Titel: | Einige Notizen von der Stettiner Maschinen-Ausstellung; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Autor: | Robert Schmidt |
Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. III., S. 16 |
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III.
Einige Notizen von der Stettiner
Maschinen-Ausstellung; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Schmidt, über einige Maschinen der Stettiner
Ausstellung.
Wir beabsichtigen im Nachfolgenden den Lesern dieses Journals, welche nicht selbst
Gelegenheit hatten die Stettiner Ausstellung zu besuchen, einige Notizen über solche
Maschinen mitzutheilen, welche einerseits ein allgemeineres und zeitgemäßes
Interesse haben, anderseits sich durch die besondere Eigenthümlichkeit ihrer
Construction gegen Maschinen derselben und bisherigen Art auszeichnen, und welche
endlich unserer eigenen Richtung nicht allzufern liegen.
Zu den Maschinen der Neuzeit gehören nun besonders die verschiedenen Arten von
transportablen Dampfmaschinen, und von diesen waren denn auch besonders die Locomobilen auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in
großer Zahl vertreten. Wer Gelegenheit hatte, die mannichfachen Anordnungen dieser
Maschinen auf der Londoner Ausstellung kennen zu lernen, konnte in Stettin die
Bemerkung machen, daß neuerdings mehrere dieser Anordnungen auch von deutschen
Fabriken aufgenommen worden. So fanden sich Locomobilen, bei welchen der Cylinder in
der Rauchkammer oder im Dampfdome, und auch solche, bei welchen derselbe seitlich
vom Kessel angebracht war. Die Mehrzahl der Maschinen hatte freilich die einfachere
Anordnung: frei liegende Cylinder auf der Höhe des Kessels. Als eine in mancher
Beziehung neue und interessante Maschine haben wir hier hervorzuheben:
Die zweiräderige Locomobile von C.
Hambruch, Vollbaum und Comp. in Elbing,
von welcher wir eine Skizze (Vorderansicht) in Fig. 14 geben.
Zweiräderige Locomobilen sind auch bereits von anderen, namentlich französischen
Fabriken ausgeführt worden, immer jedenfalls in der Absicht den Transportapparat
möglichst leicht zu erhalten. Bei allen diesen Maschinen finden wir jedoch besondere
Fahrachsen und Treibachsen, wogegen bei der in Rede stehenden Maschine die Fahrachse
zugleich auch Treibachse ist; ferner ist die Feststellung der Maschine sehr bequem
gemacht.
Ein im Aeußeren viereckiger Kasten A schließt den
Röhrenkessel der Maschine ein, und in der Mitte desselben erhebt sich der
Schornstein B.
C ist die Fahr- und Treibachse der Maschine;
dieselbe geht quer durch den Kessel, der an dieser Stelle mit einer Hülse versehen
ist, in welcher die Welle sich frei bewegen kann; die Lager der Welle werden durch
schmiedeeiserne Stücke a und a' gebildet, welche mit zwei gegenüber liegenden Flächen des Kessels
verbunden sind. Die Welle C trägt die Räder b und b', welche zugleich
als Fahr- und Schwungräder dienen, sowie die Betriebsriemscheibe c. Der Cylinder d ist um
zwei horizontale Achsen beweglich, oscillirt also bei Bewegung der Welle C; der Schieber wird durch das Excentric f, welches sich auf C
befindet, bewegt. Von dem bei h befindlichen Dampfventil
gelangt der Dampf durch eine Drehachse des Cylinders nach dem letztern, während die
Abströmung desselben nach dem Schornstein, bei i, durch
einen Gummischlauch erfolgt. – Die Speisepumpe befindet sich bei k; ihr Kolben wird durch ein Excenter getrieben. Der
Schornstein B ist im Querschnitt ringförmig, und bildet
der ringförmige Theil den Vorwärmer der Maschine; das von der Speisepumpe kommende
Wasser tritt zunächst bei l in denselben ein und von n aus nach dem Kesselventil m in den Kessel. – Neben dem Excenter der Pumpe befindet sich auch
ein Schnurscheibchen, zur Bewegung der Regulatorwelle, welche der hinteren
Kesselfläche angeschossen ist; der Regulator steht in bequemer Weise mit dem
Dampfventil in Verbindung.
Zur Feststellung der Maschine sind die vier unteren Ecken des Kessels mit Theilen
versehen, welche verticale Stellschrauben q aufnehmen.
Beim Fahren der Maschine sind diese Schrauben so gestellt, daß sie den Fußboden
nicht berühren, also die Bewegung der Maschine nicht hindern; soll dagegen dieselbe
festgestellt werden, so werden unter den erwähnten Stellschrauben die
plattenförmigen Körper p gelegt, und die Schrauben
abwärts bewegt; dadurch kann der Maschine sowohl eine richtige horizontale als auch
eine solche Stellung gegeben werden, daß die Fahrräder sich frei bewegen können.
Die auf der Stettiner landwirthschaftlichen Ausstellung befindliche Maschine war für
4 Pferdestärken construirt, und machte sowohl durch ihre saubere Arbeit als
gefällige Verhältnisse auf den Beschauer einen sehr günstigen Eindruck. Auf der
Stettiner Industrie-Ausstellung befand sich auch eine
transportable Dampfmaschine von Luther
und Peters in Wolfenbüttel,
mit aufrechtstehendem Röhrenkessel, die wir hier besonders
deßhalb erwähnen wollen, weil es unseres Wissens die erste der Art ist, welche sich auf einer deutschen
Industrie-Ausstellung befand. In Frankreich und England werden solche
Maschinen bekanntlich schon seit mehreren Jahren gebaut, und von letzterem Lande aus
sind dieselben in neuester Zeit mehrfach nach Deutschland gekommen. Die Anordnung
der französischen und englischen Maschinen war fast immer die: daß an dem verticalen
Röhrenkessel auch die Theile der Maschine montirt sind, wodurch dieselben in
horizontaler Richtung den kleinsten Raum einnahmen. Abweichend von dieser Anordnung
ist die Maschine von Luther und Peters construirt. Die Grundplatte der Maschine trägt nämlich nicht bloß
den aufrechtstehenden Röhrenkessel, sondern es sind auf derselben auch die Theile
der Maschine montirt, jedenfalls in der Absicht, diese Theile leichter zugänglich zu
machen und gegen Erwärmung zu schützen. Der Cylinder, mit hängender Stopfbüchse,
erhebt sich auf einer mehrfach durchbrochenen gußeisernen Säule ganz in der Nähe des
Kessels. Die Betriebswelle ist auf der Sohlplatte gelagert, auf welcher sich auch
die Speisepumpe befindet, die von der Welle durch Excentric bewegt wird. Kessel
sowie Cylinder sind mit einem Holzmantel umgeben. Die Maschine macht einen sehr
soliden Eindruck, und werden derartige Maschinen von der genannten Fabrik von
1–6 Pferdestärken gebaut.
Außer einigen englischen Straßenlocomotiven, welche sich zu Dampfpflugversuchen auf
der Stettiner landwirthschaftlichen Ausstellung befanden, war auf derselben auch
eine
Straßenlocomotive von Schwartzkopff in
Berlin.
Dieselbe Fabrik hatte bekanntlich im Jahre 1863 eine Straßenlocomotive nach der
Hamburger Ausstellung gesendet, welche – neben mehreren englischen Maschinen
der Art – beim Preisfahren Siegerin blieb. Ueber diese Maschine, welche Hr.
Schwartzkopff selbst damals seine
„Studien-Maschine“ nannte, sowie über die
Principien, welche denselben bei der Construction dieser Maschine geleitet haben und
auch ferner leiten werden, haben wir damals in diesem Journal (Bd. CLXX S. 16)
berichtet; hier wollen wir nur das Wesentliche über die neue Maschine, welche, sich
auf der Stettiner Ausstellung befand, erwähnen, und haben wir zu dem Ende in Fig. 15 eine
Skizze derselben gegeben.
Jedes der Räder A, A' der Maschine ist aus zwei
undurchbrochenen Scheiben gebildet, welchen sich der Kranz anschließt. Die ganze
Maschine ruht, wie die frühere, auf Federn, welche mit den Fahrachsen
zusammenhängen. Die frühere Maschine hatte einen besonderen Tender, welcher
derselben angehängt wurde; bei dieser sind dagegen Wasser- und Kohlenbehälter
mit der Maschine
selbst verbunden. Die zwei Wasserbehälter B befinden
sich nämlich an der Langseite des Kessels C; die
Kohlenbehälter in den Ecken des Führerstandes D, von
welchen die vorderen Flächen noch ein Stück vor den Wasserbehältern hervorragen.
Durch diese Anordnung, welche sich in praktischer Beziehung jedenfalls sehr
empfiehlt, hat die Maschine für den Beschauer ein etwas schwerfälliges Ansehen
erhalten, welches wohl auch dadurch nicht gemildert wird, daß alle mechanischen
Theile der Maschine, wie Cylinder, Steuerung u.s.w. sich unterhalb derselben
befinden und nicht zu Tage treten. Die Kolben der zwei Cylinder E setzen zunächst die Krummzapfenwelle a in Umdrehung; auf jedem Ende derselben befindet sich
ein Stirnrad, welches zunächst ein Vorgelege F, und
damit zugleich die Treibräder A in Umdrehung setzt. (Bei
der früheren Maschine geschah diese Kraftübertragung mittelst Kette). Die
Umsteuerung der Maschine resp. die Verstellung der Expansion geschieht ganz ähnlich
wie bei Locomotiven vom Führerstande aus, und zwar liegt der betreffende
Umsteuerungshebel zur rechten Seite der Feuerbüchse; hier befindet sich übrigens
auch noch eine Kurbel, durch welche die Welle a gebremst
werden kann.
Die Hauptfahrrichtung der Maschine ist durch einen Pfeil angedeutet, und die Lenkung
derselben geschieht in folgender Weise: Die mit der Vorderachse verbundene
Drehscheibe ist an einer Stelle mit Schneckenzähnen versehen, in welche eine
Schraube ohne Ende greift, die sich auf der Querwelle d
befindet; das vordere Ende derselben trägt ein Kettenrädchen c, dessen Kette nach dem links gelegenen Lenkerstande führt, und durch
Handrad d bewegt werden kann. (Bei der früheren Maschine
war die Lenkvorrichtung viel complicirter und dabei unsicherer.)
Die mit der beschriebenen Maschine in Stettin angestellten Probefahrten genügten den
Anforderungen Sachverständiger vollkommen, und gaben neuerdings den sicheren Beweis:
daß Straßenlocomotiven in besonderen Fällen wohl mit Nutzen und Sicherheit
angewendet werden können. – Wie wir hören, ist die auf der Stettiner
Ausstellung befindliche Maschine, sowie eine zweite derselben Construction von der
Schwartzkopff'schen Fabrik auf Bestellung gebaut
worden.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)