Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. , S. 163 |
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Miscellen.
Miscellen.
Der Lloyddampfer „Austria.“
Einen für die österreichische Marinetechnik so wie nicht minder für die einheimische
Eisenindustrie wichtigen Moment bot am 11. März die Stapellassung des im Arsenal des
österreichischen Lloyd ganz aus inländischem Material gebauten eisernen Dampfers
„Austria.“ Derselbe hat eine Totallänge von 296 Fuß, eine
Länge in der Wasserlinie von 274 Fuß 4 Zoll, eine Breite von 35 Fuß und eine Tiefe
im Raum von 24 Fuß. Das Deplacement beträgt bei 17 Fuß 6 Zoll Tauchung 3000 Tonnen.
Die Tauchung des leeren Schiffskörpers betrug nach dem Stapellaufe 7 Fuß 9 Zoll vorn
und 7 Fuß achter. Das Gewicht des leeren Schiffskörpers ist 900 Tonnen. Der Bau
desselben beanspruchte gerade ein Jahr, welche Zeitdauer in Hinblick auf die
anfängliche Ungeübtheit der ausschließlich hiesigen Arbeiter und mancher anderen
Schwierigkeiten keine lange genannt werden darf. Alle Schwierigkeiten wurden von dem
Bauleiter, Hrn. Otto Dingler, glücklich überwunden; die
technische Ausführung des Baues ist eine vortreffliche, und es ist somit der Beweis
geliefert, daß unsere Technik, so wie in anderen Punkten, auch auf diesem Felde mit
dem Auslande sich messen kann.
Der Plan zur Einrichtung der Werft für den Bau eiserner Schiffe wurde noch unter der
provisorischen Direction des k. k. Obersten Hrn. L. v. Paradis gefaßt und die Ausführung vom Verwaltungsrath genehmigt. Diese
ganze Aufgabe ruhte in den Händen des Hrn. Dingler, dem
es auch gelang, dieselbe vollkommen zu lösen.
Wir fühlen uns angenehm veranlaßt, diesen neuen Erfolg vaterländischer Technik
hervorzuheben, und wünschen, daß es Hrn. Dingler bei
ferneren Bauten gelingen möge, der Verwendung von Bessemerstahl die Bahn zu brechen
und damit den weiteren und entscheidenden Schritt zur vollständigen
Concurrenzfähigkeit mit dem Auslande zu thun. (Archiv für Seewesen, Trieft 1865,
Heft 3.)
Ueber die Anwendung von Dampfwagen auf öffentlichen
Straßen.
Das Gutachten einer Commission des Architecten- und Ingenieurvereins an das königl.
hannoversche Ministerium lautet in technischer Beziehung dahin, daß auf schlechten
Wegen der Nutzen der Straßenlocomotive fast Null ist, daß derselbe bei Ansteigung
der Bahn fast zwei- bis dreimal so rasch abnimmt, als bei Pferdefuhrwerk, daß die
gewöhnlichen Straßen nicht breit genug seyen, um eine Befahrung mit langen Zügen und
Straßenlocomotiven zu gestatten, überdieß aber sehr stark angegriffen würden, daß
endlich die jetzigen Straßenlocomotiven technisch noch nicht vollkommen genug seyen.
Was die Rentabilität anlangt, so erklärt die Commission, daß von den jetzigen
Straßenlocomotiven, auch abgesehen von dem stärkeren Unterhaltungsaufwand für
Straßen, im Allgemeinen ein pecuniärer Vortheil nicht zu erwarten sey, und in
sicherheitlicher Beziehung hebt sie hervor, daß die Pferde leicht scheu werden, die
Leitung der Straßenlocomotive bei Dunkelheit unsicher sey, endlich Unfälle durch
Funkenauswerfen und Stockungen des Verkehrs bei Unfällen an der Maschine nicht zu
vermeiden seyn würden.
Der Vorstand des genannten Vereines tritt im Allgemeinen diesem Gutachten bei,
bemerkt jedoch, daß nach den bei Gelegenheit der Hamburger Ausstellung im Juli 1863
angestellten Versuchen sich die Lenksamkeit dieser Zugmaschinen als viel
vollkommener, ihre Leistungsfähigkeit als bedeutend größer und ihre Gefährlichkeit
in polizeilicher Beziehung als wesentlich geringer herausgestellt habe. Das
angehangene Protokoll über diese Versuche hebt hervor, daß während der fast
fünfstündigen Probefahrt trotz des außerordentlichen Gedränges, der Neuheit der
Sache und sonstiger ungünstiger Umstände kein Unglück passirt sey, daß also die
Lenkbarkeit dieser Zugmaschinen befriedigend und ihre Verwendung für die öffentliche
Sicherheit unbedenklich sey. Sehr ungenügend erscheint aber ihre Geschwindigkeit und
das Verhältniß der todten Last zur Nutzlast, auch sey in beiden Beziehungen eine
Verbesserung in der Construction nicht zu hoffen; über die Unterhaltungskosten lasse
sich aus den Versuchen kein genügender Schluß ziehen, aber die Anschaffungskosten
seyen höher als diejenigen der entsprechenden Anzahl guter Pferde, bezüglich der
Anwendbarkeit sey der Zustand der Straßen von besonderem Einflusse, dieser aber
einen großen Theil des Jahres so beschaffen, daß die Leistung der Zugmaschine sehr
darunter leiden würde. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr. 8.)
Neue Anwendung des Ammoniakgases zur Erzeugung mechanischer
Kraft.
Der Vorschlag hierzu geht von einem Hrn. Tellier aus, und
ist eigentlich darauf gerichtet, die mechanische Kraft, die auf irgend eine Art
erzeugt, mittelst der Compression des Ammoniakgases gewissermaßen aufzuspeichern,
und dadurch an anderen Orten verwendbar zu machen. Das Ammoniak spielt daher
gewissermaßen die Rolle einer Feder, die aufgewunden wird, und die so empfangene
Kraft später wieder abgibt.
Das Ammoniakgas ist im Wasser sehr löslich; es verflüssigt sich auch in reinem
Zustande leicht durch Druck, und die so erhaltene Flüssigkeit gibt bei gewöhnlicher
Temperatur bedeutend gespannte Dämpfe, die, gegen einen Kolben wirkend, mechanische
Kraft erzeugen können. Die Spannung steigt sehr bedeutend durch geringe
Temperatursteigerung, und diese Wärme kann man erhalten, indem man das abgehende Gas
durch Wasser absorbiren läßt. Auf diese Eigenschaften basirt Hr. Tellier seinen Vorschlag. Man soll das aus der Lösung
durch Kochen ausgetriebene Ammoniakgas mittelst einer stationären Dampf- oder
Wasserkraft in sehr starten Reservoiren comprimiren, die dann mit flüssigem Ammoniak
gefüllt, versendet werden. Am Orte der Verwendung läßt man das Gas, welches eine
Pressung von 8–10 Atmosphären hat, gegen einen Kolben wirken, der ein
Schwungrad etc. in Bewegung setzt. Die Flüssigkeit würde sich indessen durch die
Verdunstung des Gases bedeutend abkühlen, das Gas an Spannung verlieren. Dem hilft
man ab, indem man das Reservoir mit einem Mantel umgibt und in den Zwischenraum etwa
3mal soviel Wasser bringt, als die Menge des flüssigen Ammoniaks beträgt. Nachdem
das Gas auf den Kolben gewirkt, stromt es in dieses Wasser ein, wird von demselben
absorbirt, wieder gewonnen und entwickelt gleichzeitig
soviel Wärme, daß die Spannung des Gases im Reservoir unverändert bleibt, ja sogar
steigt. Die erzeugte Ammoniaklösung kehrt in die Compressions-Anstalt zurück. Mit 20
Pfd. flüssigem Ammoniak soll man eine Stunde lang die Kraft eines Dampfpferdes
erzeugen können. Es ist wohl möglich, daß in einzelnen Fällen diese
Krafterzeugungsmethode sich zweckmäßig erweist. Tellier
proponirt z.B. damit Omnibus zu betreiben. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr.
7.)
Modell einer neuen elektromagnetischen Locomotive.
Dieselbe ist in Versailles von ihren Erfindern L. Bellet
und Ch. de Rouvre im Modell ausgestellt. Dieselben
behaupten, daß ihre Locomotiven eine Schnelligkeit von 200 Kilometer per Stunde (circa 30
preußische Postmeilen) erreichen werden. Das Modell ruht auf vier Rädern, die auf
ein Paar gewöhnlichen Schienen laufen. Das hintere Räderpaar stellt die Treibräder
dar; diese Räder sind von Kupfer (Rothguß?) und jedes derselben trägt zwanzig
hufeisenförmige Elektromagnete, deren Pole durch den Radreifen hindurchtreten und
mit demselben abgedreht sind. Die Batterie ist stationär; von ihr laufen sorgfältig
isolirte Drähte zwischen den Schienen, die durch eine sinnreiche, nicht näher
beschriebene Vorrichtung die Elektromagnete der Räder nach einander magnetisch machen.
Wahrscheinlich werden sogar die Elektromagnete des rechten und linken Rades
alternirend magnetisch gemacht. Die Schienen ziehen die Elektromagnete an; die
Magnete, welche den tiefsten Punkt der Räder einnehmen, sind eben demagnetisirt, das
darauf folgende Paar wird sofort magnetisirt, und senkt sich auf die Schiene nieder.
Indem sich dieß Spiel continuirlich bei allen 20 Magneten fortsetzt, muß eine
Umdrehung des Rades und damit eine Fortbewegung der Locomotive erfolgen. Bei dem
Modell hat man eine stationäre Batterie angewendet, während man im Großen dieselbe
wohl auf der Locomotive selbst unterbringen könnte. Wenn nicht für Personen- und
Gütertransport, so doch wenigstens für Briefe und leichte Pakete hoffen die Erfinder
ihre Locomotive auf den gewöhnlichen Eisenbahnen anwenden zu können.
Bevor indessen nicht billigere Batterien erfunden werden, oder das Zink mindestens
eben so wohlfeil als Kohle ist (eigentlich noch bedeutend billiger), haben alle
diese elektromagnetischen Kraftmaschinen unserer Ansicht nach keine Zukunft. 64
Theile Zink und 98 Theile concentrirte Schwefelsäure (2 Aequivalente) entwickeln
nach der mechanischen Wärmetheorie nur so viel lebendige Kraft, als 6 Theile
verbrennender Kohlenstoff. Wenn auch in den Dampfmaschinen und Locomotiven nur ein
Zehntel der erzeugten lebendigen Kraft nutzbar gemacht wird, so ist das doch bei den
vorgeschlagenen elektromagnetischen Maschinen wohl noch in höherem Maaße der Fall,
da die magnetische Anziehung bei irgend einem größeren Wege, den sie zu durchlaufen
hat, sehr rasch auf ein Minimum herabsinkt. Für einzelne Transportzwecke, z.B. für
Briefe (in großen Städten in unterirdischen Röhren), wo es nicht sehr auf die
Kosten, wohl aber auf Leichtigkeit der Maschine und große Schnelligkeit ankommt, mag
sich indessen die neue Locomotive brauchbar erweisen. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865,
Nr. 7.)
Elektromagnete mit nicht isolirten Drahtwindungen.
Du Moncel hat der Société d'Encouragement in Paris eine wichtige Entdeckung
von Carlier mitgetheilt. Bisher hat man die
Elektromagnete mit Spiralen aus Kupferdraht construirt, welcher mit Seide, Baumwolle
oder einem isolirenden Firniß überzogen war; man glaubte, daß es unumgänglich nöthig
sey, die verschiedenen Windungen der durch den Draht gebildeten Spirale von einander
zu isoliren, damit der Strom nicht von einer Windung zur anderen überspringen kann,
sondern der ganzen Länge des Drahtes folgt und so eine große Intensität erlangt. Carlier construirte Elektromagnete mit Spulen welche aus
ganz nacktem Kupferdraht, ohne irgend eine isolirende Substanz, gebildet waren und
fand, daß nicht nur der Strom vollkommen durch die ganze Länge des Drahtes gieng,
sondern daß auch die Wirkung des Stromes um so besser benutzt wird, je besser der
Draht abgebeizt ist. Das wichtigste Resultat ist, daß die mit entblößten Drähten
construirten Elektromagnete viel kräftiger sind als die mit isolirten Drähten
hergestellten. Du Moncel hat sich durch wiederholte
Versuche überzeugt, daß die Elektromagnete mit entblößten Drähten bei gleicher
Drahtstärke und gleicher Anzahl der Windungen zwei- bis dreimal kräftiger sind als
die anderen. Durch diese Entdeckung wird die Darstellung kräftiger Elektromagnete
wesentlich erleichtert und billiger gemacht. (Armengaud's
Génie industriel, März 1865, S. 163.)
Verbesserte Platinblase zum Concentriren der Schwefelsäure,
von Johnson, Matthey und Comp.
in London.
Die Herren Johnson, Matthey und Comp. – deren in England patentirter Concentrirapparat für
Schwefelsäure im vorhergehenden Heft dieses Journals S. 34 von mir beschrieben und
besprochen wurdeSeite 36 Zeile 8 von oben lese man „Fig. 9“ statt Fig.
10. – haben nun auch eine Verbesserung an der gewöhnlichen Platinblase zum Concentriren der Schwefelsäure angebracht,
welche in einer Vorrichtung im Innern der Blase besteht, wodurch die an den
Seitenwänden sich condensirenden Flüssigkeiten, anstatt in die concentrirte Säure
zurückzulaufen, nach außen abgeleitet werden, und somit eine weit schnellere
Concentration als bei den gewöhnlichen Apparaten erzielt wird. Eine solche bereits
in Thätigkeit befindliche Platinblase, bis an den Rand 300 Liter fassend, lieferte
in 24 Stunden 60–70 Centner 66 grädige Schwefelsäure, und kostete sammt
Zubehör circa 44000 Francs.
Hector Roeßler.
Frankfurt a. M., 19. April 1865.
Ueber das Schultze'sche
Sprengpulver.
Staßfurt, 29. März. Die Vorzüge dieses Pulvers bestehen
nach den Angaben des ErfindersPolytechn. Journal Bd. CLXXIV S.
323. darin, daß bei gleichem Krafteffecte das Gewicht des „zu
Sprengzwecken“ vorzugsweise geeigneten Pulvers nur 1/4 bis 1/5 des
gewöhnlichen Sprengpulvers beträgt; daß keine der Gesundheit des Arbeiters
schädlichen Gase entwickelt werden und der Pulverdampf überhaupt nur ein sehr
geringer ist; daß der Rückstand bei Verbrennung des Pulvers nur ein unbedeutender
und – was für hiesiges Werk von Wichtigkeit – von solcher
Beschaffenheit ist, daß er die Salzwände nur äußerst wenig schwärzt; daß die Wirkung
des Pulvers durch Feuchtigkeit beim Transport, auf dem Lager etc. nicht leidet;
feucht geworden kann es angeblich mit Leichtigkeit und ohne Gefahr wieder getrocknet
werden und verliert dadurch an seiner früheren Kraft nicht. Für hiesiges Salzwerk
nahm der Erfinder noch Aenderungen in der Zusammensetzung vor, von dem Bestreben
geleitet, einen Verbrauch in demselben Volumen, wie es die Arbeiter bei dem
gewöhnlichen Sprengpulver anzuwenden gewohnt sind, herbeizuführen und den schwarzen
Rückstand auf den Salzwänden nach Möglichkeit zu beseitigen. Zur Erleichterung der
Manipulationen beim Besetzen der Bohrlöcher preßte der Erfinder noch Pfropfen
(Patronen) aus seinem Pulver, deren Durchmesser der Weite der hiesigen Bohrlöcher
entsprach.
Die hiesigen Versuche führten zu dem Ergebnisse, daß wenn man das Pulver in 1/4 bis
1/5 des Gewichts des gewöhnlichen Sprengpulvers oder nach der Zusammensetzung für
hiesige Zwecke in gleichem Volumen als das alte Sprengpulver anwendet, die Wirkung
desselben eine sehr wechselnde, im Ganzen nicht zufriedenstellende ist. Das Pulver
schreckt zwar weit hin, aber es reißt die Salzwände nicht oder in geringerem Maaße
als das alte Sprengpulver los, so daß der Arbeiter beim Beräumen der Schüsse zu viel
Mühe hat; dagegen hat es, in starken Portionen angewendet, einen guten Erfolg
gezeigt; beispielsweise wirkten von 100 Schüssen nur 17 ungenügend oder gar nicht,
die übrigen dagegen gut. Für den Verbrauch in größeren Mengen aber erscheint der
Preis von 36 Thlrn. für den Centner loco Potsdam,
namentlich den jetzigen Preisen des gewöhnlichen Sprengpulvers gegenüber, zu hoch.
Den Pulverdampf anlangend, so wird er allerdings in geringerem Maaße als beim alten
Sprengpulver erzeugt, die Arbeiter wollen aber eine unangenehme Wirkung auf die
Augen und ein Stechen in der Nase bemerkt haben. Das Schwärzen der Salzwände findet
zwar weniger als beim alten Pulver statt, immerhin aber bleiben in dieser Beziehung
Wünsche übrig. Was den Einfluß von Feuchtigkeit auf das Pulver anbetrifft, so ist
hier, unseres Wissens, die entgegengesetzte Erfahrung von dem, was Erfinder
behauptet, gemacht worden.
Von einer Anwendung im Großen hat man unter diesen
Umständen bis jetzt noch Abstand genommen. (Berggeist, 1865, Nr. 27.)
Anwendung der Flußsäure in der Rübenzuckerfabrication.
Hierüber findet sich von Heinrich Frickenhaus in
Friedens-Au bei Ludwigshafen a. Rh. im Januarheft 1865 der „Zeitschrift
des Vereins für die Rübenzucker-Industrie im Zollverein“ ein Artikel,
welcher, wenn sich die Angaben bestätigen und die Flußsäure in hinreichender Menge
und zu einem billigen Preise herzustellen ist, eine Umwälzung in der
Rübenzuckerindustrie verspricht.
Trotz der bedeutenden Verbesserungen, welche die Fabrication des Rübenzuckers im
letzten Jahrzehnt erfahren hat, ist es doch bisher noch nicht gelungen, die Melasse,
welche noch 52–56 Proc. krystallisirbaren Zucker enthält, zu vermindern oder
derartig von den schädlichen Salzen zu befreien, daß dieselbe wie die
Rohrzuckermelasse als Syrup genossen werden könnte. Die einzige Verwendung die sie
findet, ist die zur Fabrication von Spiritus. Es fehlte bisher in der Fabrication an
einer Säure, welche ohne auf die organischen Substanzen schädlich einzuwirken, die
in großer Menge in den Rübensäften enthaltenen Alkalien und den zum Scheiden
benutzten Kalk in unlöslicher Form ausschied. Da es aber den Chemikern lange bekannt
ist, daß die Flußsäure eine solche Säure ist, so stellte Frickenhaus eine Reihe von Versuchen an, welche die Wirksamkeit und
Anwendbarkeit derselben, wenigstens im Kleinen, darthaten, indem er bei Anwendung
von 4 Proc. Kalk und der entsprechenden Menge von Flußsäure einen Saft erhielt, wie
er in gleicher Güte bei keiner anderen Scheidungsmethode zu erlangen sey. Versuche
thaten auch dar, daß der Zucker durch Anwendung der Flußsäure nicht verändert wird,
weßhalb eine directe Anwendung derselben auf den rohen
Saft möglich erscheint, deren Wirkung durch den diesem Saft mechanisch
beigemengten Thon noch verstärkt wird (indem einerseits durch die Anwesenheit des
Natrons im Saft 3 Na Fl, Al²Fl³ oder Kryolith und andererseits durch
das Vorhandenseyn von Kali eine ähnliche Verbindung wie die von 3 KaFl,
Al²Fl³ daraus resultiren dürfte).
Seit dem 18. December v. J. wird mit einer Scheidepfanne von 1200 Ctr. Inhalt in der
Fabrik zu Friedens-Au so verfahren, daß anfangs 4, später 8 Ctr. sehr verdünnte
Flußsäure bei 32° Reaumur dazu gesetzt wurden, um bei 60° R. durch 15
Pfd. Kalkzusatz zu scheiden. Der Saft soll von vorzüglicher Beschaffenheit –
87 bis 88 Proc. Polarisation gegen 79 bis 80 Proc. beim alten Verfahren – und
die Kosten gering seyn. Das neue Scheideverfahren von Frickenhaus wurde demselben unter dem 8. Februar v. J. für den Umfang des
preußischen Staates patentirt. (Wochenblatt zu den preußischen Annalen der
Landwirthschaft, 1865, Nr. 12.)
Einfaches Mittel, um Holzstoff im Druckpapier zu erkennen; von
S. Schapringer.
Leicht, einfach und sicher ist zu diesem Zweck die Probe mit schwefelsaurem Anilin.
Schon Runge hatte vor vielen Jahren die Beobachtung
gemacht, daß Fichtenholz von den Salzen des Anilins
intensiv gelb gefärbt wird; später hat Hofmann dieselbe Reaction auch mit den Salzen der
organischen Basen: Toluidin, Leukol, Coniin, Chinolin etc. erzielt.
Es ist aber nicht nur Fichtenholz, das diese Reaction
zeigt, sondern überhaupt jede Holzgattung, wie es directe
Versuche, die ich mit dem Holze der Tanne, Roth- und Weißbuche, Linde, Pappel, Weißbirke, Erle und des Ahorns angestellt
habe, zeigten. Selbst der holzige Theil des Hanf- und Flachsstengels und im geringeren Maaße das Roggenstroh
und die Kokosfaser werden gelb gefärbt, nicht aber die reine, wenn auch ungebleichte
Hanf-, Flachs- und Baumwollfaser. Ferner habe ich gefunden, daß der gelbfärbende
Stoff weder durch Wasser, noch durch heiße verdünnte Säuren, ätzende und kohlensaure
Alkalien entfernt werden kann und daß hierzu eine energische oder eine sehr lang
andauernde Einwirkung von oxydirenden Agentien erforderlich ist, bei der aber auch
schon die Pflanzenfaser selbst angegriffen und zerstört ward. Es folgt hieraus, daß
man auf diese Art immer im Stande seyn wird, Holzzeug im damit versetzten
Druckpapiere nachzuweisen. Eine Irrung könnte durch die holzigen Theile des Flachs- oder
Hanfstengels entstehen, und zwar nur bei Papieren, die aus Materialien gemacht sind,
bei deren Erzeugung sogenanntes Werg mitverwendet wurde (Stricke, Bindfaden,
Fischernetze, ordinärste Packleinwand u.s.w.); es werden aber diese Materialien
verhältnißmäßig selten zu Druckpapieren verwendet und dann wäre auch die Quantität
Holzfaser in solchem Papiere keineswegs so bedeutend, um dieselbe Reaction zu geben,
die bei dem geringsten absichtlichen Zusatz von dem höchst feinen und gleichmäßig
vertheilten Holzzeug auftreten kann. Was nun das Stroh anbelangt, so kann wohl in
diesem Augenblicke, wo die Fabrication von Schreib- und Druckpapieren aus demselben
– in Deutschland wenigstens – im Stadium der Versuche sich befindet,
noch ganz davon abgesehen werden.
Zur Probe, welche bisher immer gute und sichere Resultate ergab, sind erforderlich an
Geräthschaften: ein Spirituslämpchen und einige Proberöhren; an Reagentien:
käufliches Anilin (sogen. Anilinöl) und verdünnte Schwefelsäure (Verhältniß der
Schwefelsäure zu Wasser, wie eins zu fünf; beim Verdünnen ist die bekannte
Vorsichtsmaßregel zu beobachten, die Schwefelsäure unter Umrühren in's Wasser zu
gießen und nicht umgekehrt). Mit einer Unze Anilin ist man im Stande, viele Hunderte
von Papiermustern zu probiren. Man gibt zwei Tropfen Anilin in die Eprouvette,
hierauf einige Tropfen Schwefelsäure, gießt etwas Wasser dazu und erwärmt die
Flüssigkeit an der Lampe. In die heiße saure Lösung von schwefelsaurem Anilin läßt man ein Schnitzel des zu untersuchenden
Papieres fallen; bei Gegenwart von Holzstoff wird dasselbe augenblicklich mehr oder
weniger intensiv citronengelb gefärbt erscheinen. Es kann dieselbe Flüssigkeit zur
Untersuchung von einigen Papiermustern verwendet werden, doch nimmt sie bei öfterem
Gebrauch eine röthliche Färbung an, welche die gelbe Nuance bei Papieren, die wenig
Holzstoff enthalten, theilweise verdecken könnte, und muß daher erneuert werden.
Wenn man ein mit der Probeflüssigkeit behandeltes und gelbgefärbtes Papier mit einer
wenig vergrößernden Loupe betrachtet, so wird man sehen, wie die gelben Holzpartien
mehr oder weniger zerstreut in der weißen oder nur sehr wenig gefärbten Grundmasse
von Baumwolle- etc. Fasern vertheilt sind. (Wochenschrift des niederösterreichischen
Gewerbevereins, 1865, Nr. 15.)
Ueber die Anfertigung farbigen Pergamentpapieres.
Die gefärbten Pergamentpapiere werden in der Regel durch Pergamentisirung der schon
in der Papiermasse gefärbten Papiere dargestellt; natürlich müssen die dazu
verwendeten Farben im Stande seyn, der Pergamentisirungsflüssigkeit genügend zu
widerstehen. Diese gefärbten Papiere sind, da es wenige lebhafte Farben gibt, welche
in einer ziemlich concentrirten Schwefelsäure Stand halten, nicht gerade schön zu
nennen, was für einzelne Zwecke, z.B. bei Buchbinder- und Galanteriearbeiten, zum
Verbinden von Parfümerien u.s.w., doch wünschenswerth erscheint; leicht und schön
läßt sich das Pergamentpapier in allen Farben dagegen mit Hülfe der Anilinfarben
färben.
Es ist bekannt, daß die meisten Anilinfarben direct, d.h. ohne Hülfe von Beizen,
thierische Stoffe, z.B. Leder, Seide, Wolle u.s.w., zu färben vermögen. Das
Pergamentisiren des Papieres macht nun letzteres auch darin der thierischen Haut
ähnlich, daß es die Anilinfarben aus ihren Lösungen anzieht und aufnimmt, so daß man
das Pergamentpapier nicht, wie andere bunte Papiere, durch Ueberstreichen mit
Farblösungen zu färben braucht, sondern einfach das Pergamentpapier, gerade wie man
Zeug färbt, in die Farbflotte bringt und darin so lange läßt, bis es den gewünschten
Ton angenommen hat; nachher läßt es sich durch Abspülen mit Wasser von der
überschüssigen anhängenden Farbe befreien. Roth färbt man Pergamentpapier, indem man
sich zunächst eine concentrirte Lösung von Anilinroth (sogenanntem Fuchsin) in
Weingeist bereitet, in einer flachen weiten Schale Wasser zum Kochen erhitzt, dann
von der alkoholischen Anilinfarblösung unter Umrühren allmählich so viel zum Wasser
gießt, bis dieß intensiv roth erscheint, die Schale vom Feuer nimmt, das
Pergamentpapier in diese Farbflotte hineinlegt und kurze Zeit – je nach der
gewünschten Farbentiefe 1/4 bis 1/2 Stunde – darin liegen läßt. Man kann in
einem Bade so lange neues Papier färben, als ersteres noch gefärbt erscheint. Blau
färbt man am besten mit in Wasser löslichem Anilinblau (in Berlin unter Anderen von
Dahms und Barkowsky zu
beziehen) in oben
angegebener Weise unter Zusatz einiger Tropfen Schwefelsäure zum Färbebad. Violett
färbt man in einer alkoholischen Lösung von Anilinviolett (Parme), in geringer Menge
zu dem (sehr) heißen Wasser gesetzt, oder auch, indem man das Pergamentpapier in
einer gemischten Lösung von Fuchsin und in Wasser löslichem Anilinblau ausfärbt.
Gelb färbt man mit einer wässerigen Lösung von Pikrinsäure oder besser von
pikrinsaurem Natron (letzteres ist leichter in Wasser löslich als erstere). Orange
färbt man entweder mit einer alkoholischen Lösung von Anilinorange, oder, da das
Orange sehr theuer ist, man bringt mit Pikrinsäure gelb gefärbtes Papier in ein
schwach mit Anilinroth versetztes Bad und läßt es darin bis zur Erzeugung des
gewünschten Tones. Grün kann man weder schön noch intensiv mit Anilingrün färben,
dieses wäre auch schon wegen seines hohen Preises hierzu ungeeignet; ein schönes
Grün erhält man dagegen, wenn man das Färbebad mit einer Lösung von Pikrinsäure und
Indigcarmin anstellt; der Ton des Grüns hängt natürlich von der Quantität ab, in
welcher die einzelnen Farben zu einander in der Lösung stehen; nimmt man annähernd 2
Th. Pikrinsäure und 1 Th. Indigcarmin, so erhält man eine lebhaft grasgrüne
Farbe.
Da sämmtliche Anilinfarben eine große Intensität besitzen, so ist diese Methode der
Färbung keineswegs kostspielig, der Verbrauch an Farbe sehr gering.
(Industrie-Blätter, 1865 S. 109.)
Die Carlsruher Landesgewerbehalle.
Nach einer Bekanntmachung des großh. badischen Handelsministeriums ist die Errichtung
einer Landesgewerbehalle in Carlsruhe beschlossen, welche zu Anfang des Monats Mai
l. J. eröffnet werden soll. Diese Gewerbehalle hat den Zweck, die Angehörigen des
Großherzogthums mit den Fortschritten der Technik im Allgemeinen bekannt zu machen,
und dadurch zu weiterer Entwickelung der Industrie im Lande anzuregen, und sodann
aber auch der heimischen Industrie zu vermehrtem Absatz ihrer Erzeugnisse zu
verhelfen. Demgemäß soll in der Landesgewerbehalle aufgestellt werden: eine alle
Zweige der Gewerbe und des Handels umfassende Bibliothek, Sammlungen von den besten
auf die Gewerbe bezüglichen Zeichenwerken und Photographien, ferner von Modellen von
weniger bekannten Rohstoffen, welche für gewerbliche Zwecke Anwendung finden, von
den neuesten und besten Werkzeugen und Maschinen, und von Fabricaten die weniger
noch bekannt sind und deren Herstellung sich voraussichtlich auch im Lande zu
empfehlen scheint oder welche dem Gewerbsmann zur Nachahmung dienen können. Damit
soll endlich auch eine Ausstellung der jeweils neuesten gewerblichen Erzeugnisse
inländischer Industrie verbunden werden. Um die Vortheile, welche industrielle
Mustersammlungen der Production und dem Handel gewähren, durch Vereinigung der
Kräfte zu steigern, ist zwischen der Landesgewerbehalle in Carlsruhe, dem
Musterlager in Stuttgart und dem Gewerbsmuseum in Nürnberg ein Uebereinkommen dahin
geschlossen worden, daß die genannten Anstalten für die Zukunft von Fabrikanten und
Handelsleuten des In- und Auslandes Rohstoffe welche in der Industrie neue Anwendung
finden, neu erfundene oder verbesserte Werkzeuge und Maschinen, deßgleichen
Fabricate, sofern bei ihnen die Gegenstände noch weniger bekannt sind, annehmen, um
solche nach einem Turnus zur Ausstellung zu bringen; ferner sollen auch die
Mustersammlungen der genannten Anstalten, soweit möglich, Gegenstand wechselseitiger
Benützung und Ausstelluug seyn, und werden überhaupt die Anstalten in aller Weise
sich gegenseitig unterstützen. Um den Nutzen der Carlsruher Centralanstalt möglichst
dem ganzen Land zugänglich zu machen, werden einzelne Theile der Sammlungen auf
Verlangen für bestimmte Zeit auch an anderen Orten zur Ausstellung gebracht, an die
Gewerbeschulen und gewerblichen Vereine, sowie an Gewerbtreibende zur Benützung und
verkäufliche Gegenstände zur Besichtigung abgegeben werden. Die unmittelbare Leitung
der Anstalt ist dem Referenten im badischen Handelsministerium Geheimen Referendar
Dr. Dietz, die Verwaltung
dem Professor Dr. Meidinger
übertragen.