Titel: | Expansionsvorrichtung von Bonsack, Hansen und Comp. in Gotha. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XXVI., S. 84 |
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XXVI.
Expansionsvorrichtung von Bonsack, Hansen und Comp. in Gotha.
Aus der deutschen Industriezeitung, 1865, Nr.
13.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Expansionsvorrichtung von Bonsack, Hansen und Comp.
Um eine Dampfmaschine mit möglichst wenig Dampfverbrauch arbeiten zu lassen und
gleichzeitig einen möglichst gleichmäßigen Gang derselben zu erzielen, ist eine
Steuerung nöthig, welche, während des Ganges verstellbar, jede beliebig große, dem
augenblicklichen Kraftbedarfe entsprechende Cylinderfüllung ermöglicht. Bei den
verschiedenen Expansionssteuerungen wird die Verstellung der Expansion Entweder
durch den Maschinenwärter bewirkt oder von der Steuerung durch Verbindung mit dem
Regulator selbstständig, je nach dem Kraftbedarfe, der Füllungsgrad des Cylinders
bestimmt. Im ersten Falle wird von der Achtsamkeit des Maschinenwärters der
gleichmäßige Gang, sowie die Dampfersparniß abhängig gemacht; daher ist es
jedenfalls sicherer und besser, das Verstellen der Expansion durch den Regulator zu bewirken. Von
sämmtlichen unter letztere Gattung gehörenden Steuerungen ist die Meier'sche mit einem Schieber und Conus am häufigsten
benutzt, jedoch lassen sich einige Mängel derselben, wie das baldige Abnutzen und
Schlagen des von dem Regulator bewegten Ventils, das Abschleifen des Steuerconus
etc., nicht läugnen. Eine bedeutend vollkommenere Steuerungsanordnung besitzt die
Corliß-MaschineBeschrieben im Jahrgang 1854 des polytechn. Journals, Bd. CXXXII S. 321., welche sich aber wegen der Complicirtheit ihres Mechanismus wenigstens auf
dem Continent noch nicht sehr eingebürgert hat.
Auf eine ziemlich einfache Weise wird die variable Expansion durch den Regulator bei
der Expansionsvorrichtung bewirkt, welche den HHrn. Bonsack,
Hansen und Comp. in Gotha für Sachsen, Preußen
etc. patentirt ist. Dieselbe ist hinsichtlich der damit erzielten Dampfersparniß und
der großen Gleichmäßigkeit des Ganges der Maschine von der größten Wichtigkeit. Sie
wurde z.B. bei einer 10pferdigen horizontalen Maschine angebracht, welche zum
Betrieb einer horizontalen Gattersäge und einer Kreissäge dient; wurden beide Sägen
plötzlich ausgerückt und die Maschine leer gehen gelassen, so machte letztere kaum
vier Umgänge mehr. Das Wesen dieser Einrichtung besteht darin, daß 1) der in den
Schieberkasten oder Cylinder einströmende Dampf erst durch ein Ventil oder einen
Schieber hindurchgehen muß, der durch die Maschine bei Anfang eines jeden Hubes
geöffnet und bei oder vor Beendigung eines jeden Kolbenhubes wieder geschlossen
wird, sowie 2) daß der Mechanismus, welcher das Oeffnen des genannten Schiebers oder
Ventils besorgt, durch den Regulator je nach der zeitigen Geschwindigkeit der
Maschine früher oder später ausgerückt und geschlossen wird und dem Dampfe den Weg
nach dem Schieberkasten oder den Einströmungscanälen des Cylinders absperrt. Bei
normalem Gange rückt der Regulator den erwähnten Mechanismus aus, wenn der Kolben
einen bestimmten Theil seines Hubes zurückgelegt hat, d.h. die Maschine arbeitet mit
einem bestimmten Expansionsgrade. Bei zu schnellem Gange gehen die Kugeln des
Regulators weiter auseinander, diese Ausrückung tritt früher ein und die Maschine
arbeitet mit einem höheren Expansionsgrade so lange, bis der normale Gang der
Maschine dadurch wieder hergestellt worden ist. Bei zu langsamem Gange tritt diese
Ausrückung später ein und die Maschine arbeitet mit niedrigerem Expansionsgrade. In
den beigegebenen Abbildungen stellt Fig. 15 eine
Seiten- und Fig. 16 eine Vorderansicht, sowie Fig. 17 den Grundriß der
Vorrichtung dar. A ist die Kurbelwelle einer
Dampfmaschine, B eine mit ersterer durch conische Räder
in Verbindung stehende Welle, welche die Regulatorspindel C treibt, und an deren Ende eine Scheibe D,
welche zwei diametral gegenüberstehende Stifte a und b (Fig. 16 und 17) trägt,
aufgekeilt ist. Während der Rotation dieser Scheibe, welche im entgegengesetzten
Sinne der Bewegung der Zeiger einer Uhr erfolgt, erfaßt bei Beginn eines jeden
Kolbenhubes der jedesmal rechts stehende Stift a oder
b (Fig. 16) den Metallklotz
E, hebt denselben, am Klotz entlang gleitend, hoch
und gleitet ihn wieder nieder, dann hebt ihn der andere Stift und thut dasselbe etc.
Der Klotz E sitzt auf einer Stange c, d, und diese wird durch einen Rahmen e, e derart geführt, daß letzterer ihr nur eine relativ
horizontale Bewegung hin und her gestattet. Der Rahmen e,
e ist in verticaler Richtung beweglich und steht mittelst Hebel f, f derart mit dem Ventil oder Schieber in Verbindung,
daß letztere nicht geöffnet werden, wenn sich der Rahmen nebst Zubehör hebt und
umgekehrt. Während des Ganges der Maschine wird daher bei Beginn jedes Kolbenhubes
Rahmen und Ventil oder Schieber gehoben, d.h. der Dampfweg geöffnet, und am Ende,
oder je nach der Stellung des Klotzes E, vor Ende des
Hubes wieder geschlossen. Die Stange c, d hat am Ende
einen verticalen Schlitz, in welchem ein Führungsklotz sitzt. In letzterem sitzt ein
Zapfen i des Winkelhebels k, k,
k mit dem festen Drehpunkte l. Der andere
Schenkel dieses Hebels steht mit dem Regulator so in Verbindung, daß sich derselbe
senkt, wenn die Kugeln sich von einander entfernen und umgekehrt. Die Stange c, d mit dem Klotze E bewegt
sich daher im ersten Falle nach rechts (Fig. 16), im zweiten nach
links. Je weiter der Klotz nach rechts steht, desto früher verläßt ihn der daran
hingleitende und ihn hebende Stift, desto früher fällt derselbe nebst den damit
verbundenen Theilen nieder, und desto früher wird der Dampfweg abgesperrt. Bei
normalem Gang der Maschine wird der Klotz E, der sich
auf der Stange c, d verschieben und mittelst
Stellschrauben feststellen läßt, so gestellt, daß die Maschine mit einem bestimmten,
der Leistung entsprechenden Expansionsgrade arbeitet. Sind die Widerstände, welche
die Maschine zu überwinden hat, sehr veränderlich, so ändert der Klotz E je nach der Zu- oder Abnahme derselben
beständig seine Stellung und die Maschine arbeitet mit den entsprechenden
Füllungsgraden, und es können diese je nach der ursprünglichen Stellung des Klotzes
und der Spannung des Dampfes im Kessel, und je nach den Dimensionen des Klotzes
zwischen 0 und 1 liegen, d.h. die Maschine kann unter der obigen Voraussetzung mit
jedem möglichen Expansionsgrade arbeiten. Inwieweit diese Expansionsvorrichtung auch bei
bereits vorhandenen Maschinen anzubringen ist, läßt sich aus der Abbildung leicht
ersehen.
Schließlich sey noch bemerkt, daß diese Expansionsvorrichtung gegen Erlegung einer
Patentsteuer ausgeführt werden kann und ist das technische Bureau von Louis Fickert in Dresden zu deßfallsigen näheren Auskünften
bereit.