Titel: | Directe Glaspositive; von Professor H. Schwarz in Graz. |
Autor: | H. Schwarz |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. CV., S. 386 |
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CV.
Directe Glaspositive; von Professor H. Schwarz in Graz.
Schwarz, über Darstellung directer Glaspositive.
Im vergangenen Sommer hatte ich Gelegenheit, mit Hrn. Photographen Buchmann in Breslau einige Versuche über Photographie
anzustellen und kamen wir dabei zu einem interessanten Resultate. Ich hatte die
Versuche zur Darstellung von Silberspiegeln nach dem F. Bothe'schen VerfahrenPolytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
292. mit oxyweinsaurem Silber wiederholt, ein Verfahren, das bei richtiger
Ausführung Nichts zu wünschen übrig läßt. Ich schlug Hrn. Buchmann vor, zu versuchen, diese oxyweinsaure Silberlösung entweder für
sich, oder im Gemisch mit Silberoxyd-Ammoniak statt der Pyrogallussäure oder
des Eisenvitriols zur Hervorrufung des Negativs anzuwenden. Das gab nur ein
ungenügendes Resultat.
Ganz anders stellte sich der Fall indessen, als das Negativ zuerst wie gewöhnlich
durch Eisenvitriol oder besser durch schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak
hervorgerufen, durch unterschwefligsaures Natron fixirt, und nun das fertige Negativ
mit dem Gemisch des oxyweinsauren Silberoxyds und Silberoxyd-Ammoniaks
übergossen wurde. Es trat eine sehr interessante Umwandlung des Negativs in ein
Positiv ein. Das Negativ scheint allmählich ganz zu verschwinden; dann tritt auf
einmal das Positiv hervor, welches immer mehr sich verstärkt. Dabei ist es sehr
merkwürdig, daß das Negativ beim Durchsehen durch die Spiegelplatte sich noch
vollständig vorhanden zeigt, obwohl sehr gedunkelt, während man beim Daraufsehen ein
sehr fein ausgeführtes Positiv erblickt, das mit den alten Daguerreotypien viel
Aehnlichkeit besitzt, ohne indessen die lästige Spiegelung zu zeigen. Gegen die
Papierpositivs bietet das Glaspositiv den Vortheil einer unendlich zarten Zeichnung.
Jedes Härchen eines feinen Filzhutes, die Gravirung einer Flinte, zeigt sich auf das Deutlichste. Jede
Retouche ist natürlich unnöthig. Vielleicht lassen sich farbige Photographien durch
Auftragen von Deckfarbe auf die Rückseite vortrefflich damit darstellen.
Die neuen Flüssigkeiten werden auf folgende Art bereitet:
2 Aequivalente salpetersaures Silberoxyd, 3,400 Grm., werden in 500
Kubik-Centimeter kochendem Wasser gelöst; 1 Aeq. Seignettesalz, weinsaures
Natronkali, 2,820 Grm., werden in ebensoviel heißem Wasser gelöst. Beide Lösungen
werden im kochenden Zustande in einem geräumigen Kolben zusammengebracht und noch
1/2 Stunde lang gekocht. Man filtrirt dann noch heiß und läßt abkühlen. Es müssen
sich einige Krystalle von oxyweinsaurem Silber absetzen, zum Beweis, daß die Lösung
gesättigt ist.
Die zweite Lösung wird bereitet, indem man 1 Aeq. = 1,700 Grm. salpetersaures Silber
in circa 80 Kub. Cent. Wasser löst, davon 60 K. C. nimmt
und vorsichtig verdünnte Aetzammoniaklösung so lange zufügt, bis der entstandene
Niederschlag eben verschwunden ist. Nun setzt man die zurückbehaltenen 20 K. C.
Silberlösung zu. Es muß eine schwache Trübung entstehen; man ergänzt, falls es
nöthig, auf 100 K. C. und filtrirt durch ein feines, trockenes Sternfilter ab.
Man mischt nun, unmittelbar vor dem Gebrauche, etwa 2 Thl. der ersten und einen Theil
der zweiten Lösung in einem kleinen Becherglase. Man hat in der gewöhnlichen Art ein
Negativ hergestellt, hervorgerufen, fixirt und sauber abgewaschen. Während die
Platte noch feucht ist, übergießt man sie auf der Collodiumseite mit der
Versilberungsflüssigkeit und läßt dieselbe unter gleichmäßiger Bewegung der Platte
so lange darauf stehen, bis die gewünschte Wirkung eingetreten ist. Durch längere
Dauer der Einwirkung tritt das Bild ungemein kräftig hervor. Um die Bilder vor
Abreibung zu schützen, genügt es nach dem Abwaschen das Bild zu trocknen und es noch
warm mit hellem Mastixlack zu überziehen, der in der Wärme rasch verdunstet. Leider
tritt hier ein Uebelstand hervor. Hat man die Positive nur wenig sich entwickeln
lassen, so sind die Bilder hell, aber flach. Läßt man dagegen die Bilder stark
hervortreten, so werden sie durch den Lack leicht verschleiert. Am schönsten sind
sie ohne allen Lack, nur unter einer schützenden Glastafel.
Was die Entstehung der Bilder anbelangt, so erklärt sie sich ziemlich einfach. Die
versilbernde Lösung durchdringt vorzugsweise die Lichter des Negativs, da hier das
Collodium am meisten Poren hat, durchdringlich ist, und setzt unter demselben
glänzendes Silber ab, das nun wie beim Daguerreotyp die Schatten (des Originals)
bildet. In den Schatten
des Negativs findet sich mattes metallisches Silber abgelagert, welches durch die
Versilberungsflüssigkeit nur vermehrt wird und die Lichter (des Originals)
liefert.
Der Effect dieser Bilder in kräftiger Entwickelung ist dem einer sehr sauber
ausgeführten Kreidezeichnung ähnlich.
Der Verfasser ist gern bereit, die neuen Flüssigkeiten den Photographen zuzusenden,
welche sich mit diesen Methoden beschäftigen wollen, und sich deßhalb in portofreien
Briefen an ihn nach Graz (Steiermark) wenden.