Titel: | Baron v. Lenk's verbesserte Schießbaumwolle. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XLIV., S. 146 |
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XLIV.
Baron v. Lenk's verbesserte Schießbaumwolle.
v. Lenk's Verfahren zur Schießbaumwolle.
Der österreichische General W. v.
Lenk ließ sich am 4. Juni
1864 sein Verfahren zur Schießbaumwolle-Fabrication in Amerika
patentiren. Wir theilen im Folgenden das im Scientific American vom 9. Juli 1864
veröffentlichte Patent mit:Hierdurch wird die Beschreibung seines Verfahrens, welche Pelouze und Maurey in
ihrer neuesten Abhandlung „über die Schießbaumwolle“
(im polytechn. Journal Bd. CLXXIV S.
209) mitgetheilt haben, in den Details ergänzt.A. d. Red.
I. Die Baumwolle (oder sonstige Pflanzenfaser) wird zuerst zu lose gezwirntem Garn
von hinreichender Stärke gesponnen, um sie leicht handhaben zu können.
II. Die Baumwolle muß dann in einer Potasche- oder Sodalösung ausgekocht
werden, so daß alle darin enthaltenen fetten Substanzen entfernt werden, wornach sie
an der Sonne, in einem luftigen Raume oder in einem geheizten Local getrocknet
werden kann.
III. Nun muß man die Baumwolle in einen auf 38° Celsius geheizten Raum
bringen, um sie vollkommen trocken zu machen.
IV. Man bereitet dann eine Mischung, welche einen Gewichtstheil Salpetersäure von
1,48–1,50 specifischem Gewicht und drei Gewichtstheile gewöhnliche
Schwefelsäure (von 66° Baumé) enthält. Diese Mischung muß mehrere Tage
in verschlossenen irdenen oder gläsernen Gefäßen stehen bleiben, damit die beiden
Säuren vollständig gemischt und abgekühlt werden.
V. Diese Säuremischung wird nun in einen Apparat gebracht, welcher drei Abtheilungen
enthält, eine für einen Vorrath des Säuregemisches, eine zum Eintauchen der
Baumwolle, und eine zur Aufnahme der Baumwolle nach dem Eintauchen. Dieser Apparat kann aus
Gußeisen bestehen.
VI. Die Baumwolle wird nun in dem erwähnten Apparat in das saure Bad getaucht, in
solcher Weise, daß jedesmal drei Unzen derselben mit sechzig Pfund der Säuremischung
in Berührung kommen; mit anderen Worten: das Bad muß volle sechzig Pfund der
Mischung enthalten, während Bündel von drei Unzen Baumwolle hineingetaucht werden.
Die so eingetauchten Bündel müssen schwach ausgedrückt werden, wobei man die Säuren
in das saure Bad zurückfließen läßt, wornach man die Bündel in die dritte Abtheilung
des Apparates bringt, in welcher auf jedes Pfund Baumwolle zehn und ein halbes Pfund
der erwähnten Säuremischung enthalten seyn müssen. In dieser Abtheilung muß die
Baumwolle der Einwirkung der Säuren achtundvierzig Stunden ausgesetzt bleiben, wobei
die Mischung stets den gleichen Concentrationsgrad behalten und mittelst eines
Kühlprocesses auf einer gleichförmigen Temperatur erhalten werden muß.
VII. Die Baumwolle wird nun aus den Säuren herausgenommen und ausgedrückt, wornach
man sie in eine Centrifugalmaschine bringt, um allen Säureüberschuß zu
entfernen.
VIII. Die Baumwolle wird nochmals in eine Centrifugalmaschine gebracht, in welche man
einen continuirlichen Strom frischen Wassers leitet. Diese Behandlung bezweckt die
letzten Theilchen anhängender Säuren zu entfernen.
IX. Die Baumwolle wird nun in fließendes Wasser eingehängt oder in einen Trog
gebracht, worin beständig frisches Wasser durch und über sie zieht, welche Operation
wenigstens vierzehn Tage lang fortgesetzt werden muß. Um diese Zeit abzukürzen, kann
man die Baumwolle vierundzwanzig Stunden lang in Alkohol eintauchen. Diese
Behandlung hat den Zweck, die letzten Säuretheilchen auszuziehen, welche der
Baumwolle möglicherweise anhaften.
X. Nun wird die Baumwolle aus dem fließenden Wasser genommen (wenn sie aber in
Alkohol getaucht war, vorerst gewaschen), in einer Lösung von gewöhnlicher Seife
gekocht und wieder getrocknet. Diese Behandlung hat den Zweck, der Baumwolle die
Weichheit und das Ansehen wieder zu ertheilen, welche sie ursprünglich hatte.
XI. Die Baumwolle wird dann in eine Lösung von Natron-Wasserglas (1 Pfund
desselben auf 2 Pfd. weichen Wassers) getaucht, welche 1,09 spec. Gewicht zeigt. Auf
1 Pfd. Baumwolle ist 198/1000 stel Pfd. dieser Lösung von 46° Baumé
erforderlich. Nachdem die Baumwolle aus dieser Lösung kam, wird sie wenigstens vier
Tage lang der Einwirkung der Atmosphäre ausgesetzt. Durch diese Behandlung soll die Schießbaumwolle besser
conservirt und weniger rasch explodirend gemacht werden.
XII. Die Schießbaumwolle wird wieder in weichem (kalkfreiem) Wasser gewaschen,
getrocknet und dann in hölzerne oder metallene Behälter zur Aufbewahrung oder
Versendung verpackt.