Titel: Die Höllenmaschinen oder Torpedo's des neueren amerikanischen Krieges.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XXXII., S. 107
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XXXII. Die Höllenmaschinen oder Torpedo's des neueren amerikanischen Krieges. Mitgetheilt vom Artillerie-Hauptmann Dy. in Cassel. Mit Abbildungen auf Tab. II. Amerikanische Torpedo's oder Höllenmaschinen. Unter Höllenmaschinen oder schwimmenden Minen versteht man in der Ingenieur-Wissenschaft bekanntlich mit Pulver, Bomben, Brandsatz etc. gefüllte und wasserdicht zum Schwimmen eingerichtete Kästen, welche mit Steinen beschwert, sowie mit einer entsprechenden Steuerung, umgekehrten Segeln etc. versehen irgend einem Wasserstrome übergeben werden, um dieselben dann durch Anstoßen an eine Brücke etc. zu einer das feindliche Kriegsmaterial gefährdenden Explosion zu bringen. – Die beiden, „das Glück“ und „die Hoffnung“ benannten schwimmenden Minen, welche der, von Englands Königin Elisabeth nach Antwerpen gesendete Ingenieur, Friedrich Gianibelli,Man vergl. Schiller's Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung, S. 567 u. f. im April 1585 zur Sprengung der vom Herzoge von Parma erbauten Scheide-Sperre anwendete, bestanden z.B. aus Schiffen auf deren Boden mit 60 Centnern Schießpulver gefüllte Quaderstein-Kästen von 40 Fuß Länge, 5 Fuß Breite und 4 1/2 Fuß Höhe angebracht worden waren. Darüber hatte man noch ein spitz zulaufendes und sechs Fuß über den Schiffsrand emporragendes, nebst dem noch übrigen Schiffsraume mit Ketten, Haken, Nägeln, Messern, Kugeln etc. angefülltes Steindach aufgeführt und das Ganze dann mit Bretern überzogen. Zum Feuergeben dienten tempirte Lunten und für den Fall dieselben versagen sollten, Uhrwerke, welche nach einer bestimmten Zeit Funken schlagen und so die Minen nach Art des alten Feuerschlosses zünden sollten. Der Erfolg der „Hoffnung,“ welche bis an die von den Spaniern besetzte Scheidebrücke gelangte, war bekanntlich ein, wenn auch unbenutzt gebliebener, doch an sich ganz ungeheuerer, auf drei Meilen im Umkreise die Erde erschütternder, und es traten seit dieser Zeit dann noch gar mannichfache Modificationen dieser schwimmenden Minen oder sogenannten Höllenmaschinen in der Kriegsführung auf, bis dieselben endlich, theilweise mit Zündungen durch Elektricität versehen, in dem neueren amerikanischen Kriege unter dem zweiten Namen des, thierischen Körpern bei seiner unmittelbar oder durch einen leitenden Körper erfolgenden Berührung elektrische Schläge ertheilenden Zitterrochens, nämlich als sogenannte Torpedo's, wieder ein solches Aufsehen erregt haben, daß einige Mittheilungen über deren Einrichtung hier am Platze seyn dürften. Das Mechanics' Magazine vom 21. October v. J. theilt in dieser Beziehung ein von Judson Knight aus City Point, Va., empfangenes Schreiben mit, welches von der, in Fig. 39 wiedergegebenen Zeichnung eines südstaatlichen Torpedo's begleitet ist, die an demselben angebrachte sogenannte Selbstschuß-Vorrichtung aber nicht ganz deutlich angibt. A ist ein das Pulver enthaltender Cylinder, B ein mit Zündhütchen versehenes Piston, C eine durch die Eisenstangen D, D am Pulvergefäße A befestigte Ruthe, welche an ihrem oberen Ende mit Schraubengewinden versehen, dort die, Propeller genannte Flügelmutter E trägt, deren Leib so eingerichtet ist, daß beim Umdrehen der Flügelmutter um die Ruthe C herum, der die Feder G niederdrückende Winkelhebel F oben nach rechts klappt, die Feder G also frei gegen den Percussionshahn H wirken läßt, welcher dadurch auf das Piston bei B niedergedrückt wird und solchergestalt ein dort aufgesetztes Zündhütchen zum Explodiren bringt. – Bei der Anwendung dieser Art von Torpedo's werden immer zwei derselben so eingerichtet, daß sie vier bis fünf Fuß tief im Wasser tauchen, und durch ein Tau I miteinander verbunden, damit dieselben dann, durch den Wasserstrom der endenden Ebbe oder der beginnenden Fluth an den zu zerstörenden Gegenstand herangetrieben, sich z.B. um ein feindliches Schiff herumlegen und sobald hierbei die Lage ihrer Flügelmuttern geändert wird, zur Explosion kommen. Ferner theilt der Scientific American vom 9. Juli v. J. einige Formen von südstaatlich zur Verwendung gebrachten Torpedo's mit. Fig. 46 z.B. stellt den zum Angriffe auf die „Minnesota“ verwendeten Torpedo und seine Befestigung an das ihn führende Schiff dar. Der mit Pulver gefüllte cylindroconische Blechkasten A wird vermöge der Stangen G mit den an seinem conisch gestalteten Kopfe angebrachten Spitzen B in die Wand des zu zerstörenden Schiffes eingestoßen; dann kappt man das, den Torpedo A an den Stangen G festhaltende Tau und es zieht sich hiernach das, den Torpedo handhabende Schiff, die isolirten Drähte D einer im Innern des Torpedo's vorgerichteten Elektricitäts-Zündung von ihren Winden abrollend, bis auf eine angemessene Entfernung zurück, um endlich mittelst der an seinem Bord befindlichen elektrischen Batterie Feuer zu geben. – Fig. 40 stellt einen schwimmenden Torpedo von mit Holz bedecktem Blech und fünf Fuß Höhe dar, welcher 30 Pfund Pulver faßt. – Der weiter durch Fig. 41 dargestellte Torpedo ist von Kupfer angefertigt und soll, mit 50 Pfd. Pulver gefüllt, in einer gewissen Tiefe an das feindliche Schiff antreibend, dort durch an seinem Kopfe angebrachte Zündhütchen nach Art der Orsini-Bomben entzündet werden. – Fig. 42 stellt zwei aus Blech gefertigte mit 66 Pfund Pulver geladene Torpedo's dar, welche, bei 14 Zoll Länge und 13 Zoll Durchmesser, durch kurze Holzstücke ungefähr 2 Fuß tief im Wasser suspendirt werden, und durch Schnuren miteinander verbunden sind, welche letztere beim Anstoßen dieses schwimmenden Systemes an feste Gegenstände in die Torpedo's eingesetzte Frictionsschlagröhren zur Thätigkeit bringen und so die Explosion der Pulverladung herbeiführen. – Fig. 43 endlich stellt den sogenannten „Daddy“ (Papa) der in Amerika erfundenen Torpedo's dar, welcher aus halbzölligem Dampfkesselblech angefertigt, 4 Fuß lang und 33 Zoll im Vollen gemessen stark ist, während seine Ladung aus 1015 Pfund eines Pulvers besteht, dessen wirkliche Körnergröße Fig. 45 darstellt; die Explosion dieses Torpedo's erfolgt mittelst isolirter Drähte, wie sie Fig. 44 versinnlicht, welche durch den überspringenden Funken einer elektrischen Batterie das Pulver entzünden.

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