Titel: Die Mackay-Kanone.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. LXXXII., S. 275
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LXXXII. Die Mackay-Kanone. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Die Mackay-Kanone. Von diesem durch James Mackay, Holzhändler zu Liverpool, vorgeschlagenen Geschütze, welches nach einem im Mechanics' Magazine vom 15. April 1864 enthaltenen Artikel die Lorbeeren von Whitworth und Armstrong zum Verwelken bringen soll und auch in unseren deutschen Zeitungen schon mehrfach Erwähnung fand, werden an bezeichneter Stelle kurzgefaßt folgende Nachrichten gegeben: Das durch die Mersey-Stahl- und Eisenwerk-Compagnie hergestellte Rohr von Schmiedeeisen hat ein Gewicht von 9 Tonnen, eine Bohrung von 8,12 Zoll Seelendurchmesser und zwölf tief eingeschnittene scharfe Züge von starkem Drall. – Das durch Thomas Firth und Sohn zu Sheffield angefertigte Gußstahlgeschoß wiegt 167 Pfund und bildet einen mit kegelförmig aufgesetzter Spitze versehenen Cylinder, welcher an seiner Basis ausgehöhlt ist, um den Schwerpunkt des Projectiles möglichst weit nach vorn hin zu bringen. – Die gewöhnliche Ladung des Geschützes beträgt 30 Pfund Pulver, kann zur Erlangung besonders starker Geschoßwirkungen aber auch bis zu 100 Pfund gesteigert werden, und wird von dem Geschosse beim Laden des Geschützes durch einen mit Sägespänen gefüllten Beutel getrennt, wodurch, ohne der Wirkung des Pulvers auf das Projectil zu schaden, einer vorzeitigen Zerstörung des Rohres durch Anwendung so starker Ladungen vorgebeugt werden soll. Die der ganzen Construction zu Grunde liegende Idee endlich ist, daß das wie bei einer glatten Vorderladungskanone einzuführende Geschoß, welches wegen der Rohrzüge mit sehr geringem Spielraume an die Zugfelder des Rohres anschließen kann, nach dem Abfeuern der Pulverladung bei seinem geradlinigen Vorschreiten im Rohre mit dem in die Rohrzüge eingezwängten Pulvergase gleichen Schritt halten und so durch dessen Einwirkung auf seine Mantelfläche zu einer senkrecht gegen seine Flugrichtung vor sich gehenden Rotation um die Geschoßlängenachse herum gezwungen werden soll. Bei einem wirklich ausgeführten Schießversuche soll das 167 Pfund schwere cylindroconische Geschoß der Mackay-Kanone, mit 30 Pfund Pulverladung abgeschossen, nach obiger Quelle 1640 Fuß Anfangsgeschwindigkeit pro Zeitsecunde erhalten und auf 200 Yards Distanz eine Panzerscheibe durchbohrt haben, welche, hinter einer 5 1/2zölligen Platte von Schmiedeeisen noch mit einer 9zölligen Teakholzfütterung und mit einer 3/4zölligen Schlußplatte versehen, durch 18 Zoll starke Balken gestützt war. Diese Scheibe zeigte nach dem Schusse ein kreisrundes Loch, das Stützbalkenwerk derselben war zersplittert und wurde in Fragmenten 82 Yards hinter der Scheibe neben einem 80 Pfund schweren kreisrunden Eisenstück des Scheibenpanzers aufgefunden. Das Geschoß ferner zeigte sich bei seinem Auffinden von 13 auf 11 Zoll Länge zusammengestaucht, in seinem vorderen Durchmesser um 1/2 Zoll vergrößert, war aber sonst ganz wohl erhalten und ließ durch Sandspuren darauf schließen, daß es bis zu seinem Niederfallen noch rotirt hatte. Rücklauf und Donner des Geschützes sind verhältnißmäßig klein befunden worden. In einer später erschienenen Nummer des Mechanincs' Magazine werden aber schon Zweifel darüber laut, ob die zur Messung der Geschoß-Anfangsgeschwindigkeit bei oben mitgetheiltem Schießversuche angewendeten Instrumente auch wohl zuverlässig genug gewesen seyen. Den 29. April 1864 theilt ferner genanntes Blatt zwei, A. B. C. und Richard Cail unterzeichnete Einsendungen mit, in deren ersterer es als fraglich hingestellt wird, ob die einen polirten Stahlcylinder spiralförmig umfassenden Gasströme denselben zur Rotation um seine Längenachse bringen können, und ob es nicht viel wahrscheinlicher sey, daß das Langgeschoß der Mackay-Kanone gar nicht rotire, seine gute Schußwirkung vielmehr lediglich dem Umstande verdanke, daß es in der Mackay-Kanone einen genau centralen Pulverstoß erhalte und von dem, für Vorderladungsgeschütze nothwendigen Spielraum nicht wie bei den bisherigen glatten Kanonen mondviertelförmig, sondern ganz symmetrisch umgeben sey; – die zweite, Richard Cail unterzeichnete Einsendung aber in Vorschlag bringt, die Bohrung des Geschützrohres, damit durch dessen Spielraum-Züge nicht, wie bei der Mackay-Kanone, zuviel an Pulverkraft verloren werde, lieber ganz glatt zu belassen, dem für solche Geschütze bestimmten Voll- oder Hohlgeschosse dagegen aber die durch Fig. 7 u. 8 versinnlichte Gestalt zu geben, welche letztere sie beim Einströmen des Pulvergases in ihre spiralen Cannelirungen zur Rotation um die Geschoß-Längenachse bringen würde. Am meisten endlich dürfte ein, im Mechanics' Magazine vom 3. Juni 1864 enthaltener, die Mackay'schen Verbesserungen von Kleingewehr, Geschütz und Projectilen lobend besprechender Artikel dazu geeignet seyn, den Mackay'schen Vorschlag, die Einführung von spiral gewundenen Spielraum-Zügen bei Feuerwaffen betreffend, auf seinen wahren Werth zurückzuführen; indem dort, nach Anführung verschiedener Methoden den Schwerpunkt cylindro-ogivaler Geschosse in die Mitte ihrer Längenachse zu bringen, bezüglich des oben erwähnten Vorschlages von Sägespänen zwischen Pulverladung und Kugel gesagt wird, daß dieser vor die Pulverladung zu setzende Vorschlag auch aus Wolle, Baumwollenwatte etc. bestehen könne, aber mit Fett getränkt und möglichst unverbrennlich gemacht werden müsse, damit er nach Sprengung seiner leicht zerreißlich herzustellenden Hülle in die Spielraum-Züge eintreten und so, schädliche Pulvergas-Entweichung hindernd, das Projectil bei seinem Vorschreiten im Rohre umfassen könne. Dy.,               Artillerie-Hauptmann in Cassel.

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