Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. , S. 76 |
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Miscellen.
Miscellen.
Secundäre Eisenbahnen.
Nach der „Magdeburger Zeitung“ ist die preußische
Staatsregierung entschlossen, die Erbauung elementarer, sogenannter secundärer
Eisenbahnen zu begünstigen, d.h. Eisenbahnen zuzulassen, welche zwar mit Locomotiven
befahren werden und einen so starken Oberbau haben, daß auch fremde Betriebsmittel
sie passiren können, im Uebrigen aber in der allereinfachsten Art mit Vermeidung
jedes baulichen Luxus hergestellt und besonders durch Anwendung von stärkeren
Steigungen und Curven, sowie durch ganz einfache, nur dem Bedürfniß entsprechende
Haltestellen so verwohlfeilt werden sollen, daß die Meile solcher Bahn incl. Betriebsmittel für 150–200,000 Thlr.
hergestellt werden kann. Diese Bahnen sollen die engeren Maschen zwischen dem Netze
der großen Hauptbahnen bilden und den localen Verkehr vermitteln zwischen denjenigen
Gebieten und Städten, welche nicht an einer jener Hauptlinien selbst liegen. Die
Regierung wünscht diese Bahnen von kleineren Gesellschaften gegründet zu sehen und
wird sich bemühen, solche durch Bauprämien zu unterstützen.
Ueber Asphaltpflasterung.
Der comprimirte Asphalt verspricht, nach einem Bericht, welchen Herr Malo in einer Sitzung der Société des Ingénieurs civils erstattete, die älteren
Arten der Straßenpflasterung in Paris zu verdrängen. Der in Paris zur Verwendung kommende
Asphalt besteht aus reinem kohlensaurem Kalk, der von Natur aus mit 6–10
Procent Bitumen durchtränkt ist. Dieser Stein bildet regelmäßige Lager von einer
Mächtigkeit von 12–21 Fuß an verschiedenen Stellen des Jura. In der
Siedehitze des Wassers erweicht sich das Bitumen so, daß der Stein zu Pulver
zerfällt. Wird dieses Pulver in der Hitze stark zusammengepreßt, so besitzt es,
nachdem es wieder kalt geworden, dieselbe Härte wie der natürliche Stein; und diese
besondere Eigenschaft hat in neuerer Zeit in ausgedehntem Maaßstabe zur Herstellung
der Straßen in Paris Anwendung gefunden. Zu diesem Zwecke wird der rohe Asphalt auf
mechanischem Wege in kleine Stücke gebrochen, pulverisirt und dann in große eiserne
Kessel gebracht, in welchen er bis auf 140° C. erhitzt wird. Der heiße
Asphalt wird dann sofort in passenden Löffeln schnell an den Ort seiner Verwendung
gebracht. Er erhält eine Unterlage von Beton, welchem man die eigenthümliche
Krümmung der Oberfläche, welche die fertige Straße erhalten soll, schon gegeben hat.
Auf diese wird er ausgebreitet und mit heißen gußeisernen Rammen sorgfältig
festgestampft, so daß er eine feste Platte bildet. Drei schwere Walzen, die erste
ungefähr 5 Centner, die zweite 20 Centner, die dritte 45 Centner schwer, läßt man
nach einander über die sich erhärtende Straßenfläche gehen. Dadurch erhält die
Asphaltdecke eine gleichförmige Dicke, in Paris von 4 Centimeter. Zwei bis drei
Stunden nach der Anwendung der letzten Walze ist die Straße für den Verkehr
fertig.
Im Jahre 1850, ein Jahr nach der Entdeckung dieses Verfahrens, schlug d'Arcy, General-Inspector der Straßen, die
Anwendung desselben auf einen Theil der Boulevards vor, aber erst 1854 kam sie in
der Rue des Berges zu Stande. Heute beträgt die
Gesammtlänge der nach dem neuen Verfahren gebauten Straßen über 100,000 Meter,
abgesehen von vielen großen Höfen, für welche es ebenfalls zur Anwendung gekommen,
und zwar vorzugsweise wegen der damit verbundenen Geräuschlosigkeit.
Die Schwierigkeiten, welche sich Anfangs der Verwendung des Asphalts
entgegenstellten, bestanden in der Zubereitung des Materials und dann, nachdem diese
gehoben, in der Schwierigkeit, dasselbe aufzutragen. War die Unterlage nicht
vollkommen trocken, so verhinderten die durch die Hitze gebildeten und durch den
Asphalt aufsteigenden Wasserdämpfe das gehörige Zusammenbacken der Masse. An manchen
Stellen war der Boden bei Anlegung eines Abzugscanals aufgelockert worden und
verursachte dann, indem er sich wieder festsetzte, Risse in die Asphaltdecke. Alle
diese Hindernisse wurden indeß überwunden und so eine Straßenbekleidung gewonnen,
welche folgende Vorzüge bietet:
1) Vermeidung von Staub und Schmutz, da die jährliche Abnutzung nur 1 Millimeter
beträgt;
2) fast vollkommene Geräuschlosigkeit;
3) Verminderung der Arbeit der Pferde im Vergleich mit dem Pflastern und
Macadamisiren: eine Thatsache, die allerdings von Tresca,
der über diesen Gegenstand viele Versuche angestellt hat, in Zweifel gezogen
wird;
4) Ersparniß an den Unterhaltungskosten der Wagen, welche nach Malo für Paris, wenn alle seine Straßen asphaltirt wären, 8 1/2 Millionen
Franken betragen soll;
5) Vermeidung der schädlichen Erschütterung für die Häuser.
Die dagegen erhobene Befürchtung, die Asphaltdecke konnte für leicht beschlagene
Wagen- und Reitpferde zu glatt werden, hat sich nicht bestätigt, so lange die
Straße nicht zu steil ansteigt oder zu stark gekrümmt ist. Zufolge angestellter
Beobachtungen fiel ein Pferd von 1308 auf einer gepflasterten und eins von 1409 auf
einer asphaltirten Straße. Wird aber, was zuweilen geschieht, die Straße durch
fremde, bei dem Verkehr darauf fallende Substanzen schlüpferig, so genügt einfaches
Waschen oder Bestreuen mit Sand.
Die Unkosten eines Quadratmeters Straße berechnen sich für die verschiedenen in Paris
gebräuchlichen Arten folgendermaßen:
Material.
Herstellungskosten.
Jährl. Unterhaltungskosten,
comprimirter Asphalt mit Beton
7
fl. – kr.
– fl. 35 kr.
Macadamisirung
3 fl. 16 kr.
1 fl. 12 kr. bis 1 fl. 24 kr.
Paris bezieht das Material aus dem Jura und vom Niederrhein. (Nach der deutschen
illustrirten Gewerbezeitung.)
Schornsteine aus Thonröhren.
Die Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen (1864 S. 568)
berichtet nach den Verhandlungen des Vereins für Eisenbahnkunde in Berlin über die
thönernen Schornsteine im Locomotivschuppen des
Berlin-Potsdam-Magdeburger Bahnhofes zu Berlin. Dieselben bestehen aus
12 Zoll im Lichten weiten, inwendig glasirten Thonröhren mit Muffen, welche mittelst
Cement mit einander verbunden sind. Durch 3/8 zöllige Eisenstäbe sind sie am
Dachgerüste aufgehängt und über demselben abgesteift, und beträgt ihre Höhe
einschließlich Rauchfang und Haube 32 Fuß (10 Meter), von denen 11 Fuß (3,5 Meter)
sich über dem Dache befinden. An der Durchgangstelle durch das letztere ist eine
besondere Dichtung aus Gußeisen hergestellt.
Nach Angabe der Quelle sind die Röhren von May und Comp. in Bitterfeld bezogen, und kostet ein solcher
Schornstein einschließlich Rauchfang und Haube 34 Thlr. 22 Sgr., mit der Armatur und
den Aufstellungskosten 96 Thlr. 15 Sgr. Ein gußeiserner Schornstein derselben Größe
würde dagegen 136 Thlr., ein blecherner von 1/8 Zoll (3 Millim.) Wandstärke 187
Thlr. gekostet haben.
Referent selbst hat vor mehreren Jahren auf einer chemischen Fabrik einen solchen
Thonröhrenschornstein erbaut, welcher einschließlich des gemauerten Sockels von 6
Met. eine Höhe von 18 Met. erhielt und ungefähr 10 Met. über das Dach hervorragte.
Zu demselben wurden die zur Leitung der Salz- und Salpetersäure üblichen
glasirten Steingutröhren von 340 Millim. lichtem Durchmesser benutzt. Die
Verankerung gegen das Dach geschah durch einen Ring an dem vorletzten Rohrstück circa 1 Meter unter der Mündung und durch vier Zugbänder
von 15 Millim. Rundeisen.
Der Schornstein hat sich sehr gut gehalten, und wurde der beabsichtigte Zweck, in
möglichst kurzer Zeit einen Schornstein von der angegebenen Höhe aufzustellen,
vollständig erreicht, indem derselbe durch vier Maurer in vier Tagen des
Spätherbstes vollkommen fertig gestellt wurde. Große architektonische Schönheit
entwickelte er freilich nicht. R. Z. (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1865, Bd. IX S. 359.)
Ueber die gegenwärtige Ausdehnung der Fabrication von
künstlichem Portland-Cement in Deutschland; von Dr. Grüneberg.
Vor etwa zehn Jahren gründete Dr. Bleibtreu die erste derartige Fabrik in der Nähe von Stettin. Die dort
vorkommende pulverige und thonhaltige Kreide, welche in sehr ausgedehnten Lagern
vorhanden ist, mochte die erste Veranlassung zu dieser Industrie seyn. Die Fabrik
begann, wenn ich nicht irre, mit einer Production von 40 Tonnen (die Tonne zu
beiläufig 4 Ctr.) per Tag und dehnte sich bald zu einer
ansehnlichen Größe aus. Einige Jahre später entstand die Fabrik des Consuls Quistorp, welche vor zwei Jahren bereits die Quantität
von 80 Tonnen per Tag darstellte, und in neuester Zeit
hat die Cementfabrik „Stern“ zu Finkenwalde bei Stettin von
ähnlicher Ausdehnung ihren Betrieb eröffnet.
Die dortigen Fabriken senden ihr Fabricat nach sämmtlichen Ostseehäfen, und in das
Innenland bis zum Herzen Deutschlands, so daß hierdurch der Gebrauch von
Portland-Cement in jenen Gegenden auf sehr bescheidene Grenzen zurückgeführt
ist.
Am Rhein, in der Nähe von Bonn, besteht eine fernere Fabrik, ebenfalls von Dr. Bleibtreu gegründet und
von diesem betrieben, welche den westlichen Theil von Deutschland versorgen
hilft.
Die Anwendung der künstlichen Cemente bricht sich immer mehr Bahn, zumal verspricht
die Möglichkeit, mit Hülfe von Cement aus scharfkantigen Steinen sehr dünne, äußerst
haltbare und wohlfeile Mauern ausführen zu können, die ausgebreitete Anwendung.
(In der früheren Mittheilung des Verf. „über Cementfabrication“
im 1. Juniheft (Bd. CLXXVI) S. 405 lese man geile 15 von unten: „Zu einer
täglichen Production von 80 Tonnen, die Tonne à 4 Ctr., sind 200 Arbeiter nöthig.“ Die
Redact.)
Ueber das Härten von Gußeisen mit säurehaltigem Wasser.
Ueber das Härten von Gußeisen mit Wasser, welches mittelst Schwefelsäure und
Salpetersäure angesäuert ist (man s. die Vorschrift im polytechn. Journal Bd. CLXXV
S. 85), sagt Friedr. Kick in der Wochenschrift des
nieder-österreichischen Gewerbevereins Nr. 9: „Wenn auch die Säuren
chemisch auf das Gußeisen einwirken, so scheint es mir doch unmöglich, daß
hierdurch ein Härten desselben bedingt werden könne; anderseits genügte mir die
einfache Erklärung der oben behaupteten Thatsache durch die Annahme vermehrter
Wärmeleitungsfähigkeit der Härteflüssigkeit des geringen Säurequantums wegen
auch nicht. Die hierdurch erregten Zweifel trieben mich, die Sache zu versuchen,
und ich fand die oben erwähnte Methode, Gußeisen zu Härten, vollkommen
bestätigt. Es kann die Flüssigkeit zum Härten mehrerer Stücke verwendet werden;
wenn auch hierbei ihr Säuregehalt etwas abnimmt, so ist dieß nicht von
merklichem Einfluß. Es kommt eben nicht auf allzu ängstliches Einhalten des
Receptes an, auch kann in jedem Ofen oder Schmiedefeuer das Gußeisen glühend
gemacht werden und braucht man bezüglich der hierbei erlangten Farbe, ob heller
oder dunkler roth, nicht sonderlich genau zu seyn. Kann auch der Einfluß des
Grades der Glühhitze nicht geläugnet werden, so ist er doch lange nicht so
merklich wie beim Stahl. Bei der Benutzung von Schmiedefeuer wird man gut thun,
den zu härtenden Gegenstand in einen Tiegel, Topf oder dergleichen zu legen, da
er vor dem Einflusse des Windes geschützt werden muß. Ich härtete nur graues,
mittelfeines Gußeisen; die erzielte Härte dürfte der Gelbhärte von gutem
Zeugstahl entsprechen; es konnte der gehärtete Gegenstand mit den besten Feilen
nur sehr schwer, auf der Hobelmaschine gar nicht bearbeitet werden. Auf eine
Tiefe von mindestens 4 Millimeter war die Härtung erfolgt; bei Stücken von 10
Millim. Dicke war die ganze Masse gleich hart und zersprang wie glasharter Stahl
bei leichten Hammerschlägen. Ein Versuch glühendes Gußeisen in Schneewasser zu
Härten, gelang nur sehr mittelmäßig., indem die angenommene Härte geringer war.
Da es jedoch möglich ist, Gußeisen in gesättigter Kochsalzlösung gleichfalls
sehr gut zu härten, so dürfte die Wirkung der dem Wasser beigegebenen Säuren,
wie jene des Kochsalzes, eben nur auf Vergrößerung der Wärmeleitungsfähigkeit
der Härteflüssigkeit beruhen, denn an eine gleiche chemische Wirkung der Säuren
und des Kochsalzes kann nicht gedacht werden.“
Verzierung von Stahlgegenständen.
Ch. Weintraub in Offenbach empfiehlt hierzu in der
„illustrirten deutschen Gewerbezeitung“ auf den blank
polirten Stahl mittelst einer concentrirten Lösung von Borsäure passende Zeichnungen
aufzutragen, trocknen zu lassen und dann den Gegenstand zu erhitzen. Der Stahl
bedeckt sich dadurch mit Anlauffarben, während die mit Borsäure bestrichenen Stellen
weiß bleiben, aber matt werden.
Diese Methode ist von Dr. H. Schwarz als richtig erprobt worden. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr.
12.)
Dode's Platinspiegel.
Eine Erfindung, welche sich Hr. Dode in Frankreich
patentiren ließ, geht dahin, statt des Zinnamalgams oder der Versilberung das
Spiegelglas mit Platin zu überziehen. Platinchlorid wird mit Lavendelöl gemischt,
wodurch fein vertheiltes Platin in Lavendelöl suspendirt bleibt, dann Bleioxyd oder
borsaures Bleioxyd zugemischt, die Flüssigkeit auf das zu platinirende Glas
aufgestrichen und eingebrannt.
Es wird als besonderer Vortheil hervorgehoben, daß die äußere blanke Metallfläche
spiegelt, daß man daher auf die Qualität des Spiegelglases, welches als Unterlage
dient, wenig Rücksicht zu nehmen hat.
Referent hat schon früher solche Spiegel mit dem sogenannten Glanzplatin der
Porzellanfabriken dargestellt, das man durch Zumischen von Platinchlorid zu dem
sogenannten Wismuthlüstre
(aus Harz, Terpenthinöl und Wismuthweiß) auf ziemlich einfache Art erhält, und das
sowohl an Porzellan als an Glas ziemlich fest haftet. Die Spiegel sind schön, haben
aber immer eine düstere Färbung, die man durch Uebergehen des Platinüberzugs mit
einer schwachen Schicht sogenannten Glanzgoldes verbessern kann. Vor Allem hält
derselbe den Ersatz der Metallhohlspiegel, z.B. bei den Locomotivlaternen durch
solche aus Porzellan gedrehte und dann mit Glanzplatin bedeckte Hohlspiegel für sehr
zweckmäßig, da das Glanzplatin kein Putzen verlangt und von der Luft,
Schwefelwasserstoff und anderen Gasen nicht angegriffen wird. Hohlspiegel aus Glas
lassen sich ganz leicht mit Glanzplatin darstellen; ihre Spiegelung ist indessen
lange nicht so schön, als die der Silberspiegel. Dr. H.
Schwarz. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr. 13.)
Ueber die Lichtempfindlichkeit der Wolframsäure; von P. E. Liesegang.
Die Wolframsäure ist ein gelbes, in Wasser und Säuren unlösliches Pulver. In
Gegenwart organischer Stoffe verhält sich diese Säure ähnlich der Chromsäure, sie
verwandelt sich unter dem Einfluß des Lichts in das sogenannte blaue Oxyd oder
wolframsaure Wolframoxyd (W2O5), wie die Chromsäure in chromsaures Chromoxyd verwandelt wird.
In Ammoniak löst sich die Wolframsäure zu wolframsaurem Ammon; wenn man hiermit
Papier tränkt, dieß mit verdünnter Salzsäure wascht, um die Wolframsäure
niederzuschlagen, so besitzt man ein hellgraues Papier, das im Lichte eine
entschieden blaue Färbung annimmt. (Photographisches Archiv, April 1865, S.
152.)
Photographische Caricaturen.
Man erhält dieselben meistens durch Anwendung verschiedener Negative, indem man z.B.
einen stark vergrößerten Porträtkopf, einen Thierleib und eine Glasglocke mit
einander derartig combinirt, daß zuerst der Porträtkopf allein übertragen wird,
indem man den Körper auf dem Negativ mit schwarzer Farbe deckt, daß man dann das
Thiernegativ mit zugedecktem Kopfe, endlich das Negativ der Glasglocke auf das
Positiv natürlich genau passend überträgt. Man erhält dann ein Positiv, einen Asten
z.B. mit Menschenkopf, der unter einer Glasglocke sitzt.
In anderer einfacherer Art kann man Caricaturen erzielen, indem man das noch feuchte
Collodiumhäutchen nach Aufnahme des Negativs mittelst gelinden Drucks oder mittelst
einer schwachen Salzsäurelösung los macht und dann durch Ziehen in die Breite oder
Länge verschiebt, wodurch man Caricaturen der lächerlichsten Art erhält, die
indessen immer noch Porträtähnlichkeit zeigen. Trocknet man das Negativ alsdann
rasch, so legt sich das Collodium in dieser Verzerrung fest an das Glas an und man
kann dann Positivs in beliebiger Anzahl davon nehmen. (Photographisches Archiv.)
Verbrennung von Sauerstoffgas in einer
Wasserstoffatmosphäre.
Während meiner Studienzeit am polytechnischen Institut in Wien, hatte ich Gelegenheit
einem der interessantesten chemischen Versuche, ausgeführt von Prof. Schrötter, beizuwohnen. Es ist dieß die Verbrennung von
Sauerstoff in einer Wasserstoffatmosphäre.
Die Ausführung dieses Experimentes erfolgt in folgender Weise:
Ein mit Sauerstoff gefüllter Gasometer steht mit einer gebogenen Glasröhre in
Verbindung, die sich in einer mit Wasser gefüllten pneumatischen Wanne befindet, und
so aufgestellt ist, daß der längere, in eine feine Spitze ausgezogene Arm, ungefähr
5 Zoll senkrecht über die Oberfläche des Wassers hervorragt. Hat man den Apparat so
hergerichtet, und einen Glascylinder von ungefähr 9–10 Zoll Höhe und einer
lichten Weite von 4 Zoll, mit Wasserstoffgas gefüllt, zur Hand gestellt, so läßt man
Sauerstoff durch die
Spitze des Rohres ausströmen, entzündet nun das im Glascylinder enthaltene
Wasserstoffgas, stürzt denselben rasch über die Glasröhre und senkt ihn so weit
herab, bis sein Rand auf der, 2 Zoll unter dem Wasserspiegel befindlichen Brücke der
pneumatischen Wanne aufruht. Dadurch kommt der ausströmende Sauerstoff zuerst mit
der brennenden Schicht des Wasserstoffgases in Berührung, gleich darauf aber mit dem
Wasserstoff selbst und erhält durch Berührung mit der Flamme eine hinreichend hohe
Temperatur, um sich mit dem Wasserstoff verbinden zu können. Die Verbindung erfolgt
mit wenig leuchtender, spitzer Flamme. Das Wasserstoffgas erlischt im Moment als der
Rand des Glascylinders unter die Oberfläche des Wassers gebracht wird, und die
weitere Verbindung der beiden Stoffe erfolgt bloß an der Ausströmungsöffnung.
– Der ausströmende Sauerstoff brennt so lange fort, als noch Wasserstoff im
Cylinder enthalten ist.
In dem Maaße als Wasserstoff durch die Verbrennung verzehrt wird, steigt das Wasser
der pneumatischen Wanne im Glascylinder empor, und man hat daher durch Zugießen den
Wasserspiegel so ziemlich im gleichen Niveau zu erhalten. Ist das Wasser im Cylinder
schon nahe der Spitze des Rohres gekommen, so muß man durch Absperren des
Sauerstoffstromes das Experiment rasch unterbrechen.
Die Flamme ist natürlich ganz dieselbe, als wenn man Wasserstoff in einer
Sauerstoffatmosphäre verbrennt, denn sie ist in beiden Fällen die Erscheinung der
chemischen Verbindung beider Elemente zu Wasser. Dessenungeachtet ist der Versuch
von hohem Interesse, indem dadurch die Eintheilung der Körper in Zünder und Brenner
wegfällt, denn der Zünder kann, wie eben durch Schrötter's Experiment gezeigt wurde, auch als Brenner auftreten, wenn er nur
jenes Gas als Atmosphäre besitzt, dessen Verbrennung er bedingte.
Freiberg, 21. Juni 1865.
Ottokar Hofmann, Bergakademist zu Freiberg.
Die Entdecker des Anilins und der Anilinfarben.
Die Mülhausener Société industrielle hatte
im vorigen Jahre einen Preis zu vertheilen für die Erfindung, welche in den letzten
10 Jahren der Industrie im Elsaß den größten Nutzen gebracht. Als solche wurde die
Anilinfarbenfabrication anerkannt, und daher ertheilt die große goldene Medaille an
Prof. Runge in Oranienburg (früher an der Universität in
Breslau) für seine Entdeckung des Anilins im Steinkohlentheer (1834).
Derselbe schlug 10 Jahre später der Seehandlung vor, in Oranienburg eine
Theerverarbeitungsfabrik zu gründen, was indessen abgelehnt wurde. Er nannte das
Anilin Kyanol, von der schönen blauen Farbe, die es mit Chlorkalk gab, war also
schon auf dem Wege zu den Anilinfarben. Zinin fand 1843
die Darstellung des Anilins aus dem Benzol resp. Nitrobenzol durch
Schwefelwasserstoff. Diese Methode ist im Großen nicht brauchbar, desto mehr die
Methode von Béchamp, der das Nitrobenzol durch
Eisenfeile und Essigsäure reducirt, eine Methode, nach der jetzt alles Anilin
dargestellt wird. Béchamp erhielt dafür die kleine
goldene Medaille. Im Jahre 1857 entdeckte Perkin,
Assistent von A. W. Hofmann, das Anilinviolett, und war
der erste, der diese von Runge entdeckte Farbenreaction
praktisch zu verwenden wußte.
Im September 1858 überreichte A. W. Hofmann, der berühmte
deutsche Chemiker, der zuerst als Assistent von Liebig
die Beobachtungen Runge's bestätigt hat und sich seit
dieser Zeit sehr viel mit Anilin beschäftigte, der französischen Akademie eine
Abhandlung über die Einwirkung des Zweifach-Chlorkohlenstoffs auf Anilin,
wobei er zuerst den prachtvollen rothen Farbstoff, das Rosanilin oder Fuchsin
auffand. Er erhielt deßhalb und wegen seiner anderen Arbeiten die kleine goldene
Medaille.
Verguin in Lyon, der zuerst das Fuchsin mittelst
Zinnchlorid fabrikmäßig darzustellen lehrte, erhielt die letzte kleine goldene
Medaille. Leider hatte ihn der Tod schon ereilt, so daß dieselbe nur seiner Familie
zugestellt werden konnte. Zwei Deutsche, zwei Franzosen und ein Engländer haben sich
also in diese Medaille getheilt. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr. 12)
Anilinorange; von Dr. Emil Jacobsen.
Ueber diesen prächtigen goldgelben Farbstoff finden sich in technischen Journalen
keine Angaben über Darstellung und Eigenschaften, obgleich er schon seit einiger
Zeit Handelsartikel ist; es mögen daher hier einige Andeutungen über denselben
gestattet seyn. Bei der Darstellung von Anilinroth mittelst Anilin und
salpetersaurem Quecksilberoxyd, wird, wie bekannt, das Anilinroth durch Auskochen
des Harzkuchens, Erkalten der Lösung und Krystallisirenlassen gereinigt. In der
Mutterlauge befindet sich nun neben kleinen Mengen von violetten und bräunlichrothen
Farbstoffen auch das Anilinorange, welches von diesen dadurch getrennt wird, daß man
erstere durch Zusatz von Kochsalz oder dergl. ausfällt, das Orange bleibt dann in
Lösung und wird durch Eindampfen und Auslaugen des Rückstandes rein erhalten. Es ist
in Spiritus völlig, wenig in kaltem Wasser, mehr in heißem Wasser löslich und färbt
Seide und Wolle schön goldorange. Außer zum Färben von Zeug dürfte sich das
Anilinorange auch zur Herstellung gelbgefärbter Lacke, z.B. zum Ueberzug optischer
Instrumente, von Stanniol u.s.w. eignen. Sein Preis ist gegenwärtig pro Pfund 15 bis 17 Thaler. Das Anilin orange scheint,
ähnlich wie das Anilinroth, das Blau, mehrere Violetts u.s.w. das Salz einer
eigenthümlichen Basis zu seyn; mit Ammoniak digerirt wird es hell schwefelgelb, und
nimmt, mit schwachen Säuren übergossen, wieder seine ursprüngliche Orangefarbe an.
(Jacobsen's chemisch-technisches Repertorium,
1864. 2. Halbjahr S. 22.)
Ueber Dr. Wiederhold's Lederöl.
Mitgetheilt von Artillerie-Hauptmann
Dy. in Cassel.
Bekanntlich ist es für bespannte Batterien und Fuhrwerkscolonnen von großer
Wichtigkeit, die Ledertheile der Reit- und Geschirrzeuge während ihres
Gebrauches immer recht weich und geschmeidig, sowie im innigsten Zusammenhange
damit, auch fest und zuverlässig erhalten zu können. Ebenso bekannt ist es aber
auch, wie wenig befriedigend die Versuche ausgefallen sind, diesen Zweck durch
Anwendung von aus Oel-Abfällen verschiedener Industriezweige gebildeten
Compositionen zu erreichen, wie mißtrauisch man ferner dadurch nach dieser Richtung
hin geworden ist, und wie sehr sich endlich in maaßgebenden Kreisen hierdurch die
Meinung Bahn gebrochen hat, nunmehr an dem Fischthran, als dem relativ besten und
zuverlässigsten Mittel festhalten zu müssen, obgleich dessen Geruch sehr lästig und
derselbe bei ziemlich bedeutendem Preise auch noch der Oxydation unterworfen ist,
wodurch er seine schlüpfrig machende Eigenschaft mit der Zeit verliert und an deren
Stelle dann eine Verharzung der in das Leder eingedrungenen Fischthranpartikelchen
eintritt, welche Verklebungen der betreffenden. Hautfasern mit einander bewirkt und
so schließlich mit Nothwendigkeit zum Brüchigwerden des Leders, dessen Theilchen
sich beim Biegen dann nicht mehr übereinander hinschieben können, führen muß.
Bei diesem Stande der Sache und dem großen Capitale, welches, den immer mehr
steigenden Lederpreisen entsprechend, durch die Reit- und
Geschirr-Equipagen der respectiven Armee-Corps repräsentirt wird, darf
also wohl als höchst wichtig darauf hingewiesen werden, daß es einem hiesigen
Chemiker, Hrn. Dr. Wiederhold
gelungen ist durch rationelle Berücksichtigung der hier vorliegenden Bedingungen und
insbesondere auch durch das Studium des Verderbnißprocesses, welchem
Lederwerksstücke, die abwechselnd den zersetzenden Einflüssen von Schnee und
Regenwasser mit ihren Ammoniakgehalten, von Schweiß mit seinen organischen Säuren,
von Stalldunst mit Verbindungen beider genannten Substanzen imprägnirt etc.
ausgesetzt sind, stets unterworfen seyn werden, wenn man diesen Einflüssen nicht
wirksame Gegenmittel entgegenstellt – ein Lederöl darzustellen, welches
1) sehr leicht anzuwenden ist, indem es von dem Leder, welches vorher mit Wasser
gereinigt worden und dann noch etwas feucht geblieben ist, wie von einem Schwamme
aufgesogen wird;
2) eine ungemeine Geschmeidigkeit in den von ihm durchdrungenen Lederwerksstücken
erzeugt, so daß nach seiner Anwendung selbst die härtesten und ältesten Riemen in
einer überraschenden Weise wieder biegsam werden, wie das hier z.B. an
hartgewordenen ledernen Zugsträngen und Brustblättern der Geschirre beobachtet
wurde;
3) zugleich auch sehr conservirend auf das Leder einwirkt, indem es Bestandtheile
enthält, welche die oben angegebenen nachtheiligen Einflüsse von atmosphärischen
Niederschlägen, Schweiß, Stalldunst etc. zu paralysiren vermögen;
4) nicht oxydirt, also auch von den oben angegebenen Mängeln des Fischthrans frei
ist;
5) bei wiederholter Verwendung immer kleiner werdende Verbrauchsquantitäten
erfordert;
6) relativ billig ist, indem es, in kleineren Quantitäten durch den Handel bezogen,
schon immer etwas billiger als der Fischthran zu stehen kommt, bei
SelbstdarstellungenDer Erfinder hat sich bereit erklärt die Vorschrift gegen ein mäßiges Honorar
abzugeben., welche gar keiner Schwierigkeit unterworfen sind, aber nicht unbedeutend an
diesen Kosten gespart werden kann, und endlich
7) den Vorzug der Geruchlosigkeit hat.
Letztere Eigenschaft macht es endlich auch möglich die in hohem Grad vorhandene
Eigenthümlichkeit dieses Oeles, alle mit ihm behandelten Lederwerkstücke geschmeidig
zu machen und gebrauchstüchtig zu erhalten, noch in Bezug auf verschiedene andere
Gegenstände, wobei der Fischthrangeruch besonders lästig wird, anzuwenden, dieselbe
z.B. auch für lederne Fußbekleidungen etc. nutzbar zu machen, in welcher Beziehung
das in Rede stehende Lederöl auch von einem dem Referenten befreundeten
Jagdliebhaber schon großes Lob geerntet hat, und so dürfte denn diese Erfindung
nicht nur als eine in militärischer Beziehung höchst wichtige, sondern zugleich auch
als eine solche zu bezeichnen sehn, die ganz allgemein in den weitesten Kreisen
Beachtung verdient.
Reinigung des Knochenfettes, nach Dr. Dullo.
Das Fett, welches man beim Auskochen der frischen Knochen erhält, ist bekanntlich
sehr unrein und schwer zu reinigen. Es enthält Schleim und Leim, welcher letztere
gewissermaßen als Bindemittel zwischen Oel und Wasser dient, so daß das unreine
Knochenöl bedeutende Mengen von Wasser enthält. Man kann das Oel reinigen, indem man
es ruhig stehen läßt, dann scheidet sich nach Monaten oben das klare Oel aus, aber
bei weitem nur der kleinere Theil. Schneller kann man zum Ziele gelangen durch
Schwefelsäure oder basisch-essigsaures Bleioxyd. Aber beide Niethoden sind
ziemlich kostspielig und leiden außerdem an so vielen Mängeln, daß sie nicht
empfehlenswerth sind. Im Folgenden führt der Verfasser eine Reinigungsmethode an,
die sich durch Billigkeit, Schnelligkeit und leichte Ausführbarkeit sehr
empfiehlt.
Als er vor längerer Zeit viel mit Leder arbeitete, hatte er einmal Gelegenheit zu
bemerken, mit welcher Raschheit der elektrische Strom das gelöste Leder, welches als
gerbsaurer Leim betrachtet werden kann, zerstört, und da ihm einige Zeit darauf die
Aufgabe gestellt war, ein höchst unreines Knochenfett zu reinigen, so lag für ihn
die Vermuthung nahe, daß der elektrische Strom auch hier den Leim, welcher das
Knochenöl verunreinigte, zerstören würde, ohne daß der Strom dem Oel Schaden thun
möchte. Ein Versuch bestätigte die Vermuthung vollkommen. Die praktische Ausführung
wurde folgendermaßen vorgenommen: In einen blank gescheuerten kupfernen Kessel thut
man das zu reinigende Oel, erwärmt schwach bis auf etwa 40° C., gießt auf 100
Pfd. des rohen Oels je nach der Unreinheit desselben 1/4 bis 1 Pfd. Schwefelsäure,
die man mit der zehnfachen Menge Wasser verdünnt hat, hinzu und mischt Alles gut
durch einander. Dann legt man in den Kessel gegossene Zinkplatten, und zwar so, daß
diese das Kupfer möglichst viel berühren, und daß die Gesammtoberfläche des Zinkes
ungefähr halb so groß ist, als die des Kupfers. Sofort beginnt der Strom zu wirken;
die Flüssigkeit schäumt, und zwar um so mehr, je mehr Leim im Fett enthalten war,
man muß daher auf Steigraum im Kessel rechnen. Je länger der Strom wirkt, desto mehr
reines Oel scheidet sich oben aus, während die Zersetzungsproducte des Leims sich
theils in Gasform verflüchtigen, theils sich im unten befindlichen Wasser ansammeln;
ebendaselbst ist auch das gebildete schwefelsaure Zinkoxyd gelöst. Ist die
Einwirkung beendet, was man leicht sehen kann, so schöpft man das Oel ab, läßt es
absetzen und filtrirt es durch Papier, worauf dasselbe zum Verkauf fertig ist. Das
Oel wird vom Strom nicht zersetzt; es wird ein wenig dickflüssiger, allein das hat
für alle Zwecke, für
welche Knochenöl gebraucht wird, nichts zu sagen. – Selbst das Fett, welches
man beim Dämpfen der Knochen erhält, welches aus einer Kalkseife mit Leim, Schleim
und Wasser besteht, das im glücklichsten Falle 10 Procent Oel, an weniger
glücklichen Falle nur 3 Proc. Oel enthält, selbst dieses Gemisch läßt sich noch
vortheilhaft auf die angegebene Weise behandeln, man erhält aber in diesem Falle das
Knochenfett in durchaus fester Form, weil die hohe Temperatur und lange Dauer des
Dämpfens alle flüssigen Fette mehr oder weniger hart macht. (Deutsche illustrirte
Gewerbezeitung, 1865, Nr. 9.)
Neue Quelle des Theeins.
Dieses für die ganze Menschheit so wichtige Alkaloid, auf dessen Gegenwart in den
verschiedensten Pflanzen der Beifall beruht, den dieselben instinctmäßig bei fast
allen Völkern des Erdballes gefunden haben, kommt nicht allein im Thee, Kaffee
(Früchten und Blättern), sondern auch im Paraguay-Thee, den Blättern der Ilex paraguayensis vor. Besonders reich daran ist das
sogenannte Guarana-Brod, welches erhalten wird, indem man die Blätter von Paullinia sordilis, einem Baum, der in Brasilien, im
Thal des Amazonenflusses sehr verbreitet ist, trocknet, pulvert, und aus diesem
Pulver mit Wasser einen dicken Brei macht, den man in Kuchen formt und an der Sonne
trochnet. Man kratzt dann beim Gebrauche einen Löffel voll dieses Pulvers ab und
brüht es mit heißem Wasser an, wodurch man ein sehr angenehmes Getränk erhält.
Dieses Guaranabrod enthält circa 5 Proc. Theein, während
der Thee nur 0,5 bis höchstens 3,5 Proc. liefert. In neuester Zeit ist endlich auch
in West-Afrika eine Pflanze entdeckt worden, deren Nuß, die sogenannte
Kolanuß, bis 2 Proc. Theein enthält und voll den dortigen uncultivirten
Völkerschaften schon seit undenklicher Zeit als Heil- und Stärkungsmittel
gebraucht worden ist. Ein neuer Beweis, wie wunderbar der menschliche Instinct durch
die Ergebnisse der Analyse gerechtfertigt wird. (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr.
13.)
Eine Grammatik der Ornamente.
Bei Ludwig Denicke in Leipzig (und Day
and
Son in London) ist jetzt vollständig
erschienen:
„Grammatik der Ornamente von Owen Jones, illustrirt
mit Mustern von den verschiedenen Stylarten der Ornamente, in 112 (chromolithographischen) Tafeln.“ Preis: 35 Thlr.
Der Verfasser stellt die Typen jeder Stylart acht und rein neben einander, zunächst
in der Absicht, der immer mehr um sich greifenden Tendenz unseres Zeitalters, ohne
Rücksicht auf die uns überkommenen Vorbilder aus der Vergangenheit einen neuen Styl
bilden oder erfinden zu wollen, Einhalt zu thun. Jones sagt in dieser Hinsicht:
„Jeder Versuch, Kunsttheorien aufzubauen oder einen Styl zu bilden
ohne Rücksicht auf die Vergangenheit, wäre ein Unternehmen der höchsten
Thorheit; das hieße die seit Jahrtausenden angehäuften Erfahrungen und
Kenntnisse muthwillig verwerfen.“
In dem sehr belehrenden Texte sind die allgemeinen Principien zur Anordnung der Form
und Farbe in der Architektur und decorativen Kunst vorausgeschickt; sie sind in
ihrer Reihenfolge für jeden Künstler von größtem Interesse und hohem Werth.
Das Werk ist mit großer Sorgfalt sowohl in Text, als Zeichnung und Farbe ausgeführt;
es beginnt mit den Ornamenten der wilden Stämme und geht alle Style durch, selbst
den der Chinesen nicht ausgenommen, bis zum italienischen, und schließt mit einer
Reihe von ornamental gruppirten Blättern und Blumen aus der Natur.
Vorzüglich interessant ist die Ornamentik der Glasmalerei, das dem Ornamente der
Renaissance folgende sogenannte elisabetheische Ornament und die Verzierungsweise
indischer Geschirre mit Schmelzmalerei.
Bei der großen Reichhaltigkeit, in welcher dieses Werk alle Stylarten bietet, ist es
die beste Quelle, um in reinem Style zu schöpfen und bei richtigem Verständniß
Geschmackvolles zu schaffen; es sollte deßhalb in keiner öffentlichen Bibliothek, in
keiner Kunst- und technischen Lehranstalt, Manufacturschule etc. fehlen;
Dessinateuren und Decorationsmalern ist es als ein wahrer Schatz vorzüglich zu
empfehlen.
E. D.