Titel: | Darstellung des arseniksauren und des zinnsauren Natrons nach Higgin in Manchester. |
Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. LXXIII., S. 318 |
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LXXIII.
Darstellung des arseniksauren und des zinnsauren
Natrons nach Higgin in Manchester.
Aus Prof. Dr. A. W. Hofmann's Bericht über die chemischen Producte auf der allgemeinen Londoner
Industrie-Ausstellung von 1862.
Higgin's Darstellung des arseniksauren und des zinnsauren
Natrons.
Arseniksaures Natron.
Die gewöhnliche Methode zur Fabrication des arseniksauren Natrons besteht darin,
wasserfreie arsenige Säure mit Natronsalpeter zu schmelzen. Da ein Aequivalent
Natronsalpeter genug Sauerstoff enthält, um ein Aequivalent wasserfreier arseniger
Säure zu oxydiren, so könnte man auf diese Weise ein neutrales arseniksaures Salz
nicht erhalten, ohne eine beträchtliche Menge von Salpeter zu opfern; man setzt
deßhalb stets ein gewisses Verhältniß von Aetznatron zu. Dessenungeachtet hat man
gefunden, daß bei dieser Methode ein nicht unbedeutender Verlust an wasserfreier
arseniger Säure stattfindet, welche sich verflüchtigt bevor sich das arseniksaure
Salz bildet.
Um diesen Verlust zu vermeiden, beginnt Higgin die
Oxydation der arsenigen Säure erst nach ihrer Umwandlung in Natronsalz. Er löst
nämlich die arsenige Säure in Aetznatron auf, vermischt das so gebildete
arsenigsaure Natron mit dem Natronsalpeter und erhitzt dieses Gemisch im Flammofen.
Das Heizen wird fortgesetzt, bis die Masse zur vollständigen Trockenheit gelangt
ist; während dieser Operation entbindet sich zuerst Ammoniak, dann Stickoxyd.Dieses Verfahren wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 323
mitgetheilt. Durch diese Abänderung des gewöhnlichen Verfahrens vermeidet man nicht nur,
wie es scheint, jede Verflüchtigung von arseniger Säure, sondern erzielt auch eine
Ersparniß an
Natronsalpeter, weil die in den Flammofen ziehende atmosphärische Luft einen Theil
des Sauerstoffs liefert, welcher zur Umwandlung der arsenigen Säure in Arseniksäure
erforderlich ist.
Eine andere und ökonomischere Methode zur Gewinnung des arseniksauren Natrons besteht
darin, aus dem bei der Schwefelsäurefabrication angewandten Natronsalpeter die
Salpetersäure durch wasserfreie arsenige Säure anstatt durch Schwefelsäure
auszutreiben. Mittelst dieses Kunstgriffes erhält man das arseniksaure Alkali als
ein Nebenproduct anstatt des gewöhnlich erzeugten zweifach-schwefelsauren
Natrons. Diese Methode hat nur den großen Fehler, daß die Schwefelsäure
arsenikhaltig werden kann und daher nur mehr einer beschränkten Anwendung fähig
ist.
Zinnsaures Natron.
Das zinnsaure Natron (Zinnoxyd-Natron) wird noch immer in großer Menge
verbraucht, um die Kattune für den Dampffarben-Druck vorzubereiten. Meistens
wird es durch Schmelzen des Zinnerzes (Zinnsteins) mit Natronsalpeter dargestellt.
Die Zeugdrucker finden es nützlich, dem zinnsauren Natron ein kleines Verhältniß (5
Procent) arseniksauren Natrons beizumischen; sie behaupten, daß dann das auf der
Faser sich ablagernde Zinnoxyd der Einwirkung der Schwefelsäure besser zu
widerstehen vermag, durch welche die Zeuge später passirt werden müssen.
Higgin benutzt zur Darstellung des zinnsauren Natrons
auch das Zinn auf den Abfällen oder Schnitzeln von der Weißblechfabrication. Wenn
man verzinntes Eisen mit Salzsäure behandelt, so wird das Eisen, als das
elektropositivere der beiden Metalle, vorzugsweise angegriffen; mischt man aber der
Salzsäure eine gewisse Menge Natronsalpeter bei, so entsteht eine Art Königswasser,
welches im Gegentheil das Zinn rascher als das Eisen angreift; es bildet sich
Zinnchlorid, und die Lösung enthält gleichzeitig Chlornatrium und Chlorammonium. In
Berührung mit dem vorhandenen überschüssigen Zinn verwandelt sich dann aber das
Zinnchlorid in Zinnchlorür, während gleichzeitig eine geringe Menge Eisen, die sich
stets auflöst, zu Oxydul reducirt wird.
Um in der so erhaltenen Lösung die beiden Metalle zu trennen, benutzt man Kreide,
welche das Zinn als Oxydul ausfällt, während das Eisen aufgelöst bleibt. Das
Zinnoxydul wird hernach durch das gewöhnliche Schmelzen mit Natronsalpeter und
Aetznatron in zinnsaures Natron verwandelt.
Die von ihrem Zinnüberzug befreiten Eisenblech-Schnitzel werden zum Fällen des
Kupfers aus seinen Lösungen angewendet.