Titel: | Vorschlag zur Verstärkung des Wahrendorff'schen Kolbenverschlusses für Hinterladungsgeschütze. |
Autor: | Dy |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. LXI., S. 195 |
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LXI.
Vorschlag zur Verstärkung des Wahrendorff'schen
Kolbenverschlusses für Hinterladungsgeschütze.
Ueber den Wahrendorff'schen Kolbenverschluß für
Hinterladungsgeschütze.
Mitgetheilt von Artillerie-Hauptmann
Dy.
Die einer allgemeineren Einführung des durch hohe Einfachheit und richtiges
Constructionsprincip sich auszeichnenden Wahrendorff'schen Kolbenverschlusses für Hinterladungsgeschütze bis jetzt
entgegen gestellten Bedenken richten sich bekanntlich gegen die Unvollkommenheit
seines Gasabschlusses und gegen das Unvermögen dieses Verschlußmechanismus starke
Ladungen ertragen zu können, weil bei letzteren der Quercylinder, welcher durch das
Rohr und den Verschlußkolben hindurchgeschoben wird, sich verbiegt.
Ersterer Uebelstand läßt sich aber, wie schon früher mitgetheilt wurde, und auch
durch im Großen angestellte Schießversuche bereits bestätigt worden ist, im engsten
Anschlusse an das, als vorhandenes Material bereits Gegebene dadurch beseitigen,
daß, nach des Referenten Vorschlag, die bisherige Pappe-Liderung durch einen in den
Preßspanboden einzusetzenden Kupferring von entsprechender Stärke widerstandsfähiger
gemacht wird, und dem zweiten Uebelstande dürfte ebenwohl durch eine kleine
Constructionsänderung zu begegnen seyn, welche darin besteht, daß man den Quer-Cylinder, dessen Durchmesser der Natur der Sache
nach immer kleiner seyn muß als die Höhe des dem Rohrkaliber entsprechenden
Verschlußkolbens, in einen Quer-Riegel verwandelt,
welcher dem Pulverstoße seine hohe Kante entgegenstellt, indem er zu beiden Seiten
halbcylindrisch gestaltet, in seiner Mitte als Anschluß an diese Halbcylinder noch ein
prismatisches Verstärkungsstück von der Höhe des bisherigen
Quercylinder-Durchmessers und einer Breite hat, die, je nach Erforderniß, ein halb
bis ein Kaliber, oder auch noch mehr, betragen kann, wenn das Bodenstück des Rohres
dem entsprechend construirt wird.
Die einfache Abänderung der bereits vorhandenen, mit Wahrendorff'schem Verschlusse versehenen Rohre nach diesem Vorschlage wird
nicht nur, im Verhältniß zu den dadurch erlangten Vortheilen, mit sehr geringen
Kosten auszuführen seyn, sondern auch, ganz ebenso wie der oben erwähnte Zusatz zur
Liderung des Wahrendorff'schen Geschützverschlusses, den
bisherigen Lademodus unverändert beibehalten lassen, da der Quer-Cylinder beim Laden des Geschützes nur vor- und zurückgeschoben,
nicht aber aus dem Rohre herausgenommen zu werden braucht, seine durch Umgestaltung
zum Quer-Riegel vermehrte Schwere hierbei innerhalb gewisser Grenzen also gar nicht
in Betracht kommt. Man erhält durch Anwendung dieser Modification des Wahrendorff'schen Verschlusses auf bereits vorhandene
Geschütze also in einer verhältnißmäßig billigen und sehr bequemen Weise die
Möglichkeit, innerhalb der durch sonstige Schuß-Verhältnisse bereits gegebenen
Grenzen eine Steigerung der Pulverladung anwenden und somit gestrecktere
Geschoßbahnen erzielen zu können, während neu anzufertigenden Hinterladungsrohren
bei dem jetzigen Standpunkt der Technik auf diese Weise ein Verschluß gegeben werden
kann, welcher den stärksten zur Nahewirkung des Geschützes nothwendigen Ladungen zu
widerstehen vermag, indem ihn die mit jedem Schusse sich erneuernde gasdichte
Liderung vor Ausbrennen schützt und jede das Federn eines Verschlusses
herbeiführende Wirkung des Pulverstoßes bei diesem so einfachen Verschlußmechanismus
gänzlich vermieden ist.
Cassel, im April 1865.