Titel: | Ueber elektrische Uhren, von J. Heilmann. |
Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XXIV., S. 125 |
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XXIV.
Ueber elektrische Uhren, von J. Heilmann.
Aus dem Bulletin de la
Société industrielle de Mulhouse, t. XXXV p. 49, Februar
1865.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Heilmann, über elektrische Uhren.
In der vorliegenden Abhandlung, welche den Zweck hat, über die Einrichtung des in
Mülhausen angelegten Systemes von elektrischen Uhren Aufschluß zu geben, werden
zunächst vom Verfasser einige der bekannten Anordnungen von elektromagnetischen
Zeitindicatoren und elektromagnetischen Pendeln in Erwähnung gebracht und ihre
Vortheile und Nachtheile hervorgehoben, ferner werden mehrere der Methoden berührt,
welche früher vorgeschlagen worden sind, um auf elektromagnetischem Wege das Richten
von Thurmuhren, Festungsuhren etc. zu bewirken. Das was hierüber sowohl, als auch
bezüglich der zweckmäßigsten Anlegung des Leitungssystems und in Beziehung auf die
nachtheiligen Einwirkungen, denen die elektrischen Uhren überhaupt ausgesetzt sind,
in der vorliegenden Abhandlung zur Erwähnung kommt, kann um so weniger hier von
Interesse erscheinen, als hierüber bereits gründlichere und umfassendere
Erörterungen schon vorliegen.Man sehe unter Anderem polytechn. Journal Bd. CII S. 24, Bd. CVIII S. 256,
Bd. CIX S. 277, Bd. CX S. 177, Bd. CXXI S. 111, Bd. CXXIX S. 206, B. CXI. S.
423 u. 425, Bd. CXLVII S. 245, Bd. CXLIX S. 244 und Bd. CLXXIII S. 426.
Hingegen mag die Methode, welche Hr. Heilmann benutzt, um
die Pendelschläge der Hauptuhr, die im Gebäude der Société industrielle aufgestellt ist, mittelst eines im
Mittelpunkte der Stadt eingerichteten Mechanismus – dem sogenannten Distributeur – auf das System der
elektro-magnetischen Indicatoren überzutragen, hier erwähnt werden.
Das Schema für diese Einrichtung finden wir in Fig. 9 dargestellt. E' E' bedeutet hierin die Batterie, welche zum Betriebe
der Indicatoren gehört und die mittelst des Zwischenapparates von Secunde zu Secunde
geschlossen wird. Dieser Zwischenapparat D besteht der
Hauptsache nach aus einem Elektromagneten A, A, dessen
Anker B, B (Fig. 10 und 11) angezogen
oder in die Ruhelage zurückgeführt wird, je nachdem das Pendel der Hauptuhr P (Fig. 9) in einer seiner
äußersten Lagen mit einer der Contactfedern a eine der
festen Contactfedern a' berührt, oder von rechts nach links oder von
links nach rechts schwingend durch seine Ruhelage geht; der arbeitende Strom rührt
dann hierbei von der kleinen Daniell'schen Batterie E, E' her, und kann den Weg von a nach a' durch die Leitung b, c, m nach dem Commutator m,
n und nach einem Ende f der Spirale von A gelangen, um bei dem anderen Ende g der letzteren wieder auszutreten und auf seinem Wege
g, h, i durch das Galvanometer G' gehend zur Batterie E, E'
zurückzukehren, nachdem er schon vorher durch die Erdleitung T nach a gekommen war. Jedesmal nun, wenn der
Anker B, B (Fig. 10 u. 11) angezogen
wird, wirkt derselbe mittelst eines Sperrhakens C auf
das an der Achse o, o angebrachte Sperrrad R und rückt letzteres um einen Zahn vorwärts, während
das Zurückgehen dieses Rades durch einen zweiten Sperrhaken C' verhindert wird. An derselben Welle ist nun ein System von
Parallelrädern mit je 10 Zähnen oder Kämmen – aus einer isolirenden Substanz,
wie Elfenbein, Hartkautschuk u. dgl. angebracht, – welche der Bewegung des
Sperrrades ganz und gar folgen; die Zahl der letzteren ist hier fünf. Diese Scheiben
K, K sind so gestellt, daß in unmittelbarer
Aufeinanderfolge bei jedem Stromschlusse eine von den fünf Federn s', s''... sv, von
denen jede in einem festen Lager I mittelst einer
Schraube V festgeklemmt ist und mit ihrem freien Ende
s' beim Emporheben einen Contact L berühren muß, durch einen isolirenden Kamm der
zugehörigen Scheibe K nach aufwärts an das Contactstück
L gedrückt wird. Von jeder dieser fünf Federn nun
geht eine Hauptleitung L aus, und wir sehen so in Fig. 9 diese
Hauptleitungen L', L''.. Lv dargestellt, wie sie, durch die
verschiedenen Stadtbezirke laufend, theils direct, theils durch Zweigleitungen die
elektromagnetischen Indicatoren H (wie ein solcher in
Fig. 12
dargestellt ist) aufnehmen und sodann wieder bei t, t
etc. mit der Erdleitung verbunden sind. Wird also eine der Federn durch eine
Kammscheibe K gehoben, so kann der Strom der
Hauptbatterie E', E von p
nach u, l, j, L, zu der gehobenen Feder s, s' und von da aus in einen der Hauptdrähte L' gelangen, um durch diesen, die eingeschalteten
Elektromagnete der zugehörigen Indicatoren durchlaufend, nach t und von hier durch die Erdleitung T' und die
Batterie E' zurückzukehren. Da am Ende einer jeden
Secunde eine der gedachten Federn s, s' bloß allein gehoben wird, so müssen vermöge des an jedem Indicator
angeordneten Räderwerkes innerhalb der ersten 5 Secunden nach einer jeden Minute die
Minutenzeiger der sämmtlichen Indicatoren um ein Minutenfeld vor dem Zifferblatte
vorwärts springen. – Dieses Princip, mittelst einer und derselben Batterie
eine große Anzahl von Indicatoren in unmittelbar auf einanderfolgenden
Zeitinterwallen in Bewegung zu setzen, rührt unseres Wissens von Bain
her, und ist schon mehrfach in Anwendung gekommen; hingegen ist die Art und Weise,
wie Hr. Heilmann die an einem beliebigen Orte innerhalb
der Stadt aufgestellte Hauptuhr P gleichsam durch ein
Relais-System betreibt, das in der Mitte der Stadt angebracht wird, und von
wo aus das Leitungssystem nach den verschiedenen Bezirken hingeht, als neu und
zweckmäßig zu bezeichnen; nur bedarf wegen der vielen Contacte, dann wegen der
Hülfsbatterie etc., das Heilmann'sche System einer noch
sorgfältigeren Beaufsichtigung als die gewöhnlichen Anordnungen der elektrischen
Uhren, welche schon ohnehin, wenn sie nicht einem und demselben Etablissement in
einem Gebäude angehören, sondern auf viele Stadtbezirke vertheilt, entweder in den
Gaslaternen, oder (wie dieß ausschließlich bei dem Heilmann'schen Systeme der Fall ist) an Stellen von Häuserwänden, welche
den Laternen gegenüber liegen, angebracht sich befinden, so viele Ungelegenheiten
und Schwierigkeiten darbieten, daß ihre Zukunft nicht als eine günstige bezeichnet
werden kann.
Bezüglich der speciellen Einrichtung des Heilmann'schen
Systemes mag noch erwähnt werden, daß das Pendel der Hauptuhr mit Contacten und
Schlagfedern versehen ist, die ohnehin aus der Abbildung deutlich genug ersehen
werden können, und wofür das Princip den elektromagnetischen Pendeln von Liais, Détouche und Houdin etc. entlehnt worden ist. Wir ersehen ferner aus Fig. 9, daß neben der
Hauptuhr noch eine zweite als Reserve aufgestellt sich befindet, die mittelst
Umlegen des Commutators C, C' in die Leitung eines
zweiten Distributeur A', D' und in die Hauptkette der
Batterie E', E nach Bedürfniß eingeschaltet werden kann.
Ferner finden wir aus demselben Schema (Fig. 9), daß in jeder der
Hauptleitungen ein Blitzableiter R (R' R''... RVI) sich befindet,
welcher mit einer Erdleitung durch einen Draht verbunden ist. Der hierbei
angewendete Spitzenblitzableiter, wobei ein Spitzensystem immer einer Metallplatte
gegenüber steht, ist nicht neu; er ist von dem Systeme nicht verschieden, welches
bei den französischen Telegraphenanlagen im Elsaß schon lange benutzt wird.Zeitschrift des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins,
Bd. VI S. 57.
Gegenwärtig sind bei dem in Mülhausen angelegten Systeme bloß 9 oder 10 Indicatoren
eingeschaltet, wofür eine Batterie von 12 Daniell'schen
Elementen benutzt wird. Für ein System von größerem Umfange, mit wie vielen
Indicatoren gibt er nicht an, glaubt Hr. Heilmann mit 30
Elementen einer solchen Batterie im Ganzen auszureichen. Nach seinem
Kostenvoranschlag, den er in seiner Abhandlung detaillirt ausführt, soll die Unterhaltung
von 30 Daniell'schen Elementen, welche die beiden
Batterien ausmachen, per Monat 9 Francs 90 Centimes,
also per Jahr 118 Francs 80 Centimes betragen. Als
Honorar für die Beaufsichtigung der Apparate u.s.w. werden 350 Francs angesetzt, so
daß also, die Kosten der Conservirung der Leitung, der Isolatoren u.s.w. nicht
eingerechnet, sich bloß für die Unterhaltung des Ganges der elektrischen Uhren eine
Summe von 470 Francs (beiläufig 219 fl.) per Jahr
herausstellt. Der Preis eines Indicators wird zu 60 Francs (28 fl.) angesetzt; wenn
wir nur beispielsweise annehmen würden, daß nach dem genannten Systeme mit der
gedachten Stromquelle 100 Indicatoren sicher (?) in Betrieb gesetzt werden könnten,
so würde also jeder Indicator per Jahr beiläufig 4 1/2
Francs oder gegen 2 fl. kosten, und schlagen wir hierzu für die Unterhaltung der
Leitung und sonstige noch erforderlich werdende Ausgaben etc. den gleichen Betrag
hinzu, so würde also beiläufig die Conservirung eines elektromagnetischen
Zeitindicators, der an einem öffentlichen Platz aufgestellt ist, nach dem Heilmann'schen Systeme (mindestens) 9 Francs, also
beiläufig 4 fl. in jedem Jahre kosten.