Titel: | Ueber das Anilinschwarz; der Mülhausener Industrie-Gesellschaft erstatteter Bericht von Theodor Schneider. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. CXXXV., S. 467 |
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CXXXV.
Ueber das Anilinschwarz; der Mülhausener
Industrie-Gesellschaft erstatteter Bericht von Theodor Schneider.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, t. XXXV p. 176, April 1865.
Schneider, über das Anilinschwarz.
Die Entdeckung des AnilinschwarzDer im vorhergehenden Heft S. 392 mitgetheilte Aufsatz von Dr. Käppelin über das
Anilinschwarz wird durch Schneider's, Bericht in
wesentlichen Details ergänzt.A. d. Red. verdankt man John Lightfoot zu Accrington. Das Verfahren dieses Chemikers wurde in
Frankreich im Januar 1863 patentirt und seine Ausbeutung dem Hause J. J. Müller und Comp. in Basel im
April desselben Jahres übertragen.
Um das Anilinschwarz auf Baumwolle zu erhalten, bedruckt
Lightfoot das Gewebe mit einem Gemisch von
chlorwasserstoffsaurem Anilin, chlorsaurem Kali, Kupferchlorid, Salmiak, Essigsäure
und Stärkekleister, hängt die Stücke in den Oxydationskammern auf, und wascht sie
hernach in einem schwach alkalischen Wasser.
Beim Aufdrucken dieses Gemisches existirt die schwarze Farbe noch nicht, aber
dieselbe entwickelt sich nach und nach auf dem Gewebe selbst, in der
Oxydationskammer, unter dem oxydirenden Einfluß sowohl des chlorsauren Kalis als des
Kupferchlorids.
Die neue Farbe kam sofort in England, in der Schweiz, in Deutschland und Frankreich
in Gebrauch, wurde aber im Elsaß bald fast vollständig aufgegeben, wegen der mit
ihrer Anwendung verbundenen großen Uebelstände. Diese Farbe greift nämlich die
Rakeln und die Walzen an, schwächt die Faser des Gewebes bedeutend und hält sich bei
der gewöhnlichen Temperatur nicht sehr lang. Man vermeidet allerdings das Angreifen
der Rakeln und Walzen, wenn man das Kupfersalz, anstatt es der Farbe beizugeben,
direct auf das Gewebe aufträgt. Diese Abänderung, welche in Lightfoot's Patent angegeben ist und deren
Vortheile mehrere Elsasser Druckereien anerkannt haben, besteht darin, das Gewebe
mit der Auflösung eines Kupferoxydsalzes zu grundiren und dann auf die Stücke ein
Gemisch von chlorsaurem Kali und Anilinsalz zu drucken. Dieses Grundiren ist aber
nicht nur kostspielig, sondern beschränkt auch die Anzahl der Farben, welche man dem
so erhaltenen Schwarz beigesellen kann, abgesehen von den Uebelständen womit jede
vorbereitende Behandlung der zu druckenden Gewebe verbunden ist.
Es war daher natürlich, daß gegen das Ende von 1863 eine neue Erzeugungsweise des
Anilinschwarz, welche von den meisten Mängeln des Lightfoot'schen Verfahrens frei zu seyn schien, sehr günstige Aufnahme
fand. Cordillot ersetzte in der Mischung des englischen
Chemikers das Kupferchlorid durch das Ferridcyanammonium, wodurch einerseits die
Schwächung des Gewebes beträchtlich vermindert und andererseits das Angreifen der
Rakeln und Walzen vermieden wurde; aber leider wurden diese Vortheile nur auf Kosten
neuer Uebelstände erlangt, welche fast eben so groß waren wie diejenigen, welche man
zu vermeiden suchte. Cordillot's Farbe ist beträchtlich theurer, hält sich nur kurze Zeit und
erfordert zu ihrer Oxydation eine Temperatur, welche in den gewöhnlichen
Trockenräumen der Zeugdruckereien in der Regel schwer zu erzielen ist. Ueberdieß ist
es nach dieser Methode schwierig, ein schönes Schwarz hervorzubringen und die Farbe
löst sich beim Appretiren und Waschen der Stücke oft stellenweise ab.
Nun erschien das Verfahren von Lauth, welches allgemein
als das praktischste von allen bisher vorgeschlagenen betrachtet wird, und obgleich
es noch zahlreiche Uebelstände darbietet, z.B. die Schwierigkeit dieses Schwarz mit
den Mordants, den Dampffarben und den Catechufarben zu drucken, jetzt mit großem
Vortheil für gewisse Druckartikel angewendet wird. Dieses Verfahren beruht auf dem
glücklichen Gedanken, mit dem Anilinsalz und chlorsauren Kali auf den Zeug eine
Kupferverbindung zu drucken, welche unauflöslich ist, daher die Rakeln und Walzen
nicht angreift, aber später auf dem Gewebe löslich wird. Diese Verbindung ist das
Schwefelkupfer, welches man in den Druckereien auf
folgende Weise darstellt: man löst in der Kälte Schwefelblumen in Aetznatron auf,
gießt die erhaltene Flüssigkeit in eine auf 75° Celsius erwärmte Auflösung
von Kupfervitriol und sammelt das gefällte Schwefelkupfer auf einem Filter.
Das indirecte Oxydationsvermögen des Schwefelkupfers läßt sich, außer zur Erzeugung
von Anilinschwarz, auch mit Vortheil für andere Fabricationsartikel benutzen, z.B.
zum Oxydiren des Catechu.
Lauth's Druckfarbe hält sich
ziemlich lange; ihre Oxydation erfolgt auf den Zeugen sehr leicht; sie widersteht
der Einwirkung der Luft sehr gut, und greift weder die Rakeln noch die Walzen
an.