Titel: | Das Ericsson-Geschütz. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XCVI., S. 347 |
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XCVI.
Das Ericsson-Geschütz.
Ueber das Ericsson-Geschütz.
Nach dem Mechanics' Magazine vom 21. Juli 1865 sind in
Amerika Versuche mit einem nach John Ericsson's Vorschlag
gebauten Geschützrohr angestellt worden, welches aus einem in gewöhnlicher Weise
dargestellten Schmiedeeisen-Kernrohre von genügender Stärke, um nach seiner
Achsenrichtung hin den erforderlichen Widerstand beim Schusse leisten zu können, und
weiter noch, zum Schutze gegen ein Zerreißen der Länge nach, aus um dasselbe
herumgelegten Panzerringen vom feinsten Schmiedeeisen besteht, die, wahrscheinlich
ohne Schweißnaht gefertigt, durch eine hydraulische Presse auf den Rohrkern
aufgetrieben werden und, sowie auch das Material des Rohres selbst, einen möglichst
faserigen Charakter haben.
Ueber die in Rede stehenden Schießversuche wird, der in New-York erscheinenden
Army and Navy Gazette entnommen, mitgetheilt, daß
ein solches Ericsson'sches Geschützrohr von 13 Zoll
Bohrungsdurchmesser officieller Weise zwei Schießproben unterworfen worden ist, in
deren Verlauf, bei Anwendung gußeiserner Vollkugeln von entsprechendem Kaliber, also
von circa 270 Pfund Schwere, die Pulverladungen bis zu
75 Pfund und die Rohrelevationen bis zu 35 Grad gesteigert wurden, so daß man dadurch
Schußweiten von über 5 1/2 engl. Meilen erhielt. Als Resultat in Bezug auf das
Verhalten des Rohres ergaben sich dabei ein Bruch in dem die Schildzapfen tragenden
Panzerbande und einige Risse in der Bohrungsfläche wie sie bei schmiedeeisernen
Geschützen gewöhnlich vorkommen, ohne deßhalb die Haltbarkeit solcher Rohre zu
beeinträchtigen, was durch fortgesetzte Schießversuche mit der 13zölligen solid
geschmiedeten Horsfall-Kanone bewiesen worden ist,
welche letztere schon nach dem ersten halben Dutzend von Schüssen noch größere
Sprünge in ihrer Seelenwand erhalten hatte.
Als Auskunftsmittel gegen diesen immerhin nicht unerheblichen Uebelstand wird in
obengenannter Mittheilung dann noch vorgeschlagen, das den eigentlichen Rohrkörper
bildende Schmiedeeisenstück mit Gußstahl zu füttern oder auch dasselbe wohl ganz und
gar aus diesem Materiale bestehen zu lassen, in welchem letzteren Falle die
scheinbare Anomalie Platz greifen würde, ein aus übereinander liegenden Theilen
bestehendes Geschützrohr ganz ohne jede Schweißnaht hergestellt zu haben, und zum
Schlusse des betreffenden Artikels noch der Wunsch ausgesprochen, es möge Ericsson recht bald gelingen ein Geschütz herzustellen,
welches sein sphärisches Eisengeschoß mit 100 Pfund Pulverladung forttreibe, da sein
Constructionsweg offenbar ein richtig gewählter und den an das Geschütz der Zukunft
zu stellenden Anforderungen, „Kraft, Ausdauer,
Kaliber,“ vollkommen entsprechend sey.
Das eigentlich Wesentliche dieser Ericsson'schen Geschützrohr-Construction besteht offenbar in dem
Kaltauftreiben der Panzerringe und in dem faserigen Gefüge derselben, wodurch einmal die, beim
Einschrumpfenlassen rothwarm aufgetriebener Ringe so leicht entstehende Gefahr, der Elasticitätsgrenze des Materiales zu nahe zu
kommen, vermieden und andererseits auch wohl der in Bd. CLXXVII S. 199
dieses Journals in der Abhandlung „über die künstlichen
Metallconstructionen der Geschützrohre“ mitgetheilten höchst
rationellen Treadwell'schen Vorschrift genügt werden
dürfte: den Panzerringen eine solche peripherische Anordnung
ihrer Fibernrichtungen zu geben, wie sie übereinanderliegenden Schichten von
hartem Drahte, nach dem ersten Stadium seines Ziehprocesses auf gewickelt,
zugekommen seyn würde.
Cassel, im October 1865.
D......y,
Major im Generalstabe.