Titel: | Galibert's Respirationsapparat. |
Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. LXIII., S. 290 |
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LXIII.
Galibert's
Respirationsapparat.
Aus der Chemical News,
Mai 1865, Nr. 286.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Galibert's Respirationsapparat.
Es kommen leider zahlreiche Fälle vor, in denen Menschen in mit verdorbenen oder
giftigen Gasen erfüllte Räume dringen und sich in denselben aufhalten müssen,
wodurch schon viele Unglücksfälle veranlaßt worden sind. Der im Nachstehenden
beschriebene, von Galibert in Vorschlag gebrachte
Respirationsapparat (worüber bereits im polytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 430
berichtet wurde) ist entweder so eingerichtet, daß die unter solchen Umständen
befindlichen Individuen durch denselben mit einem Reservoir von reiner Luft versehen
werden, so daß sie längere oder kürzere Zeit ungestört athmen können, oder er hat
eine solche Einrichtung, daß ihnen mittelst einer ununterbrochenen Verbindung mit
der äußeren Atmosphäre fortwährend eine genügende Menge frischer Luft zugeführt
wird. Die erstere Einrichtung, in Fig. 9 dargestellt, eignet
sich zumal für Feuerwehrmänner und andere Leute, welche bisweilen in eine
irrespirable Atmosphäre eindringen und sich in derselben eine Zeit lang aufhalten
müssen; der zweite Apparat dagegen, von welchem Fig. 10 eine Abbildung
gibt, paßt besonders für Bergleute, Brunnengräber und Arbeiter in Abzüchten und
unterirdischen Reinigungscanälen, welche in giftigen Gasen längere Zeit zu verweilen
genöthigt sind.
Der Apparat selbst besteht aus drei Haupttheilen: erstens aus einem aus Horn oder
Elfenbein angefertigten, mit zwei Löchern versehenen, in seiner Form und seinen
Größenverhältnissen dem zum Athmen geöffneten Munde entsprechenden Mundstücke;
ferner aus zwei, aus Kautschuk angefertigten, mit den Löchern des Mundstücks
communicirenden Röhren oder Schläuchen von geeigneter Länge; drittens aus einer
Nasenzange (Nasenquetscher), mittelst deren die Nasenlöcher verschlossen werden, so
daß die Respiration durch dieselben verhindert wird.
Die Anwendung des Apparates ist folgende. Nachdem die Nasenzange aufgesetzt worden,
wird das Mundstück in den Mund genommen und hier mittelst eines leichten Drucks der
Zähne festgehalten. Die Lippen umfassen das Mundstück so, daß jede Communication
zwischen den Lungen des Operirenden und dem ihn umgebenden Medium abgeschnitten ist
und er nur die durch die Schläuche, deren andere Enden an freier Luft liegen,
zugeführte frische Luft einathmen kann. Dabei wirkt die Zunge wie ein Ventil, indem
sie abwechselnd die mit dem Einathmungs- und die mit dem Ausathmungsschlauche
in Verbindung stehende Oeffnung des Mundstücks öffnet und schließt; die eine
Kautschukröhre dient demnach zum Einlassen der frischen, die andere zum Auslassen
der geathmeten Luft.
Diese abwechselnde, regelmäßige Bewegung der Zunge ist sehr leicht ausführbar und
wird nach wenigen Minuten Uebung fast instinctmäßig ausgeführt. Sobald der
Operirende das Mundstück zwischen die Zähne genommen, verschließt er mittelst der
Zunge die rechts befindliche Oeffnung, zieht dann durch das linke Kautschukrohr Luft
in die Lunge, schiebt nun die Zunge ohne Druck auf die linke Oeffnung und athmet
darauf die verdorbene Luft aus der Lunge durch das rechte Rohr aus. Besondere
mechanische Vorrichtungen sind also bei diesem Apparate nicht vorhanden; die Lunge
versieht den Dienst einer Saug- und Druckpumpe und die Zunge fungirt als
doppeltes Ventil, als Ein- und Auslaßklappe. Um die Augen gegen Rauch und
schädliche oder scharfe Gase zu schützen, empfiehlt Galibert besondere Brillen oder eine den Kopf bedeckende Kappe.
Wie schon erwähnt, läßt man die Kautschukschläuche bald in freier Luft, bald in einem
besonderen Behälter münden, wie Fig. 9 zeigt. Die letztere
Form des Apparates wurde kürzlich in London probirt. Ein mit demselben versehener
Mann betrat ein aus einem Holzgerüste und darüber gespannter Leinwand improvisirtes
Zimmer, in welchem ein Gemenge von Baumwolle-Abfall und Salpeter verbrannt
ward, so daß es sich mit einem dicken erstickenden Rauche füllte; in dieser
Atmosphäre blieb der Mann gleichwohl volle zwanzig Minuten, ohne das geringste
Unbehagen zu verspüren. Dieser wohlgelungene Versuch beweist hinreichend die
Zweckmäßigkeit des Apparats.