Titel: | Ueber Anilinschwarz; von Dr. Käppelin. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. CXVI., S. 393 |
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CXVI.
Ueber Anilinschwarz; von Dr. Käppelin.
Aus den Annales du Génie civil, April 1865, S.
237.
Käppelin, über Anilinschwarz.
Die Anwendung des Anilinschwarz für den Zeugdruck ist jetzt, nach vielen fruchtlosen
Versuchen, eine sehr beträchtliche geworden. Die Erzeugung dieser schönen Farbe war
bis auf die letzte Zeit mit großen Uebelständen verbunden, weßhalb sie nicht in
regelmäßigen Gebrauch kam. So wurden die von Lightfoot, Kopp,
Gerber-Keller und Calvert angegebenen
Darstellungsarten aufgegeben und durch das jetzt allgemein befolgte Verfahren
ersetzt, welches jedoch auf demselben Princip, nämlich auf der Oxydation des Anilins
beruht.
Die ganze Schwierigkeit besteht in der Wahl des oxydirenden Körpers, welcher alle
erforderlichen Bedingungen erfüllen muß, damit man einen reinen Druck erhält und die
Farbe sich vollständig entwickelt, ohne weder das Gewebe zu benachtheiligen, noch
die beim Walzendruck gebräuchlichen stählernen Abstreichmesser (Rakeln) anzugreifen.
Das Anilinschwarz entsteht jedesmal, wenn ein Anilinsalz im löslichen Zustande der
oxydirenden Einwirkung gewisser Substanzen, wie Kupfersalzen, chlorsaurem Kali oder
zweifach-chromsaurem Kali ausgesetzt ist. Die Bildung dieses merkwürdigen Products
erfolgt erst nach einiger Zeit vollständig und nachdem die Farbe ganz entwickelt
ist, besitzt ihr Ton eine solche Intensität, daß alles andere Schwarz (von
Campecheholz, Galläpfeln oder Krapp) im Vergleich damit grau oder grünlich
erscheint. Die Beständigkeit dieser Farbe, ihr Widerstand gegen die Einwirkung der
Säuren, der Alkalien, der Seifen und des Lichtes, machen ihre Anwendung zur Färberei
und zum Zeugdruck außerordentlich wichtig, und sie gehört deßhalb zu den schönsten
und nützlichsten, welche die Industrie bis jetzt hervorgebracht hat.
Wir wollen zuerst das Verfahren von Lightfoot angeben,
welches im Anfang des vorigen Jahres in Frankreich patentirt wurde, und darin
bestand, das Anilinsalz mit Kupferchlorid oder schwefelsaurem Kupferoxyd und
chlorsaurem Kali zu zersetzen.
Die Formel für diese Farbe ist folgende:
Wasser
6 Liter,
weißes Stärkmehl
850 Gramme,
chlorsaures Kali
180 Grm.,
chlorwasserstoffsaures Anilin
450 Grm.,
schwefelsaures Kupferoxyd
150 Grm.
Die bedruckten Stücke wurden in der für die gebeizten Stücke gebräuchlichen
Oxydationskammer aufgehängt, dann gedämpft und gewaschen. Eine bloße Passage in
einem Bad von zweifach-chromsaurem Kali war hinreichend um ein schönes Schwarz zu
erzielen.
Diese Farbe hatte den großen Uebelstand, daß wegen ihres bedeutenden Kupfergehaltes
die stählernen Abstreichmesser der Walzendruckmaschinen bald unbrauchbar wurden und
endlich das Gewebe selbst durch die oxydirende Wirkung der Kupfersalze angegriffen
wurde, besonders wenn man das schwefelsaure Kupferoxyd durch Kupferchlorid ersetzte.
Man kann ohne Zweifel
diese Anwendung der Kupfersalze in der Farbe selbst vermeiden, indem man das Gewebe
mit einer Kupferlösung tränkt. Durch diese Behandlungsweise wurden die erwähnten
Uebelstände beseitigt, aber die Anwendbarkeit der Farbe war dann auf wenige
Druckartikel beschränkt, weil nicht alle Farben, ohne matt zu werden oder sogar ihr
Ansehen ganz zu verändern, der Einwirkung der Kupfersalze unterzogen werden können.
Ferner war es ein für die Gesundheit mißlicher Umstand, daß in das zum Reinigen der
Stücke verwendete Waschwasser viel Kupfersalz übergieng:
Aus diesen Gründen ersetzte eine Elsasser Fabrik die Kupfersalze durch das
Ferridcyanammonium; diese Farbe wurde folgendermaßen zusammengesetzt:
Verdickungsmittel.
Stärke
27 Kilogr.,
Wasser
18 Liter,
Gummiwasser
30 Liter,
Traganthwasser (65 Grm. Traganth per Liter)
24 Liter.
Präparat Nr.
1.
Heißes Verdickungsmittel
25 Liter,
chlorsaures Kali
1 Kilogr. 350 Grm.
Nach dem Erkalten
zuzusetzen:
Ferridcyanammonium
1 Kilogr. 900 Grm.
Präparat Nr.
2.
Heißes Verdickungsmittel
26 Liter,
chlorwasserstoffsaures
Anilin
3 Kilogr. 600 Grm.,
Weinsteinsäure
3 Kilogr. 600 Grm.
Schwarze
Druckfarbe.
Präparat Nr. 1
1 Theil,
Präparat Nr. 2
2 Theile.
Obgleich diese Farbe leichter anzuwenden ist, als diejenigen welche Kupfersalze
enthalten, so bietet sie doch auch bedeutende Uebelstände dar. Ihre rasche
Zersetzung vor dem Druck ist gewiß einer der größten. Da ferner die Entwickelung,
d.h. die Oxydation der Farbe auf dem Gewebe unregelmäßig erfolgt und bei gewissen
Artikeln weder regulirt, noch nach der Fabrication aufgehalten werden kann, so
dauert sie unter dem Einfluß des Sauerstoffs der Luft fort. Es entstehen alsdann
nothwendig Ungleichheiten in der Nüance, welche an allen der Luft ausgesetzten
Stellen des Gewebes dunkler wird, während sie in den inneren Falten heller
bleibt.
Diese Schwierigkeiten und die ungenügenden Resultate gaben den Anstoß zu neuen
Untersuchungen. Die Aufmerksamkeit der Fabrikanten richtete sich auf Substanzen,
welche ohne directe Oxydationsmittel zu seyn, solche unter gewissen Umständen werden
können, d.h. welche die Eigenschaft besitzen den Sauerstoff anzuziehen und ihn
hernach in Gegenwart gewisser Körper wieder abzugeben.
Das Schwefelkupfer besitzt diese Eigenschaften; es kann unter dem Einfluß eines
oxydirenden Körpers sich in schwefelsaures Kupferoxyd verwandeln, und letzteres kann
dann seine Wirkung auf das Anilinsalz ausüben und dasselbe in Schwarz überführen,
wie wir bei der Beschreibung des Lightfoot'schen
Verfahrens gesehen haben.
Das Schwefelkupfer wird jetzt in den meisten Zeugdruckereien zu diesem Zweck
angewendet. Man bereitet die Druckfarbe in folgender Weise:
Schwarz Nr. 1.
Stärke
800 Gramme,
Wasser
5 Liter,
Schwefelkupfer mit Schwefelcalcium
270 Grm.,
Anilinsalz
500 Grm.,
aufgelöst in Wasser
1 Liter.
Nach dem Druck hängt man die Stücke in der Oxydationskammer auf, dann passirt man sie
in einem Wasserbad, in welchem man vorher ein wenig Salmiak oder Soda aufgelöst
hat.
Schwarz Nr. 2.
Stärkekleister
10 Liter,
chlorsaures Kali
200 Gramme,
Traganthschleim
2 Kilogr. 500 Grm.
Darin werden suspendirt:
Schwefelkupfer
400 Grm.,
Salmiak
250 Grm.
Nach dem Kochen setzt man zu:
Anilinsalz
1 Kilogr.
Die gedruckten Stücke werden nach 24stündigem Hängen in einem Bad passirt, welches 2
Proc. Soda enthält. Man kann die Stücke auch dämpfen und dann waschen.
Man ersieht hiernach, welche Wichtigkeit die Anwendung dieser Farbe erlangen kann,
weil sie bei allen Druckartikeln, mit ächten Farben oder Dampffarben, zu benutzen
ist.