Titel: | Gale's die Explosionsgefahr beseitigender Zusatz zum Schießpulver. |
Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. CVIII., S. 456 |
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CVIII.
Gale's die
Explosionsgefahr beseitigender Zusatz zum Schießpulver.
Ueber Gale's Verfahren das Schießpulver vor Explosion zu
schützen.
Im Mechanics' Magazine vom 4. August und in der Chemical News vom 18. August 1865 finden sich
Nachrichten über Gale's Erfindung, den in Magazinen
aufgestauten Schießpulvervorräthen durch Zusatz vom Dreifachen oder Vierfachen ihres
Gewichtes feingepulverten Glases ihre explosive
Eigenschaft zu benehmen.
Nach Hervorhebung der Wohlthat, welche genannte Erfindung namentlich für volkreiche
Gegenden gewährt, wird im Artikel des Mechanics'
Magazine mitgetheilt, daß man bei zu Wimbledon kürzlich angestellten
Versuchen auf Schüsseln, gefüllt mit dem durch Glaspulver-Zusatz vor
Explosion geschützten Schießpulver, brennende Lunten geworfen habe und hierbei nur
einige Körnchen Pulver, wahrscheinlich nicht in Glasstaub eingehüllt, verbrannt
seyen; ferner brannten kleine, den Räucherkerzen ähnliche Pulverkörper (vesuvians), in dieses Pulver geworfen, dort ruhig aus,
und selbst rothglühende Schüreisen änderten den Zustand dieser vor Explosion
geschützten Schießpulvermenge durchaus nicht. Lord Bury
ließ hiernach eine Quantität reines Schießpulver mit vor Explosion geschütztem
Schießpulver überstreuen, und dann das erstere anzünden, wodurch letzteres zwar zur
Seite geworfen wurde, aber vollkommen unverbrannt blieb. – Nach diesen Proben
wurde dann das vor Explosion geschützte Schießpulver durch Sieben wieder von seinem
Glaspulver-Zusatze befreit, und der Rückstand hatte hiernach seine explosive
Schießpulver-Eigenschaft vollkommen wieder erlangt. – Endlich wird in
genanntem Artikel auch noch darauf aufmerksam gemacht, daß das Schießpulver durch
den Glaspulver-Zusatz vollkommen trocken erhalten werde, letzterer per Tonne nur 30 Shilling koste und in drei Tonnen der
Tonne Schießpulver zugesetzt, letzteres bei Transporten, als ungefährliches
Frachtgut, etwa 2 Pfd. Sterl. Fracht für eine Strecke kosten lassen werde, welche
jetzt mit 7 Pfd. Sterl. 10 Shilling per Tonne bezahlt
werden müsse.
Der Artikel in der Chemical News versichert, daß Gale's Erfindung nun schon mehrfach mit dem besten
Erfolge geprüft worden sey und große Aufmerksamkeit verdiene. – Der Erfolg
des Hinzufügens von feinem Glaspulver zu Schießpulver wird so erklärt, daß dadurch
jedes Pulverkörnchen vollständig isolirt werde und angezündet also auch nur für sich
selbst verbrennen könne. – In geschichtlicher Hinsicht wird noch angeführt, daß auch ein Franzose
und ein Russe schon ähnliche Versuche angestellt haben und Piobert bereits 1835 Schießpulver, um ihm seine explosive Eigenschaft zu
benehmen, mit verschiedenen Stoffen mengte, worunter auch Sand und die
Einzelbestandtheile des Pulvers waren. In letzterer Beziehung habe sich damals
besonders der Salpeter brauchbar gezeigt, während nach den russischen, von Hrn. Fadéceff angestellten Versuchen eine Mischung von
Steinkohlen- und Graphitpulver vorzüglich explosionsverhindernd und zugleich
auch feuchtigkeitabhaltend wirken soll. – Versuche von einem Hrn. Hearder haben, wie weiter mitgetheilt wird, sogar
ergeben, daß jedes trockene Pulver, z.B. auch das von Gyps, Pfeifenthon oder Kreide,
dem Zwecke des Nichtexplosivmachens von Schießpulver entspreche.
Als zu beachtende Fragen bezeichnet dieser Artikel dann aber noch die Punkte: ob dem
zur Lagerung und zum Transport mit feinem Glaspulver gemengten nicht explosiven
Pulver seine Explosionskraft auch jederzeit leicht und vollständig wiedergegeben
werden könne, ferner ob dem Glase seiner alkalischen Bestandtheile wegen nicht
hygroskopische Eigenschaften zugeschrieben werden müssen? – Dem
„Reader“ entnommen wird
ferner eine Stelle mitgetheilt, wornach einige angestellte Versuche
„dargethan zu haben scheinen, daß durch die Hinzufügung des
Schutz-Pulvers zu gewöhnlichem Schießpulver des letzteren Explosion mehr
stufenweise vor sich gegangen ist“ , eine Wirkung, welche im Falle
das Schutz-Pulver selbst verbrennbar sey, als schätzbar bezeichnet wird.
– Schließlich macht das Referat der Chemical News
noch darauf aufmerksam, daß über den Umstand, ob das beigemengte Glaspulver dem
Schießpulver etwa Politur gebe, was namentlich für die feineren Pulversorten von
Wichtigkeit seyn würde, noch nichts bekannt, auch der praktische Werth von Gale's Erfindung überhaupt noch nicht genügend
festgestellt sey und es endlich wohl wünschenswerth erscheinen dürfte, daß die
allerdings sehr schätzenswerthe Möglichkeit, das Schießpulver nach Belieben explosiv
oder nicht explosiv haben zu können, sich mit etwas weniger Mühe und Gefahr
erreichen lasse.
Als Gesammtergebniß aus beiden Referaten dürfte hiernach wohl anzunehmen seyn, daß
Gale's Erfindung zur Sicherung lagernder
Pulvervorräthe vor Explosionsgefahr namentlich dann von großer Bedeutung ist, wenn
deren Befreiung von dem beigemengten Glaspulver im Bedarfsfalle mit Muse geschehen
kann, daß aber für Transportverhältnisse des nichtexplosiv gemachten Schießpulvers
sowohl hinsichtlich etwaiger mechanischer Einwirkungen des Glaspulvers auf die
Schießpulverkörner, als auch hinsichtlich einer immer möglichen mechanischen
Scheidung des Gemenges
beider Körper von einander durch Schichtung, noch keine genügenden Erfahrungen
vorliegen.
Dy., Hauptmann
im Generalstabe.
Cassel, im September 1865.