Titel: | Neue Telegraphirmethode von E. Godard in Paris. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XXXVII., S. 122 |
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XXXVII.
Neue Telegraphirmethode von E. Godard in Paris.
Gobard's neue Telegraphirmethode.
In einer Notiz im Engineer, 1865 Nr. 492, ist von interessanten Versuchen die
Rede, welche der französische Luftschiffer Godard
ausführte, um mittelst einer gewöhnlichen Lichtquelle die Möglichkeit des
Telegraphirens darzulegen. In dem dritten Stocke des Hauses einer Straße, in dem er
seine Versuche ausführte und von wo aus die Depeschen nach dem in derselben Straße
gelegenen Observatorium zu gelangen hatten, war eine mit Reflector versehene Lampe
aufgestellt, und eine ähnliche Lampe befand sich auf der Terrasse des gedachten
Observatoriums. Die von Godard angewendete Methode soll
nun darin bestehen, daß in abwechselnder Aufeinanderfolge das nach einer bestimmten
Gegend hin reflectirte Licht mittelst Schirmen von Glas, die aus weißen und rothen
Feldern bestehen, entweder partiell oder total verdeckt werden kann. Sowohl die
Farbenänderung, als auch die Dauer dieser Erscheinungen reichen aus, um ein
Alphabet, dem der elektro-telegraphischen Schriftsprache ähnlich,
herzustellen und so mit Leichtigkeit die Correspondenz zu vermitteln. Godard soll bei dem genannten Versuche eine Depesche von
20 Worten in 3 Minuten befördert haben. In der vorliegenden Mittheilung wird der
Nutzen dieser Telegraphirmethode für Kriegszwecke, namentlich auf offener See,
besonders hervorgehoben.
Referent muß dieser Notiz die Bemerkung hinzufügen, daß die sogenannte optische
Telegraphie, der auch das vorliegende, sehr sinnreiche (wenn auch nicht ganz neue)
System angehört, noch manche Varietäten darbieten dürfte, um mit sehr großem Nutzen unter solchen
Umständen, wie namentlich in Kriegszeiten oder für Kriegszwecke überhaupt, die
Correspondenz entfernter Stationen zu vermitteln, in welchen das System der
elektrischen Telegraphie nicht so leicht Eingang finden kann. Während nämlich bei
letzterem die Leitung einen Hauptbestandtheil ausmacht, das Herstellen und die
Unterhaltung, sowie die Sicherung der metallenen Leitungsstrecke, namentlich in
Kriegsfällen, mit ungemein großen Schwierigkeiten verbunden und in solchen Fällen
zuweilen sogar nicht einmal ausführbar ist, so bedarf der sogen. optische Telegraph
zu seiner Instandsetzung gar keiner materiellen Leitung; es ist ausreichend und
erforderlich, daß man von der einen der correspondirenden Stationen zu der anderen
sehen kann, und daß durch Nebel und Regengüsse, Staubwolken u. dgl., die
Lichtzeichen nicht absorbirt und beziehungsweise geschwächt werden. Daß man in
neuester Zeit schon ernstlich daran gedacht hat, für besondere Zwecke verschiedene
Systeme von optischen Telegraphen nutzbar zu machen, geht nicht bloß aus Vorschlägen
für sogenannte SpiegeltelegraphenMan vergl. polytechn. Journal Bd. CXLI S.
269., sondern insbesondere aus den schon seit dem J. 1860 an den englischen
Küsten und in neuester Zeit an den holländischen, russischen, österreichischen,
amerikanischen Küsten etc. eingeführten Sturmsignalen, die offenbar auch ein eigenes
System optischer Telegraphen bilden, sehr deutlich hervor. Eines der zuverlässigsten
Hülfsmittel für eine exacte optische Telegraphie bietet offenbar der Heliotrop dar,
den bekanntlich Gauß für geodätische Zwecke einführte, und der bei Benutzung des
directen Sonnenlichtes ein ganz einfaches und sicheres Signalisirungsverfahren
gestattet. Die Heliotropen-Correspondenz läßt sich aber auch mit Benutzung
künstlicher Lichtquellen, wenn diese intensiv genug sind, in vielen Fällen, in
welchen die Herstellung einer elektrischen Telegraphenleitung nicht zulässig ist,
mit großem Vortheile anwenden. Für eine kurze Distanz der Telegraphenstationen
reichen ohnehin passend angeordnete Lampenvorrichtungen aus; für größere Distanzen
aber und unter Umständen, welche die Herstellung einer telegraphischen Correspondenz
für nothwendig erachten lassen, möchten wir bei dieser Gelegenheit (da die Anwendung
des elektrischen Kohlenlichtes für derlei Zwecke aus bekannten Gründen viel zu
umständlich ist) „auf die Benutzung von großen
Ruhmkorff'schen Inductions-Apparaten“ aufmerksam
machen. Die ungemein intensiven Lichterscheinungen – den Blitzeswirkungen
ähnlich –, welche durch solche Apparate erzeugt werden können, dürften für
die in Rede stehenden Zwecke bedeutenden Nutzen darbieten.