Titel: | Verbesserte Telegraphen-Blitzableiter von August Bertsch. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. LVII., S. 196 |
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LVII.
Verbesserte Telegraphen-Blitzableiter von
August
Bertsch.
Nach dem Mechanics' Magazine, August 1865, S.
100.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Bertsch's Telegraphen-Blitzableiter.
Die in England patentirten Blitzableiter-Einrichtungen, welche von Bertsch zum Schutze der Telegraphenleitungen und der
Apparate vorgeschlagen worden sind, bestehen, wie schon früher erwähnt worden
istPolytechn. Journal Bd. CLXXVI S.
443., aus zwei von einander ganz unabhängigen Apparaten. Der eine derselben kann
an jeder beliebigen Stelle in die Leitung eingeschaltet werden und soll namentlich
entweder an einzelnen Trägern des Liniendrahtes oder beim Uebergange einer
unterirdischen in die Luftleitung oder an Verbindungsstellen von unterseeischen
Leitungen mit oberirdischen u. dgl. angebracht werden, um sowohl directe
Blitzesentladungen aufzunehmen, als auch schwächere oder stärkere Ladungen, die
durch Gewitterwolken oder durch andere Umstände in der Leitung zum Vorschein kommen,
der Erdleitung zuzuführen und unwirksam zu machen; der andere Apparat dient zur Einschaltung zwischen
Telegraphenleitung und dem dienstthuenden Apparat, und hat den Zweck, alle
Störungen, welche der Telegraphirstrom durch fremdartige Stromeswirkungen erfahren
könnte, zu beseitigen.
Der erste dieser beiden Apparate ist in Fig. 14 in einem
Verticalschnitte dargestellt. Derselbe besteht der Hauptsache nach aus den beiden
Kupferplatten a und b, die
parallel unter sich durch vier isolirende Stücke, von denen hier c und d sichtbar sind,
verbunden werden. An den einander zugekehrten Seitenflächen ist jede Platte mit etwa
300 möglichst vollkommenen Spitzen versehen; diese Spitzen sind ebenfalls aus Kupfer
und werden entweder versilbert oder vergoldet, und die der einen Platte stehen denen
der anderen beiläufig bis auf 1/25 bis 1/50 Zoll gegenüber. Dieser Rahmen ist
mittelst der Platte a an einer Seitenfläche der
rechtwinkeligen Kapsel e, n, k festgeschraubt; diese
Kapsel ist ein auf der Vorderseite offenes Parallelepipedon aus Gußeisen, das mit
einer starken Glasplatte auf dieser Seite verschlossen wird. Diese gußeiserne Kapsel
wird, wie bei i und k
sichtbar ist, mit einer ihrer Seitenflächen entweder an einer Telegraphenstange
eingeschraubt, oder an einer Mauer des Tunnels oder überhaupt an einem passenden
Objecte befestigt, das in der Nähe jener Stelle sich befindet, wo der Blitzableiter
angebracht werden soll; an irgend einer Stelle dieser gußeisernen Bedeckung wird die
leitende Verbindung mit der Erdplatte hergestellt, und hierdurch ist also auch die
Verbindung der Platte a mit der Erdleitung vermittelt.
Die andere der beiden Blitzableiter-Platten wird mittelst eines Metallstabes
l mit der Linienleitung in Contact gebracht; dieser
Stab geht durch das Porzellanrohr p, welches bei n in geeigneter Weise mit der gußeisernen Hülle e, n, k verbunden ist und über letztere ist die
isolirende Glocke r, r gestülpt, so daß mittelst einer
bei o angebrachten und an den Stab l angeschraubten Flantsche die Verbindung eine fixe und
von der Art wird, daß ein Eindringen von Feuchtigkeit in den Raum des Blitzableiters
selbst nicht stattfinden kann; bei t kann dann die
Verbindung mit dem Liniendrahte mittelst eines Kupferdrahtes etc. hergestellt
werden.
Aus der eben beschriebenen Einrichtung, welche, wie Bertsch aus den angestellten Versuchen schließt, sowohl die schwächsten
als auch die stärksten Ladungen unwirksam machen soll, ersehen wir also, daß die
neue Anordnung eigentlich in einem abgeänderten Platten-Blitzableiter
besteht; von der exacten Ausführung allein wird die Wirksamkeit derselben für
schwache Entladungen bei geringer elektrischer Spannung abhängen; ob aber, wenn
starke Entladungen auftreten, nicht durch das Ueberführen von Stofftheilchen von dem
einen Spitzensysteme zum anderen eine permanente Verbindung zwischen dem
Liniendrahte und der Erde, wie dieß bei den gebräuchlichen
Telegraphen-Blitzableitern nicht selten der Fall ist, hergestellt werden
kann, läßt sich aus der vorliegenden Beschreibung nicht deutlich ersehen. Diese neue
Anordnung soll übrigens nach dem Gutachten einer Kommission, die im Laufe des
vorigen Jahres im Auftrage der französischen Telegraphen-Verwaltung
eingehende Untersuchungen (nach den hierüber in den „Annales télégraphiques“,
1865 p. 290, enthaltenen Berichten) ausführte, dem
Zwecke entsprechend und wirksamer als die bestehenden Einrichtungen gefunden worden
seyn.
Der zweite der obengenannten Apparate ist als eine Verbesserung einer bei den
französischen Telegraphen nach dem Breguet'schen Principe
erst in den letzten Jahren eingeführten Einrichtung zu betrachten. Letztere besteht nämlich (einer hierüber in den
„Annales
télégraphique,“ 1865 p. 237 enthaltenen
Beschreibung zufolge) beiläufig darin, daß mittelst zweier starken Contactfedern,
deren Enden durch dünne Drähte gebunden sind, unter gewöhnlichen Umständen die
Verbindung zwischen dem Liniendrahte und den Apparaten hergestellt wird. Werden an
dem dazu benutzten Stöpselumschalter die Schaltungen in gehöriger Weise vorbereitet,
so wird, sobald in Folge einer Blitzesentladung oder überhaupt durch einen starken
Entladungsstrom die feinen Drähte zum starken Glühen kommen, durch die eine der
Federn die Verbindung mit der Erde hergestellt, durch die andere aber die
Localbatterie mittelst des Weckerapparates geschlossen, so daß dieser dem nicht
anwesenden Telegraphisten das Ereigniß durch einen Anruf kundgibt. Dieser Apparat,
„neuer Blitzableiter mit schützendem Drahte“ betitelt, ist
bloß bei starken Entladungen wirksam, und unterbricht den Telegraphirstrom jedesmal,
wenn er zur Wirksamkeit kommt, abgesehen davon, daß seine schützende Wirkung für die
Telegraphenapparate – nebenbei gesagt – überhaupt in Zweifel gestellt
werden muß.
Der Apparat, welchen nun Bertsch für denselben Zweck
construirt hat, soll die eben genannten zwei Uebelstände des letzterwähnten
Blitzableiters, den die französische Telegraphen-Verwaltung versuchsweise
einführte, beseitigen, er soll starke und schwache Entladungen ohne Störung des
Telegraphendienstes sicher bewerkstelligen und in automatischer Weise von einem
Systeme dünner Drähte einen nach dem anderen in die Telegraphenkette einschalten, in
jeder Phase einer solchen Einschaltung einen Augenblick den Liniendraht mit der Erde
verbinden und zuletzt, wenn alle Drähte durch die fremdartigen Entladungsströme
abgeschmolzen worden wären, die permanente Erdverbindung auf so lange herstellen,
bis wieder ein neuer Blitzableiter eingeschaltet wird oder die dünnen
Verbindungsdrähte durch neue ersetzt werden.
Der oben angeführten Quelle gemäß besteht die Einrichtung dieses zweiten Apparates,
der in Figur
15 in einer Seitenansicht, in Fig. 16 in einem
Querschnitte und in Fig. 17 in einem Längendurchschnitte theilweise dargestellt ist, in
Folgendem: Ein hohler metallener Cylinder ist mittelst der beiden Metallplatten a und b mit einer durch die
Mittelpunkte der letzteren gehenden Achse o, o versehen,
deren beide auf den abgewendeten Seiten der Scheiben befindlichen Theile von
einander isolirt sind. Der Theil der Achse, welcher durch die Scheibe a geht, steht mit dem Cylinder und mit dieser Scheibe
mit Ausnahme des Randes der letzteren in leitender Verbindung, und es ist entweder
das Ende v mit einer Contactschraube k', die mittelst eines Drahtes mit der Erdplatte
verbunden ist, in metallische Verbindung gebracht, wie dieß in Fig. 15 angedeutet ist,
oder es ist die Scheibe a mit einem metallenen Vorsprung
(Fig. 16)
versehen, durch welchen nach jeder vollen Umdrehung des Cylinders der Erdcontact
durch Anlegen an die Contactschraube k'' hergestellt
werden kann. Bei der vorliegenden Anordnung des Cylinders aber muß letzterer
beständig mit der Erde in Verbindung bleiben, während der erwähnte Contactansatz die
Erdverbindung nach dem Aufhören der Wirksamkeit des Apparates mit den zur Scheibe
a gehörenden Organen herzustellen hat. Die Scheibe
b, welche den Cylinder s
am anderen Ende schließt, ist von diesem isolirt und steht mittelst der Achse bei
o mit den Klemmschrauben 1 und k in leitender Verbindung, wobei von k aus ein Draht l zu den
Telegraphenapparaten führt. Der Liniendraht f ist mit
der Contactschraube k', die von dem ganzen Apparate
isolirt seyn muß, in Verbindung gesetzt, und die metallische Verbindung zwischen
dieser und der isolirten Schraube k ist durch die
Scheibe b mittelst eines der dünnen Drähte f' hergestellt. Um die Platte a herum sind nun federnde gabelförmige Metallstreifen angebracht und zwar
so, daß sie unter sich und von der Erde vollkommen isolirt bleiben; dieselben werden
mittelst der Federn r, r', r'', r''' gegen den Cylinder
hin zu bewegen gesucht. Die Berührung dieser federnden Lamellen mit dem nicht
isolirten Metallcylinder s kann aber unter normalen
Umständen nicht eintreten, da dieselben mit anderen an der Scheibe b angebrachten ähnlichen federnden Haken von der
nämlichen Zahl wie die bei a durch sehr dünne gespannte
Drähte beständig verbunden sind; erst wenn ein solcher Draht abgeglüht oder
zerrissen wird, fällt der entsprechende Streifen an der Scheibe a auf den Cylinder. In die Scheibe a ist eine Triebfeder r
(Fig. 16)
eingelassen, durch welche der Cylinder s, wenn er nicht
angehalten wird, gedreht werden kann; diese Drehung kann aber unter gewöhnlichen
Umständen nicht stattfinden, da in das gabelförmige Ende eines jeden der federnden Haken ein an
der Schraube k' angebrachtes Contactstück einfällt, wenn
durch Drehung des Cylinders der Haken an diese Stelle zu liegen kommt. Geht nun aus
der Leitung ein Entladungsstrom zu den Apparaten, so soll (nach der gewöhnlichen
Anschauungsweise), da der Strom durch den dünnen Draht zu den Apparaten passiren
muß, zuerst dieser feine Draht geschmolzen werden, ohne daß eine weitere Einwirkung
der Entladung auf die Apparate stattfinde. Beim Abschmelzen des dünnen Drahtes fällt
der zugehörige federnde Streifen auf den Cylinder, und es kann nunmehr der letztere
durch Einwirkung der Triebfeder r so weit sich drehen,
bis ein nächster federnder Haken in den an k'
angebrachten Contact einfällt, wodurch sodann der Cylinder wieder angehalten wird.
Auf diese Weise soll der Apparat, automatisch wirkend, einen der feinen Drähte nach
dem anderen in den Liniendraht einschalten, ohne daß dabei der Telegraphirstrom
unterbrochen werden kann; denn das Zeitintervall, welches beim Abglühen eines
Drahtes bis zum Einschalten des nächsten dünnen Drahtes erforderlich ist, soll nicht
mehr als 1/60 Secunde betragen. Sind alle Drähte abgeglüht, so muß bei der letzten
Drehung des Cylinders der Contact mit der Schraube k''
eintreten, und es ist sodann die permanente Verbindung des Apparates mit der Erde
hergestellt, da jener Contact mittelst eines an dem Rande der Scheibe a angebrachten Streifens, sodann der Contact mit k' vermittelt wird. Um jede, auch schwache Entladung,
die durch Einwirkung der atmosphärischen oder der Wolkenelektricität erzeugt wird,
wirkungslos zu machen, ist der Cylinder an mehreren Stellen in der Nähe der
ausgespannten Drähte mit Spitzen versehen, durch welche also der Uebergang der
Elektricität zur Erdleitung direct erfolgen kann, ohne daß die Telegraphenleitung
davon berührt werden soll.