demselben Augenblick und in derselben Stellung durch verschiedene Ansichten dar. Diese Aufnahmen werden nun benutzt, um die Conturen vermittelst Storchschnabel nachzuziehen. Die Photographien müssen auf der Rückseite durch eine Lampe beleuchtet werden. Fig. 22 und 23 stellen im Grundriß und in der Seitenansicht einen Apparat dar, der mit zwei rechtwinkelig gegen einander gerichteten Storchschnäbeln i und l versehen ist. Das Material, in welchem die Sculptur ausgeführt werden soll, befindet sich auf einer Theilscheibe f, die in so viele Theile getheilt ist, als Aufnahmen gemacht worden sind. Wird nur ein Storchschnabel benutzt, so ist die Theilscheibe f so einzurichten, daß sie außer der drehenden Bewegung auch noch einer vor- und rückgängigen fähig ist. Fig. 22 stellt die Anwendung von zwei Storchschnäbeln mit verschiedenen Bewegungen dar. Zwei Rahmen g und h, welche der Gestalt der darzustellenden Sculptur entsprechend der Theilscheibe f näher oder entfernter gestellt werden, dienen zum Einspannen der durch die Gläser a und b erhaltenen Photographien und werden einander entsprechend eingestellt. Mit der Spitze j des Storchschnabels i folgt man den Conturen der in den Rahmen g eingespannten Photographien, und da die entgegengesetzte Spitze k dieselben Bewegungen ausführt wie die Spitze j, so erhält man dadurch auf dem über der Theilscheibe f aufgestellten Material ein genaues Profil. Der andere Storchschnabel l, welcher rechtwinkelig gegen i steht, wirkt in derselben Weise und gibt das andere photographische Bild. Auf diese Weise werden nicht nur die äußeren Conturen erhalten, sondern auch die Conturen der Vertiefungen und Erhöhungen, zu welchen die photographischen Aufnahmen den Stoff liefern. Um Basreliefs zu erhalten, wendet man halbkreisförmige Objectgläser an und gibt auch der Theilscheibe eine halbkreisförmige Gestalt. Bei bedeutenden Vergrößerungen, die sich mit Hülfe des Storchschnabels allein nicht erreichen lassen, benutzt man ein Mikroskop. Ist das Material, in welchem die Sculptur ausgeführt werden soll, sehr hart, z.B. Marmor, Holz, Elfenbein, so werden die Spitzen k und m des Storchschnabels durch Bohrer oder Grabstichel ersetzt. Um die sogenannte mechanische Sculptur vermittelst Combinationen von einer Anzahl Conturen darzustellen, wird das Material in dünne Tafeln zerschnitten. Denken wir uns z.B., das Modell soll in Holz wiedergegeben werden, so wird der Holzblock auf eine in 40 Theile getheilte Theilscheibe gestellt, nachdem er auf folgende Weise hergestellt worden ist. Man theilt einen Kreis G (Fig. 24), dessen Größe von dem Maßstab abhängt, in welchem das Modell wiedergegeben werden soll, in 40 Theile und schneidet 40 lange keilförmige Streifen a, b, c welche alle gleiche Länge haben und zusammengestellt den cylindrischen Holzblock bilden. Vermittelst eines Storchschnabels wird nun auf jeden Streifen je eine Contur des Modells aufgetragen und diese Contur vermittelst einer Säge ausgeschnitten. Dadurch erhält man von jedem Streifen zwei Theile, einen convexen und einen concaven. Die Vereinigung aller 40 concaven Theile durch Verleimen oder Zusammennageln gibt eine Form, von welcher ein roher Abguß genommen werden kann; und die Vereinigung der convexen Theile auf ähnliche Weise stellt die rohe Sculptur dar, die durch Nacharbeit mit der Hand vollendet wird. In ähnlicher Weise lassen sich auch Basreliefs darstellen. Um gleichzeitig viele Sculpturen darzustellen, vereinigt man eine große Anzahl Streifen, z.B. 40, zu einem Cylinder, den man auf der Drehbank nach einem und demselben Profil abdreht. Wiederholt man dieß nun mit allen 40 Profilen, so erhält man durch entsprechende Vereinigung der profilirten Streifen 40 Copien. (Nach dem London Journal of Arts, August 1864, S. 91; aus dem polytechnischen Centralblatt, 1865 S. 230.)

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