Titel: Ueber die künstlichen Metallconstructionen der Geschützrohre.
Autor: Dy
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XXXVIII., S. 173
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XXXVIII. Ueber die künstlichen Metallconstructionen der Geschützrohre. Mitgetheilt von Artillerie-Hauptmann Dy. in Cassel. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Ueber die künstlichen Metallconstructionen der Geschützrohre. In dem artilleristischen Nachtrage zu Anderson's „Anwendung des Copir- oder Uebertragungs-Principes bei der Anfertigung etc. von Feuerwaffen“ in Bd. CLXIX S. 92 des polytechn. Journals wurde vom Referenten bereits auf die Wichtigkeit der Erhöhung des Widerstandsvermögens der Geschützrohre gegen Längenaufreißung durch Drahtumwickelung, Umreifung (cerclage), oder Kernguß mit Abkühlung von innen nach außen derselben, aufmerksam gemacht, sowie auf das Geschichtliche dieser künstlich hervorgerufenen Spannungsverhältnisse des Rohrmaterials und auch auf den innigen Zusammenhang hingedeutet, den die auf Rohrverstärkung durch eine solche künstliche Construction des Geschützrohrmetalles hinzielenden Bestrebungen jetzt mit den durch Steigerung der activen und passiven Vertheidigungsmittel, wohin z.B. gezogene Geschütze, Panzerung der Schiffe etc. gehören, hervorgerufenen artilleristischen Forderungen der Zeit: „treffsichere und kräftige Fernwirkung, überwältigend große Nahewirkung und möglichst handliche Rohre“ haben. – Die seitdem, diesen Gegenstand betreffend, im polytechn. Journal gelieferten Referate über Fortbildung der Frederix'schen Geschützrohrumreifungs-Methode durch Blakely's neueste Geschützconstruction (Bd. CLXXV S. 16) und Burr's Hinterladungs-Geschützrohre (Bd. CLXXVI S. 193), ferner über Verwendung des Armstrong-Blakely'schen Coil-Principes durch Hitchcock's neuestes System Kanonenrohre zu schmieden (Bd. CLXXVI S. 15), weiter über Combination der Rohrverstärkung durch umgelegte Cylinderröhren mit der amerikanischen Methode des Geschützguß-Abkühlens von innen nach außen von Parrot (Bd. CLXXIII. 331), sowie von Whitworth und Hulse (Bd. CLXXI S. 33), und endlich über den Guß eiserner Geschützrohre etc. über einen durch Luftströmung kühl erhaltenen Kern, sowie über den Rodman'schen Guß des aus der Fort-Pitt-Gießerei zu Pittsburgh kürzlich hervorgegangenen 1000Pfünders (Bd. CLXXVI S. 279 und 280), – – diese weiteren Referate über künstliche Metallconstructionen der Kanonenrohre dürften wohl zur Genüge darauf hinweisen, daß das Gefühl, man nahe sich der Grenze, an welcher, bei den zur Vermehrung der lebendigen Kraft des Geschosses immer mehr und mehr gesteigert werdenden Kalibergrößen, homogene Rohre auch selbst des besten Materials, wenn dessen Theilchen ursprünglich gar keiner Spannung unterliegen, fernerhin nicht mehr gebrauchsfähig darstellbar seyn möchten, und es wird deßhalb für jetzt an der Zeit erachtet, diesem Gegenstande hier eine nochmalige wissenschaftliche Besprechung zu widmen, wozu die in den Nummern vom 3., 17. und 24. December 1864 des Scientific American unter dem Titel: „Professor Treadwell, über umreifte Kanonen“ enthaltenen Arbeiten, sowie der neuerdings in Bd. LVII Heft 3 des Archivs für die Officiere der königl. preußischen Artillerie- und Ingenieur-Corps mitgetheilte: „Beitrag zur Theorie der künstlichen Metallconstructionen, von dem k. k. österreichischen Ingenieur-Lieutenant Treuzel, erwünschte Veranlassungen darbieten, und wobei auch einige Rohrstärkenberechnung etc. betreffende Stellen der Werke: Rutzky, Oberlieutenant der k. k. Artillerie, die Einrichtung und die Construction der gezogenen Geschütze“, Bastien, k. k. Hauptmann, Lehrbuch der gesammten Artillerie-Wissenschaft“ und Dr. Hermann Scheffler, Baurath, die Elasticitätsverhältnisse der Röhren, welche einem hydrostatischen Druck ausgesetzt sind, insbesondere die Bestimmung der Wanddicke derselben“, mit in Benutzung gezogen werden mögen. Als Ausgangspunkt der nun anzustellenden Betrachtung möge die in Professor Treadwell's oben bezeichneten Arbeiten unter der Ueberschrift: „Größere Pressung in großen als in kleinen Kalibern“ zu findende Mittheilung der Thatsache dienen, daß bei ähnlich construirten Rohren und gleichen Geschoß-Anfangsgeschwindigkeiten die Cohäsionskraft der Rohrwandungen großer Kaliber beim Schusse stärker als diejenige kleinerer Kaliber in Anspruch genommen wird. Der genannte Autor stellt hierüber eine Berechnung auf, wornach die Wände eines zehnzölligen Rohres für jeden Quadratzoll ihrer Bohrungsfläche das 3,35 fache von dem Gasdrucke aushalten müssen, welcher gegen die Seelenwand eines zweizölligen Geschützrohres ausgeübt wird, wenn beide Rohre kaliberdurchmessergleiche Wandstärken haben und ihren respectiven gußeisernen Rundkugeln beim Schusse gleiche Anfangsgeschwindigkeiten ertheilt werden sollen, und weiter wird in den bezeichneten Mittheilungen Prof. Treadwell's zum Beweise dafür, daß bei solchen Rohren, welche einen bedeutenden inneren Gasdruck aushalten müssen, dann zum Widerstande gegen diese Gasspannungen verhältnißmäßig sehr große Wandstärken eintreten müßten, noch Kenntniß davon gegeben, daß bei einem homogenen Rohre von anfänglich ganz gleicher Spannung aller seiner Wandtheilchen, dessen äußerer Radius fünfmal so groß als sein innerer ist, sich in 41 gleich weit von einander entfernten Ringschichtenflächen des Rohres die Widerstände des homogenen Wandmaterials gegen eine Längenaufreißung des Rohres, wenn von innen nach außen hin gerechnet wird, verhalten würden wie die Zahlen: 1000        250        111        62 826 225 104 59 694 207 98 56 591 189 92 54 510 174 87 51 444 160 82 49 391 148 77 47 346 137 73 45 309 128 69 43 277 119 110 65 41 40 Die erstere Rechnung zum Klarmachen des Umstandes, daß die Cohäsionskraft der Wandungen ähnlich construirter Geschützrohre bei großen Kalibern unter sonst gleichen Schußverhältnissen mehr in Anspruch genommen wird als dieses bei kleineren Kalibern der Fall ist, wird für das angegebene Zahlenbeispiel etwa folgend geführt: Angenommen, das zwei- und das zehnzöllige Geschützrohr mit ihren gußeisernen Rundkugeln von beziehungsweise 1 und 125 Pfund Gewicht hätten Patronen von gleicher Länge, so würde auf jeden Quadratzoll der Größtkreise beider Geschosse dasselbe Pulverquantum kommen und das Gewichtsverhältniß beider Ladungen dann 1 : 25, das der Geschosse aber 1 : 125 seyn. – Der Pulverladung des zehnzölligen Rohres steht dann verhältnißmäßig also ein fünfmal so großes Kugelgewicht entgegen als der Ladung des zweizölligen Rohres, was für letzteres einem Geladenwerden desselben mit fünf aufeinander gesetzten Kugeln seines Kalibers entsprechen würde. Setzt man die durch Geschosse verschiedener Schwere bei constanter Ladung bedingt werdenden Gasspannungen, welche beim Schusse im Innern des Rohres entstehen, den dritten Wurzeln der respectiven Geschoßgewichte proportional, so würde diese Ladung mit fünf Kugeln also schon einer ∛5 = 1,71fachen Inanspruchnahme der Zusammenhangskraft des Rohrmaterials gleichkommen. – Mit einer solchen Ladung des zehnzölligen Rohres, welche bei 1/3 kugelschwerer Ladung des zweizölligen Rohres für ersteres nur etwa 8 1/3 Pfd. oder circa 1/15 Kugelgewicht betragen würde, läßt sich aber dem 125pfündigen Geschosse des zehnzölligen Geschützes eine nur sehr geringe, für den gewöhnlichen Gebrauch ganz unzureichende Anfangsgeschwindigkeit ertheilen und soll dieselbe statt dessen genau so groß wie die Anfangsgeschwindigkeit der mit 1/3pfündiger Pulverladung abgeschossenen einpfündigen Kugel, also etwa gleich 1600 Fuß pro Zeitsecunde seyn, so dürfte man, da eine fünffache Patronenlänge 41 2/3 Pfd. Pulverladung ergeben würde, mit Rücksicht auf den relativ kleineren Spielraum des größeren Kalibers und die Möglichkeit einer Verdoppelung der Rohrlänge des zehnzölligen Geschützes, dem letzteren etwa 30 bis 35 Pfd. Ladung zu geben haben. – Die selbst bei der Annahme von nur 30 Pfd. durch diesen Ladungszuwachs vermehrt werdende Pressung der Pulvergase gegen die inneren Rohrwandungen beim Schusse ist, wenn die Gasspannungen im Rohre den durch sie bedingten Anfangsgeschwindigkeiten des in seinem Gewichte constant bleibenden Geschosses und also auch den Quadratwurzeln aus den Ladungsgewichtszahlen annähernd proportional gesetzt werden, im vorliegenden Falle durch das Gasdruckverhältniß von 1 : 1,96 ausgedrückt, welches letztere, mit dem früheren Pressungsverhältnisse von 1 : 1,71 zusammengesetzt, das oben behauptete Druckverhältniß von 1 : 3,35 ergibt, nach welchem die Bohrungswand des 150Pfünders beim Schusse stärker pro Quadratzoll als diejenige des 1Pfünders gepreßt wird, wenn beide Geschütze ihren Geschossen gleiche Anfangsgeschwindigkeit ertheilen sollen. Diese Ausführung weist an sich zwar noch keineswegs auf die Nothwendigkeit der Umpanzerung oder einer sonstigen künstlichen Metallconstruction der für starke Ladungen bestimmten Rohre größerer Kaliber, sondern zunächst nur auf den Ausweg hin, welchem die sogenannten Dahlgren-Rohre ihre Entstehung verdanken, daß man nämlich dahin strebt, die Metallstärke in jedem Punkte des Längendurchschnittes der Rohre immer genau derjenigen zerreißenden Kraft anzupassen, welche bei dem Schusse auch wirklich auf den betreffenden Punkt dieses Schnittes einwirkt und so durch sachentsprechende Experimente endlich zu einem Geschützrohre gelangt, dessen Metallstärke gegen jene der alten Rohre zwischen Mündung und Schildzapfen bedeutend verringert, am Bodenstücke aber, wo die größte Festigkeit nöthig ist, mit dem dort gesparten Material in einer den wirklichen Schußverhältnissen entsprechenden Weise vermehrt erscheint. In den Vereinigten Staaten Nord-Amerika's verfährt man nach der von Capitän Dahlgren angegebenen Constructionsmethode hierbei auf folgende Weise: Etwas über ein Kaliber hinter der Mündung des zu dem Experimente zu verwendenden Rohres wird eine Queröffnung von der äußeren Oberfläche bis zur Bohrung durchgebohrt und in diese Oeffnung ein Projectil von bestimmtem Gewichte genau eingepaßt. Das Rohr wird dann geladen und abgefeuert. Sobald das Geschoß an der Oeffnung vorüber ist und die Pulvergase letztere erreichen, wird das in derselben befindliche Projectil gegen ein ballistisches Pendel geschleudert, und die Geschwindigkeit, mit welcher dieses geschieht, genau gemessen. – Hierauf werden nach der Reihe und in gleichen Abständen mehrere solche Queröffnungen nacheinander bis zum Ladungsraum fortschreitend gebohrt, jede mit einem Projectile von gleichem Gewichte wie das erste verschlossen und die Geschwindigkeit, mit welcher das Projectil in das Pendel geschleudert wird, ebenso bestimmt. Die Geschwindigkeit dieser Projectile ist dann ein Maaß der relativen Explosionskraft in den entsprechenden Abständen der Oeffnungen vom Seelenboden und folglich auch der relativen Metallstärke, welche an jeder dieser Oeffnungen nöthig ist, – vorausgesetzt daß einer n fachen Wandstärke auch immer eine n fache Widerstandskraft gegen Längenaufreißung des Rohres parallel zu seiner Achse zukommen müsse, daß also alle Rohrpartikelchen gleichmäßig an dem Widerstande gegen eine solche Rohrzerreißung Theil nehmen, was bei Rohren, deren Theilchen ursprünglich gar keiner Anstrengung unterliegen, sondern sich gegenseitig im vollkommenen Gleichgewichte befinden, aber offenbar nicht der Fall seyn kann, da es Thatsache ist, daß man die Widerstandskraft der vor ihrer Pressung im natürlichen Zustande befindlichen Röhren von hydraulischen Pressen durch Vermehrung ihrer Wanddicken über ein gewisses Maaß hinaus nicht zu steigern vermag, ein Umstand welcher Longridge bekanntlich zur Verstärkung solcher Röhren durch Drahtumwickelungen veranlaßte, welche Verstärkungsmethode von Oberst Treuille de Beaulieu dann auch auf Geschützrohre angewendet wurde, in dieser letzteren Verwendung, obgleich an sich sehr rationell, aber durch den Uebelstand beeinträchtigt erscheint, daß die Drahtumwickelung sich gänzlich auflöst, sobald der Draht an irgend einer Stelle zerrissen wird, was bei im Gefechte befindlichen Geschützrohren durch das Anschlagen feindlicher Projectile etc. natürlich leicht vorkommen kann. Diese als Thatsache feststehende Abnahme der Möglichkeit, die Stärke der Röhren hydraulischer Pressen durch Vermehrung der Dicke ihrer aus homogenem Material bestehenden Wandungen beliebig steigern zu können, ist aber aus dem Umstande zu erklären, daß bei einem derartigen Rohre, welches in seiner Bohrung einen genügend großen Druck erfährt, die Spannung der äußeren Umfangsschichten jener an der inneren Wand nicht gleich, sondern kleiner als diese ist, und hierauf beziehen sich denn auch die oben mitgetheilten 41 Verhältnißzahlen, welche, als von Professor Treadwell herrührend, den Maaßstab für die in eben so vielen Ringschichtenflächen gleichen Abstandes von einander von innen nach außen hin abnehmenden Spannungen des homogenen Rohrwand-Materials einer in ihrem Inneren mit genügend starker Pressung versehenen Cylinderröhre abgeben sollen, deren Wandstärke gleich dem 2 1/2 fachen des Durchmessers ihrer inneren Ausbohrung ist. – Leider ist für diese Verhältnißzahlen an der oben bezeichneten Stelle aber nicht auch zugleich der Weg angegeben, auf welchem dieselben gefunden worden sind, während gerade die wissenschaftliche Feststellung des Gleichgewichts-Zustandes eines homogenen Cylinders unter der Einwirkung von Kräften, die sich normal gegen dessen gekrümmte Oberflächen äußern, offenbar als das Fundament der Anordnung und Beurtheilung aller künstlichen Metallconstructionen in Rede stehender Art zu bezeichnen ist, und es soll daher versucht werden, der sonach zum Verständniß der vorliegenden Frage durchaus nothwendigen Entwickelung jenes Gleichgewichts-Zustandes hier in der Weise zu genügen, daß man die ältesten der in dieses Gebiet einschlagenden Formeln allmählich zu den neuesten und besten, dem Referenten bekannten Ausdrücken derselben Art überführt. Bezeichnet man zu dem Ende vorerst mit r den Radius irgend einer Umfangsschichtfläche des gegebenen concentrischen Cylinders, sowie mit r₀ und r₁ beziehungsweise den inneren und den äußeren Radius desselben; mit N₀ u. N₁ beziehungsweise den von innen und den von außen gegen das cylindrisch gebohrte Rohr angewendeten Normal-Druck pro Quadrateinheit; mit T die am Ende des Radius r herrschende Tangential-Spannung der betreffenden ringförmigen Fiber des Rohrmaterials, mit T₀ und T₁ also beziehungsweise die Spannungen der Rohrwandung an ihrem inneren und an ihrem äußeren Umfange und mit δ die Wanddicke r– rr₀ – r des Rohres, so ist zunächst für eine Rohr-Ringschicht von der Länge = 1 die Summe aller Komponenten für die inneren Pressungen gleich 2rN₀, nämlich gleich dem normalen Drucke gegen einen centralen Längendurchschnitt des inneren Röhrenraumes von der Länge = 1, denn bezeichnet AB = 2r₀ den inneren und EF = 2r₁ den äußeren Vertical-Durchmesser eines cylindrisch gebohrten Rohres von der Länge gleich einer Längeneinheit und α den Winkel, welchen die Richtung des an irgend einem Punkte des inneren Umfanges gedachten Normal-Druckes N₀ mit diesen verticalen Durchmessern bildet, so kann man diesen Druck in zwei aufeinander senkrecht wirkende Seitenkräfte N₀' und N₀'' zerlegen, von denen der eine parallel zu AB, der andere also senkrecht darauf ist, und erhält dann N₀' = Ncos α und N₀'' = Nsin α. – Der Druck auf einen am Endpunkte des inneren Radius r₀ liegenden unendlich schmalen Flächenstreifen der inneren Bohrungswand, dessen Länge gleich 1 und dessen Bogen gleich rdα ist, wird also senkrecht gegen AB gleich rdαNcos α und parallel zu AB gleich rdα Nsin α, der senkrecht auf AB wirkende Gesammtdruck gegen die halbe innere Cylinderfläche also Textabbildung Bd. 177, S. 179 seyn, welchem der ebenwohl senkrecht zu AB auf die zweite halbe innere Cylinderfläche wirkende Gegendruck gleich ist, während die parallel zu AB wirksamen Pressungen auf eine Trennung des Rohres nach der Richtung AB hin gar keinen Einfluß haben können. Es ist also der Gesammtdruck, welcher durch die Normalkraft N₀ auf beide innere Flächenhälften eines eine Längeneinheit langen Rohres vom Bohrungsradius r₀ zur Zerreißung desselben in der Richtung irgend eines seiner Durchmesser AB ausgeübt wird, immer gleich 2rN₀. Ebenso wird die Summe aller Componenten für die von außen auf das Rohr einwirkenden Normalpressungen gleich 2 rN₁ und folglich die auf das Rohr von innen nach außen hin normal einwirkende Gesamimkraft = 2rN₀ – 2rN₁ seyn. Nimmt man nun an, die dem Zerreißen des Rohres nach irgend einem seiner Durchmesser hin und parallel zur Rohrachse sich entgegenstemmenden Tangentialkräfte seiner ringförmigen Wandungssibern seyen in allen Punkten der Rohrwand einander gleich, also überall gerade so groß, wie z.B. die Tangentialspannung T₀ des Rohrmaterials an der inneren Bohrungsfläche, so hat man, da die Zerreißungsfläche eines Rohres von der Länge Eins nach der Richtung irgend eines seiner Durchmesser hin für den inneren Radius = r₀ und den äußeren Radius = r₁ als Summe zweier gleichen Rechtecke von der Größe (r₁ – r₀) l = r₁ – r₀ gefunden wird, für die Summe aller einer solchen Rohrzerreißung sich widersetzenden tangentialen Spannkräfte des Rohrmaterials die Größe 2 (r₁ – r₀) T₀ und folglich, wenn Gleichgewicht der in Rede stehenden Kräfte stattfinden soll, die Relation: (r₁ – r₀) T₀ = rN₀ – rN woraus für die Tangential-Spannung T in jedem Punkte der Rohrwand am Endpunkte des Radius r: Textabbildung Bd. 177, S. 180 und für die Wanddicke: Textabbildung Bd. 177, S. 180 folgt, was für die Praxis, wenn ferner noch mit f die absolute Festigkeit des Rohrmateriales nach tangentialer Richtung hin, und mit n der Sicherheits-Coefficient bezeichnet werden, die innere Rohrspannung T₀ also gleich 1/n f gesetzt wird, eine zur Sicherheit gegen Zerreißung im angegebenen Sinne nothwendige Rohrwanddicke: Textabbildung Bd. 177, S. 180 ergibt. Dieses ist die älteste Formel für die Wanddicke hohler Cylinder, welche man auch jetzt noch in den meisten Lehrbüchern, und, mit Vernachlässigung des äußeren Atmosphärendruckes N₁, also für N₁ = 0, auch in den oben angeführten Werken von Rutzky und Bastien noch beispielsweise zur annähernden Berechnung der Bodenstück-Wandstärken von solchen Kanonenrohren angewendet findet, welche am Patronenlager einen inneren Pulvergasdruck von in runder Zahl 1300 Atmosphären oder 16575 Wiener Pfd. pro Wiener Quadratzoll des Rohrquerschnittes und beziehungsweise der Seelenwand auszuhalten haben, wie dieses nach den von Major Neumann und Oberst Majewsky früher angestellten Versuchen z.B. beim glatten 6 Pfünder mit 1/3 kugelschwerer Ladung wirklich der Fall ist. – Setzt man zu einer dergleichen Rechnung nämlich den Festigteits-Coefficienten f, d.h. die zerreißende Kraft für 1 Quadratzoll des Querschnittes vom Rohrmaterial bei Gußeisen aus dem Hohofen = 24000 bis   24300 Pfund bei Gußeisen in Flammöfen umgeschmolzen = 28000 bis   36000     „ bei Geschützbronze = 34009 bis   38000     „ bei Gußstahl = 71000 bis 120000     „ so erhält man nach oben angegebener Formel, die Rohrspannung T₀ gleich der absoluten Festigkeit f des Rohrmateriales gesetzt, für einen 6 Pfünder vom Bohrungsradius r = 1,8 Zoll rheinländisch, als Wandstärken δ am Patronenlager, bei welchen annähernd ein Gleichgewichtszustand der sich entgegenstehenden Kräfte des Rohres und des Pulvers stattfinden, das Rohr also eben der Länge nach aufreißen würde: für Gußeisen δ = 0,70r bis 0,46r für Geschützbronze δ = 0,48r bis 0,43r für Gußstahl δ = 0,23r bis 0,14r und, wenn der Sicherheits-Coefficient n hier gleich 3 angenommen, T₀ also gleich 1/3 f gesetzt wird, so erhielte man hiernach als genügende Sicherheit gegen Rohrzerreißung darbietende Bodenstück-Wandstärke: für Gußeisen δ = 2,10r bis 1,38r für Geschützbronze δ = 1,34r bis 1,29r für Gußstahl δ = 0,69r bis 0,42r. Da bei Ableitung dieser zur Bestimmung der Rohr-Metallstärken dienen sollenden Formel aber die Ausdehnbarkeit und Elasticität der Rohrmaterie gar nicht in Rechnung gezogen worden ist, diesen Eigenschaften zufolge aber bei einem Rohre welches in seiner Bohrung einen genügend starken Druck erleidet, die Spannung an der äußeren Umfangsschicht nicht, wie oben stillschweigend vorausgesetzt wurde, jener an der inneren Wand gleich, sondern kleiner als diese ist, wie jetzt nachgewiesen werden soll, so kann diese Formel offenbar nur für röhrenförmige Körper von sehr geringer Wanddicke Anwendung finden, weil nur in diesem Falle die Voraussetzung einer gleichmäßigen Vertheilung der Tangential-Spannung des Rohrmaterials über die ganze Dicke der Rohrwand zulässig ist. Für Kanonenrohre etc. muß aber, wenn Genauigkeit der Rechnung stattfinden soll, offenbar die jedesmalige Tangentialspannung T der elastischen Rohrmaterie vom zugehörigen Radius r der betreffenden Schalenschicht in sachentsprechender Weise abhängig gemacht werden. Ist hiernach dann T als Function von r bekannt, so muß die Spannung irgend einer concentrischen Schale vom ursprünglichen Radius r und der unendlich geringen Wanddicke dr an einer der beiden diametral gegenüberliegenden Zerreißungsflächen von der Länge = 1 offenbar gleich Tdr, die Summe der Tangentialkräfte aller die Rohrwand bildenden Schalenschichten an beiden Bruchflächen des nach der Richtung seines Durchmessers zu zerreißenden Rohres von der Länge „Eins“ also gleich Textabbildung Bd. 177, S. 182 und, da zwischen dieser Spannung und der ausdehnenden Kraft 2 (rN₀ – rN₁) Gleichgewicht stattfinden soll Textabbildung Bd. 177, S. 182 seyn. Es kommt für eine rationelle Lösung des vorliegenden Problems also jetzt zunächst darauf an, die Tangentialspannung T des Rohres in irgend einer seiner concenirischen Schalenschichtflächen der Wandung möglichst sachentsprechend als Function des zugehörigen Radius r auszudrücken. Bedient man sich zu diesem Ende nach Brix. 2) der Hypothese, die Dicke der Rohrwand und diejenige jeder elementaren Schalenschicht derselben erleide bei der Ausdehnung des Rohres durch innere Pressungen gar keine Veränderung, es entspreche bei dieser Dehnung der ringförmigen Material-Elementartheile deren Volumvermehrung also immer ganz genau ihrer Längenzunahme, so ist dann die Vergrößerung ρ des Radius r offenbar eine constante Größe und es verhält sich also, wenn man die Spannung einer Rohrschalenschicht vom Radius r mit T und weiter mit E den Elasticitätsmodul des Rohrmaterials, d.h. diejenige Zugkraft bezeichnet, welche einen cylindrischen oder prismatischen Körper desselben von der Länge = 1 und dem Querschnitte = 1, vorausgesetzt daß dabei die Elasticitätsgrenze nicht überschritten wird, um seine eigene Länge = 1 auszudehnen vermöchte: E : T = 1 : ρ /r weil die Spannungen eines elastischen Körpers innerhalb seiner Elasticitätsgrenze den ausdehnenden Gewichten und diese wieder den durch sie hervorgebrachten Längenvermehrungen proportional sind, für eine Dehnung des Rohrschichten-Radius r um die Größe ρ der betreffende Schalenumfang aber von 2rπ in 2 (r + ρ) π = 2 (1 + ρ/r)2 (r + ρ) T = 2 (1 + r/ ρ) T übergeht, also um den ρ /r Theil seiner Länge zunimmt. Hiernach ist also T = (ρ/r) E wornach sich, diesen Werth in obige Grundgleichung Textabbildung Bd. 177, S. 183 substituirt: Textabbildung Bd. 177, S. 183 und, wenn man für ρ = ρ₁ = ρ₀ den Werth rT₀/E einsetzt: Textabbildung Bd. 177, S. 183 ergibt, aus welcher letzteren Gleichung dann durch Integration rTlog nat r₁/r₀ = rN₀ – rN₁, und somit die Spannung T₀ des Rohrmaterials an der inneren Bohrungswand desselben Textabbildung Bd. 177, S. 183 folgt, welche Formel, wenn man sehr dünne Rohrwände voraussetzt, so daß annähernd r₁/r₀ – 1 = log nat r₁/r also Textabbildung Bd. 177, S. 183 angenommen werden kann, in die zuerst von Brix aufgestellte Formel Textabbildung Bd. 177, S. 183 übergeht, aus welcher die Dicke δ der Rohrwand: Textabbildung Bd. 177, S. 184 und für den praktischen Gebrauch, wenn der Sicherheits-Coefficient mit n und die absolute Materialfestigkeit mit f bezeichnet werden, für T₀ also der Werth T₀ = 1/n f in die Rechnung einzuführen ist, Textabbildung Bd. 177, S. 184 folgt, eine Formel, welche mit Streichung des äußeren Normaldruckes N₁ auf die Rohrwand im Nenner ihres Exponenten, also in der Form von Textabbildung Bd. 177, S. 184 den gesetzlichen Bestimmungen über die Wanddicke der Dampfkessel in verschiedenen Staaten zu Grunde liegt. Bedient man sich, um die Tangentialspannung T des Rohrmaterials an irgend einer Stelle vom Radius r desselben als Function des zugehörigen Radius r darzustellen, aber nach Barlow 3) der Hypothese, daß bei Ausdehnung des Rohres der Querschnitt der Rohrwand stets denselben Flächeninhalt beibehalte, das Volum der Rohrwand hierbei also ungeändert bleibe, so daß, wenn r in r + ρ übergeht, also immer [(r + ρ)² – (r₀ + ρ₀)²] π = (r² – r₀²) π(r₁ – r₀)² π d.h., wenn man die zweiten Potenzen von ρ und von ρ₀, als sehr kleiner Theile von r und r₀ gegen beziehungsweise 2r und 2r₁ vernachlässigt: ρ = rρ₀/r seyn müßte, so erhält man, diesen Werth von ρ in obenstehende Grundgleichung Textabbildung Bd. 177, S. 184 substituirt: Textabbildung Bd. 177, S. 185 und nach der Proportion E : T₀ = 1 : ρ₀/r für E seinen Werth E = (rT₀/ρ₀) gesetzt: Textabbildung Bd. 177, S. 185 woraus durch Integration: Textabbildung Bd. 177, S. 185 folgt. – Es ist nach dieser Hypothese also die Tangentialspannung T des Rohrmaterials an der inneren Bohrungswand: Textabbildung Bd. 177, S. 185 und, wenn man den äußeren Normaldruck N₁ vernachlässigt, also N₁ = 0 setzt, Textabbildung Bd. 177, S. 185 woraus die Wanddicke Textabbildung Bd. 177, S. 185 und für den praktischen Gebrauch, wobei wieder T₀ = 1/n f zu setzen ist Textabbildung Bd. 177, S. 185 folgt. – Diese, zuerst von Barlow aufgestellte Formel wurde 1859 von Capitän Blakely in England zu seinen Untersuchungen über die Wandstärke von Kanonenrohren etc. angewendet, und neuerdings ist dieselbe in den oben erwähnten artilleristischen Lehrbüchern von Rutzky und Bastien für derartige Untersuchungen wieder, jedoch mit der Modification: δ = rN₀/(rT₀ – N₀) in Vorschlag gebracht worden, welche Anordnung dort etwa folgende Motivirung findet: Innerhalb der Elasticitätsgrenze verhält sich nach den angenommenen Bezeichnungen T : T₀ = ρ/r : ρ₀/r woraus die tangentiale Spannung T am Ende des Radius r T = Tρr₀/ und, für ρ seinen, der Barlow'schen Hypothese entsprechenden Werth ρ = rρ₀/r gesetzt T = Tr₀²/r² folgt. – Der Widerstand, welchen eine elementare Schalenschicht von der Dicke dr gegen Zerreißung bietet, ist dann: Tdr = T₀  r₀²/r² dr und daraus wird für den Gesammtwiderstand W der Rohrwand gegen Längenaufreißung durch Integration zwischen den Grenzen r₁, und r₀ gefolgert: Textabbildung Bd. 177, S. 186 welche Gleichung, wenn der Gesammtwiderstand W des Rohres dem Normaldrucke N₀ auf seine innere Wandfläche gleich gesetzt wird, die Metallstärke δ, bei welcher das Rohr durch diesen inneren Druck eben zerreißen müßte: δ = rN₀/(rT₀ – N₀) ergeben würde. Sucht man endlich, nach Lamé, 4) die wirkliche Formveränderung irgend einer concentrischen Rohrwand-Schalenschicht vom Radius r und der Dicke dr, wie sie der dort herrschenden Tangentialspannung T und der dieselbe verursachenden Normalpressung N entspricht, nach allgemeinen mechanischen Grundsätzen zu bestimmen, indem die Verkürzung eines in radialer Richtung liegenden Fibernelementes des Rohrmateriales, welche demselben bei Verlängerung des Radius r um die Größe ρ Zusammenpressung durch den hier wirkenden Normaldruck N pro Quadrateinheit zukommen muß, für den Elasticitätsmodul E, als dr N/E in Rechnung gezogen, also ρ + = ρdr N/E gesetzt wird, woraus dρ/dr = – N/E folgt, so ist, weil bei Verlängerung des Radius r um ρ, der entsprechende Elementarschalenschicht-Umfang nach Obigem um ρ/r seiner Länge zunimmt, nach der Proportion: E : T = 1 : ρ/r ρ = r T/E mithin, nach r differenzirt, auch dρ/dr  = (rdT + Tdr)/Edr, folglich, beide Ausdrücke für dρ/dr  einander gleich gesetzt, (rdT + Tdr)/Edr = – N/E, woraus N = – (r dT/dr + T) und nochmals nach r differenzirt dN/dr = – (r d²T/dr²r d²T/dr + 2 dT/dr) folgt. Für eine Schalenschicht von der unendlich kleinen Dicke dr kann aber die Tangentialspannung T des Rohrmaterials als überall gleich groß angenommen werden. – Es ist also, wenn in der ersten auf eine solche constante Tangentialkraft basirten Grundformel: (r₁ – r₀) T₀ = rN₀ – rN r₀ = r, r₁ = r + dr, T₀ = T, N₀ = N und N₁ = N + dN gesetzt wird, im vorliegenden Falle: Tdr = rN – (r + dr) (N + dN) = – rdN – Ndr woraus T = – r (dN/dr) – N und, wenn man in diese Gleichung für N und für dN/dr ihre soeben festgestellten Werthe einsetzt: r (d²T/dr) + 3 dT/dr = 0 folgt. Bezeichnet man zur Ausdrucksvereinfachung den Werth dT/dr mit x, so ist also r (dx/dr) = – 3x, woraus dx/x = – 3 (dr/r) und durch Integration zwischen den beziehungsweisen Grenzen x₀ und x sowie r₀ und r log nat x/x₀ = 3 log nat r₀/r = log nat r₀³/r³ folgt. – Es ist also x = dT/dr = xr₀³/r³ oder dT = (xr₀³/r³)dr, woraus durch Integration zwischen den beziehungsweisen Grenzen T₀ und T sowie r₀ und r Textabbildung Bd. 177, S. 188 folgt, in welche Gleichung noch für x₀, da oben ganz allgemein N = – (r dT/dr  + T) = – (rx + T) gefunden wurde, der Werth x₀ = – (T₀ + N₀)/r einzusetzen steht. Man erhält dann die Tangentialspannung: Textabbildung Bd. 177, S. 189 und, diesen Werth in die sub 1 entwickelte Grundformel: Textabbildung Bd. 177, S. 189 welche ganz allgemein die Abhängigkeit der Tangentialkraft T vom zugehörigen Radius r ausdrückt, substituirt: Textabbildung Bd. 177, S. 189 woraus durch Integration Textabbildung Bd. 177, S. 189 und folglich die Tangentialspannung T₀ des Rohrmaterials an seiner inneren Wandfläche Textabbildung Bd. 177, S. 189 sowie die Normalkraft N₀ daselbst Textabbildung Bd. 177, S. 189 und endlich die Wanddicke δ = r₁ – r₀ des Rohres Textabbildung Bd. 177, S. 189 für den praktischen Gebrauch bei n facher Sicherheit und einer absoluten Festigkeit f des Rohrmaterials also Textabbildung Bd. 177, S. 189 und mit Vernachlässigung des äußeren Normaldrucks N₀ auf die Rohrwand Textabbildung Bd. 177, S. 189 folgt. – Die Grenze für alle Möglichkeit, ein aus homogenem Material bestehendes Rohr durch Vergrößerung seiner Wandstärke gegen Längenaufreißung durch einen inneren Normaldruck Nschützen zu können, liegt also für jedes Material immer da, wo die innere normale Pressung Ngleich der Festigkeit f des Materials oder noch genauer N₀ = f + 2 N ist. Wird diese Grenze des inneren Druckes überschritten, so erhält man für die Wandstärke δ einen imaginären Werth, d.h. es gibt in diesem Falle keine auch noch so große Wandstärke, welche bei natürlicher Metallconstruction derselben, den gestellten Festigkeitsbedingungen genügen könnte. Diese Formeln sind zuerst von Lamé aufgestellt worden, werden in englischen Schriften aber auch Dr. Hart zugeschrieben und befreit man, um mittelst derselben schließlich auf einen Ausdruck für den Gesammtwiderstand eines Rohres gegen Längenaufreißung zu kommen, die allgemeine Tensionsformel: Textabbildung Bd. 177, S. 190 von N₀, also von dem Größenausdruck des auf die innere Rohrwand wirkenden Normaldrucks, indem man in diese Formel nach Obigem für N₀ seinen Werth Textabbildung Bd. 177, S. 190 einsetzt, so erhält man für die in irgend einer Schalenschicht-Fläche vom Radius r vorhandene Tangential-Widerstandskraft T der Rohrwand gegen Längenaufreißung des Rohres parallel zu seiner Achse: Textabbildung Bd. 177, S. 190 folglich den Widerstand gegen derartige Rohrzerreißung in einer elementaren Schalenschicht von der Dicke dr, welcher sich auf einer Zerreißungsfläche von der Länge = 1 äußern wird: Textabbildung Bd. 177, S. 190 und durch Integration zwischen den Grenzen r₁ und r₀ den Gesammtwiderstand des Rohres auf einer seiner beiden Zerreißungsflächen: Textabbildung Bd. 177, S. 190 woraus, das Radienverhältniß r₁/r₀ der Kürze wegen gleich q gesetzt, für den Gesammtwiderstand W des Rohres auf beiden diametral sich entgegenstehenden Längenaufreißungsflächen Textabbildung Bd. 177, S. 191 folgt. Für ein constantes T, also für gleiche Tangentialspannung in allen Elementarschichten des Rohres, würde die Widerstandskraft W₁ desselben gegen Längenaufreißung aber W₁ = 2 (r₁ – r₀) T₀ = 2 (qr₀ – r₀) T₀ = 2 rT₀ (q – 1) betragen haben und es besteht also zwischen dem ideellen Widerstandsvermögen W₁, welches ein homogenes Kanonenrohr bei gleicher Tangentialspannung aller seiner ringförmigen Fibern gegen Längenaufreißung haben würde und dem reellen Widerstand W, den es vermöge der Ausdehnbarkeit und Elasticität seines Materials einer solchen Zerreißung wirklich entgegenzustellen hat, das Verhältniß: W₁ : W = 2 rT₀ (q – 1) : 2 rT₀ (q² – 1)/(q² + 1) = q² + 1 : q + 1 wornach als relative Widerstandsleistung des Rohres gegen Längenaufreißung parallel zu seiner Achse der Quotient W/W₁ = (q + 1)/(q² + 1) auftritt. Dieser Bruch muß, da r₁/r = q naturgemäß immer größer als 1 ist, stets ein echter seyn, und es gibt derselbe in seinem Verhältnisse zur Einheit stets denjenigen Theil des ideellen Widerstandsvermögens eines homogenen Rohres an, welcher demselben ganz unabhängig von der sonstigen specifischen Beschaffenheit seines ausdehnbaren und elastischen Wandmaterials zukommen würde, wenn alle seine Theilchen gleichmäßig vom inneren Normaldrucke ausgedehnt würden, demselben also auch einen gleichmäßigen Tensionswiderstand entgegensetzten. Für Werthe von r₁/r₀ beziehungsweise 1,1, 3, 5 verwenden Rohre homogenen Materiales irgend einer Art, wenn dasselbe nur ausdehnbar und elastisch ist, also nur beziehungsweise 0,95, 0,4, 0,23 ihres ideellen Widerstandsvermögens zum Widerstande gegen Längenaufreißung nach ihrer Achsenrichtung hin, und es werden also Rohre des dritten Falles, deren Wandstärken nach der sub 1 aufgeführten alten Formel δ = rN₀/(1/n)f construirt sind, selbst wenn der Sicherheitscoefficient dabei anstatt 3 gleich 1/0,23 = 4,35 angenommen worden wäre, mit Nothwendigkeit zerreißen müssen. Die relative Widerstandsleistung homogener Kanonenrohre irgend eines Materials, wenn dasselbe nur ausdehnbar und elastisch ist, nimmt also mit dem Wachsen des Radienverhältnisses r₁/rsehr rasch ab und wird von diesem Verhältnisse endlich die Reciproke 1/n des Sicherheitscoefficienten n überschritten, so muß ein in seinen Wandstärken nach der alten Formel construirtes Rohr dieser Art zerreißen, wenn dessen Tension an der inneren Rohrwand dabei der absoluten Materialfestigkeit gleichgesetzt worden war, und es wird dann nur noch von der größeren oder geringeren Dehnbarkeit und Schmiegsamkeit des Rohrmaterials abhängen, ob dasselbe wie bei Rohren von Bronze, Schmiedeeisen etc. von innen nach außen oder, wie z.B. bei Gußeisenrohren, umgekehrt von außen nach innen hin aufreißt. Nun wieder zum Ausgangspunkte dieser Untersuchung, nämlich zu den von Professor Treadwell angegebenen 41 Verhältnißzahlen zurückkehrend, nach denen die Tension eines homogenen Rohres vom Radienverhältnisse r₁/r₀ = 5/1r₁/r₀ – 5/1 in 41 gleichweit von einander entfernten Ringschichten-Flächen bei genügend großer innerer Pressung von der Bohrungswand an nach seiner Außenfläche hin abnehmen soll, so würde a) nach der ältesten hierüber oben mitgetheilten Ansicht, jeder Elementarschicht-Fläche des Rohres immer genau dieselbe Tension Tn = T₀ = Tm zukommen müssen. – Ferner würden sich b) nach Brix diese Tensionen der concentrischen Rohrschalenschicht-Flächen verschiedener Radien umgekehrt wie diese Radien selbst verhalten müssen, weil nach seiner Hypothese ganz allgemein T = ρ/r E folglich Textabbildung Bd. 177, S. 193 ist, woraus Tn = Tm (rm/rn) folgt. Weiter würden diese Tensionen c) nach Barlow den Quadraten der zugehörigen Radien umgekehrt proportional seyn müssen, denn da die Tensionen der elastischen Ringschichten ihren Umfangsverlängerungen ρ/r proportional sind, also die Proportion Tm : Tn = ρm/rm : ρn/rm besteht, und ferner nach Barlow's Hypothese mit Vernachlässigung von ρ und ρ₀ gegen beziehungsweise 2r und 2r₀ auch immer ρ = rρ₀/r seyn muß, so hat man also die Proportion Tm : Tn = (rρ₀)/rm² : (rρ₀)/rn², woraus Tn = Tm . rm²/rn² folgt. – Endlich ist d) nach Lamé der Verhältnißquotient Textabbildung Bd. 177, S. 193 weil nach seinem Entwickelungsgange ganz allgemein: Textabbildung Bd. 177, S. 193 ist, folglich die Proportion Textabbildung Bd. 177, S. 193 besteht, wornach Textabbildung Bd. 177, S. 193 gefunden wird. – Für das speciell hier vorliegende Treadwell'sche Zahlenbeispiel erhält man also, wenn in den betreffenden Tensionsformeln nach: 1) der alten Theorie: Tn = T 2) der Theorie von Brix: Tn = Tm rm/rn 3) der Theorie von Barlow: Tn = Tm rm²/rn² und 4) der Theorie von Lamé: Tn = Tm rm(rn + 1)/rn(rm + 1) überall Tm = T₀ = 1000             rm = r₀  =    1 und der Bruch 4/41 abgekürzt gleich 0,1 gesetzt wird: 1) nach der altenTheorie: 2) nach Brix: 3) nach Barlow: 4) nach Lamé: T₀   =   1000 1000   1000   1000   T₁   =   1000 909 826 772 T₂   =   1000 832 694 722 T₃   =   1000 768 591 540 :            : : : : Tn   =   1000 200   40 333 Die von Professor Treadwell mitgetheilten 41 Verhältnißzahlen für die Abnahme der Tangentialspannungen, welche in den Wandungen eines Kanonenrohres von innen nach außen hin eintreten muß, wenn auf dessen Seelenwand ein genügend starker Druck einwirkt – weil nämlich in diesem Falle die elementaren Rohrwandschichten, je weiter sie nach außen hin liegen, durch die innere Normalkraft um einen immer kleiner werdenden Bruchtheil ihres ursprünglichen Umfangs ausgedehnt und demgemäß auch immer weniger gespannt werden, – diese 41 Verhältnißzahlen sind demnach der Barlow'schen Hypothese entsprechend berechnet worden. Die nach Lamé's Formel bestimmten Zahlen derselben Art dürften zwar wohl mehr Zutrauen verdienen und die Hypothese von Brix gibt Resultate die sowohl von Barlow als von Lamé abweichen, sich am Schlusse aber mehr nach letzterem hinneigen; – im Allgemeinen aber dürfte mit scharfausgerechneten Zahlenwerthen auf diesem Gebiete artilleristischen Wissens für jetzt auch wohl überhaupt noch nicht viel zu nützen seyn, da alle bis hierher entwickelten Formeln sich auf einen constanten Normaldruck N₀ und auf Tangential-Tensionen T beziehen, welche innerhalb der Elasticitätsgrenze des Rohrmaterials liegen, die Pulverkraft aber mehr oder weniger immer stoßweise, d.h. unter Umständen mehr zerreißend als stetig pressend wirkt und somit in einem erhöhten Grade die tangentiale Tensionskraft des Rohrmaterials in Anspruch nimmt, was um so wichtiger ist als die neuesten Rodman'schen Versuche über die Größe der beim Schießen mit Pulver erzeugt werdenden Gasspannungen dargethan haben, daß dieselben bei großen Kalibern und starken Ladungen unter Umständen den Druck von 6000 Atmosphären erreichen. – Dieses schließt jedoch den Nutzen, welchen derartige Untersuchungen überhaupt gewähren können, keineswegs aus, und es wird z.B. bei Reflexionen über die Frage „ob die Artillerie fernerhin, bei fortwährender Steigerung der an ihre Wirksamkeit gestellten Anforderungen künstlicher Metallconstructionen ihrer Kanonenrohre werde ganz entbehren können oder nicht, und wie man eventuell dieselben am sachgemäßesten einzurichten haben werde“ gewiß nicht unangemessen erscheinen, wenn man dabei die nach Obigem bereits gewonnenen Untersuchungsresultate gehörig würdigt, daß 1) bei ähnlich construirten Kanonenrohren, deren Wandstärken also nach gleichen Theilen des Kaliberdurchmessers normirt sind, und bei gleichen Geschoß-Anfangsgeschwindigkeiten die Cohäsionskraft der Rohrwandungen bei großen Kalibern in einem weit höheren Grade beim Schusse in Anspruch genommen wird, als dieses bei kleineren Kalibern der Fall ist, daß ferner 2) bei relativer Steigerung der Wanddicken, also Vergrößerung des Radienverhältnisses r₁/r₀ von Geschützrohren die relative Widerstandsleistung derselben – d.h. derjenige Bruchtheil des Widerstandes gegen Längenaufreißung, welchen ein Rohr leisten würde, wenn alle seine Wandtheilchen gleichmäßig an diesem Widerstande Theil nähmen – sehr rasch abnimmt, daß weiter 3) für Pulvergasspannungen, deren Druck pro Quadratzoll der Rohrbohrungswand den Festigkeits Coefficienten f des Wandmaterials überschreitet, überhaupt kein homogenes Rohr mit der ursprünglichen Spannung seiner Theilchen gleich Null, und würde dessen Wänden auch noch so viel Metall gegeben, genügend widerstandsfähig gegen Längenaufreißung beim Schusse dargestellt werden kann, und daß endlich 4) vermöge der specifischen Wirkungsweise des Pulvers beim Schießen vorzugsweise immer die tangentiale Tensionskraft der Kanonenrohre in Anspruch genommen wird. Stellt man nämlich diese Resultate der Speculation mit den beiden auf dem Gebiete der Praxis gewonnenen, auf vorliegende Frage bezüglichen Erfahrungen zusammen, daß einmal, wie bereits oben erwähnt wurde, bei Verwendung der hydraulischen Pressen zu technischen Zwecken schon die Druckgrenze erreicht worden ist, für welche homogene Wandungen, deren Theilchen vor dem Drucke gar keiner Spannung unterliegen, und wenn man ihnen auch eine noch so große Dicke geben wollte, nicht mehr widerstandsfähig gegen Längenaufreißung dargestellt werden können, und daß andererseits auch beim Schießen aus großkalibrigen Rohren und mit starken Ladungen unter Umständen Pulvergasspannungen eintreten, welche nach den neuesten von Rodman darüber angestellten Versuchen sich bis zum Drucke von 6000 Atmosphären, also bis zu Pressungen pro Quadratzoll der Seelenwand steigern, welche die Minimalgrenze der absoluten Festigkeit selbst des Gußstahls schon überschreiten, so wird man sich nicht dagegen verschließen können, daß es jetzt sehr an der Zeit seyn dürfte eine qualitative Verstärkung der Geschützrohrwände in künstlicher Weise auch noch dadurch zu bewerkstelligen, daß man entweder a) den von innen nach außen aufeinander folgenden Rohrschalen-Schichten schon gleich von vornherein solche Spannungen gibt, daß jede derselben, beim Schusse durch die der betreffenden Schalenschicht zukommende Ausdehnung vermehrt, dann der an der Bohrungswand des Rohres herrschenden Tension gleichkommt, oder aber daß man b) das Rohr zwar aus concentrischen Schalenschichten von ursprünglich gar keiner Spannung, diese Schalenschichten selbst aber aus Materialien verschiedener Elasticitätskraft bestehen läßt, welche so angeordnet sind, daß die von innen nach außen aufeinanderfolgenden Rohrschalen-Schichten ihrer jedesmaligen Ausdehnung um eine bestimmte Länge immer einen um so größeren Widerstand entgegensetzen, je kleiner derjenige Bruchtheil ihrer ursprünglichen Peripherielänge ist, um welchen sie durch Ausdehnung beim Schusse an Umfang zuzunehmen haben, oder endlich daß c) beide Methoden dieser künstlichen Metallconstructionen der Rohrwände miteinander combinirt werden, indem man z.B. äußere Panzerringe von größerer Elasticitätskraft bei ihrem Aufziehen auch noch einschrumpfen und hierbei zugleich von innen nach außen hin sich abkühlen läßt etc. – In allen diesen Fällen wird es endlich sehr zweckmäßig erscheinen d) dem Material der Rohrwandungen nach Möglichkeit eine normal zur Rohrachse peripherische Längenrichtung seiner Fibern zu geben, so daß dadurch die einzelnen Elementar-Schalenschichten des Rohres gewissermaßen als aus nebeneinander liegenden Drahtringen des Rohrmaterials zusammengesetzt betrachtet werden können, welche dann einer Tension in der Richtung ihrer Fibern, d.h. tangential zum Rohrquerschnitt, mehr Widerstand entgegensetzen würden als einem normal gegen die Fibern gerichteten Zuge. Letzteres würde, insoweit es überhaupt auszuführen ist, bei der Panzerung von Kanonenrohren um so mehr ohne Anstand geschehen können als, bei gleicher absoluter Festigkeit des Rohrmaterials nach der Richtung seiner Fibern und senkrecht darauf, ein durch seine Wandstärke gegen Längenaufreißung sicher gestelltes Rohr dieses dann noch um so mehr gegen Zerreißungen in Querschnitten normal zur Seelenachse seyn würde, und zwar auch dann noch, wenn das Rohr, wie es bei gezogenen Geschützen mit Compressivgeschoß annähernd wirklich der Fall ist, als eine an beiden Enden verschlossene Röhre betrachtet werden kann. Für eine innere Gasspannung N₀ würde nämlich der Druck auf jeden der beiden Rohrverschlüsse in einem solchen Falle, bei einem Bohrungsradius = r, gleich r²πN2 r²π . N, der Widerstand des Rohrmaterials von der Festigkeit f im betreffenden Querschnitte mit Beibehaltung der bisherigen Bezeichnungen aber (r₁² – r₀²) π f seyn, und man hat zur Bestimmung der Wandstärke für den Gleichgewichtszustand in diesem Falle also die Gleichung: (r₁² – r₀²) π f = r₀² π N woraus Textabbildung Bd. 177, S. 197 folgt. – Für den Gleichgewichtsfall des Rohrwandwiderstandes gegen Längenaufreißung des Rohres parallel zu seiner Achse müßte, den äußeren Normaldruck N₁ vernachlässigt, nach Lamé die Wandstärke in diesem Falle aber Textabbildung Bd. 177, S. 198 und folglich größer als die zum Schutze gegen Querschnitt-Abreißungen nothwendige Wandstärke: Textabbildung Bd. 177, S. 198 seyn, was übrigens keineswegs davon abhalten mag, dem Stoßboden des Rohres in solchen Fällen eventuell auch noch durch einige in das Bodenstück miteingeschweißte Längenstäbe eine möglichst große Sicherheit gegen das Abgerissenwerden zu geben. Der Rodman'sche Kernguß mit Abkühlung von innen nach außen hat durch das im Februar 1864 aus der Fort-Pitt-Gießerei zu Pittsburgh hervorgegangene Riesengeschütz glänzend nachgewiesen, was eine den Forderungen 1) und 4) entsprechende künstliche Metallconstruction der Geschützrohre zu leisten vermag, indem dadurch ein für 100 Pfd. Pulverladung und 1000 Pfd. Kugelgewicht bestimmtes 20zölliges Kanonenrohr mit nur 22 Zoll starken, also kaum übergütigen Wandungen aus Gußeisen hat gebrauchstüchtig dargestellt werden können. Die Rohrumreifung (cerclage) ist, wie die im Eingange dieser Abhandlung citirten früheren Referate beweisen, schon sehr früh, seit 1830 aber wohl erst mit klarem Bewußtseyn der eigentlichen Wirkungsweise dieses Mittels zur Erfüllung der oben angeführten Forderungen 2) und 4), beziehungsweise der Bedingungen von 1), 2) und 4) miteinander combinirt, angewendet worden und es haben sich dabei die Erfolge dieser verschiedenen Methoden, die Metallwand der Kanonenrohre künstlich durch Umreifung zu construiren, im Allgemeinen immer mehr gesteigert, was aber wohl noch mehr der Fall gewesen seyn würde, wenn man dabei in Bezug auf den Grad des Einschrumpfenlassens der warm aufgetriebenen Panzerringe stets beachtet hätte, daß man sich hierbei der Elasticitätsgrenze des Rohrmaterials nicht zu sehr nähern darf, wenn die Haltbarkeit der umreiften Rohre bei ihrem späteren Gebrauche nicht ungemein rasch abnehmen soll. – Ingenieur-Lieutenant Treuzel sagt in seiner obenerwähnten sehr schätzenswerthen Arbeit hierauf bezüglich, daß die Whitworth'schen Rohre den Nachtheil eines Auftreibens der Panzer-Röhrencylinder mit der größten Spannung die sie eben noch zu ertragen vermögen, bei längerem Gebrauche schon darthun werden, und Professor Treadwell's oben näher bezeichnete Mittheilungen enthalten in dieser Beziehung die ganz bestimmte technische Vorschrift, alle Panzerreifen in ihrem inneren Durchmesser nur eben so viel kleiner als den äußeren Durchmesser des nächst inneren Cylinders zu machen, daß zum Aufzuge der Panzerring niemals bis zur Aenderung seiner gewöhnlichen Metallfarbe erhitzt zu werden braucht. Die Drahtumwickelung endlich, welche, obgleich an sich sehr rationell, aus den oben angeführten Gründen zur künstlichen Metallconstruction von Geschützrohrwänden in dem bisherigen Stadium ihrer Entwickelung noch nicht empfohlen werden konnte, sucht Professor Treadwell, seinen neuesten obenerwähnten Vorschlägen zufolge, wenigstens annäherungsweise durch folgende Methode der Rohrumreifung für Rohrumpanzerungen dienstbar zu machen: Die Bildung der Panzerreifen geschieht aus Eisenplatten von angemessener Breite und Dicke, für Reifen von 28 Zoll Durchmesser z.B. 14 Zoll breit und 1/2 bis 1 Zoll dick, sowie einer solchen Länge, daß nach dem Aufrollen dieser Platinen Ringe von der vorgeschriebenen Stärke entstehen. – Diese Platten werden, nachdem ihre Enden gehörig zugeschärft worden sind, bei schwacher Rothglühhitze auf einen cylindrischen Dorn aufgerollt, und in dieser Weise zu sogenannten Coils umgestaltet, welche dann in einem dazu passenden Ofen bis zur Schweißhitze gebracht, über einen Dorn gesteckt und in dazu passenden Gesenken entweder mittelst hydraulischen Drucks oder auch unter dem Dampfhammer zu einem festen Ringe ohne Naht zusammenzuschweißen sind. Haben diese Ringe oder Reifen sich nach ihrer Schweißung dann bis auf circa 600° Fahrenheit (315° Cels.) abgekühlt, so werden sie, über einen an beiden Enden aufliegenden Dorn von genügender Stärke gesteckt, hierauf (Fig. 11) unter dem Dampfhammer bis zur vorgeschriebenen Weite ausgereckt (eine Arbeit, die auch mittelst eines Walzwerkes in der Weise geschehen kann, wie man in Deutschland bekanntlich schon seit längerer Zeit Radreifen ohne Naht aus durchlochten Gußstahlblöcken darstellt). Endlich werden diese Ringe, auf 200 bis 300° Fahr. (94 bis 149° Cels.) erwärmt, auf einen ringförmigen Amboß aufgesetzt, welcher gestattet, sie nunmehr vermittelst der in den Amboß einzusetzenden Segmentstücke E, E (Fig. 12 und 13) und des conischen Einsatzstempels F durch den Dampfhammer C um etwa 1/100 ihrer vorherigen Durchmesser auszudehnen, so daß dadurch alle einander etwa widerstrebenden Tensionen ihrer Theilchen beseitigt werden, und diese Ringe eine solche peripherische Anordnung ihrer Fibernrichtungen erhalten, wie sie übereinanderliegenden Schichten von hartem Drahte, nach dem ersten Stadium seines Ziehprocesses aufgewickelt, zugekommen seyn würde. Cassel, im Juni 1865.

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