Titel: Ueber die Cementirung des Eisens durch Gasretorten-Graphit; von H. Caron.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. LXVII., S. 217
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LXVII. Ueber die Cementirung des Eisens durch Gasretorten-Graphit; von H. Caron. Aus den Comptes rendus, t. LIX p. 819, November 1864. Caron, über Cementirung des Eisens durch Gasretorten-Graphit. In einer der letzten Sitzungen der (französischen) Akademie theilte Regnault mit, daß zu Sèvres das Porzellan in den Oefen sich schwärzte („schwarz ausschlug“), wenn in der Nähe ein Stück Graphit aus Gasretorten befindlich war, und daß unter gleichen Umständen Schmiedeeisen in Gußeisen verwandelt wurde. In Folge dieser Beobachtungen kam Regnault auf den Gedanken, daß diese Kohle ein kräftigeres Cementirmittel seyn müsse, als gewöhnliche Holzkohle, deren Wirkungen auf Porzellan und Schmiedeeisen weit weniger entschieden hervortreten. Um Regnault's Wunsch zu entsprechen, unterzog ich mich nach dieser Richtung hin einigen Versuchen, deren Resultate ich im Nachstehenden mittheile. Bei diesen Cementirversuchen arbeitete ich unter denselben Verhältnissen, welche ich bei meinen experimentellen Untersuchungen über die Cementirung zu beobachten pflege.55) Ein 30 Centimeter langer Eisenstab von 1 Quadratcentim. Querschnitt wurde in einem thönernen, mit frischem, zu Stückchen von etwa 1 Kub. Centim. Größe zerkleinertem Gasretorten-Graphit angefüllten Rohre erhitzt, welches letztere an beiden Enden mit Graphitstücken nur unvollkommen verschlossen war, so daß Luft zutreten konnte. Ueberdieß hatten die Gase des, mit Graphit von derselben Sorte gefeuerten Ofens Zutritt zu dem Innern des Rohrs, wegen der Porosität desselben. Die Operation währte sechs Stunden lang bei Kirschrothglühhitze. Nach Verlauf dieser Zeit wurde der aus dem Rohr entfernte Stab gehämmert und abgelöscht, ganz auf die in einer meiner früheren Mittheilungen56) angegebene Weise, und dann wurde er einer näheren Untersuchung unterworfen. Das Metall zeigte sich fadig; es ließ sich in kaltem Zustande vollständig zusammenbiegen, ohne gänzlich zu brechen; von der Feile wurde es an seiner Oberfläche leicht angegriffen; kurz, es zeigte keine wahrnehmbare Spur von Stählung. Ich wiederholte die Operation dreimal und erhielt jedesmal dasselbe Resultat. Dieß dürfte beim ersten Anblicke überraschend erscheinen, ist indessen bei näherer Untersuchung der Zusammensetzung des angewendeten Graphits sehr natürlich. Diese Kohle verdient nämlich den ihr zugeschriebenen Ruf einer besonderen Reinheit keineswegs. Vor etwa einem Jahre hatte ich Veranlassung, sie zu analysiren und war durch Hrn. Camus, Unterdirector der Pariser Gasanstalt, in Stand gesetzt, die Kohks und den Graphit, welche bei einer und derselben Operation resultiren, analytisch zu vergleichen. Auf diese Weise vermochte ich nachzuweisen, daß diese destillirte Kohle beinahe ebenso viel Unreinigkeiten oder fremdartige Beimengungen enthält, wie die Kohks; außerdem enthält sie nur Spuren von Kali, Natron und Lithion, von etwa 1 Proc. Schwefel begleitet; beim Einäschern hinterläßt sie 5 Proc. Asche, welche vorwiegend aus Kieselsäure, Kalkerde, Thonerde, Eisen- und Manganoxyden besteht.57) Demnach hatte ich bei diesen Cementirungsversuchen eine sehr schwefelhaltige, nur Spuren von freiem Alkali enthaltende Kohle mit dem Eisen in Contact gebracht. Nun habe ich bereits nachgewiesen, daß unter diesen Umständen eine Stählung nicht stattfinden kann, indem die Entstehung von Cyanalkalimetallen nicht möglich ist; daher wird die vor sechs Jahren von mir aufgestellte Theorie des Vorganges bei der technischen Cementirung58) durch dieses Resultat bestätigt. Um diese Erklärung noch einmal zu controliren, wendete ich das Mittel an, mit welchem ich den beabsichtigten Zweck stets erreichte: ich mengte solchen indifferent sich verhaltenden Gasretorten-Graphit mit einer großen Menge (10 Proc.) von kohlensaurem Kali und bei einem zweiten Versuche mit einer gleichen Quantität Witherit; in beiden Fällen gieng die Stahlbildung ganz leicht von Statten.59) Es zeigte sich also wieder, daß es das Alkali war, welches fehlte, und daß die Erfolglosigkeit der oben angegebenen ersten Versuche dem Mangel des Alkali, sowie gleichzeitig dem Vorhandenseyn des Schwefels zugeschrieben werden muß. Der Gas-Graphit ist nicht die einzige Kohle, welche unfähig ist, das Eisen zu cementiren; calcinirter oder ausgeglühter Kienruß verhält sich ebenso, und sehr wahrscheinlich würden Kohks, natürlicher Graphit und alle von Alkalien und gekohlten Gasen freie Kohlen dieselben Resultate geben. Nähere Angaben über die von mir mit geglühtem Kienruß angestellten Versuche, bei denen ich eine für die Frage der Stahlbildung höchst interessante Erscheinung beobachtete, behalte ich mir für eine demnächstige Mittheilung vor.