Titel: | Ueber die elektrische Lampe von Dumas und Benoit und ihre Anwendung zum Wegthun der Sprengschüsse beim Bergbau. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. LXIV., S. 201 |
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LXIV.
Ueber die elektrische Lampe von Dumas und Benoit und ihre Anwendung zum
Wegthun der Sprengschüsse beim Bergbau.
Nach dem Berichte von de Luynes im Bulletin de la Société d'Encouragement, t. XI p. 551,
September 1864, und dem Aufsatze des Bergingenieurs Parran in
den Annales des mines, 6. série, t. IV p.
455.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Elektrische Lampe für den Bergbau von Dumas und Benoit.
Zur Ausführung durchaus nothwendiger Arbeiten, sowie zur Rettung von Menschen, welche
den Wirkungen schädlicher Gase unterlegen sind, wird es für die Arbeiter oder die
Rettenden häufig nothwendig, an Punkte sich begeben und dort sich aufhalten zu
müssen, deren Luft der Gesundheit schädlich ist. Zum Schutze dieser Individuen gegen
die Einflüsse solcher Luft werden sie durch Bekleidung mit Apparaten, welche denen
der Taucher ähnlich sind und mittelst deren die zum Athmen erforderliche Luft durch
lange, mit der äußeren Atmosphäre communicirende Röhren zugeführt wird, von dem sie
umgebenden Medium isolirt.
Es ist indessen nicht genug, ungefährdet in einer verdorbenen, irrespirabeln
Atmosphäre sich aufhalten zu können; häufig kommen auch Fälle vor, in denen, da
diese Atmosphäre die Verbrennung nicht zu unterhalten vermag, die Anwendung
gewöhnlicher Lampen unmöglich ist, und dann werden die Arbeiten in einer solchen
Atmosphäre mühsam, langwierig und gefährlich. Daher würde ein Beleuchtungsapparat,
welcher auch unter derartigen Verhältnissen seine Dienste gehörig zu leisten im
Stande ist, von außerordentlichem Werthe seyn. Dumas,
Betriebsdirector der Eisensteinzechen von Lac bei Privas
(Ardèche-Departement) und Dr. med. Benoit haben mit Anwendung der Geißler'schen elektrischen Röhren ein solches, so wünschenswerthes
Resultat glücklich erreicht.Wir verweisen auf die von den Erfindern der französischen Akademie im Jahr
1862 gemachte Mittheilung, im polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 229.A. d. Red.
Die Erfinder erinnern daran, daß sie nicht die ersten sind, welche diese Lichtquelle
zu verwerthen suchten. Schon früher war sie von du Moncel
zur Beleuchtung der Mundhöhle vorgeschlagen worden,Polytechn. Journal Bd. CLVI S.
105. wornach Genannten auf den Gedanken kamen, sie zur Grubenbeleuchtung zu benutzen.
Der elektrische Grubenbeleuchtungsapparat von Dumas und
Benoit besteht aus drei Haupttheilen:
1) aus einem galvanischen Element, von modificirter Bunsen'scher Einrichtung;
2) aus einer Ruhmkorff'schen Inductionsspule;
3) aus einer Geißler'schen elektrischen Röhre.
I. Das galvanische Element.
Dieses besteht aus einem cylindrischen, außen mit einem isolirenden Ueberzuge von
Kautschuk versehenen Zinkgefäße, aus einem Gefäße von porösem Thon und einem hohlen
Kohlencylinder. Das Zinkgefäß ist etwa 20 Centim. hoch und hat 10 Centim. inneren
Durchmesser; die Flüssigkeiten stehen 15 Centim. hoch. Das Element wird mit Wasser
und Schwefelsäure beschickt, in das poröse Gefäß aber kommt doppeltchromsaures Kali.
Ist das Zink gut amalgamirt und die Beschickung in den passenden quantitativen
Verhältnissen geschehen, so functionirt der Apparat zwölf Stunden lang
ununterbrochen. Außen bildet sich Zinkvitriol, im porösen Gefäße dagegen Chromalaun,
denn:
2 KO, CrO³ + 6 SO³ + 24 HO = 2 KO, SO³ + 2
CrO³ + 4 SO³ + 24 HO
= (Cr²O³, 3 SO³ + KO, SO³ + 24 HO) +
KO, 2 SO³ + 3 O.
Der positive Pol ist an der Kohle, der negative am Zink.
II. Die Ruhmkorff'sche
Inductionsspule.
Der Ruhmkorff'sche ApparatBeschrieben im polytechn. Journal Bd.
CXXXIX S. 358. besteht bekanntlich aus einer aus 2 Millimeter starkem Kupferdraht
angefertigten inducirenden Spirale und aus einer aus ganz dünnem Kupferdraht (Nr. 16
des Handels) gewundenen inducirten Spirale von mehreren Kilometern Länge, welche
beide mit einem isolirenden Ueberzuge versehen und um einen gemeinschaftlichen
cylindrischen Kern gewickelt sind; ferner aus einem Bündel von weichem Eisendraht,
welches in der Achse der Spule liegt; endlich aus einem, als Stromunterbrecher
dienenden, durch den Hauptstrom in Bewegung gesetzten schwingenden Hammer und aus
einem Condensator.
Diesen letzteren, dessen erste Idee wir Fizeau verdanken,
stellt Ruhmkorff aus zwei Blättern Stanniol her, welche
auf beiden Seiten eines Streifens von gummirtem Taffet angeleimt und zwischen zwei
anderen Streifen
desselben Taffets mehrfach zusammengelegt sind. Dieser Condensator wird auf der
inneren Seite des der Spule als Unterlage oder Halter dienenden Brets angebracht und
seine Armirungen werden mit dem inducirenden Strome in Verbindung gesetzt.
Bezüglich der Theorie des Condensators sind die Physiker verschiedener Ansicht; seine
praktische Wirkung ist aber vollständig nachgewiesen: der Funke des Unterbrechers
nimmt an Intensität ab und der inducirte Strom wird extensiver.Vergl. du Moncel
notice sur la machine d'induction, 4. édit. p. 10.
Leitet man den galvanischen Strom in den inducirenden Draht, so treten an den Polen
des inducirten Stromes verschiedene Erscheinungen auf, je nachdem die Pole dieses
Stroms durch isolirende oder leitende Medien mit einander verbunden oder von
einander getrennt werden.
Eine der auffallendsten dieser Erscheinungen, welche bei der elektrischen Lampe
Anwendung findet, ist folgende: wird der inducirte Strom unterbrochen und bleiben
beide Pole getrennt, so zeigt sich nur der directe inducirte Strom. Die inducirte
Spirale kann dann einen continuirlich wirkenden Strom von unveränderlicher Richtung
liefern, welcher eben so bestimmte Pole zeigt, wie ein galvanisches Element.
Die Spule der Lampe, mit welcher Parran experimentirte,
hatte 150 Millim. Länge und 40 Millim. äußeren Durchmesser.
III. Geißler'sche Röhren.
Diese von Geißler in Bonn um das Jahr 1856 erfundenen
Apparate sind verschieden geformte Glasröhren, welche nur verdünntes Gas enthalten,
durch welches letztere sich mittelst zweier Elektroden ein elektrischer Strom
hindurchleiten läßt; durch die vor der Lampe nach Austreibung der Luft
zugeschmolzenen Enden der Röhre gehen nämlich zwei Platindrähte hindurch.
Wird in einer solchen Röhre eine kleine Menge eines Dampfes oder Gases, welches die
Schichtung des elektrischen Lichtes zu zeigen vermag, eingeschlossen und werden dann
die Platindrähte mit den beiden Enden des inducirten Drahts des Ruhmkorff'schen Apparates verbunden, bei welchem als
Elektricitätsquelle eines oder mehrere Elemente benutzt werden, so erscheint in der
ganzen Länge des Rohrs eine Reihe von leuchtenden, durch dunkle Zwischenräume von
einander getrennten Schichten.
Gewöhnlich ist der negative Pol durch einen ziemlich breiten dunkeln Zwischenraum von der ersten
leuchtenden Schicht getrennt; aber unmittelbar in Berührung mit dem negativen Pole
selbst zeigt sich eine, in äußerst feine Schichten getheilte leuchtende Atmosphäre.
Farbe, Glanz, Spectrum, kurz alle Eigenschaften dieses Lichtes hängen von der in der
Röhre eingeschlossenen gasförmigen Substanz, von der Beschaffenheit und der Form der
Röhre selbst, sowie von der Kraft des Inductionsapparates und der durch den
Durchgang des Stromes entwickelten Temperatur ab.
Das im Vacuum der Geißler'schen Röhren erzeugte
elektrische Licht wird durch die Annäherung von Magneten und selbst von bloß
leitenden Körpern beeinflußt. Einen stärkeren Glanz und größere Gleichmäßigkeit kann
man ihm durch Benutzung der Fluorescenz des Glases verleihen.
Da die Erscheinungen der Fluorescenz – d.h. des
Fortbestehens des Leuchtens der Körper unter dem Einfluß der Elektricität –
bei den Wirkungen der elektrischen Lampe in's Spiel kommen, so dürfte es angemessen
seyn einige Worte über dieselben zu sagen.
E. Becquerel hat gefunden, daß wenn man gewisse feste
Substanzen, z.B. Sulfuride und Fluoride der alkalischen Erdmetalle, in kleinen
Stückchen oder als Pulver in beiderseitig geschlossene Glasröhren einführt, in denen
die Luft bis auf 1 oder 2 Millimet. Druck verdünnt ist, und durch Anwendung einer
Ruhmkorff'schen Inductionsspule elektrische Funken
durch eine solche Röhre hindurchschlagen läßt, man ein anhaltendes Licht erhält,
dessen Intensität und Farbe von der Stärke des Stromes und von der Beschaffenheit
der in der Röhre eingeschlossenen Substanz abhängig ist. Durch dieses Licht wird die
Temperatur nicht merklich erhöht.
Nach späteren Beobachtungen Ruhmkorff's zeigen sich in manchen Geißler'schen Glasröhren, welche nur verdünnte Gase enthalten, nach dem
Durchschlagen der Funken Lichtspuren, welche nur einige Secunden anhalten und denen
analog sind, welche von phosphorescirenden, in der Röhre elektrisirten Substanzen
verbreitet werden.
Nach Gassiot läßt sich die Fluorescenz des Glases durch
die Einwirkung des elektrischen Lichtes deutlich wahrnehmen, wenn man den
Inductionsstrom in eine Geißler'sche Röhre leitet, welche
zur einen Hälfte aus englischem Bleiglas und zur anderen Hälfte aus deutschem oder
sogenanntem böhmischem Kaliglas besteht; die erstere Hälfte fluorescirt grün, die
zweite blau.
Die mit den Geißler'schen Röhren durch den inducirten
Strom des Ruhmkorff'schen Apparates zu erlangenden
Lichterscheinungen wurden in letzterer Zeit von verschiedenen Physikern näher
untersucht und zu
verschiedenen wissenschaftlichen Versuchen angewendet, aber der Gedanke, die
Fluorescenz jener Röhren zur Herstellung eines tragbaren Erleuchtungs-Apparates für
Bergleute zu verwerthen, ist, gleichwie die praktische Ausführung dieses Gedankens,
welche mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft war, Eigenthum von Dumas und Benoit.
Da die Inductionsspule nebst den galvanischen Elementen ein möglichst geringes Volum
und Gewicht haben müssen, wenn sie zu einem tragbaren Apparate zum Gebrauche in der
Grube angewendet werden sollen, so müssen die Beschaffenheit und der Druck der Gase,
die Beschickung der galvanischen Elemente, die Form des Geißler'schen Rohres und die chemische Zusammensetzung des zur Anfertigung
desselben verwendeten Glases in zweckgemäßer Weise abgeändert und auf passende Art
mit einander combinirt werden, um einen hinsichtlich der Stärke, der Regelmäßigkeit
und der Dauer des erzeugten Lichtes möglichst großen Nutzeffect zu erzielen.
Die unten näher angegebenen Einrichtungen sind diejenigen, welche bis jetzt mit der
kleinen Ruhmkorff'schen Inductionsspule und dem mit
zweifach-chromsaurem Kali beschickten Elemente die günstigsten Resultate gegeben
haben.
In den Röhren sind nach Dumas' und Benoit's Angabe, unter 8 bis 11 Centimet.
Quecksilberdruck, metallische Dämpfe (Quecksilber, Zinkchlorid etc.) und gewisse
Gase, wie Stickstoff, Kohlensäure, Wasserstoff etc. eingeschlossen. Die Anwendung
solcher Dämpfe und Gase, welche in Folge der Einwirkung des elektrischen Stroms im
Rohre feste Körper absetzen würden, ist zu vermeiden.
Die Versuche in den Gruben von Alais wurden mit der Röhre Fig. 28 abgeführt. Bei
den in den Fig.
28, 29 und 30 dargestellten Formen der Röhre haben die gewundenen oder als Anhang
angebrachten Theile einen äußeren Durchmesser von 2 bis 3 Millim. und einen lichten
von etwa 1 Millim.
Zur Auffindung der besten Form der Röhre dürften aber noch viele Versuche
erforderlich seyn.
Einrichtung der elektrischen
Lampe.
Das Element ist von der Inductionsspule gänzlich getrennt; beide sind in den zwei
Abtheilungen einer Art Patrontasche unbeweglich befestigt. Diese Tasche ist aus
Leder oder vulcanisirtem Kautschuk verfertigt und wird an einem starken
Schulterriemen wie ein Jagdranzen getragen; sie ist mit einem hölzernen, mit
Kautschuk gefütterten Deckel verschlossen; die Fugen schließen ganz wasserdicht.
Die Geißler'sche Röhre ist in einen Glascylinder
eingeschlossen, welcher von zwei kupfernen, durch vier Stäbe mit einander
verbundenen und mit Kautschuk überzogenen Armaturen geschützt wird; dieser Theil des
Apparates erinnert durch seine Form an die gewöhnliche Sicherheitslampe.
Die Verbindung mit der inducirten Spirale wird durch zwei gut isolirte Rheophore oder
Leitungsdrähte von genügender Länge hergestellt. Die Röhre läßt sich mittelst eines
Trägers und einiger Bänder an der vorderen Seite der Tasche befestigen, so daß sie
die Fahrt des Bergmanns erleuchtet und ihm die Arme frei läßt; auch kann sie in der
Hand gehalten und in alle nöthigen Stellungen gebracht und um die ganze Länge der
Rheophoren von der Tasche entfernt werden. Das Gewicht des ganzen Apparates beträgt
ungefähr 5 1/2 Kilogr., und obgleich derselbe durchgängig aus sehr zarten Theilen
besteht, so ist er doch, sobald er einmal in Ordnung gebracht und verschlossen
worden, vor Verletzung vollkommen geschützt und kann jedem Arbeiter anvertraut
werden.
Der Strom des galvanischen Elements läßt sich mit der Hand mittelst eines isolirenden
Knopfes, welcher aus dem Deckel der Tasche hervorragt, beliebig regieren;
vermittelst einer durch diesen Knopf in Bewegung gesetzten kupfernen Schraube läßt
sich nämlich die Verbindung zwischen den beiden festen Theilen eines steifen
Metalldrahts durch Vermittelung eines Hutes mit Lagersitz herstellen oder
unterbrechen; dieser steife Drahtstab verbindet das Element mit der Inductionsspule
und leitet, sobald die Schraube ganz niedergedreht wird, den inducirenden Strom
fort.
Die in dem galvanischen Elemente sich entwickelnden Gase können mittelst eines
steifen, aus isolirender Substanz bestehenden Stabs, welcher durch den Deckel der
Tasche und denjenigen des Elements hindurchgeht, abgeführt werden. Dieser Stab ist
hohl und bildet eine kleine Esse, welche an freier Luft mündet, und mit einem
kleinen Pfropfen geschlossen ist, welchen man nur zu lüften braucht, um das Element
von den in ihm entwickelten Gasen zu reinigen.
Vortheile des Apparates.
Mit dem im Vorstehenden beschriebenen elektrischen Grubenbeleuchtungsapparat von Dumas und Benoit wurden bei
den von Parran am 18., 19. und 20. October 1862 in den
Steinkohlengruben von Alais abgeführten Versuchen folgende Beobachtungen
gemacht.
Die Tasche ist ganz wasserdicht; auch der Deckel schließt ganz fest, so daß ein
Entweichen saurer Dämpfe nicht wahrzunehmen ist.
Läßt man den Strom in die Geißler'sche Röhre eintreten, so
gibt diese einen lebhaften fluorescirenden Lichtschimmer von sich, welcher sich in
dem Haarröhrchen condensirt und eine eigenthümliche Intensität annimmt; unterbricht
man den Strom, so verschwindet das Licht. Diese Wirkungen treten augenblicklich ein
und werden sofort durch Drehen des aus dem Deckel der Tasche hervorstehenden Knopfes
hervorgerufen.
Die Röhre erwärmt sich nicht merklich; das Licht kann mit den äußeren Gasen nicht in
Berührung kommen, da es eben nur in Folge der Verdünnung im Rohre entsteht und
sofort verschwinden würde, wenn der Verschluß der Röhre nicht vollkommen luftdicht
wäre.
Die Lichtstärke der elektrischen Lampe ist etwas geringer, als die einer Mueseler'schen Sicherheitslampe, erscheint derjenigen der
letzteren aber gleich, nachdem diese einige Stunden gebrannt hat; und an
wetternöthigen Punkten stellt sich die Leuchtkraft der elektrischen Lampe stärker
heraus, als die der Sicherheitslampe. Nach Parran's Ansicht wird sich ihre Leuchtkraft
durch weitere Verbesserungen noch verstärken lassen; dieselbe genügt aber schon
jetzt, um dem Bergmann auf seinem Wege und bei seiner Arbeit das nöthige Licht zu
geben, sowie den Compaß zu beobachten, die abgezogenen Winkel in's Winkelbuch
einzutragen, kurz, um allen Bedürfnissen zu entsprechen.
Das Licht der von Parran bei seinen Versuchen angewendeten
Geißler'schen Röhre erinnert, abgesehen von seiner
weit stärkeren Intensität, an das des Johanniswurms in Sommernächten; es ist
bläulich, von auffallender Milde und Reinheit. Ob dieses Licht einen wahrnehmbaren
Einfluß auf die Compaßnadel ausübt, ist noch nicht untersucht.
Der Apparat zeichnet sich sowohl durch große Solidität, als durch leichte Tragbarkeit
und bequeme Handhabung aus. Die Hände bleiben frei, so daß der Träger schwierig zu
befahrende Punkte passiren und Schächte, Abteufen etc. auf- und abfahren kann. Bei
einer dreistündigen, mit vielen Widerwärtigkeiten verknüpften Befahrung der Gruben
von la Grand-Combe behielt die Lampe ihren anfänglichen Glanz und verursachte ihrem
Träger nicht die geringste Verlegenheit. Die Tasche kann nach Belieben auf die Sohle
gelegt oder an den Stößen oder in der Förste der Baue aufgehängt und das
lichtspendende Rohr überall hingetragen werden, so weit es die Länge der Rheophoren
gestattet. Das Element braucht nur nach beiläufig zwölf Stunden neu beschickt zu
werden; der Materialaufwand für diese Zeit beträgt nicht über 25 Centimes. Also
entspricht die elektrische Lampe auch in Bezug auf Leuchtdauer und
Unterhaltungskosten einer gewöhnlichen Sicherheitslampe.
Es bedarf wohl kaum der besonderen Bemerkung, daß die elektrische Lampe in jedwedem Medium
leuchtet und daß man das Rohr auch unter Wasser bringen kann. Bei ihrer Anwendung
ist die Gefahr einer Explosion ganz ausgeschlossen, selbst wenn die Glasröhre in
explosiven oder detonirbaren Gasgemengen zerbrechen sollte, da die Elektroden
wenigstens 17 Centimeter von einander entfernt sind.
Nach Parran's Ueberzeugung ist
daher die elektrische Lampe für den Zweck, dessen Erreichung sich ihre Erfinder
vorgesetzt haben, nämlich zur Verwendung bei gewissen ausnahmsweisen Grubenarbeiten,
bei denen die gewöhnlichen Lampen absolut nicht zu gebrauchen sind, vollkommen
geeignet, zum Beispiel: wenn von Gefahr bedrohten Bergarbeitern zu Hülfe geeilt
werden soll; oder um durchaus nothwendige Oerter in's Feld zu treiben, denen sich
keine frischen Wetter zuführen lassen, während das Athmen am Ortsstoße noch möglich
ist, Lampen aber nicht mehr brennen etc.
Bei den ersten Rettungsarbeiten auf den Gruben von Lalle bestand eine
Hauptschwierigkeit darin, die zur Rettung zweier Bergleute im Kohl selbst
abzuteufenden tonnlegigen Schächte zu erleuchten. Ungeachtet der Anwendung kräftiger
Ventilatoren erloschen die Lampen unaufhörlich und verdarben die noch vorhandenen
athembaren Wetter vollends; ein Theil der Mannschaft mußte zur Bildung einer Kette
verwendet werden, um die Lampen zurückgehen, wieder anzünden und dann wieder
hinabgehen zu lassen, und ohne die für diesen Theil des Dienstes von den
benachbarten Zechen geleistete Mithülfe würde es schlechterdings unmöglich gewesen
seyn, einen so raschen Erfolg zu erzielen.
Eine elektrische Lampe bei jedem Abteufen würde diese große Roth abgewendet
haben.
Später wurden an demselben Orte über zwei Stunden dazu gebraucht, um den letzten der
drei Bergleute, welche nach vierzehntägiger Todesangst
gerettet wurden, zu befreien, indem die zu diesem Behufe getriebenen Strecken
erleuchtet wurden, dazu aber erst Wetterlutten eingezogen werden mußten, damit die
Lampen brennen konnten. Mit der elektrischen Lampe würde diese Rettungsarbeit
höchstens zehn Minuten beansprucht haben.
Die Bergleute, welche bei den von Parran und Dumas auf den Gruben von Alais abgeführten Versuchen
zugegen gewesen, haben die praktischen Vortheile des Apparates sämmtlich wohl
erkannt und zu würdigen gewußt. Der einzige gegen denselben zu erhebende Einwurf ist
der, daß die Bergleute von der elektrischen Lampe bezüglich der Gefahr, von der sie
bedroht sind, sobald sie in eine mit Kohlensäure oder mit schlagenden Wettern
überfüllte Atmosphäre kommen, nicht warnend benachrichtigt werden. Es wird für solche Fälle allerdings
nothwendig seyn, die Anzeichen, welche die Erfahrung uns kennen gelehrt hat –
nämlich das Ansehen und die Beschaffenheit der Flamme in einer gewöhnlichen Lampe,
die Wirkung des Gases auf die Augen, den Gaumen und den Geruchssinn – zu
Rathe zu ziehen, endlich die von Paul Thenard so dringend
empfohlenen, mit dem Apparate selbst leicht ausführbaren eudiometrischen Analysen zu
Hülfe zu nehmen; in manchen Fällen, z.B. wenn der Bergmann an Punkte mit ganz
irrespirabeln Wettern vordringen muß, werden auch Respirationsapparate angewendet
werden müssen.
Begreiflicherweise können die Anwendungen der elektrischen Lampe auch zu anderen, als
zu bergbaulichen Zwecken sehr zahlreich werden. Die Erfinder erwähnten in ihrer, der
(französischen) Akademie am 8. September 1862 gemachten Mittheilung: die Reparaturen
der Hauptröhren in Gasanstalten, die Reinigung von Cloaken und unterirdischen
Abzüchten, die Besichtigung von Pulverfabriken und anderen Werkstätten, wo leicht
entzündliche Substanzen verarbeitet oder dargestellt werden u.a.m.
Anwendung der elektrischen Lampe zum
Wegthun von Schüssen bei der Bohr- und Schießarbeit.
Hier soll nur eine dieser Anwendungen, welche bergmännisches Interesse hat,
besprochen werden, nämlich das Wegthun der Sprengschüsse durch Vermittelung der
Elektricität. Dieses Verfahren ist in vielen Fällen dem gewöhnlichen Wegthun weit
vorzuziehen. In mehreren Gruben des Ardèche- und des Gard-Departement wird es
beim Absinken von Schächten bereits regelmäßig angewendet und sicherlich wird es
beim Bergbau in Zukunft eine große Rolle spielen.
Die erste praktische Anwendung der Elektricität zum Wegthun von Sprengschüssen beim
Schachtabteufen wurde i. J. 1851 in den Eisensteingruben von Lac bei Privas
(Ardèche-Dep.) von Dumas, einem der Erfinder der
elektrischen Lampe, und dem Bergingenieur Castel
gemacht.Annales des mines, 5. série, t. II p. 199.
Das Pulver wurde durch das Erglühen eines die beiden Pole eines directen galvanischen
Stromes verbindenden, sehr feinen Eisendrahtes entzündet.
Die Resultate waren folgende:
Zum Wegthun eines einzigen Schusses war eine Batterie von sechs bis zehn gewöhnlichen
Bunsen'schen Elementen erforderlich.
Die Erde konnte nicht in die Kette eingeschaltet werden; zur Verbindung der Pole der
Batterie an den Enden des Zünders waren zwei Conductoren nöthig.
Das auf diese Weise beim Abteufen eines Schachtes in hartem Gestein, mit
beträchtlichem Wasseraufgange erfolgte Wegthun der Schüsse erwies sich für die
Regelmäßigkeit der Arbeit und namentlich für die Sicherheit der Arbeiter als sehr
vortheilhaft.
Die gefährlichste Arbeit des Bergmanns ist das Wegthun der Schüsse auf der Sohle
eines Schachtes; der leichteste Zwischenfall, die geringste Verspätung im Aufgange
der Fahrbühne können von verhängnißvoller Wirkung werden. Erst vor zwei Jahren fiel
bei einem Schachtabteufen in der Gegend von Alais der eine von zwei Häuern, welche
nach dem Anstecken des Schwefelmännchens mit der Fahrkunst auffahren wollten, auf
die Schachtsohle zurück; er hatte sich nicht beschädigt, würde aber aller
Wahrscheinlichkeit nach verloren gewesen und durch den Schuß getödtet worden seyn
ohne die Selbstverläugnung seines braven Cameraden, welcher augenblicklich zu ihm
hinabsprang und den Muth und das Glück hatte, das brennende Schwefelmännchen
auszureißen und auszulöschen.
Beim Wegthun der Schüsse mit Hülfe der Elektricität wird jeder Gefahr dieser Art
vorgebeugt, denn es geschieht erst auf das Signal des Bergmanns selbst, nachdem
dieser sich in Sicherheit gebracht hat.
Das Dumas-Castel'sche Verfahren würde indessen ungeachtet
der damit erzielten Erfolge wegen der umständlichen Behandlungsweise der
galvanischen Batterie nur sehr beschränkte Verbreitung gefunden haben, und
wahrscheinlich nur von theoretischem Interesse geblieben seyn, wenn es nicht
mittelst der Inductionsapparate möglich geworden wäre, die Aufgabe zu vereinfachen
und ganz unerwartete Resultate zu erhalten.
Es gelang Ruhmkorff etwa vor zehn Jahren, mit Anwendung
der Statham'schen Zünder das Pulver durch den
Inductionsfunken unfehlbar zu entzünden, und zwar mit einem einzigen Elemente und
einer Spule von nur geringen Dimensionen.
Diese Zünder bestehen bekanntlich aus zwei Leitungsdrähten von Kupfer oder verzinkten
Eisen, deren freie Enden mit den Rheophoren des inducirten Stromes in Verbindung
stehen, während die entgegengesetzten Enden, wie Fig. 31 zeigt, in einem
kleinen, mit einem Ausschnitt versehenen Rohr oder Muff von Gutta-percha m, n in 2 bis 3 Millim. Entfernung einander gegenüber
stehen. Innen ist dieser Muff mit einer schwachen Schicht von Schwefelkupfer
überzogen, die als secundärer Leiter zwischen den beiden Drähten wirkt und einen
Funken veranlaßt, welcher zur Entzündung einer auf dem Ausschnitte des Muffs in
einem kleinen, mit feinem Jagdpulver gefüllten Kautschuksäckchen liegenden Prise
Knallquecksilber hinreicht; dadurch wird auch das Jagdpulver und durch dieses der
Sprengschuß entzündet, in dessen Ladung der Kautschuksack hineinreicht.
Das mitten im Pulver eingeschlossene Knallquecksilber schützt vor jedem Versagen und
die Kautschukhülle des Pulvers vor unzeitiger Explosion; die Zünder lassen sich ohne
alle Gefahr handhaben und selbst schütteln. Schaltet man die Erde in die Kette ein,
so braucht man nur den einen Draht des Zünders zu isoliren, indem man ihn, wie die
Figur zeigt, in eine Scheide von Gutta-percha steckt. Mit Anwendung des Ruhmkorff'schen Apparates und der Statham'schen Zünder, und mit Hülfe seiner sinnreichen Combinationen zur
Transmission der Ströme erzielte Graf du
Moncel im J. 1854 bei den „Monstre-Minen“ des Hafens von
Cherbourg so merkwürdige Resultate.Man s. seinen Bericht im polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 370.
Dieselbe Methode des Wegthuns von Schüssen wurde auch vor etwa neun Jahren vom
Bergingenieur Houpeurt beim Schachtabteufen zu St.
Etienne, in der neueren Zeit besonders von Dumas in den
Eisengruben von Lac bei Privas und von Jouguet in den
Eisenbergwerken von Bessèges angewendet.
Die Erfahrung hat die Regeln festgestellt, nach welchen man verfahren muß, um eine
leichte und regelmäßige Entzündung der Sprengschüsse zu bewirken.
Es ist sehr vortheilhaft, den einen der Leitungsdrähte wegzulassen und dafür die Erde
in die Kette einzuschalten; dadurch vermeidet man die Schwierigkeiten der Isolirung
für einen der Drähte, sowie die Kosten für Anschaffung und Unterhaltung desselben.
Mit einem oder zwei, mit zweifach-chromsaurem Kali beschickten gewöhnlichen Bunsen'schen Elementen und einer Inductionsspule (kleines
Modell) lassen sich wenigstens vier Sprengschüsse auf einmal mit Leichtigkeit
wegthun.
Die Statham'schen Zünder mit einem einzigen isolirten
Leitungsdraht, mit den aus der Figur ersichtlichen Vereinfachungen, haben beinahe
dieselbe Form, wie die Bickford'schen Sicherheitszünder.
Jetzt kosten sie noch etwa 50 Centimes; wenn sie aber erst im Großen fabricirt
werden, so lassen sie sich zu einem weit billigeren Preise liefern. Man kann sie
sich übrigens auch leicht selbst anfertigen, und braucht dann nur die mit
Gutta-percha überzogenen Drähte zu kaufen.
Die Kosten des zum elektrischen Schießen erforderlichen Materials und der dazu
nothwendigen Einrichtungen belaufen sich für das Abteufen eines Schachtes von 200 Meter
Teufe auf ungefähr 900 Francs; es würde indessen verfrüht seyn, jetzt schon das alte
Verfahren bezüglich der Kosten mit dem neuen vergleichen zu wollen.
Wenn aber auch in der Folge das neue Verfahren sich als etwas theurer erweisen
sollte, so würden die Mehrkosten doch durch die Regelmäßigkeit der Arbeit und die
bedeutende Verminderung der verloren gehenden Schüsse – namentlich wenn die
Bohrlöcher unter Wasser stehen – mehr als ausgeglichen werden.
Auch sind die Vortheile zu berücksichtigen, welche das gleichzeitige Wegthun mehrerer
Schüsse – sowohl auf den Sohlen von Schächten, als auch an den Ortsstößen
beim Betriebe von Stollen und Strecken von großem Querschnitt und in hartem Gestein
– gewähren kann. Auf einmal lassen sich wenigstens vier Schüsse wegthun,
indem man den isolirten Draht jedes Zünders mit dem inducirten Leitungsdrahte
verbindet und das vom isolirenden Ueberzuge entblößte Ende des Drahtes in die Erde
steckt. Mit Hülfe des du Moncel'schen Commutators oder
jeder anderen entsprechenden Einrichtung läßt sich die gleichzeitige Entzündung
einer noch größeren Anzahl von zu Gruppen von vier verbundenen Schüssen bewirken,
was für die bergbauliche Praxis weitaus hinreichend ist.
Der hauptsächlichste und entscheidende Vortheil des elektrischen Schießens ist aber
die absolute Sicherheit, welche dem Bergmann durch die Anwendung dieses Verfahrens
gewährleistet wird. Kommt nun noch eine Mueseler'sche
Sicherheitslampe als Geleucht beim Besetzen der Bohrlöcher, ein hölzerner Stampfer
und eine kupferne Räumnadel hinzu, so kann man sagen, daß keine Gefahr mehr zu
befürchten ist; die Entzündung des Pulvers durch eine Schnuppe des Grubenlichtes
oder durch Funkenreißen beim Besetzen, sowie ein vorzeitiges Losgehen der Schüsse
ist nicht mehr möglich.
Das elektrische Schießen hat durch die Dumas-Benoit'sche
Lampe eine sehr wichtige Vervollkommnung erhalten. Dieser, wie wir gesehen haben,
sehr tragbare und bequem zu handhabende Apparat kann mit großem Vortheile an Stelle
des bisher angewendeten feststehenden Apparates beim Abteufen der tiefsten Schächte,
sowie gleichzeitig an mehreren Punkten einer und derselben Grube angewendet werden,
denn durch den neuen Apparat werden die fixen Conductoren, deren Herstellung mit
ziemlich bedeutenden Kosten verknüpft ist, und welche sich in Folge von Reibungen
und Erschütterungen sehr rasch abnutzen, während das Vorhandenseyn einer größeren
Anzahl derselben in einer Grube sehr hinderlich seyn würde, entbehrlich gemacht.
Der inducirte Strom der Spule muß einerseits mit dem Leitungsdrahte, andererseits mit
der Erde in Verbindung gesetzt werden; der Schuß entzündet sich dann, wenn man die
Fluorescenz des Rohrs auch nur auf wenige Secunden unterbricht.
Parran empfiehlt daher die elektrische Lampe der
besonderen Aufmerksamkeit der Bergingenieure wegen folgender, diesem Apparate
eigenthümlichen Vorzüge:
1) die elektrische Lampe macht es möglich, in Gefahr gerathenen Bergarbeitern rasch
zu Hülfe zu kommen;
2) mittelst derselben lassen sich gewisse, ausnahmsweise vorkommende, oft ganz
unerläßliche Arbeiten in Bauen ausführen, wo die gewöhnlichen Lampen durchaus nicht
brennen;
3) das Wegthun der Sprengschüsse in Gruben durch Anwendung der elektrischen Lampe ist
billiger, als das mit dem bisher angewendeten elektrischen Apparate, indem die
kostspieligen langen Leitungsdrähte wegfallen; auch läßt sich das neue Verfahren
beim Betriebe jedes Grubenbaues anwenden, wo das gleichzeitige Wegthun mehrerer
Schüsse von Vortheil ist.