Titel: | Ueber die technische Darstellung der Phtalsäure und der Chloroxynaphtalsäure; von Paul Depouiily und Ernest Depouiily. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XXI., S. 64 |
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XXI.
Ueber die technische Darstellung der Phtalsäure
und der Chloroxynaphtalsäure; von Paul
Depouiily und Ernest Depouiily.
Aus den Comptes rendus, t. LXI p. 82; Juli
1865.
Depouilly, über Darstellung der Phtalsäure und
Chloroxynaphtalsäure.
Aug. Laurent hat in seiner großen, in den Jahren 1832 bis
1845 veröffentlichten Arbeit über die Derivate des
Naphtalins das sehr complexe Resultat der mehr oder weniger andauernden
Einwirkung von Chlor auf Naphtalin beschrieben.
Er erhielt auf die angegebene Weise ein Gemenge mehrerer Körper, zu denen unter
anderen gehörten:
Naphtalinchlorür
=
C20 H⁸, Cl²
(Napthylchlorür-Chlorwasserstoff);
Naphtalinbichlorür
=
C20 H⁸, Cl⁴
(Chlornaphtylchlorür-Dichlorwasserstoff);
Chlornaphtalinbichlorür
=
C20 H⁷, Cl⁴.
Diese verschiedenen Chlorverbindungen isolirte Laurent
durch Waschen, Trennen und Krystallisiren mittelst Aether; dann behandelte er die
flüssigen Chlorüre neuerdings drei Tage lang mit Chlor, worauf er sie wiederholt von
einander trennte, zum Krystallisiren brachte und die erhaltenen Krystalle auf
mechanischem Wege von einander schied. Wiederholt man diese Versuche, so kommt es
oft vor, daß das Chlornaphtalinbichlorür mit den ölartigen Chlorüren in der
ätherischen Mutterlauge in Lösung zurückbleibt.
Durch Behandeln von Naphtalinbichlorür mit kochender Salpetersäure erhielt Laurent
eine neue Säure, die Phtalsäure, C16 H⁸
O⁸.
Als er Chlornaphtalinbichlorür ebenso behandelte, erhielt er neben Phtalsäure noch
ein Product von butterartiger Consistenz, aus welchem er durch Behandlung mit Aether
und Alkohol einen krystallisirten Körper auszog, das Chloroxynaphtylchlorür C20 H⁴
Cl² O⁴
Textabbildung Bd. 178, S. 64
welches durch eine alkoholische Kalilösung in
Chloroxynaphtalsäure C20 H⁵ ClO⁶
Textabbildung Bd. 178, S. 64
verwandelt wird, entsprechend der Gleichung
C20 H⁴ Cl²
O⁴ + 2 KO = C20 H⁴ Cl KO⁶ +
KCl.
Die Salze der Chloroxynaphtalsäure zeigen verschiedene, sehr schöne Farben, indessen
war es Laurent nicht möglich, mit den nach seinem
Verfahren dargestellten sehr geringen Mengen derselben Versuche über ihre praktische
Verwendung als Farbstoffe anzustellen.
Wir behandeln nach unserer Methode das Naphtalin bei gewöhnlicher Temperatur mit
chlorsauren Alkalien und Chlorwasserstoffsäure. Dieses Chlorirungsmittel führt zu
ganz unerwarteten Resultaten. Man kann auf diese Weise in einer einzigen Operation
eine große Menge Chlor mit dem Naphtalin verbinden und viel Naphtalinbichlorür und
Chlornaphtalinbichlorür neben einer sehr geringen Menge Mono- oder
Protochlorür darstellen.
Dieses letztere, sowie die anderen ölartigen Chlorüre, lassen sich durch Auspressen
und die Anwendung geeigneter Lösungsmittel entfernen.
Das Gemenge von Naphtalin- und Chlornaphtalin-Bichlorür wird von
Salpetersäure im Wasserbade angegriffen.
In Folge der Langsamkeit dieser Reaction läßt sich eine größere Menge
Chloroxynaphtylchlorür erhalten; durch eine kräftigere Einwirkung würde man die
letztere färbende Verbindung in Phtalsäure verwandeln. Bei diesem mäßigen und
gleichzeitigen Angriffe der beiden Bichlorüre durch die Salpetersäure wird das
Naphtalinbichlorür in Phtalsäure und der größere Theil des Chlornaphtalinbichlorürs
in Chloroxynaphtylchlorür verwandelt.
Es setzt sich eine aus verschiedenen Verbindungen bestehende Masse ab, aus welcher
mittelst kochenden Wassers die Phtalsäure ausgezogen wird; man läßt letztere
krystallisiren und verwandelt sie auf die von uns angegebene WeisePolytechn. Journal Bd. CLXXV S.
455. in Benzoesäure.
Der in Wasser unlösliche Rückstand wird mit caustischen Alkalien in wässerigen
Lösungen behandelt, wodurch das Chlroxynaphtylchlorür in chloroxynaphtalsaures
Alkali verwandelt wird und als solches in Lösung geht. Man trennt die letztere vom
ungelöst gebliebenen Rückstande und neutralisirt sie mit einer Mineralsäure, worauf
sich die Chloroxynaphtalsäure in unreinem Zustande ausscheidet.
Um sie zu reinigen, behandelt man ihr neutrales Natronsalz mit so viel Alaun, daß der
die Säure verunreinigende braune Farbstoff vollständig niedergeschlagen wird,
filtrirt dann die Salzlösung und zersetzt sie mit einer Mineralsäure, worauf die
Chloroxynaphtalsäure als blaßgelbes Krystallpulver sich ausscheidet.
Die Chloroxynaphtalsäure ist krystallinisch, strohgelb, und läßt sich in schönen
Nadeln sublimiren. In kaltem Wasser ist sie nur schwierig, in kochendem etwas
leichter löslich; auch löst sie sich in Alkohol, Aether und Benzin. Von
concentrirter Schwefelsäure wird sie gleichfalls gelöst, aus dieser Lösung aber
durch Wasser unverändert wieder gefällt.
Sie ist eine verhältnißmäßig starke Säure, zersetzt die Essigsäuresalze der Alkalien
und ist somit in dieser Art von Salzen leicht löslich.
Mit unorganischen und organischen Basen verbindet sie sich zu verschieden gefärbten
Salzen.
Ihre Kali-, Natron- und Ammoniaksalze sind in Wasser sehr leicht, in
überschüssigem Alkali schwieriger löslich, werden indeß bei Gegenwart von Essigsäure
in letzterem etwas leichter löslich. Sie sind dunkelroth, ihre Lösungen
blutroth.
Das Kalksalz schießt aus seiner kochendheißen Lösung in
seidenglänzenden, goldgelben, in kaltem Wasser wenig löslichen Krystallen an.
Das gleichfalls schwierig lösliche Barytsalz ist schön
orangefarben. Das Thonerdesalz ist dunkel krapproth.
Das mittelst eines Eisenoxydulsalzes dargestellte Eisensalz bildet einen fast schwarzen amorphen Niederschlag. Das Kupfersalz ist lebhaft roth gefärbt. Das Zinksalz, ebenso das Cadmiumsalz erscheint rothbraun; das Bleisalz
scharlachroth; das Nickel- und das Kobaltsalz granatfarben; das Quecksilbersalz
morgenroth.
Das Anilinsalz ist schön roth; das Rosanilinsalz ist grün, gibt aber mit Wasser eine schön kirschrothe
Lösung.
Die Salze, welche die Chloroxynaphtalsäure mit den metallischen und organischen Basen
bildet, finden in der Malerei, der Färberei und der Druckerei Anwendung.
Die Chloroxynaphtalsäure selbst färbt die Wolle ohne Mordant intensiv roth; in
Verbindung mit anderen Farbstoffen gibt sie mannichfache Nüancen und jedenfalls
steht ihr als Farbmaterial eine bedeutende Zukunft bevor.