Titel: | Verfahren, alle Oelfarben und Lacke schnell trocknend zu machen; mitgetheilt von Dr. Friedrich Jünemann. |
Autor: | Friedrich Jünemann |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. CXXX., S. 460 |
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CXXX.
Verfahren, alle Oelfarben und Lacke schnell
trocknend zu machen; mitgetheilt von Dr. Friedrich Jünemann.
Jünemann, Verfahren alle Oelfarben und Lacke schnell trocknend zu
machen.
Hundert Theile Wasser, zwölf Theile Schellack und vier Theile Borax werden unter
Umrühren in einem kupfernen Kessel so lange gelinde erhitzt, bis Alles eine
gleichförmige Flüssigkeit geworden ist; man bedeckt den Kessel und füllt die
erkaltete Flüssigkeit auf Flaschen, welche wohl verstopft aufbewahrt werden müssen.
Je nachdem man gebleichten oder ungebleichten Schellack angewendet hat, besitzt die
Flüssigkeit entweder eine weiße oder braune Farbe und ist für sich allein verwendet
ein sehr guter Firniß, der allen damit gestrichenen Gegenständen einen schönen,
dauerhaften Glanz ertheilt und sie vollkommen gegen Feuchtigkeit und die Wirkungen
der Atmosphäre schützt.
Will man nun Oelfarben schnell trocknend machen, so nimmt man (je nachdem man mit
hellen oder dunklen Farben arbeitet, von dem hellen oder dunklen Firniß) –
dick angeriebene Oelfarbe und Firniß gleiche Theile, setzt zu gleicher Zeit etwas
Terpenthinöl dazu, und rührt – so lange bis das Ganze eine gleichförmige
Flüssigkeit geworden ist. Man muß sich aber hüten, mehr Oelfarbe als man
augenblicklich braucht, auf diese Weise anzumachen, weil sie sehr bald ganz fest
wird.
Alle Gegenstände, mit in solcher Weise behandelter Oelfarbe angestrichen, sind je
nach der Witterung und Jahreszeit in 15 bis 30 Minuten
vollkommen trocken.
Der Geruch des Lein- und Terpenthinöls ist ohne Zweifel schädlich für die
menschliche Gesundheit, unter allen Umständen aber sehr lästig; ebenso ist die lange
Dauer des Trocknens der Oelfarben ein längst bekannter Umstand, welcher sich sehr
fühlbar bei Thüren, Fenstern, Treppengeländern, überhaupt in bewohnten Räumen macht,
wo das Vorübergehen an frisch gestrichenen Gegenständen, ohne in nähere Berührung
mit ihnen zu kommen, unvermeidlich ist; das Daranstreifen ist aber bekanntlich nicht
nur dem Anstrich, sondern auch den Kleidern nachtheilig.
Beides, der üble Geruch und die lange Dauer des Trocknens können ganz umgangen
werden, wenn man die Farben (welche noch nicht mit Leinöl angerieben sind) mit dem
in Rede stehenden Firniß anreibt und verarbeitet.
Derlei Anstriche sind in einigen Minuten vollkommen trocken, haben einen außerordentlichen Glanz,
widerstehen den Einflüssen der Witterung so gut als Oelfarben und sind dabei
vollkommen geruchlos.
Dieser Firniß, mit Goldocker abgerieben, gibt auch einen schönen Fußbodenlack.
Um den Glanz zu erhöhen, kann man, sobald die gewünschte Farbennüance der
angestrichenen Gegenstände erreicht ist, dieselben nochmals mit dem Firniß allein
überstreichen.
Ebenso können Lacke, welche bisher durch ihr langsames Trocknen dem Bestäuben sehr
ausgesetzt waren, durch Vermischung mit diesem Firniß in schnell trocknende
verwandelt werden; jedoch ist immer anzurathen nur kleine Mengen, die man
augenblicklich verstreicht, zu vermischen, überhaupt das Gemisch immer gut zu
schütteln oder umzurühren, weil mehrere Lacke mit diesem Firnisse nur äußerst
schwierig eine Vermischung eingehen und sich schnell wieder von ihm abscheiden.