Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. , S. 240 |
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Miscellen.
Miscellen.
Local-Eisenbahnen.
Das wichtige Problem, durch Zweig-Eisenbahnen die kleineren Plätze mit
einander und mit der Haupt-Eisenbahn zu verbinden, hat in Frankreich seine
Lösung gefunden. Die Ehre der Initiative kommt dem Departement des Niederrheins zu,
dessen Provinzialstände im Jahre 1858 den Beschluß faßten, durch ein weiteres
Straßensystem die Hauptplätze mit jeder einzelnen Gemeinde in Verbindung zu setzen
und den Bau von
Eisenbahnen auf diesen Straßen an Gesellschaften oder Privatspeculanten zu vergeben.
Dieser Plan fand beträchtlichen Widerstand; eine Partie warf ein, die Fonds für
Straßenbau dürften eigentlich nicht verwendet werden, um Eisenbahnen statt Straßen
zu gewinnen, und überdieß seyen solche Local-Eisenbahnen Träume von
Theoretikern.
Der Präfect des Departements Niederrhein betrieb trotzdem die Sache sehr eifrig und
erhielt schon im Jahre 1859 die Ermächtigung zum Bau Seitens der Vertreter des
Departements. Den 25. September 1864 wurde die erste dieser Departementslinien mit
einer Länge von 47 Meilen für den Verkehr eröffnet.
Die Regierung erkannte die Wichtigkeit dieser neuen Unternehmung, die Minister des
Innern und des Handels beschlossen, für diesen Gegenstand ein besonderem Gesetz zu
erlassen, und im Handelsministerium wurde eine eigene Commission niedergesetzt, um
über diesen Gegenstand die erforderlichen Notizen zu sammeln.
Das Beispiel des Niederrheines ist bereits im Departement des Oberrheines nachgeahmt
worden; hier wurde eine Linie von Hagenau nach Niederbrunn den 18. und eine andere
von Saint Marie-aux-Mines nach Schlettstadt den 29. December vorigen
Jahres eröffnet.
Das Departement der Sarthe warf die Mittel für 3 solcher Locallinien aus. Das
Departement Aisne, das für Eisenbahnverbindungen ein sehr ungünstiges Terrain hat,
betheiligte sich nunmehr gleichfalls bei dieser Sache; ebenso eigneten sich noch
einige andere Departements den Gedanken an und sind mit seiner Ausführung
beschäftigt. Im Departement der unteren Seine sind bereits die Vorarbeiten gemacht,
um St. Valery-en-Caux mit der Ronen- und Havre-Eisenbahn
zu verbinden, und sollen überhaupt die sämmtlichen kleinen Küstenplätze mit jener
Stammlinie verbunden werden.
Was die finanziellen Ergebnisse betrifft, so können sich diese nur auf die kurzen
Erfahrungen der Linie des Niederrheines stützen. Die Linie wurde für
Personenbeförderung den 25. September und für die Güterbeförderung theilweise den
24. October und vollständig den 29. December vorigen Jahres eröffnet, eine Zeit, wo
die Witterung sehr schlecht war und die Bedingungen des Betriebes deßhalb ungünstig
seyn mußten. Die Gesammt-Einnahmen vom 27. September bis zum 31. December
waren 35,268 fl. oder durchschnittlich 3840 fl. für 1 Kilometer (etwas über eine
Viertelstunde) Bahnlänge; der Gewinn, der gemacht wurde, ist auf 2000 Frcs. per Kilometer angegeben.
Der Verkehr auf diesen Bahnen ist hauptsächlich Localverkehr. Die Barr-Linie
z.B. hat 15 Stationen, d.h. eine für jede Gemeinde an der Linie, sie wurde benutzt
von 70,000 Personen, welche zusammen 60,293 Frcs. zahlten, oder durchschnittlich 86
Centimen (24 kr.) per Person. Dieß ist der klarste
Beweis, daß der Verkehr vorwiegend local und unabhängig von dem allgemeinen
Eisenbahnverkehr des Landes war. Ein weiterer Beweis dafür liegt darin, daß die
Gesammtzahl der Ankommenden und Abgehenden auf der Station Straßburg, wo die
Local-Eisenbahn auf die Hauptlinie einmündet, in derselben Zeit 47,768
Personen betrug, so daß von jenen 70,000 Personen 22,232 Personen für den bloßen
Localverkehr übrig bleiben, ohne daß man diejenigen auch noch in Berechnung zieht,
welche die Hauptlinie selbst nur für den Localverkehr benutzten.
Solche Local-Eisenbahnen bezwecken keine besondere Schnelligkeit; Curven und
Steigungen sind daher hier von minderer Bedeutung. In dem Departement
Haute-Marne ist der kleinste Radius auf 250 Meter, in dem Departement Indre
auf 300 Meter festgesetzt. Steigungen sind in dem Departement Haute-Marne
zugelassen von 0,02 bis 0,018 per Meter. Bei den
stärkeren Steigungen sollen Pferde benutzt werden, weil die Locomotiven und Wagen
auf diesen Local-Eisenbahnen nur von leichterer und weniger theuerer Art sind
als auf den Hauptlinien.
Der Bau der neuen Straßen kostete in dem Departement Niederrhein per Kilometer 45,000 Frcs.; die Großostbahngesellschaft,
welche für die Linie die Concession erhielt, mußte noch weitere 60,000 Frcs. per Kilometer auf die Verwandlung in eine Eisenbahn und
die Ausrüstung mit dem erforderlichen Betriebsmaterial verwenden, und kostet sonach
diese Local-Eisenbahn durchschnittlich per
Kilometer 105,000 Frcs., während die Paris-Orleans-Bahn 368,000 Frcs.
und die Rouen-Linie 404,000 Frcs. per Kilometer
kosteten.
Es ist nicht leicht, alle die Resultate vorauszusehen, welche sich aus der
vollständigen Durchführung dieser Local-Eisenbahnen ergeben werden,
inzwischen ist jede weitere Erfahrung in dieser Richtung von Interesse.Ueber die Begünstigung der Erbauung solcher Local-, sogenannter
secundärer Eisenbahnen durch die preußische Staatsregierung sehe man die
Mittheilung aus der „Magdeburger Zeitung“ im polytechn.
Journal Bd. CLXXVII S. 76.Anm. d. Red. (Nach dem Journal of the Society of Arts; aus
den neuen Gewerbeblättern für Kurhessen, 1865, Nr. 38.)
Ramsbottom's Wasserversorgung der
Locomotiven.
Ramsbottom's Wassertröge und selbstfüllende TenderMan sehe die Beschreibung derselben im polytechn. Journal CLX S. 347. sind jetzt schon seit 5 Jahren mit gutem Erfolg auf der London- und
North-Western-Bahn im Gebrauch. Zuerst wurden ein Paar solche Tröge
auf dieser Bahn in der Nähe von Conway auf der Bahnstrecke Liverpool-Holyhead
ausgeführt, dann ähnliche Tröge auf der Hauptbahn zwischen Liverpool und Manchester
und in der Nähe von Wolverton hergestellt. Aus den letzteren Trögen entnehmen jetzt
die Locomotiven der Schnellzüge, welche ohne Unterbrechung von London bis Rugby oder
zurück laufen, ihr Wasser, und zwar können sie bis zu 1100 Gallons in 20 Secunden
aufnehmen. Jene Tröge werden durch den Grand Junction
Canal gespeist, dessen Wasser freilich sehr unrein ist. Noch schlechter ist
das Wasser im Regents-Canal, einem schmutzigen Zweigcanale des erst genannten
Canals, woher die wichtige Camden-town-Station der
North-Western-Bahn bei London mit Wasser versorgt wird. Um reineres
Wasser zu bekommen, läßt Hr. Ramsbottom bei Bushey, in 14
engl. Meilen Entfernung von London, in den drei Bahngeleisen neue Wassertröge
ausführen, damit dort, wo gutes Wasser vorhanden ist, die in beiden Richtungen
fahrenden Züge Wasser nehmen können, und zwar sollen sich die nach London fahrenden
Locomotiven dort so weit mit Wasser versorgen, daß sie nicht allein zur Hinfahrt
nach London, sondern auch noch zur Rückfahrt von London bis Bushey genügend damit
versehen sind.
Die bisherigen Erfahrungen haben in England manche Bedenken gegen dieses Ramsbottom'sche Wasserversorgungssystem beseitigt.
Zunächst hat man dort gesehen, daß der Frost keine Schwierigkeiten dabei macht,
selbst nicht in Nord-Wales. Ferner hat man gefunden, daß der von einem Zug
erregte Staub erst dann auf das Wasser sich niederläßt, wenn das Saugrohr des
Tenders schon vorbei passirt ist, so daß das letztere nur verhältnißmäßig reines
Wasser aufnimmt; auch pflegt der auf das Wasser niederfallende Staub sich bald darin
zu Boden zu setzen, bevor noch ein zweiter Zug dem ersten nachfolgt. Drittens hat
man beobachtet, daß jenes Saugrohr während der ganzen Zeit, so lange es in das
Wasser eintaucht, auch wirklich saugend wirkt. Viertens hat man keine
Schwierigkeiten gefunden, die Wassertröge in den Bahngeleisen immer mit dem nöthigen
Wasser gefüllt zu halten.
Auf solchen Bahnen, wo an hinreichend viel Stellen ähnliche Wassertröge neben oder in
den Bahngeleisen sich anbringen lassen, bietet dieses System der Wasserversorgung
den großen Vortheil, daß dadurch das todte Gewicht der Züge sich bedeutend
verringern läßt. Während nämlich 1 Tonne Kohlen oder Kohks hinreicht, um mit einer
schweren Güterzugsmaschine 40 englische Meilen und mit einer gewöhnlichen
Schnellzugsmaschine fast 100 Meilen zu fahren, sind gleichzeitig zu demselben Zweck
6 bis 9 Tonnen Wasser erforderlich, und um dieses Gewicht zu tragen, muß ein starker
Tender, von 15 bis 20 Tonnen Gewicht im beladenen Zustand, vorhanden seyn, der sich
ganz ersparen ließe und eine entsprechende Vergrößerung der Nutzlast des Zuges
gestatten würde, wenn die Bahn mit hinreichend vielen Wassertrögen versehen wäre,
daß die Locomotiven nur einen kleinen Wasservorrath zu tragen brauchten, also als
Tendermaschinen construirt werden könnten. Es würde ein Vorrath von 40 Gallons (etwa
3 1/2 Ctr. Wasser) schon genügen, um mit der schwersten Güterzugsmaschine 1 engl.
Meile, mit einer Schnellzugsmaschine sogar mindestens doppelt so weit zu fahren. Um
diesen Wasservorrath aufzunehmen, würde das Saugrohr nur auf die Länge eines Weges
von 46 1/2 Fuß etwa 2 Zoll tief in das Wasser einzutauchen brauchen.
Es würde nun freilich bei der bisher von Ramsbottom
gewählten Anordnung des Saugrohrs, wobei der Locomotivenführer dasselbe an den
betreffenden Stellen der Bahn in die Wassertröge hinab senken und nachher wieder
daraus emporheben muß, so gut wie unmöglich seyn, diese Procedur ganz genau an
bestimmten Stellen der Bahn vorzunehmen, wenn der Zug überhaupt mit gewöhnlicher
Geschwindigkeit fährt, denn bei 35 engl. Meilen Geschwindigkeit per Stunde wird ein Weg von 46 1/2 Fuß in weniger als 1
Secunde zurückgelegt. Es läßt sich aber recht wohl eine solche Anordnung der
Wassertröge denken, wobei ein Aufziehen und Niederlassen des Saugrohrs überflüssig
seyn würde und wobei die Locomotive, ohne jede Hülfe oder Vermittelung von Seiten
des Führers, ohne Weiteres das nöthige Wasser genau an den richtigen Stellen der
Bahn nehmen würde. Wenn man nämlich, wie Ramsbottom zu
thun pflegt, die Bahn an beiden Enden eines Troges mit 1 : 100 Gefälle auf
mindestens 48 Fuß Länge nach dem Troge zu fallen läßt, und wenn man ferner die
Seitenwände des Troges und den Wasserstand in demselben bis über die
Schienenoberkante erhöht, so würde ein bis zu derselben Höhe hinab reichendes festes
Saugrohr ohne Weiteres während der Fahrt auf den betreffenden Stellen der Bahn in
die Wassertröge eintauchen. Diese Art der Wasserversorgung paßt nicht nur für Bahnen
im flachen Lande, sondern auch für Gebirgsbahnen, denn gerade in hohen Gebirgen,
zumal auf den höchsten Stellen der Gebirgspässe, ist in der Regel Wasser im
Ueberfluß vorhanden.
Die Wassertröge, wie dieselben nach Ramsbottom's System
bisher ausgeführt wurden, kosten 5 Shill. per laufenden
Fuß oder 2640 Pfd. Sterl. per engl. Meile doppelgleisige
Bahn. Wenn sie sich über den vierten Theil der ganzen Länge einer Bahn erstreckten,
so könnten sie viel leichter und billiger, etwa für 500 Pfd. Sterl. per engl. Meile ausgeführt werden. Wenn man aber den oben
berechneten Preis von 2640 Pfd. Sterl. per engl. Meile
Bahn beibehält und überdieß annimmt, daß für die ganze Bahnlänge durch die Anwendung
solcher Wassertröge und durch die damit zusammenhängenden Modificationen im
Längenprofil der Bahn ein Kostenbedarf von durchschnittlich 2640 Pfd. Sterl. per engl. Meile Bahn erforderlich gemacht werde, so
würde also eine jährliche Ersparniß von 264 Pfd. Sterl. per Meile Bahn genügen, um jene Anlagekosten mit 10 Proc. zu verzinsen.
Diese durch Weglassung der Tender zu erzielende Ersparniß würde auf einer sehr
frequenten Bahn (wie die London- und North-Western-Bahn), bei
100 Zügen täglich in jeder Richtung einer Ersparung von nur 2 Pence per Zug und engl. Meile entsprechen. (Engineer; polytechnisches Centralblatt, 1865 S.
1298.)
Weißes unoxydirbares Metall für Faßhähne.
Hr. Vigouroux in Nimes hat eine derartige Legirung für
Faßhähne ermittelt; nach seinem Verfahren werden die Hähne auf dreimal gegossen,
indem man jedesmal die Zusammensetzung der Legirung abändert.
Hauptstück oder Körper des Hahns:
ZinnAntimonregulusNickel
78519520„
Theile„„
1000
Der Schlüssel, welcher aus zwei Theilen besteht:
Erster Theil oder conischer Kern, woran sich der obere Theil befindet:
ZinnAntimonregulusNickel
80717518
Theile„„
1000
Zweiter Theil des Schlüssels, oder Hülle des conischen Kerns:
ZinnAntimonregulusNickel
71521570
Theile„„
1000
Nachdem diese drei Güsse ausgeführt sind, kommen die Stücke auf die Drehbank; man
erhält so Hähne, welche für den Handel mit Flüssigkeiten aller Art wegen ihrer
Vorzüge in gesundheitlicher Beziehung zu empfehlen sind. (Armengaud's
Génie industriel, October 1865, S. 230.)
Verfahren zur Prüfung des Zinnes auf einen Bleigehalt, von J.
Jeannel.
Eine französische Ministerialverordnung vom 11. Juni 1864 schreibt für die
Militärspitäler das Verzinnen mit reinem Zinn vor, sowie
eine chemische Untersuchung des Metalles auf seine Reinheit bei jedem neuen
Verzinnen der Geräthe, um eine Bleilegirung bei denselben zu vermeiden.
Da diese Vorschrift reines Zinn verlangt, so muß jede Verzinnung verworfen werden, in
welcher sich ein Bleigehalt nachweisen läßt, ohne daß man denselben quantitativ zu
bestimmen braucht.
Hr. Jeannel schlägt folgendes sehr einfache Verfahren vor,
um die Gegenwart oder Abwesenheit des Bleies im Zinne nachzuweisen: Man behandelt 5
Decigramme des zu Spänen zertheilten Metalles mit einem Ueberschuß von
Salpetersäure, welche mit einem Drittel ihres Gewichtes Wasser verdünnt ist, und
läßt bis zur vollständigen Auflösung kochen; man gibt dann in die filtrirte
Flüssigkeit einen Krystall von Jodkalium, wornach sich, wenn sie nur 1/10,000 Blei
enthält, ein sehr deutlicher gelber Niederschlag bilden wird, welcher durch einen
Ueberschuß von Ammoniak nicht verschwindet. (Comptes rendus,
t. LXI p. 479; September 1865.)
Unsichtbare Photographien.
Hr. Stone in London hat eine eigenthümliche Art von
Photographien erfunden, nämlich Bilder, die im trockenen Zustande unsichtbar sind
und beim Befeuchten sichtbar werden. Er macht folgende Angaben über ihre
Darstellung.
Gutes thierisch-geleimtes Papier ist zu dem Verfahren erforderlich. Die
französischen mit Stärke geleimten Papiere müssen erst längere Zeit in warme
Sodalauge getaucht und nach dem Trocknen an einem Ende mit Eiweiß getränkt werden,
das man durch Alkohol coagulirt. Dieß bezweckt, die Leimung aus dem Papier zu
entfernen und einem Ende des Bogens wieder hinreichende Festigkeit zu verleihen, um
nicht beim Anfassen zu zerreißen. Beim englischen Papier ist diese Behandlung nicht
nöthig. Man taucht das Papier in eine Auflösung von 20 Gran Gelatine per Unze Wasser. Diese Lösung wird auf 21° R.
erwärmt. Sie darf nicht stärker genommen werden, weil sonst die Gelatine auf der
Oberfläche liegen und nicht wie beabsichtigt eindringen würde.
Nach dem Trocknen läßt man das Papier auf folgender Mischung schwimmen:
gesättigte Auflösung von doppelt-chromsaurem
Kali
1 Theil,
Wasser
2 Theile.
Nach drei bis vier Minuten trocknet man. Belichtet wird unter einem Negativ. Nach dem
Herausnehmen aus dem Copirrahmen wäscht man das Bild zuerst in kaltem Wasser, um das
unveränderte chromsaure Salz zu entfernen, dann in warmem Wasser, um die Gelatine
aufzulösen. Wo das Licht gewirkt, zeigt sich ein leichter Ton, den man durch
Eintauchen in eine Mischung gleicher Theile Schwefelsäure und Wasser fortnimmt.
Solche Bilder sind im trockenen Zustande ganz unsichtbar. Taucht man sie aber in
Wasser, so werden daraus sehr schöne Transparentbilder. Der Effect ist ganz magisch.
Beim Trocknen verschwinden sie wieder.
Sollen die Bilder beständig sichtbar bleiben, so lasse man sie auf einer Lösung von
arabischem Gummi schwimmen. (Photographisches Archiv, October 1865, S. 370.)
Verstärkung der Negativs, von Carey Lea.
Beim Verstärken der Negativs kommt es zuweilen vor, daß die Details zugedeckt, feine
Linien begraben und Halbtöne in Lichter verwandelt werden. Ich habe gefunden, daß
durch nachherige Anwendung einer sehr schwachen Cyankaliumlösung das Bild wieder
vollkommen geklärt, gleichzeitig aber auch verstärkt wird.
Wenn man das Negativ vor der Verstärkung hat trocknen lassen, so sind die Ränder
zuvor mit einem Rand von Spirituslack zu versehen; nach dem Trocknen des verstärkten
Bildes ist die Schicht mit einer Auflösung von Gelatine oder arabischem Gummi zu
überziehen, da sie ohne diese Maßregel beim Trocknen sich abblättern kann. Dreißig
Gran Gelatine per Unze Wasser sind ein passendes
Verhältniß. Eine schwächere Lösung macht nöthig, das Negativ nach dem Trocknen zu
firnissen, was jedenfalls anzuempfehlen ist, wenn viele Abdrücke von dem Negativ zu
machen sind.
Die zum Klären der Lichter und zum Schwärzen des Quecksilberniederschlages dienende
Cyanlösung darf nicht stärker seyn als 1 bis 2 Gran per
Unze, und muß abgewaschen werden, sobald sie ihre Wirkung gethan hat, da sie sonst
den Niederschlag wieder zu weißen strebt. Aus demselben Grunde muß man beim
Aufgießen der Lösung darauf bedacht seyn, eine recht gleichmäßige Wirkung zu
erzielen; am besten wird die Lösung als Bad angewandt.
Da dieses Verfahren zu gleicher Zeit die Lichter klärt und die Schatten intensiv
macht, so dürfte es für die Verstärkung von Negativen nach Stichen sehr werthvoll
seyn, wo jede Spur von Schleier vermieden und jede feine Schattirung bewahrt werden
muß.
Ich bedaure fast, eine neue Anwendung des Cyankaliums in der Photographie
vorzuschlagen, eines Präparats, das wegen seiner giftigen Eigenschaften so sehr zu
fürchten ist. Am besten wird man das Bild in ein Bad von 1 Gran Cyankalium per Unze Wasser eintauchen; denn gießt man die Lösung
über die Platte, so ist es sicher, daß etwas davon über die Finger fließt. Oft mag
dieß allerdings nicht schaden, aber über kurz oder lang folgen die Uebelstände.
(Photographisches Archiv, October 1865, S. 371.)
Zur Entfuselung des Alkohols.
Nach Versuchen von Bugowski finden für die Entfuselung des
Alkoholdampfes mittelst Holzkohle in einem über dem Verdampfkessel aufgestellten
Behälter folgende Regeln Anwendung:
1) Ein Volum Holzkohle entfuselt ein gleiches Volum Alkohol. Durch Glühen der Kohle
findet vollständige Wiederbelebung derselben statt.
2) Die Entfuselung ist um so vollständiger, je langsamer der Alkoholdampf durch die
Kohle geht.
3) Eine Höhe des Kohlencylinders von 5 Metern bei einem Durchmesser von 2 1/2 Metern
ist die beste. (Annales du Génie civil, Juli
1865, S. 469.)
Die vortheilhafteste Ausnutzung der Obst- und
Weintreber; von Prof. Th. Haas.
Im dießjährigen Herbste, der voraussichtlich, was die Qualität betrifft, gut, aber
was die Quantität betrifft, gering ausfallen wird, ist es eine Frage von großer
Wichtigkeit, ob die Materialien, die zur Bereitung der Getränke dienen, auch
vollständig und in lohnender Weise ausgenutzt werden. Um so Manche, die sich vor dem
Gespenst der sogenannten Weinverbesserung fürchten, nicht zu erschrecken, sey von
vornherein bemerkt, daß es sich hier nicht um das sogenannte Gallisiren handelt,
also nicht darum, die Mostsäfte mit Wasser zu versetzen, um die übermäßige Säure zu
verdünnen und mit Zucker, um den Alkoholgehalt der vergohrenen Flüssigkeit zu
vermehren. Das ist dann am Platze, wenn die Trauben nicht reifen konnten, in guten
Jahrgängen werden wir der Natur nicht nachhelfen wollen. Vielmehr handelt es sich um
das Petiotisiren, das den Zweck hat, die nach dem Auspressen des Saftes in den
Trebern zurückbleibenden werthvollen Stoffe auszunutzen. In den meisten Fällen
beschränkt man sich darauf, die geringe Menge Zucker zu profitiren, die noch darin
steckt, sey es nun, daß man die Treber gähren läßt und brennt, und so den Zucker auf
Branntwein verarbeitet, oder daß man die Treber noch einmal mit Wasser ansetzt und
die abgepreßte und vergohrene Flüssigkeit entweder zur Essigbereitung benutzt oder daß
man dieselbe (die sogenannte „Leire“) dem Erstabgepreßten
zusetzt und dieses dadurch verwässert. Oft sogar wird diese
„Leire“ für sich als Getränke benutzt. Neben dem Zucker
sind aber in den Trebern noch andere Substanzen in großer Menge enthalten, die dem
Aepfel- und Traubenwein den eigenthümlichen Geschmack und Geruch geben und
die man deßhalb benutzen kann zur Herstellung von weiteren Quantitäten von
Getränken. Daß auf diese Weise die Treber vortheilhafter ausgenutzt werden, als wenn
man sie auf Branntwein und Essig verarbeitet, braucht nicht erst bewiesen zu werden,
und daß auf diese Weise ein sehr gutes und haltbares Getränke hergestellt werden
kann, das hat die Erfahrung längst unwiderleglich bewiesen.
Uebergießt man die abgepreßten und wieder zerkleinerten Treber mit Wasser, in dem die
nöthige Menge Zucker gelöst ist und läßt sie damit gähren, wobei natürlich die
gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln nicht außer Acht zu lassen sind, so erhält man
dadurch ein Getränke, das von dem sogenannten Naturwein in Nichts verschieden ist,
ihn aber häufig an Güte übertrifft, und zwar lassen sich die Treber nicht bloß
einmal, sondern mehrere Male nach einander so behandeln.
Bei der Gährung verwandelt sich der Zucker in Alkohol; je mehr Zucker im Safte
vorhanden war, desto mehr Alkohol bildet sich und desto stärker wird das Getränke.
Nach der Stärke, die das Getränke erhalten soll, berechnet sich denn auch die
Zuckermenge, die zugesetzt werden muß. Bleiben wir zunächst beim Aepfelwein stehen,
so enthält derselbe in guten Jahrgängen 5 Procent Alkohol, d.h. in 100 Pfd.
Aepfelwein sind 5 Pfd. Alkohol enthalten; diese Alkoholmenge aber stammt her aus
10,3 Pfd. Traubenzucker, der im süßen Aepfelsaft gelöst war. Da durch die bei der
Gährung stattfindende Gasentwickelung ein Gewichtsverlust stattfindet (aus 100 Pfund
Zucker verflüchtigen sich über 46 Pfund kohlensaures Gas), so sind in 95 Pfund
Wasser 10,3 Pfund wasserfreier Traubenzucker aufzulösen, um eine Flüssigkeit zu
erhalten, die nach der Gährung 5 Gewichtsprocente Alkohol zeigt. Mit dieser
Flüssigkeit wären also die Treber zu behandeln, um ein dem Aepfelwein gleich
zusammengesetztes Getränke zu erhalten. Der Traubenzucker aber, wie er im Handel
vorkommt, ist nicht reiner Traubenzucker, vielmehr enthält er wechselnde Mengen von
Wasser und von gummiähnlichen Substanzen, die wohl süßlich schmecken, aber nicht
vergährungsfähig sind, also keinen Alkohol liefern können. Je weniger reiner
Traubenzucker im käuflichen enthalten ist, desto mehr ist von ihm erforderlich, um
den verlangten Zweck zu erreichen. Wir können annehmen, daß der Traubenzucker des
Handels im Durchschnitt aus
60
Procent
reinem Traubenzucker,
20
„
nicht vergährungsfähigen Substanzen und
20
„
Wasser
besteht. Statt 10,3 Pfund reinen Traubenzuckers sind daher von
dem käuflichen 17,5 Pfd. in Rechnung zu nehmen, dafür kommen durch diesen Zucker 3,4
Pfd. Wasser in die Auflösung, die von den obigen 95 Pfd. Wasser abzuziehen sind, und
wir erhalten so das Resultat, daß um eine vergohrene Flüssigkeit von 5 Procent
Alkoholgehalt zu erhalten, in 100 Pfd. Wasser 18,7 Pfd. käuflichen Traubenzuckers zu
lösen sind, oder da der (württ.) Eimer Wasser genau 588 Pfund wiegt, so kämen auf
den Eimer Wasser 110 Pfund Zucker, was mit einer Ausgabe von 15 fl. 24 kr. verknüpft
ist, wenn der Centner Traubenzucker 14 fl. kostet. Da in den Trebern und besonders
in den Weintrebern selbst noch Zucker enthalten ist, so kann man die Menge des
Traubenzuckers etwas vermindern und wird noch ein gutes kräftiges Getränke erhalten;
es hat ja auch der Aepfelwein nicht in allen Jahrgängen 5 Procent Alkohol.
Obige Berechnung gründet sich auf die Zusammensetzung des Aepfelweins, der für einen
großen Theil der arbeitenden Bevölkerung ein Lebensbedürfniß geworden ist. Es ist zu
hoffen, daß, durch den dießjährigen Mangel veranlaßt, Viele, die die Sache nicht
kannten oder mißachteten, sich zu gewiß lohnenden Proben entschließen möchten.
Aber auch sehr feine Getränke können auf diese Weise erzielt werden, wenn man
ausschließlich Weintreber verwendet und entsprechend dem höheren Alkoholgehalt der
Weine auch die Zuckermenge vermehrt. Dabei ist nur zu wünschen, daß man für diesen
Zweck statt des unreinen Traubenzuckers reinen Hutzucker verwendet. Die
Preisdifferenz zwischen beiden ist in der That nicht so groß als man glaubt. Ein
Centner Rohrzucker kostet allerdings 30 fl. und der Centner Traubenzucker 14 st.;
der letztere enthält aber bloß 60 Procent wirksame Substanz, während der Rohrzucker 100 Procent
enthält. 1 Centner Rohrzucker liefert 51 Pfund Alkohol, während ein Centner
Traubenzucker von 60 Procent blos 29 Pfund Alkohol liefert. Es sind demnach in
Hinsicht auf die daraus resultirenden Alkoholmengen 176 Pfund von diesem
Traubenzucker gleichwertig mit 100 Pfund Rohrzucker.
Bei einer geringen Mehrausgabe für Rohrzucker hat man den nicht zu unterschätzenden
Vortheil, daß man ein viel reineres feinschmeckenderes Product erhält, weil die
fremden nicht vergährungsfähigen Substanzen des Traubenzuckers fehlen. Diese sind
es, die den gallisirten Weinen ihren üblen Ruf verschafft haben und die es auch
möglich machen, die mit Traubenzucker gallisirten oder petiotisirten Weine auf
einfache Weise zu erkennen. Solche Weine haben nämlich eben wegen ihres Gehalts an
fremden nicht gährungsfähigen Substanzen ein größeres Gewicht als Wasser, d.h. sie
wägen nichts an der Waage für alte Weine, während dieß nicht der Fall ist, wenn man
Hutzucker verwendet. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1865, Nr. 36.)
Anwendung des Petroleums zum Tränken der Gypsfiguren.
Bekanntlich wandern jährlich große Quantitäten von reiner Stearinsäure in die
Werkstätten der Gypsgießer und dienen dazu, den Gypsfiguren eine durchscheinende,
alabasterartige Oberfläche zu geben. – Man verfährt im Allgemeinen so, daß
die aus dem feinsten und weißesten Gyps gegossenen Figuren erwärmt, mit
geschmolzenem Stearin überpinselt werden, worauf man sie schließlich in einem
geschlossenen Raum auf die Temperatur bringt, welche das Stearin zur Schmelzung
bedarf, um das Eindringen desselben in Abgüsse zu bewerkstelligen.
Wesentlich ist hierbei die richtige Regulirung der Temperatur, da ein Zuwenig nicht
den gewünschten Effect gibt, ein Zuviel das Braun- und Gelbwerden der
Gypsfiguren veranlaßt.
Außerdem ist die Menge des Stearins, welches zum Tränken auch nur eines einzigen
Stückes erforderlich, nicht unbeträchtlich, und hat man deßhalb vorgeschlagen, die
Gypsabgüsse mit einer Lauge, welche durch Zusammenkochen von Seife, Potasche,
Stearinsäure und Wasser gewonnen wird, so lange zu überziehen, bis der gewünschte
Glanz aufgetreten ist.
Die mit einer derartigen Lauge überzogenen und theilweise getränkten Gypsabgüsse
verlieren ihren Glanz etwas in Feuchtigkeit und veranlassen ein sehr festes Anhaften
darauf gefallenen Staubes, der dann nur mit Mühe auf Kosten der Schönheit des Gusses
zu entfernen ist.
Ein einfaches und sparsames Mittel zum Glänzendmachen der Gypsfiguren besteht in der
Verbindung des Petroleums mit Stearin und verfährt man auf folgende Weise:
In einem passenden Gefäße erwärme man 10 Theile Petroleum – jedoch nicht über
freiem Feuer, sondern durch Einsetzen des Gefäßes in kochendes Wasser – und
füge nach und nach 1–2 Theile geschabter Stearinsäure hinzu, die sich alsbald
in dem Petroleum zu einer klaren Flüssigkeit auflöst.
Mit dieser lauwarmen Auflösung überzieht man die ebenfalls ein wenig erwärmten
Gypsgegenstände zwei- bis dreimal; nach dem Trocknen, das in kurzer Zeit
beendet ist, genügt ein einfaches Poliren oder Glätten der überzogenen Gegenstände,
um ihnen einen schönen Glanz und das gefällige durchscheinende Ansehen zu geben.
Ebenfalls ist zu diesem Zwecke der im Handel vorkommende Petroleumsprit vorzüglich
anwendbar und empfiehlt sich noch vor dem Petroleum durch größere Flüchtigkeit,
wodurch ein rascheres Trocknen bewerkstelligt wird.
Selbstverständlich ist jede Lichtstamme und freies Feuer bei diesen Operationen zu
vermeiden, namentlich bei dem Gebrauche des leicht brennbaren Petroleumsprits; sonst
empfiehlt sich diese Methode durch Billigkeit und Einfachheit, da jedes Arbeiten in
höherer Temperatur umgangen ist. (Hamburger Gewerbeblatt.)
Präparirung der Fässer für Petroleum nach S. Cowles.
Eine passende Fastage für Petroleum ist bekanntlich ein wahres Bedürfniß, da Fässer,
die für andere Flüssigkeiten vollständig dicht erscheinen, namentlich das leichte
Petroleum sehr schnell durchlassen. Man wendet jetzt zum Transport und zum
Aufbewahren des Petroleums meist eiserne, inwendig mit Zinkblech verkleidete, fest
verschraubte Kästen oder eisenblecherne Cylinder an, und neuerdings hat man (wie im
polytechn. Journal Bd. CLXXV S. 87 erwähnt)
die Fässer durch Tränken mit einer concentrirten Potaschelösung und einem äußeren
Anstrich mit Oelfirniß dicht gemacht. Das letztere Verfahren wird nach dem im Mechanics' Magazine veröffentlichten Patent von S. Cowles in New-York auf folgende Weise ausgeführt:
In einem eisernen Gefäß, das groß genug ist, um eins oder mehrere der zu
behandelnden Gefäße aufzunehmen, erwärmt man Leinöl auf 70 oder 92° C. und
zwar ersteres für alte, trockene, letzteres für neue Fässer. In dieses Oel bringt
man die Fässer eins nach dem anderen, indem man zuvor die Spundlöcher verschließt,
so daß das Oel nur auf die äußere Fläche wirken kann und bewegt sie so darin herum,
daß alle Theile mit dem warmen Oele in Berührung kommen; einige Secunden sind hierzu
genügend, doch schadet eine längere Dauer nicht. Dann nimmt man die Fässer heraus
und behandelt sie, entweder noch im warmen Zustand oder erst nach dem Abkühlen, im
Innern, wozu man eine gesättigte Potaschelösung auf circa 90° C. in einem Gefäß erhitzt, das mit einem Hahn versehen
ist, so daß man die Fässer leicht durch das Spundloch füllen kann. Werden die Fässer
voll gefüllt, so kann man sie ruhig stehen lassen, werden sie aber nur zum Theil
gefüllt, so müssen sie häufig umgedreht werden. Die Lösung dringt rasch ein, und je
nachdem die Fässer mehr oder weniger gefüllt waren, ist das Holz in einigen Minuten
bis 1–2 Stunden gesättigt. Die Lösung kann dann in den Behälter
zurückgebracht und weiter verwendet werden. Das Petroleum soll in die Fässer
möglichst rasch nach deren Präparirung eingefüllt werden, doch schadet eine
Verzögerung von einigen Tagen nicht merkbar. Statt des Leinöles können auch
verschiedene andere Oele mit oder ohne Zusatz von Bleiglätte etc. verwendet werden.
(Deutsche Industriezeitung, 1865, Nr. 39.)
Heilung der Krätze durch Petroleum.
Nach Berichten aus fremden und einheimischen Militärlazarethen ist das Petroleum
vollständig geeignet, die Krätzmilben zu tödten d.h. die Krätze zu heilen und zwar
genügt eine Behandlung durch 2–3 Tage. Bei Behandlung der Krätze durch
Petroleum wird die Haut nur wenig angegriffen, und läßt sich das Petroleum in Form
von Ueberschlägen selbst bei ausgedehnter Entzündung und ausgedehntem Wundseyn in
Anwendung bringen. Nach Beendigung der Kur kann sogleich die Arbeit wieder
aufgenommen werden. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1865, Nr. 41.)
Die amerikanische Petroleum-Ausfuhr.
Nach den officiellen amerikanischen Ausweisen betrug die Ausfuhr von Petroleum aus
sämmtlichen dortigen Häfen nach aller Welt bis zum 31. Juli jedes der drei letzten
Jahre, folgende Anzahl von Gallons:
1863
15,105,844;
1864
15,071,581;
1865
7,010,650.
(Practical Mechanic's Journal,
October 1865, S. 222.)
Die Flachs- und Hanfproduction in Mähren, Schlesien und
Böhmen.
Das k. k. österreichische Ministerium für Handel und Volkswirthschaft hat auf Grund
von Gutachten und Berichten eine eigene Denkschrift: „Ueber die Zustände
der Flachs- und Hanfproduction in Mähren, Schlesien und
Böhmen“ herausgegeben, aus welcher wir Nachstehendes entnehmen:
Nach den neuesten statistischen Aufnahmen sind in der Gesammtmonarchie ungefähr
247,800
niederösterr.
Joch
Landes
mit Flachs und
263,700
„
„
„
„ Hanf,
zusammen also 511,500 Joch (1 Joch = 1,8 württ. Morgen)
bebaut, wobei Galizien, Böhmen und Ungarn die größten Beiträge an Hanf, Flachs,
Lein- und Hanfsamen liefern.
Was die Flachsgarnspinnerei in Oesterreich betrifft, so waren im Jahr 1855 kaum
80,000 Spindeln in Thätigkeit; Ende 1861 ergab sich die Zahl von nahezu 200,000 und
die Anzahl der mit Beginn des Jahres 1865 in Thätigkeit stehenden Spindeln darf auf
mindestens 252,000 geschätzt werden, wozu im Laufe der ersten sechs Monate 1865 an
bereits in Aufstellung begriffenen oder doch bestellten noch 70,000 weitere Spindeln
kommen werden, wornach sich die Gesammtzahl von 322,000 Spindeln ergibt, wobei
wieder Böhmen mit 239,000 Spindeln das weitaus größte Kontingent stellt.
In Betreff der Aus- und Einfuhrverhältnisse gibt nachstehende vergleichende
Tabelle die Resultate der letzten 34 Jahre, nach österreichischen Gulden berechnet,
an, (vom Jahre 1831–60 beziehen sich die Angaben auf den Durchschnitt der
angegebenen Perioden).
Flachs, Hanf, Manillahanf,chinesisches
Gras,Waldwolle, Seegras(Rohproduct).
Leinengarn(Garn ausFlachs, Hanfund
Werg).
Leinenwaaren (Webe-,Wirk- und
Seilerwaarenaus Flachs, Hanf undWerg).
Ausfuhr 1831–40:
1,041,819 fl.
842,698 fl.
4,635,195 fl.
1841–50:
1,130,581 fl.
588,985 fl.
3,609,551 fl.
1851–60:
1,066,391 fl.
744,041 fl.
8,434,360 fl.
1861:
1,990,000 fl.
2,323,000 fl.
9,344,000 fl.
1862:
2,709,613 fl.
3,210,000 fl.
8,073,617 fl.
1863:
2,543,195 fl.
4,703,850 fl.
8,942,051 fl.
1864:
2,057,134 fl.
5,766,590 fl.
11,811,603 fl.
Einfuhr 1831–40:
2,527,423 fl.
1,278,404 fl.
13,344 fl.
1840–50:
2,107,980 fl.
1,656,312 fl.
58,229 fl.
1851–60:
3,189,050 fl.
1,796,131 fl.
391,704 fl.
1861:
3,789,000 fl.
3,201,000 fl.
216,000 fl.
1862:
4,300,438 fl.
3,224,570 fl.
233,400 fl.
1863:
6,859,968 fl.
3,354,490 fl.
277,680 fl.
1864:
8,381,440 fl.
3,650,000 fl.
207,970 fl.
Die Einfuhr von Flachs, Hanf, überhaupt des Rohprodukts, ebenso des Leinengarns
überstieg somit die Ausfuhr um ein Beträchtliches, nur in Leinenwaaren, also in
Webe-, Wirk- und Seilerwaaren führte Oesterreich mehr aus als ein.
Was die Spindelzahl der verschiedenen Länder betrifft, so hatte England im Jahre
1862: 1,265,000, Frankreich in demselben Jahre: 563,000, Oesterreich 1863: 210,000,
der Zollverein 1861: 136,000 und Belgien 1862: 135,000 Spindeln, woraus hervorgeht,
daß Oesterreich in der Flachs- und Hanfproduction den dritten Rang
einnimmt.
Ueber die österreichische Flachs- und Hanfproduction erfahren wir, daß sich
dieselbe in Schlesien auf den Teschner Kreis und auf die Bezirke des Troppaner
Kreises erstreckt; in Mähren werden die Bezirke des Olmützer Kreises genannt.