Titel: Kehrmaschine für Chausseen und Straßen von Tailfer in Paris.
Fundstelle: Band 176, Jahrgang 1865, Nr. CIII., S. 341
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CIII. Kehrmaschine für Chausseen und Straßen von Tailfer in Paris. Aus Armengaud's Génie industriel, Februar 1865, S. 101. Mit Abbildungen auf Tab. V. Tailfer's Straßenkehrmaschine. Wir liefern im Folgenden nach dem im Bulletin de la Société d'Encouragement veröffentlichten Bericht von Baude Zeichnung und vollständige Beschreibung dieser interessanten Maschine. Wenn man von einer mechanischen Kehrmaschine spricht, sagt Baude, so ist man geneigt zu glauben, daß man dieselbe in England habe arbeiten gesehen, wo diese Art die Chausseen zu reinigen, viel gebräuchlicher ist als in Frankreich. Dessen ungeachtet ist nur eine Maschine von den vielen, mit welchen man einst, namentlich in London, Versuche angestellt hat, in Anwendung geblieben, nämlich die Maschine von Whitworth.Beschrieben im polytechn. Journal, 1843, Bd. LXXXIX S. 91. Dieselbe ist sehr einfach und wir wollen sie nur mit Worten in das Gedächtniß zurückrufen, um angeben zu können, wodurch sich die Maschine von Tailfer von der englischen unterscheidet. Die Kehrmaschine von Whitworth besteht aus einer Anzahl Besenreihen, welche symmetrisch an zwei Ketten ohne Ende befestigt sind, von denen jede durch zwei Scheiben angespannt wird und sich um diese bewegt. Nachdem die Besen den Straßenkoth vor sich zusammengekehrt haben, heben sie denselben in eine geneigte Rinne, aus welcher er in einen Kasten vorn am Karren ausgeschüttet wird. Die obere Scheibe wird durch ein kleines Zahnrad in Bewegung gesetzt, dessen Zähne in die eines größeren, auf die Achse des Karrens befestigten Rades eingreifen. Man sieht also, daß bei der Maschine von Whitworth eine Anzahl Besen, welche an doppelte Ketten ohne Ende befestigt sind, den Koth vorwärts drücken, um denselben in einen Karren zu schaffen. In Frankreich hat dann H. Jouneau, Bau-Conducteur beim Straßen- und Brückenbau im Nièvre-Departement eine verbesserte Maschine nach dem Principe der Whitworth'schen construirt, über welche von Boucaumont und Grissot de Passy, den Ingenieuren des Departements, günstig berichtet wurde. Dieselbe unterscheidet sich von der Whitworth'schen durch sinnreiche Details und vor Allem durch die Trennung des Kastens, welcher den Koth aufnimmt, von der eigentlichen Kehrvorrichtung. Es sind zwei Achsen und zwei getrennte Fahrzeuge vorhanden, von denen das zweite durch eine besondere Einrichtung der Scheidewände eine Trennung des Kehrichts nach seinen Bestandtheilen gestattet. Die Kehrmaschine von Tailfer unterscheidet sich durch ihre einfache Construction von den vorhergehenden; der Koth wird von derselben nicht aufgenommen, sondern nur in Streifen gekehrt und dann in gewöhnliche Karren verladen. Dieselbe ist ein zweiräderiger Karren mit Kutscherbock, welcher von einem Pferde gezogen wird. An dem einen Rade ist eine Scheibe angebracht, die durch eine gekreuzte Kette ohne Ende mit einer zweiten Scheibe von viel kleinerem Durchmesser verbunden ist, welche letztere die schmiedeeiserne Achse eines Besens in rotirende Bewegung versetzt. Diese Achse ist von einer conischen hölzernen Welle umgeben, welche wie die gewöhnlichen Besen eine Bürste von Piazava Piazava, Piassaba oder Piassawa ist bekanntlich eine Binsenart von den Antillen, welche in den mit Rohzucker befrachteten Schiffen gegen die Wände gelegt und so nach Frankreich gebracht wird.Bei der Straßenreinigung der Stadt Paris hat man constatirt, daß ein Kehrbesen aus harter Piazava dreißig bis vierzig Tage aushält, während in derselben Zeit zwanzig bis dreißig Besen aus Birkenreisern verbraucht werden. Ein Besen aus Piazava kostet je nach seiner Dicke 3 bis 4 Francs; der Preis eines Birkenbesens beträgt 15 Centimes. Die Kosten sind zwar hiernach fast dieselben, aber mit dem Piazava-Besen wird weit mehr geleistet. Das Kilogrm. Piazava-Binse kostet 1 Fr. 50 Cent. bis 1 Fr. 70 Cent. trägt. Diese Bürste hat 1,70 Met. Länge. Mit ihrem einen Ende, nämlich demjenigen, welches die Bewegung empfängt, reicht die Bürste bis an das eine Karrenrad, während das andere Ende von dem ihm gegenüber liegenden Karrenrade nm 0,50 Meter mehr absteht. Dieß ist eine wesentliche Sache bei der Maschine von Tailfer. Die Achse des Besens ist durch zwei bewegliche Holzstücke mit der Karrenachse verbunden. Sobald der Besen in Thätigkeit gesetzt werden soll, rückt man diese Stücke durch eine Stange, welche sich im Bereiche des Wagenführers befindet, aus, worauf sie mit dem Besen auf die Chaussee herabsinken. Mittelst derselben Stange wird auch die Bürste wieder in die Höhe gehoben, wenn das Kehren aufhören soll, und es findet dann ein selbstthätiges Einhängen statt, so daß die Bürste mit der Chaussee nicht mehr in Berührung kommen kann. Das Gewicht der Kehrmaschine ist folgendes: die beiden Räder 258 Kilogramme; die Bürste in Form eines abgestutzten Kegels, dessen    Durchmesser nur wenig von einander verschieden sind   50 die Ketten, Eisenbeschläge und Gabeln, welche die Lager tragen 111 der Wagenkasten (aus dünnem Eisenblech) mit den   gewöhnlichen Tragbäumen 551 ––––––––––––––––– Summa 970 Kilogramm. Die Wirkungsweise der Kehrmaschine ist nun folgende: Sobald das Pferd fortschreitet und die Bürste herabgelassen ist, erhält letztere eine rotirende Bewegung von der Scheibe am Rade; diese zur Achse schiefe Bewegung hat zur Folge, daß aller Koth, welcher der Bürstwalze begegnet, auf die freie Seite gekehrt, das heißt parallel zur Fahrrichtung des Karrens ein Kothstreifen gebildet und die Chaussee auf 1,7 Meter Breite gereinigt wird. Ein zweiter, mit dem ersten parallel fahrender Karren, dessen Besen denselben Winkel und in gleichem Sinne mit der Achse des Karrens bildet, schiebt den Kothstreisen wieder zur Seite und reinigt die Chaussee in derselben Breite von 1,7 Meter und so fort, je nachdem die Chaussee breit ist; der Kothhaufen wird, wie gesagt, schließlich in gewöhnliche Karren verladen. Je nachdem der Besen, dessen man sich bedient, entweder von der Rechten zur Linken oder umgekehrt zur Achse des Karrens geneigt ist, wird auch der Kothstreifen auf der rechten oder linken Seite des Karrens gebildet werden. Nach der Berechnung des Erfinders sollen acht Kehrwagen in einer Stunde und zehn Minuten 40,600 Quadratmeter Chaussee reinigen, was ungefähr einer Arbeit von 100 Menschen entspricht. Hieraus ergibt sich, daß ein Karren per Stunde wenigstens 5000 Quadratmeter reinigt, wozu 13 Arbeiter erforderlich sind, wenn man annimmt, daß ein Mensch in einer Stunde 400 Quadratmeter reinigt. Nehmen wir weiter an, daß das Fahrzeug durchschnittlich per Stunde 1,80 Fr. kostet, ein Arbeiter aber per Stunde einen Lohn von 0,3 Fr. erhält, so werden sich die Kosten per Stunde wie 1,8 zu 3,9 Fr. (nämlich 13 × 0,3) verhalten, was also ein für die Kehrmaschine günstiges Resultat ist. Die Aehnlichkeit in den gegebenen Elementen ist zu gering, um nach den Versuchsresultaten auch einen Vergleich mit der Maschine von Whitworth anstellen zu können. Denn die eine Maschine hebt den Koth in die Höhe, während die andere denselben in einem zusammenhängenden Streifen auf der Chaussee liegen läßt. Hier drängt sich die Frage auf, was zweckmäßiger ist, wenn die Bürste den Koth in einen Karren hebt oder wenn sie denselben liegen läßt, damit er in gewöhnliche Karren verladen werde. Diese Frage müssen wir dahin beantworten, daß die Bürste kein sehr günstiges Werkzeug zum Aufheben des Kothes auf eine Höhe von 1 1/2 Meter über dem Boden ist, denn der Koth, dessen ganzes Gewicht von den Reisern des Besens aufgenommen werden muß, beschmutzt und verdirbt den Besen und macht ihn zum Reinigen weniger geeignet. Man gewinnt auch nichts an Transport, da schließlich doch ein Umladen nöthig wird, wenn man nicht den ganzen Karren zu den Ablagerungsplätzen fahren will, die immer ziemlich weit entfernt liegen. Beschreibung der Maschine. Fig. 19 ist eine Seitenansicht dieser Kehrmaschine, Fig. 20 zeigt die Bürste und ihre Verbindung mit dem Karren. Der Karren A ist, wie man sieht, von gewöhnlicher Form und das eine von seinen Rädern dient dazu, die Bürste oder den schwach conischen Besen B in Bewegung zu setzen. Die Wangen C tragen die Achse der Bürste; dieselben schwingen um die Achse des Karrens und liegen parallel zu den Seiten des Karrens, über den sie hinten in ungleicher Länge hervorstehen. An diese Stücke sind die geneigten Gabeln D des Besens befestigt, der mit einem gebogenen Stück Blech E bedeckt ist, welches das Fortschleudern des Kothes verhindert. An dem einen Karrenrad ist, wie schon erwähnt wurde, die Treibscheibe F angebracht, durch welche die übertragende Kette G in Bewegung gesetzt wird; letztere erhält ihre Führung durch zwei Rollen H, von denen die eine an die Gabel D, die zweite aber an eine von den Wangen C befestigt ist. Der Hebel I, welcher durch die Kette J mit der Bürste verbunden ist, dient zum Aufheben und Niederlassen derselben; er besteht in einer langen Eisenstange, welche durch den Wagenkasten hindurchgeht und vorn in einen verticalen Arm endigt, dessen Griff dem auf dem Bocke sitzenden Führer zur Hand steht. Nach dem Vorhergehenden bilden die Wangen C, die Gabeln (Träger) D, die Bürste mit dem Blechmantel, die Kette J und der Hebel I zusammen ein fest verbundenes Ganze, welches der Karrenführer nach Belieben, das heißt je nach der Stellung, die er dem Hebel gibt, so um die Karrenachse schwingen lassen kann, daß die Bürste entweder in die Höhe gehoben (nach Fig. 19) oder auf die Chaussee niedergelassen wird, um zu kehren. In dem ersteren Falle wird der Hebel durch ein einfaches Federschloß K festgestellt, in das der Führer ihn eintreten läßt; in letzterem Falle drückt derselbe, ohne seinen Platz zu verlassen, auf ein in seinem Bereiche befindliches Trittbret, wodurch der Riegel zurückgeht und er hebt gleichzeitig den Hebel I mittelst dessen Handhabe aus, der in Folge davon mit der Bürste niedergeht. Die kleine Scheibe L, über welche die Transmissionskette G führt, ist auf der Achse der Bürste so angebracht, daß dieselbe mittelst einer Ein- und Ausrückvorrichtung, die mit der Bewegung des Hebels I im Zusammenhange steht, entweder lose wird, wenn die Bürste in die Höhe gehoben ist oder, umgekehrt, festgestellt wird, wenn die Bürste niedergelassen ist. Diese Ein- und Ausrückvorrichtung hat folgende Einrichtung: An den hinteren Theil des Karrens ist eine horizontale Stange M und an das Ende von der Achse der Bürste die verticale Stange N befestigt, welche letztere das Aus- und Einrücken der kleinen Scheibe L bewirkt; dieselbe berührt nämlich fortwährend die Stange M und ist oben zu einem Bügel umgebogen, welcher, wenn der Hebel I ausgehoben wird, um die Bürste niederzulassen, gegen die Stange M gedrückt und dadurch die Scheibe L eingerückt wird. Sobald man dagegen die Bürste aufhebt, geht auch zugleich die Stange N in die Höhe und deren Bügel rückt, wenn er die Stange M passirt, sofort die Bürste aus.

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Tafel Tab.
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