Titel: | Ueber den elektroballistischen Chronographen von le Boulengè, nebst einigen Bemerkungen über die gebräuchlichen elektroballistischen Apparate; von C. Kuhn in München. |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XI., S. 30 |
Download: | XML |
XI.
Ueber den elektroballistischen Chronographen von
le Boulengè,
nebst einigen Bemerkungen über die gebräuchlichen elektroballistischen Apparate; von
C. Kuhn in
München.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Kuhn, über den elektroballistischen Chronographen von le
Boulengè und über die gebräuchlichen elektroballistischen Apparate.
Die bis jetzt bekannt gewordenen Verfahrungsweisen zur Geschwindigkeitsmessung
mittelst elektrischer WirkungenMan s. Encyklopädie der Physik, Bd. XX S. 1173. können bekanntlich in zwei Classen getheilt werden: zur ersten Classe
gehören alle jene, welche die gesuchte Dauer der zu untersuchenden Erscheinung aus
der bekannten Dauer einer anderen, welche gleichzeitig mit jener auftritt, ermitteln
lassen, während die Verfahrungsweisen der zweiten Classe die gesuchte Dauer der
Erscheinung aus der gleichförmigen Bewegung, welche ein Organ des dabei benutzten
Apparates (entweder ein Uhrzeiger, oder ein bestimmter Punkt einer Walze oder der
Markirstift) mit bekannter Geschwindigkeit in derselben Zeit ausführt, unmittelbar
zu erkennen geben. Kann im letzteren Falle die gesuchte Dauer unmittelbar an dem
Apparate selbst, wie bei einer Uhr abgelesen werden, so wird letzterer ein
Chronoskop (im engeren Sinne) genannt; hingegen heißt derselbe ein Chronograph, wenn
die gesuchte Zeit durch einen ihr proportionalen Raum graphisch dargestellt oder
markirt wird.
Hat man auf die eine oder die andere Weise das Zeitintervall ermittelt, während
welchem eine Erscheinung stattgefunden hat, so kann man, wenn die Bewegungsgesetze
der letzteren bekannt sind, die Geschwindigkeit bestimmen, welche derselben zu einem
beobachteten Zeitpunkte angehörte.
Unter den Verfahrungsweisen der ersten Classe zur Geschwindigkeitsmessung mittelst
elektrischer Wirkungen ist die von Pouillet im Jahre 1844
angegebene die älteste. Das Princip dieser Methode besteht bekanntlich in der
Aufsuchung der Beziehung zwischen der Dauer eines auf eine Magnetnadel von
bestimmter Anordnung einwirkenden elektrischen Stromes von bekannter Intensität und
dem von jener angenommenen Ausschlage. Ist der Strom von äußerst kurzer Dauer, so
wird derselbe der Nadel bloß einen einzigen Impuls beibringen, für welchen die
Schwingungsdauer die Dauer des Stromes weit übertrifft; man wird daher, wenn die Stromstärke
ausreichend ist, einen deutlich wahrnehmbaren Ausschlag erhalten, durch welchen bei
gleichbleibender Stromstärke die Geschwindigkeit ermittelt werden kann, welche der
Nadel durch die beschleunigende Kraft des Stromes ertheilt worden ist; da aber diese
Geschwindigkeit für kleine Schwingungsbögen der Dauer der Anregung proportional ist,
so wird man das verlangte Zeitintervall bestimmen können, wenn man den von einem
Strom derselben Stärke hervorgebrachten Ausschlag kennt, dem eine bekannte
Schließungsdauer angehört. Pouillet hat das von ihm
angewendete Galvanometer nach einer eigenthümlichen Methode empirisch graduirt, d.h.
eine Tafel entworfen, welche die Ausschläge unter Einfluß eines bekannten Stromes
von bestimmter Dauer angibt, und aus dieser Tafel konnte durch alleinige Ablesung
des Ausschlages die Zeit entnommen werden, während welcher der dieselbe messende
Strom seine Wirkung ausübte. Bei Anwendung dieses Verfahrens auf ballistische
Versuche wurde daher die Anordnung getroffen, daß die Kette, in welcher das
graduirte Galvanometer etc. eingeschaltet war, in demselben Augenblicke geschlossen,
in welchem das Geschoß den Lauf verließ, und in dem Momente wieder geöffnet wurde,
in welchem das Geschoß einschlug oder überhaupt ein bestimmtes Ziel traf: wenn daher
die Dauer des Stromes genau auf dieselbe Zeit beschränkt blieb, während welcher das
Geschoß in Bewegung war, so mußte die Flugzeit des letzteren dem aus der Tafel
entnommenen Zeitintervalle gleich seyn, und aus diesem konnte daher die
Anfangsgeschwindigkeit des Projectiles ermittelt werden. Dieses Verfahren ist
entschieden das einfachste, sowie dasjenige, welches der größten Vervollkommnung
fähig ist, da dasselbe zum Zwecke der Messung eines kurzen Zeitintervalles bloß die
Ablesung des Schwingungsbogens der Nadel eines hierfür genau graduirten
Galvanometers erfordert. Die von Pouillet selbst benutzte
Methode aber kann noch mit Fehlerquellen behaftet seyn, welche das zu bestimmende
Zeitintervall, da es sich hier um äußerst kleine Aenderungen von Bruchtheilen einer
Secunde handelt, unrichtig machen. Eine Fehlerquelle kann schon die Graduirung
selbst hervorbringen, da dieselbe außer der Unveränderlichkeit der Stromstärke in
der angewendeten Kette eine vollkommen gleichförmige Rotation der dabei benutzten
Commutatorscheibe voraussetzt, welche Bedingung nur schwer zu erfüllen und ebenso
schwierig zu controliren ist, während eine andere (wenn auch geringfügige)
Fehlerquelle durch die beim Entstehen und Aufhören der Stromwirkungen, sowie durch
die in Folge der Bewegung des Magnetnadelpaares entstehenden secundären Ströme
erzeugt werden kann. Das Pouillet'sche Verfahren ist
jedoch von Helmholtz sowie von Koosen wesentlich vervollkommnet worden, und namentlich ist es die von Helmholtz angewendete Methode, welche in der sichersten
Weise zur Messung der kleinsten Zeittheile benutzt werden kann. Das von Helmholtz modificirte Pouillet'sche Verfahren gründet sich lediglich auf die Anstellung genauer
Schwingungsbeobachtungen einer Galvanometernadel; es erfordert nämlich zur
Berechnung der Dauer eines Stromes, der genau während des Verlaufes einer zu
untersuchenden Erscheinung wirksam ist, die Kenntniß der Größe des Ausschlages oder
des halben Schwingungsbogens vor und nach der Einwirkung des Stromes, die
Schwingungsdauer der Nadel und endlich die Ablenkung, welche der die Zeit messende
Strom hervorbringen würde, wenn er gleichmäßig anhielte, und da diese Elemente einer
sehr genauen Messung fähig sind, und alle fremdartigen Einwirkungen dabei in
Rücksicht gebracht werden können, so muß diese Methode unter den bis jetzt
anderweitig bekannt gewordenen als die exacteste betrachtet werden. Die Umstände
aber, vermöge welchen zur Ausführung dieses Verfahrens eine isolirte oder feste
Aufstellung der Apparate, ein für derartige Beobachtungen passender und geeigneter
Beobachtungsraum, die Benutzung einer Uhr, deren Angaben controlirt und auf mittlere
Ortszeit reducirt werden können, erforderlich wird, mögen – abgesehen davon,
daß außer diesen Anordnungen vorausgesetzt wird, daß ein gewandter und für derartige
Arbeiten eingeübter Beobachter das Verfahren durchführe – der in Rede
stehenden Methode den Eingang für ballistische Anwendungen bis jetzt versagt
haben.
Ein anderes derselben Classe angehörendes Verfahren hingegen hat, da dasselbe bei
seiner Ausführung bloß die Ablesung eines graduirten Bogens erfordert, mitttelst
welcher unter Benutzung einer hierfür construirten Tabelle die Flugzeit des
Geschosses unmittelbar gefunden werden kann, vielfache Anwendung gefunden. Es ist
dieß das von Navez angewendete Verfahren, dessen Princip
darin besteht, die Wirkung der Schwere auf einen frei (oder über eine schiefe Ebene)
fallenden Körper oder auf ein Verticalpendel genau auf die Zeit zu beschränken,
während welcher das Geschoß einen bestimmten und abgegrenzten Theil seiner Bahn
durchfliegt. Dieses von de Booz herrührende Princip
suchte Navez anfänglich direct zu benutzen; da aber die
dabei aufgetretenen Schwierigkeiten nicht bewältigt werden konnten, so blieb er
zuletzt bei der Anordnung stehen, die unter dem Namen
„elektroballistisches Pendel“ bekannt und vielfach in
Gebrauch gekommen ist. Der Navez'sche Apparat besteht der
Hauptsache nach aus folgenden Theilen: 1) dem Pendel als Hauptbestandtheil, 2) dem
Einschalter oder Conjoncteur für die Kette, welche den mit dem Pendel (mittelbar)
verbundenen Zeiger während der Bewegung des Pendels einstellt, 3) dem Stromunterbrecher, Ausschalter
oder Disjoncteur, der in derselben Kette sich befindet, bei deren Unterbrechung das
Pendel engagirt und außerdem der Conjoncteur in Thätigkeit versetzt wird. An einer
starken in einer bestimmten Verticalebene befestigten Messingplatte L, L (Fig. 1) sind nämlich die
Lager für die frei suspendirte Achse eines mit messingener Linse versehenen
Verticalpendels P; die in verstellbaren Schraubenlagern
angebrachte horizontale Achse ist von einem Cylinder umhüllt, an dessen einem Ende
sich die eiserne Scheibe R befindet, und die Verbindung
jener cylindrischen Umhüllung mit der Achse ist durch eine Feder r vermittelt, so daß sich der an ihr befindliche Zeiger
I mit dem Pendel bewegen muß, wenn die Scheibe R nicht angehalten wird. Mittelst der Schraube u kann man die Stellung des Zeigers mit dem an seinem
Ende befindlichen Vernier V reguliren. Wird das Pendel
in seiner Ebene bis zu seiner Anfangsstellung erhoben, so daß der Zeiger auf Null
der Theilung steht, und die Kette für einen hinter der Platte L, L angebrachten und mittelst einer Mikrometerschraube K verschiebbaren Elektromagneten Q geschlossen, so wird die Pendellinse durch elektromagnetische Anziehung
gegen das in dieselbe eingelassene weiche Eisenstück p
festgehalten, bis der Strom jener Kette, welche wir die erste nennen wollen,
unterbrochen wird. Geschieht letzteres, so kann, wenn das Pendel einen Theil seines
Schwingungsbogens zurückgelegt hat, mittelst eines hinter der Platte L, L angebrachten anderen Elektromagneten, wenn dieser
in einer zweiten Kette eingeschaltet sich befindet, die Eisenplatte R als Anker dieses Elektromagneten festgehalten und so
der Zeiger I in der zuletzt von ihm angenommenen
Stellung arretirt werden. Der von dem Zeiger während der Bewegung zurückgelegte
Bogen, dessen Gradmaaß unmittelbar abgelesen werden kann, dient dann zur Ermittelung
der Dauer der Pendelbewegung. – Der Einschalter oder Stromhersteller für den
die Zeigerplatte R einstellenden Elektromagneten hat
beiläufig die folgende Einrichtung: Auf einer horizontal gestellten Fußplatte ist
eine Säule senkrecht befestigt, an der ein noch verstellbarer verticaler
Elektromagnet angebracht ist; dieser Elektromagnet befindet sich in einer Kette,
welche beim Einschlagen des Geschosses unterbrochen wird. An seiner unteren
Polfläche hängt bei geschlossener Kette ein Bleigewicht, das zu dem Ende an der
Berührungsstelle mit der Polfläche mit einer Eisenplatte versehen ist. Wird diese
Kette unterbrochen, so fällt das Bleigewicht auf eine an der Fußplatte angebrachte
federnde Stahllamelle, die in der Kette sich befindet, welche den Elektromagneten
der Ankerplatte R in Thätigkeit zu versetzen hat; in
Folge des Druckes, den diese Lamelle erfährt, muß ihr freies Ende mit dem Niveau einer
Quecksilbersäule in Berührung kommen, die in dieselbe Kette eingeschaltet ist, und
wodurch also diese geschlossen wird. Der Ausschalter oder Stromunterbrecher endlich
hat den Zweck, zu controliren, welche Zeitverluste in Summe durch Verzögerungen
eintreten, welche die Elektromagnete, sowie die Bewegung des Bleigewichtes beim
Auffallen auf die erwähnte Lamelle veranlassen; mittelst desselben kann nämlich die
Kette des Pendelelektromagneten Q gleichzeitig mit der
unterbrochen werden, in der der Elektromagnet des Einschalters sich befindet; der in
diesem Falle von dem Pendelzeiger zurückgelegte Schwingungsbogen wird von der
Elongation, welche derselbe bei einem ausgeführten Versuche annahm, abgezogen, um
die beim Arretiren des Pendelzeigers etc. eingetretenen Verzögerungen zu
eliminiren.
Für die Ausführung eines ballistischen Versuches mittelst des Navez'schen Apparates sind zwei Batterien nothwendig, deren Ströme durch
eingeschaltete Rheostaten auf stets gleicher Stärke erhalten werden sollen. In die
Kette der ersten Batterie wird die Spirale des Elektromagnetes Q eingeschaltet, und der Stromlauf ist so anzuordnen,
daß durch die gleiche Kette der Elektromagnet, dessen Anker die Platte R ist, angeregt werde; in die Kette der zweiten Batterie
aber tritt der Elektromagnet des Einschalters, der das Bleigewicht trägt. Wird daher
in die erste Kette jene Gitterscheibe eingeschaltet, die sich vor der Mündung der
Kanone befindet, die als Ziel dienende Gitterscheibe aber in die zuletzt genannte
Kette eingeschaltet, so wird in dem Momente, in welchem das Geschoß einen Draht der
ersten Scheibe durchbricht, das Pendel engagirt und in dem Augenblicke, in welchem
dasselbe das Drahtgitter der entfernten Scheibe durchbricht, der Pendelzeiger
ausgerückt oder gestellt: der vom letzteren beschriebene (in Gradmaaß abzulesende)
Bogen führt dann, wie erwähnt, auf die Flugzeit.
Der ganze Apparat, für welchen wir eine kurze fragmentarische Beschreibung hier
anzufügen für zweckmäßig hielten, ist, wie wir sehen, sinnreich angeordnet, und
würde bei vollkommen tadelloser Functionirung dem Zwecke entsprechen. Betrachten wir
aber die Vorgänge, welche bei einem jeden Versuche sowohl, als bei jedem mittelst
des Disjoncteurs angestellten Controlversuche eintreten, so müssen wir erkennen, daß
der Apparat nicht bloß einer ganz sorgfältigen Behandlung bedarf, sondern daß auch
die Ausführung und Conservirung desselben die größte Genauigkeit erfordert, wenn
derselbe brauchbar seyn soll. Das Zeitintervall, während welchem nämlich der
Pendelzeiger sich bewegt, enthält nicht bloß die Flugdauer des Geschosses, sondern
auch noch folgende Incremente, nämlich: 1) die Zeit, welche erforderlich ist, damit
der Magnetismus des Elektromagnetes Q bis zu einem solchen Grade
abgenommen hat, um die Pendellinse frei zu lassen; 2) die Zeit, welche zum
Verschwinden des Magnetismus in dem Elektromagneten des Einschalters nöthig ist; 3)
die Zeit, welche das Fallen des Bleigewichtes erfordert; 4) die Zeit, welche zum
Schließen der ersten Kette beim Einschlagen des Geschosses, und endlich 5) die Zeit,
welche erforderlich ist, damit die elektromagnetische Kraft des die Platte R anziehenden Elektromagnetes die Spannkraft der
Gegenfeder überwinden und den Zeiger einstellen kann. Hierzu kommt noch der
wesentliche Umstand, daß der für den ersten und zweiten Elektromagneten eintretende
remanente Magnetismus Verzögerungen bewirken kann, welche die eben genannten
Zeitintervalle bedeutend übertreffen können, und wobei der remanente Magnetismus des
Elektromagnetes Q (Fig. 1) einen wesentlichen
Einfluß auf die Größe der Elongation des Pendelzeigers ausüben muß, da das Pendel
beim Beginne seiner Bewegung von zwei Kräften, nämlich
durch die magnetische Wirkung und von der Schwere, gleichzeitig afficirt wird. Jedem
Versuche kann zwar ein Controlversuch unmittelbar vorangehen und nachfolgen, aber es
fragt sich, ob alle jene Verzögerungen mittelst des Controlversuches eliminirt
werden können, da die Dauer der Stromeswirkungen bei jedem ballistischen Versuche
größer ist als bei gleichzeitiger Unterbrechung beider Ketten mittelst des
Disjoncteurs, und die Stärke des remanenten Magnetismus, sowie auch die Zeit zum
Verschwinden und Entstehen des Magnetismus in dem Elektromagneten von der Dauer des
Stromes nicht unabhängig ist. Es ist wohl möglich, die unter Nr. 1, 3 und 4
genannten Verzögerungen außer Einfluß zu bringen; um aber die übrigen Störungen in
Rechnung bringen zu können, müßten Controlversuche angestellt werden, welche ihre
Bestimmung möglich machen. Die einzige Untersuchung, welche uns hier als möglich
erscheint, mag die seyn, daß die Schwingungsdauer des Pendels (für unendlich kleine
Schwingungsbogen), die in dem Ausdrucke vorkommt, durch welchen die Flugzeit
berechnet wird, unter denselben Einflüssen, wie bei den vorzunehmenden ballistischen
Versuchen, und unter Benutzung einer genauen Pendeluhr bestimmt wird, wodurch auch
sodann die Möglichkeit in Aussicht steht, die gefundenen Flugzeiten durch die
mittlere Zeitsecunde auszudrücken; jede andere Controle aber, welche die Richtigkeit
der Angaben des Navez'schen Apparates festzustellen
befähiget wäre, als Fallversuche, welche direct unter Benutzung des Apparates
vorgenommen werden müßten, scheint hier zu fehlen. Aus der Uebereinstimmung der
Versuchsresultate allein auf die absolute Richtigkeit derselben aber zu schließen,
mag selbst dann noch unsicher seyn, wenn dieselben auch durch geeignete
Ausgleichungsmethoden rectificirt werden. – Immerhin gehört aber der eben erwähnte
Apparat (vorausgesetzt, daß bei der Bewegung des Pendels selbst keine wahrnehmbaren
Widerstände zu Tage kommen) zu den besten Mitteln, welche gegenwärtig den
elektroballistischen Zwecken zu Gebote stehen, und es mag daher allerdings von
großer Wichtigkeit seyn, die Vervollkommnung desselben anzustreben.In der letzten Zeit soll der Navez'sche Apparat
durch den belgischen Oberst Leurs besondere
Vereinfachungen erfahren haben; die Zeitschrift, in welcher die näheren
Erörterungen hierüber enthalten sind (Revue de
Technologie militaire, Tome IV, Jahrg. 1865) ist uns nicht
zugänglich, weßhalb das Nähere hierüber nicht angegeben werden kann.
Die Verfahrungsweisen der zweiten Classe, durch Chronoskope oder Chronographen
ballistische Untersuchungen vorzunehmen, sind zum Theile schon früher angewendet
worden als die der ersten Classe. Bekanntlich gebührt der preußischen
Artillerie-Prüfungs-Commission, welche schon im Jahre 1838 einen
Apparat anfertigen ließ, um die Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse untersuchen zu
können, die Priorität für die erste Anwendung elektrischer Wirkungen zu
Geschwindigkeitsmessungen, während die von Wheatstone
angegebene Idee seines Chronoskopes erst im Jahre 1840 bekannt geworden ist, nämlich
um dieselbe Zeit, in welcher sein erster Zeigertelegraph patentirt wurde. Unter den
seit jener Zeit bekannt gewordenen elektrischen Chronoskopen und Chronographen,
deren Aufzählung und Beschreibung bei dieser Gelegenheit meine Absicht nicht seyn
kann, sollen einige hier in Erwähnung kommen, die meines Wissens die besondere
Aufmerksamkeit der Praktiker sich erworben haben, und hieher gehört vor allem das
Hipp'sche Chronoskop. Bezüglich dieses Apparates (der
in diesem JournalePolytechn. Journal Bd. CX S. 184,
Bd. CXIV S. 255, Bd. CXXV S. 12, Bd. CXXXII S. 259, Bd. CXXXVI S. 161. schon mehrmals Gegenstand der Besprechung war), hat sich aus den bis jetzt
mit demselben erhaltenen Erfahrungen gezeigt, daß dessen
Anwendbarkeit für ballistische Zwecke außer Zweifel gestellt werden kann,
wenn man die Eigenthümlichkeiten desselben gehörig in Rücksicht bringt. Bei einer
tadellosen Construction des Uhrwerkes selbst ist es ausreichend, während der
Anstellung der Versuche dasselbe öfters mit einer genauen Pendeluhr zu vergleichen,
um den Gang desselben in Rechnung bringen und seine Angaben auf die Secunde
mittlerer Zeit reduciren zu können. Geeignete Controlversuche gestatten ferner, die
Verzögerungen zu ermitteln, welche in der Natur der Elektromagnete ihre Entstehung
haben; die Einwirkung des remanenten Magnetismus aber, der hier sehr störend sich
kundgibt, mag nur durch
eine abgeänderte Construction des Elektromagnetes und der zugehörigen Armatur einer
Verminderung unterworfen werden können. Aus einer hinreichenden Zahl von Versuchen,
die für jede Reihe durchzuführen ist, ist man im Stande auf brauchbare Resultate zu
kommen, wenn man alle störenden Umstände in Rücksicht bringen kann, und mit einer
Genauigkeit sich begnügen darf, die 0,001 einer Secunde nicht erreicht. –
Unter den eigentlichen elektrischen Chronographen für ballistische Zwecke, die seit
20 Jahren bekannt geworden sind, soll einer der letzten der von Martin de Brettes construirtenPolytechn. Journal Bd. CLXVI S.
118., hier besonders hervorgehoben werden. Bei diesem Chronographen sind nämlich
die störenden Umstände, welche von der Natur der elektromagnetischen Organe
herrühren, an dem eigentlich chronographischen Theile des Apparates vermieden. Das
Wesen der von Martin de Brettes getroffenen Anordnungen
besteht bekanntlich darin, daß um einen mit chemisch präparirtem Papier umspannten
Metallcylinder, der nur parallel zu seiner Achse verschiebbar ist, ein Platinstift
rotirt, welch' letzterer den Anfang und das Ende der zu beobachtenden Erscheinung
dadurch markirt, daß in diesen Augenblicken die Kette für eine Inductionsspirale
geöffnet wird, wodurch zwischen Cylinder und Markirstift jedesmal ein
Inductionsfunke überspringt, der das Papier durchbohrt und so die zu untersuchenden
Phasen der Erscheinung markirt. Der Gedanke, den Inductionsfunken für diesen Zweck
zu verwenden, rührt bekanntlich von Werner Siemens her,
und es unterscheidet sich der in Rede stehende Apparat von dem, der durch Siemens schon vor mehr als 20 Jahren construirt wurde,
bloß in der Anordnung des Apparates selbst; während nämlich bei jenem der Cylinder
(aus Stahl) rotirt und der Stift fest bleibt (oder vielmehr nur eine zur
Cylinderachse parallele Verschiebung anzunehmen hat), so bleibt bei diesem der
Cylinder fest, und der Stift wird mittelst eines Centrifugalpendels zur
gleichförmigen Rotation gebracht; außerdem entstehen die Marken nicht auf dem
Cylinder selbst, sondern sie werden gleichsam durch die Wärmewirkungen des
Inductionsfunkens in das Papier eingebrannt. Der Apparat bietet, wie jeder
eigentliche Chronograph, den wesentlichen Vortheil, die Geschwindigkeit des
Geschosses an verschiedenen Stellen seiner Bahn untersuchen zu können; hiefür wird
bei dem in Rede stehenden Chronographen eine eigene (und zwar eine Daniell'sche) Batterie angewendet, in welche ein Rheotom
eingeschaltet wird, der die verschiedenen Gitterscheiben in die Kohlenzinkkette
einzuschalten gestattet,
welche für den Inductionsapparat benutzt wird. Jener Rheotom, sowie die übrigen zum
Einschalten der Gitterscheiben benutzten Organe sind elekromagnetische
Relaisvorrichtungen, und nach jedesmaliger Unterbrechung der Hauptkette wird ferner
ein Elektromagnet angeregt, durch dessen Thätigkeit die Markirwalze eine kurze
longitudinale Bewegung empfängt. Dieser sinnreiche Apparat, dessen Einrichtung aus
der Beschreibung in diesem Journale schon bekannt ist, enthält wesentliche
Verbesserungen; wenn wir uns aber die Thätigkeit desselben vorstellen, so finden
wir, daß Anforderungen an denselben gemacht werden müssen, denen nur in sehr
schwieriger Weise genügt werden kann, und für deren Erfüllung zum Theile kaum die
nöthigen Controlversuche ausgeführt werden können. Beiläufig sind nämlich diese
Bedingungen folgende: 1) Muß der Markirstift, stets in derselben Ebene verbleibend,
gleichförmig rotiren, d.h. die Distanz der Marken, auf der Cylinderoberfläche
gemessen, müssen den Zeiten, denen sie angehören, gerade proportional seyn. 2)
Sollen die von jedem Inductionsfunken in der Papierfläche erzeugten Marken so klein
seyn, daß dieselben als Punkte betrachtet werden können. 3) Jeder Inductionsfunke
soll im Augenblicke der Unterbrechung des primären Stromes zu Stande kommen, da
sogleich auch wieder die Kette des primären Stromes geschlossen werden muß, um die
Bewegung des Geschosses in der unmittelbar darauf folgenden Phase beobachten zu
können. 4) Bei jedesmaligem Unterbrechen des durch die Hauptleitung und ein
Drahtgitter gehenden Hülfstromes der dabei angewendeten Daniell'schen Batterie sollen die Anker des Hauptrheotomes und der eines
der Relais gleichzeitig und momentan abfallen und den Strom der Hauptrolle des
Inductionsapparates dabei unterbrechen, und hierauf unmittelbar soll ohne merklichen
Zeitaufwand der Elektromagnet des Hauptrheotomes, sowie der eines der folgenden
Relais magnetisirt und jeder ihrer Anker dabei momentan angezogen werden, um dabei
den Hauptstrom des Inductionsapparates sogleich wieder herzustellen. Gleichzeitig
soll aber auch der die longitudinale Bewegung des Markircylinders vermittelnde
Elektromagnet die zugehörige Hemmung frei lassen, diesem Cylinder eine vertical
abwärts gehende Bewegung gestatten und denselben fast in dem gleichen Augenblicke
wieder arretiren. – Die Erfüllung der ersten dieser Bedingungen kann man zwar
controliren und sogar die Fehler ermitteln; die dazu nöthigen Hülfsmittel sind
jedoch nicht so einfach, als die, welche man zur Bestimmung des Ganges einer Uhr
nöthig hat, und stehen auch nicht zu jeder beliebigen Zeit zur Hand, um dieselben
benutzen zu können; für die Erfüllung der zweiten und dritten Bedingung muß man
Voraussetzungen machen, deren Richtigkeit nicht leicht zu begründen ist, und der vierten Bedingung kann
man zwar in so ferne Rechnung tragen, daß die wegen der Natur der Elektromagnete
eintretenden Verzögerungen bei der Anfertigung des Apparates auf ein Minimum
gebracht werden; aber abgesehen davon, daß dennoch mit der Zeit und bei längerem
Gebrauche des Apparates diese Einflüsse nach und nach wieder zum Vorschein kommen
werden, so ist es nicht möglich, alle jene Functionen ohne Aufwand von bestimmten
Zeitintervallen verrichten zu lassen, welche die Zeitmessung nothwendig fehlerhaft
machen müssen. In wie weit dieser Inductions-Chronograph von M. de Brettes bei ausgeführten Versuchen den praktischen
Anforderungen genügt hat, ist nicht näher bekannt geworden. Bei einer anderen
Verbesserung, welche de Brettes vorgenommen hat,
unterbricht eine durch elektromagnetische Wirkung in Schwingungen versetzte
Stimmgabel den primären Strom 100 mal in der Secunde in gleichen Zeitintervallen,
und dabei werden eben so viele Funken erzeugt, die aus einer festen Spitze auf einen
mit präparirtem Papier umwickelten und in Drehung befindlichen Cylinder überspringen
sollen, während die von einer zweiten festen, neben der ersten stehenden Spitze die
Unterbrechungsfunken kommen, welche den Anfang und das Ende der zu untersuchenden
Erscheinung zu markiren haben. Von diesem neuen Apparate, der von dem Constructeur
mit dem Namen „elektrophonischer Chronograph mit Induction“
bezeichnet wird, ist bloß der principielle Theil zur weiteren Kenntniß gekommen; es
kann daher über die Leistungen desselben nichts vermuthet werden. Es hat aber den
Anschein, daß man es vorgezogen hat, das kleinste Zeitintervall, welches dieser
Chronograph noch anzeigen soll, auf höchstens einige Tausendtel zu beschränken, um
eine strengere Richtigkeit der Angaben des Apparates zu erzielen.
Die vorstehenden Bemerkungen hatten den Zweck, die Haupttypen der neuesten unter den
elektroballistischen Apparaten bis jetzt bekannt gewordenen Constructionen
vorzuführen, und bloß die Leistungen in Erwähnung zu bringen, welche von den in
Gebrauch stehenden Apparaten beiläufig erwartet werden dürfen, wenn man dieselben
zur Bestimmung der Geschwindigkeit eines Geschosses in einem angegebenen Momente
benutzen will, und wir gehen nunmehr auf den eigentlichen Gegenstand unserer
vorliegenden Erörterungen, nämlich auf die Beschreibung des neuen
elektroballistischen Apparates über.
Wesentliche Vereinfachungen hat der belgische Artillerielieutenant Le Boulengé bei der Construction seines erst gegen
Ende des vorigen Jahres in weiteren Kreisen bekannt gewordenen sogenannten
elektroballistischen Chronographen vorgenommen, mit welchem übrigens – wie
unsere QuellenBulletins de l'Académie royale des sciences,
des lettres et des beauxarts de Belgique, 2. Ser. Bd. XVII p. 92. – Mémoire sur un chronographe électro-balistioque
par P.
Le Boulengé, Paris et Liége 1864 (Extrait du
tome III de la Revue de technologie
militaire). – Eine Patentbeschreibung mit den letzten
Abänderungen des Apparates findet man im Mechanics'
Magazine vom 23. Juni 1865 S. 396. dieß beweisen – schon im October und November 1863 auf dem Polygone
von Brasschet eine ausführliche Reihe von Versuchen unter gleichzeitiger Benutzung
des Navez'schen elektroballistischen Pendels vorgenommen
worden ist. Der elektroballistische Apparat von le
Boulengé ist seiner ganzen Ausdehnung nach, sowie in seiner
Constructionsweise auf bekannte Principien gegründet. Dem Wesen nach ist bei
demselben ganz dasselbe Princip angewendet, welches Navez
seiner ersten Verfahrungsweise zu Grunde legte, und wobei bekanntlich die zuerst von
de Booz vorgeschlagene Idee auf elektromagnetischem
Wege zur Ausführung kam, und bekanntlich liegt den übrigen Verfahrungsweisen von Navez dieselbe Idee zu Grunde. P. le Boulengé hatte jedoch den glücklichen Gedanken, unter Benutzung
jener Idee und der anderweitig noch bekannten principiellen Constructionen, einen
elekromagnetischen Fallapparat zu construiren, dessen Anordnung es gestatten soll,
die Dauer des freien Falles eines passend hiefür angeordneten metallenen Stabes oder
Rohres u. dgl. genau auf das Zeitintervall zu beschränken, während welchem das
Geschoß einen Theil seiner Bahn durchläuft. Aus der während dieses Zeitintervalles
zurückgelegten Fallhöhe kann man sodann nach dem bekannten Gesetze jenes selbst
ermitteln. P. le Boulengé nennt seinen Apparat
einen „elektroballistischen Chronographen“; es dürfte aber
geeigneter seyn, denselben mit dem Namen „elektromagnetischer Fallapparat
für ballistische Zwecke“ zu bezeichnen. – Die Einrichtung
dieses elektroballistischen Fallapparates ist beiläufig folgende: An einer
verticalen Säule m, m (Fig. 2 und 3), die mittelst der an
ihrer Fußplatte w angebrachten Horizontalstellschrauben
o, n unter Benutzung eines Senkels (oder, was gewiß
für den vorliegenden Zweck besser seyn dürfte, mittelst zweier rechtwinkelig über
einander an der Säule selbst angebrachten Libellen) senkrecht eingestellt werden
kann, und die überhaupt ähnlich wie das Gestell einer Atwood'schen Fallmaschine angeordnet ist, sind zwei gerade Elektromagnete
l und l' in passender
Weise und zwar so befestiget, daß ihre Eisenkerne (nahezu) vertical gerichtet sind.
Der eine dieser Elektromagnete, nämlich l, hat die
Bestimmung, einen cylindrischen – oder parallelepipedischen –
Messingstab a, der andere l'
ein cylindroconisches Gewicht i mit seiner Achse in
verticaler Lage und schwebend zu erhalten, so lange die Ketten, in welchen diese Elektromagnete sich
befinden, geschlossen sind. Jener Messingstab a bildet
bei dem in Rede stehenden Instrumente den eigentlichen chronometrischen Apparat und
wird von dem Constructeur kurzweg der „Chronometer“ genannt.
Dieser chronometrische oder chronographische Stab, ferner das Gewicht, dann der
sogenannte Drücker, und ein den Markirmeißel f
enthaltender Theil, sowie ein Stromunterbrecher oder Ausschalter J, K machen die Haupttheile des Apparates aus. Was nun
die einzelnen Theile des letzteren betrifft, so muß vor allem bemerkt werden, daß
jeder der beiden Elektromagnete mit zwei in entgegengesetztem Sinne gewundenen
Drahtspiralen versehen ist; bei eigentlich geschlossener Kette für jeden der beiden
Elektromagnete soll die Wirkung der Spirale mit größerer Windungszahl vorherrschen,
bei geöffneten Ketten aber sollen die beiden Hülfsspiralen zur Wirksamkeit kommen;
diese Anordnung wurde – nach dem Vorgange Wheatstone's – getroffen, um den remanenten Magnetismus der
Eisenkerne aufzuheben, die Polarität rasch umzukehren und das Verschwinden der
ersten Polarität eines jeden der Elektromagnete zu beschleunigen, und so das
Abfallen ihrer magnetisirten Anker a und i recht rasch und ohne Zeitverlust zu bewirken. In das
obere Ende des Chronometerstabes a ist nämlich ein
kleiner permanenter Magnet r eingeschraubt, und das
Gewicht i soll ohnehin ein permanenter Magnet seyn;
beide kehren beziehungsweise ihre ungleichnamigen Pole den Polflächen der
Elektromagnete l und l' zu,
wenn die längeren Spiralen der letzteren zur Wirksamkeit kommen; jene permanenten
Magnete, sowie diese Polenden selbst, laufen an der Berührungsstelle conisch zu, und
sind hier etwas abgerundet, um diese Berührung auf ein möglich Kleinstes zu
beschränken. Diese aus der Telegraphentechnik schon längst bekannte Anordnung hat
hier den Vortheil, daß beim Unterbrechen des Stromes in einer der Spiralen und beim
gleichzeitigen Umkehren der Polarität der stählerne Anker fast momentan abfallen muß
oder daß überhaupt die Einwirkung des remanenten Magnetismus der Eisenkerne sehr
verringert wird. Der Messingstab a wird dadurch zum
Chronographen, daß derselbe an seinen Enden mit Hülsen (cartouches récepteurs) von Papier (oder Zinn u. dgl. oder auch
seiner ganzen Länge nach mit einer einzigen Hülse) versehen werden kann, die sich
leicht verschieben lassen, aber mittelst Fassungen und Stifte so mit dem Stabe a verbunden sind, daß die Verschiebungen der einen oder
anderen dieser Hülsen nur längs des Stabes, unter gewöhnlichen Umständen aber eine
solche nicht erfolgen kann; wird eine derselben festgehalten, so kann der Stab bei
unterbrochener Kette noch eine kurze Bewegung annehmen. Die Hülse b
ist bei c, c, die Hülse b' bei c', c' mit einer fixen Marke
versehen, deren gegenseitiger Abstand sowie ihre Distanzen von einer festen Stelle
f an dem Markirmeißel bei geschlossener Kette
gemessen und bekannt sind. Um nun eine bestimmte Fallhöhe zu messen, wird die Kette
für den Elektromagneten l unterbrochen, der
chronometrische Stab wird sodann (in einer Verticalen verbleibend) sich abwärts
bewegen, und kommt derselbe vor dem Markirmeißel f
vorbei, so soll in demselben Augenblicke, in welchem der Schneide des Meißels die
untere oder obere Hülse gegenüber zu stehen kommt, eine Marke in die Hülse
eingravirt werden. Seine verticale Lage soll der Stab vermöge der ihm gegebenen
Anordnung beibehalten, da er nach der Richtung seiner Achse ausgehöhlt und an seinem
unteren Ende bei d mit einem stählernen Einsatze
versehen ist, der in die Höhlung eingeschraubt wurde und zugleich das Abfallen der
Hülse vom Stabe verhindert. Das Einprägen der Marke mittelst des Meißels f aber geschieht dadurch, daß das Gewicht i, das ebenfalls hohl (?) und bei r' mittelst eines eingeschraubten Metallpfropfens balancirt ist, in einer
der erwähnten Phasen auf die an einem Hebelarme des Drückers g befindliche Platte fällt, wodurch sodann die an dem vorderen Ende g' des Hebels g, g'
eingehängte starke Feder e ausgelöst und derselben eine
kurze horizontale Bewegung beigebracht wird, durch welche die an dieser Feder
angebrachte Schneide f in die Hülse eindringt und
dieselbe so lange festhält, bis sie durch die kurz oscillirende Feder wieder
freigelassen und der Chronometerstab ungehindert abfallen kann. Zur Aufnahme des
Stabes und des Gewichtes beim Abfallen derselben dient eine mit zwei Fächern
versehene Tasche, die in geeigneter Weise mit der unteren Fußplatte p, welch' letztere an dem Rande eines festen Tisches
angeschraubt werden muß, in Verbindung gebracht werden kann. – Soll nun die
dem Fluge eines Geschosses von einem Scheibenrahmen zu einem entfernteren
entsprechenden Fallhöhe des Stabes a gemessen werden, so
hat man zunächst diejenige zu bestimmen, welche der Fallhöhe des Gewichtes i entspricht. Zu dem Ende ist der Stromlauf der beiden
Ketten, welche die Spiralen der Elektromagnete l und l' enthalten, so angeordnet, daß sie durch den
Ausschalter J, K gleichzeitig geöffnet werden können,
während bei Bestimmung der Flugdauer des Geschosses dieser Ausschalter außer
Wirksamkeit bleibt und die Ströme nach und nach durch das Zerreißen der Drähte der
Scheibenrahmen unterbrochen werden. Der Ausschalter besteht bloß in einer an der
messingenen Lamelle v, v' befestigten flachen
Messingfeder J, die im normalen Zustande des Apparates
mit dem Ende der Klemmschraube K in Contact steht; durch
Lüften dieser Feder wird dieser Contact aufgehoben, und jede der Ketten also, von
welchen die Lamelle v, v einen Theil des Stromleiters
bildet, wird sodann unterbrochen. Die Anordnung der Stromläufe ist beiläufig so
hergestellt, wie dieß im Schema Fig. 4 versinnlichet ist;
hierin bedeutet I die Batterie für den Elektromagneten
l, II die Batterie, welche der Spirale des
Elektromagneten l' angehört, s,
s sey die Leitung, in welcher die Spirale l mit
dem Drahtrahmen der erstell Scheibe B, t, t sey die
Leitung für die Spirale l', in welcher die Scheibe B' mit ihrem Drahtrahmen eingeschaltet sich befindet;
die negativen Polenden beider Batterien seyen unter sich metallisch verbunden, und
diese Verbindung werde durch eine Lamelle v, v
hergestellt, welche zu einem metallenen Lager K führen
soll, das mittelst einer Klemmschraube durch die Feder J
(Fig. 2
und 3) mit der
Lamelle v, v in Contact versetzt werden kann. Wird daher
diese Feder gelüftet, so werden beide Batterien bei J
gleichzeitig geöffnet, und der Chronometerstab a, sowie
das Gewicht i müssen also auch gleichzeitig von ihren
Elektromagneten abfallen; bleibt aber die Schraube K mit
der Feder J in Contact, und es wird entweder der
Scheibenrahmen B oder B'
durchbrochen, so wird im ersten Falle der chronometrische Stab a, im zweiten Falle aber das Gewicht eine frei fallende
Bewegung beginnen können. Die letzte dieser Anordnungen wird benutzt, wenn man den
Fallraum eines Punktes des Chronometers a markiren will,
welcher der Flugdauer des Geschosses entspricht; die erstere aber – nämlich
die gleichzeitige Unterbrechung beider Ketten – hat man bei jedem derartigen
Versuche zuerst vorzunehmen, um die Fallzeit bestimmen zu können, welche das Gewicht
i braucht, bis es den Drücker g, g' in Thätigkeit versetzt. Zugleich zeigt das Schema, daß die
compensirende Spirale des Elektromagnetes l durch die
Leitung s', s', die des Elektromagneten l' durch die Leitung t', t'
beständig in der Kette eingeschaltet bleibt, so daß durch diese die Magnetisirung
der Elektromagnete – jedoch in entgegengesetztem Sinne, wie durch die
Hauptspiralen – erfolgen kann, mögen die Stromunterbrechungen in der einen
oder anderen Weise für die Hauptspiralen vorgenommen werden. Um die Wirkung der
compensirenden Spiralen auf so lange auf ein Minimum zu beschränken, bis die
Polarität eines jeden der Elektromagnete umgekehrt werden soll, kann in jede
derselben mittelst eines Rheostates ein Widerstand eingeschaltet werden, der diese
umgekehrten Ströme abschwächt. In Fig. 1 ist die Anordnung
der Stromläufe angegeben, wie dieselbe im erwähnten Schema versinnlichet wurde. Die
mit zz... bezeichneten Ringe bedeuten die
Klemmschrauben, durch welche die Kette mittelst der Batterien hergestellt wird. Von
den positiven Polenden der Batterien führen nämlich die Drähte s, s und t, t zu einem Ende der Hauptspiralen,
die Drähte s', s' und t', t'
zu einem Ende der compensirenden Spiralen der Elektromagnete l und l'; von dem negativen Polende der
Batterien führt ein gemeinschaftlicher Draht y, y' nach
der messingenen Lamelle K, z'. Letztere steht nun
einerseits mittelst der an das Schraubenende von K sich
anlegenden Feder J in Verbindung, welche, wie bereits
erwähnt, mit der kupfernen Lamelle v, v', u in Contact
steht, an welcher die abgewendeten Enden s₁ und
t₁ der Hauptspiralen metallisch befestigt
sind; andererseits steht die Lamelle K, z, mit der
Lamelle x', x, u' in bleibendem Contacte, und zu dieser
führen die abgewendeten Enden s'' und t'' der compensirenden Spiralen. Der Strom der Batterie
I kann daher über s, s
zur Hauptspirale von l gelangen, tritt hier bei s aus, um durch die Lamelle u, v,
v' bei K zur Batterie zurückzukehren; ebenso
geht der Strom der Batterie II durch t, t, die
Hauptspirale von l', und gelangt über t₁, J, K zur Batterie
zurück. Hingegen wird der Strom der ersten Batterie über s',
s, durch die compensirenden Spirale von l, der
der zweiten Batterie über t, t' zur compensirenden
Spirale von l' kommen und beide müssen daher durch die
gemeinschaftliche Lamelle u, x, x' zu den Batterien
zurückkehren. Der in letzterer befindliche Rheostat gestattet durch Lüften der bei
1,2... angezeigten Schraubenköpfe, Widerstände von 1 bis 160 Meter des als
Widerstandseinheit angenommenen Kupferdrahtes von 1 Millimeter Dicke
einzuschalten.
Was nun die Ausführung der Versuche betrifft, so wird man also vermöge der bisherigen
Erläuterungen zuerst die Ketten für beide Elektromagnete so herstellen, daß, wie
dieß bereits angedeutet worden ist, die Hauptspirale des Elektromagnetes l in dem nächsten, die Spirale l' aber in dem entfernten Drahtrahmen eingeschaltet sich befindet, während
der Chronometerstab a als verticaler Anker von l, das Gewicht i als Anker
an die untere Polfläche von l' angebracht wird. Lüftet
man nun die Feder J, so werden beide Anker gleichzeitig
zu fallen beginnen, und es wird durch das Auffallen des Gewichtes i auf die Platte g die Feder
e ausgelöst, so daß also der Meißel f an der Hülse die Stelle des Chronometers markiren
kann, welche in diesem Augenblicke der Schneide gegenüber stand. Nennt man nun den
von dieser zurückgelegten Fallraum h₁, so wird
t₁ = √(2h₁/g) das Zeitintervall seyn, welches
vom Augenblicke des Abfallens des Chronometers bis zu dem Momente des Markirens
verflossen ist. Bringt man jetzt beide Anker wieder an die zugehörigen Polflächen
der Elektromagnete, und läßt den Schuß erfolgen, so wird beim Durchreißen des ersten
Drahtrahmens der Chronometerstab a, beim Durchreißen des zweiten aber das
Gewicht i abfallen, und die obere Markirhülse wird jetzt
von dem Meißel eine Marke an einer Stelle empfangen, deren Fallhöhe wieder gemessen werden kann. Nennt man letztere h₂, so wird t₂
= √(2h₂/g) das
zugehörige Zeitintervall, und mithin muß t₂–t₁ die Flugzeit des Geschosses seyn. In
beiden Ausdrücken bedeutet g die Beschleunigung der
Schwere des Beobachtungsortes, die man bekanntlich berechnen kann, wenn die
Beschleunigung der Schwere eines Ortes von bekannter Breite zu Grunde gelegt wird.
Die dem Geschosse angehörende „mittlere Geschwindigkeit“
v berechnet le
Boulengé aus dem Ausdrucke E/(t₂–t¹),
worin E die Distanz der beiden Scheibenrahmen bedeutet.
Die Grenzen, innerhalb welchen bei dem in Rede stehenden Apparate die Flugzeiten
liegen dürfen, hängen von der Differenz der Fallzeit des Chronometerstabes und eines
Punktes der unteren Grundfläche des Gewichtes ab; bei dem unserer Beschreibung zu
Grunde gelegten Exemplare ist das größte noch mit demselben meßbare Zeitintervall
etwa 0,1 Secunde. Es soll daher die zu suchende Anfangs- (oder mittlere)
Geschwindigkeit des Geschosses schon vorher beiläufig bekannt seyn, damit die
Drahtrahmen in keine größere Distanz von einander gebracht werden als die der
größten noch meßbaren Flugzeit entsprechende.
Als besondere Vortheile hebt le Boulengé für seinen
Chronographen den anderweitig bekannten – namentlich dem Navez'schen gegenüber – hervor, daß jener der
einfachste sey, daß ferner bei demselben eine Veranlassung zu Fehlern nicht
eintreten könne, weil, den Luftwiderstand hier außer Rücksicht gelassen, der
Chronometerstab ohne alle Hindernisse seinen freien Fall vom Augenblicke des
Zerreißens des ersten Drahtrahmens vollführen könne, daß ferner die Fallzeit ohne
alle weiteren Untersuchungen auf die Flugdauer führe, daß die Einwirkung der
Temperaturänderungen in Rechnung gebracht werden könnte, und daß endlich die Fehler
der Ablesung bei der Bestimmung der Fallhöhen vermöge der Anordnung, welche man dem
Instrumente geben kann, von so geringem Einflusse gemacht werden können, daß
dieselben unberücksichtigt bleiben dürfen. – Endlich gibt le Boulengé noch Verfahrungsweisen an, die dazu
dienen sollen, um die von ihm angegebene Methode einer Controle zu entwerfen. Der
von ihm angewendete Ausschalter wurde dadurch geprüft, daß man mit diesem sowohl,
als auch mit dem Ausschalter eines elektroballistischen Pendels die
Stromunterbrechung vornahm; in beiden Fällen wurden gleiche Fallhöhen für den
Chronometerstab gefunden. Die Untersuchung der Fehler bei ungleichzeitiger Unterbrechung der Ströme
wurde mittelst Anwendung eines eigenen Apparates vorgenommen, der mit dem Namen
„Controleur“ bezeichnet wurde: Das Wesen dieser
Untersuchungsmethode besteht darin, daß man einen Anker aus weichem Eisen, der eben
so angeordnet war, wie die oben angegebenen, und der zu einem in einer eigenen oder
in der Kette des Chronometers eingeschalteten Elektromagneten (Fig. 5) gehörte, durch
eine gemessene Höhe fallen und im Momente der Ankunft des Stabes S bei M die Kette L, L des Gewichtes i
unterbrechen ließ; die Uebereinstimmung der Fallhöhen, wie sie von dem
Chronometerstabe angegeben wurden, mit den gemessenen ließ die Richtigkeit der
Angaben des elektroballistischen Apparates erkennen. Endlich wurde bei den
Schießversuchen ein elektroballistisches Pendel gleichzeitig (?) mit dem neuen
Apparate angewendet; diese Versuche ergaben für die Ermittelungen mittelst des le Boulengé'schen Apparates eine größere
Uebereinstimmung der erhaltenen Resultate als bei den mittelst des Navez'schen Apparates gefundenen Geschwindigkeiten;
hiebei trat aber die Eigenthümlichkeit hervor, daß fast durchweg die mittelst des
Navez'schen Apparates gemessenen Geschwindigkeiten
größer ausfielen als die durch den le
Boulengé'schen Apparat ermittelten, und zufällig ergab sich dabei, daß
das Verhältniß von beiden im Mittel nahezu dasselbe war, wie das, welches Navez für die mittelst des Robins'schen ballistischen Pendels und seines Apparates zusammengestellten
mittleren Zahlen erhielt.
Betrachten wir nun die Einrichtung des elektroballistischen Fallapparates im Zustande
seiner Thätigkeit, so kann uns nicht entgehen, daß an demselben mancherlei Mängel
vorgefunden werden, die mehr oder weniger seine Vollkommenheit beeinträchtigen.
Zunächst finden wir, daß die Einregistrirungsmethode, nach welcher einem frei
fallenden Stabe oder Rohre während seiner freien Bewegung ein Schlag beigebracht
werden muß, der einen Markirschnitt zur Folge hat, eine ganz absonderliche, und wir
möchten fast sagen eine unnatürliche ist. Dieselbe kann auf Unsicherheiten führen,
welche eine beständige Controle der Angaben wünschenswerth machen müssen. –
Die Anordnung der Markirvorrichtung selbst ist ebenfalls nicht ohne Mängel. Bei
seinen neuen Apparaten hat le Boulengé dieselben
in einer Weise abgeändert, wie wir dieß aus Fig. 6 und 7 ersehen. Es ist nämlich
dabei eine ebene flache Feder e, e benutzt, die mit
einem Ende in die Messingsäule E eingeklemmt ist, und am
freien den Meißel trägt, der mittelst des Hebels g, i, s
durch Einhängung desselben in den Haken s arretirt, und
beim Aufschlagen des Gewichtes auf die mit dem Aufhaltklötzchen q versehene Platte g ausgelöst und sodann
fast ohne Vibrationen eine kurze etwa 1 Millimeter betragende horizontale Bewegung
machen kann. Unter diesen Umständen dürfte aber offenbar ein starker Stahlstift
vortheilhafter zum Markiren sich erweisen als eine Messerschneide; wünschenswerth
wäre es aber, wenn, wie le Boulengé es anstrebt,
es gelingen würde, die Marken durch Inductionsfunken hervorbringen zu lassen, die
aus festen Spitzen im Augenblicke des Einschlagens des Geschosses an den Kanten des
Chronometerstabes deutlich zum Vorschein kommen; es würde hierdurch auch der Apparat
in anderer Beziehung vollkommener werden.
Ein anderer nicht unwesentlicher Umstand ist der, daß der Umfang, innerhalb welchem
von dem Apparate die Zeitangaben gemacht werden können, gering ist (bei dem
erwähnten Exemplare 0 bis 0,1 Secunde nur beträgt). Diese Grenze läßt sich zwar
erweitern, wenn man entweder den Elektromagneten des Gewichtes verschiebbar macht,
so daß bei der Messung größerer Zeitintervalle das Gewicht i durch eine kürzere Höhe fallen kann als bei der Messung kürzerer, oder
daß man, wie dieß le Boulengé in seiner jüngsten
Denkschrift zeigtRéponse aux applications émises sur le
chronographle Boulengédans les récentes publications de MM. le
ColonelLeurset le MajorNavez, par le
Lieutenautle Boulengé. Paris et Liége 1865, p. 67., an das Gewicht einen Cylinder aus weichem Eisen von kurzer Höhe anhängt.
Nach beiden Methoden kann man es zwar noch so weit bringen, um Zeitintervalle von
etwa 0,5 Secunde noch messen zu können; über diese Grenze hinaus würde aber dennoch
der Apparat unbequeme Dimensionen annehmen, abgesehen davon, daß bei der Benutzung
der einen oder der anderen dieser Methoden die Gewichte entsprechend stärker seyn
müßten, um eine sichere und fast momentane Auslösung des Meißels zu bewirken, und es
müßte daher auch die Anziehungskraft des Elektromagnetes l' entsprechend verstärkt werden, wodurch also wieder andere
Unzukömmlichkeiten zum Vorschein kommen, die vorher in geringerem Grade vorhanden
waren.
Daß der Apparat nur die Flugzeit des Geschosses für ein einziges Bahnstück anzugeben
befähigt ist, ist ein weiterer Nachtheil, der für ballistische Zwecke als sehr
erheblich erscheint. Wollte man die Geschwindigkeit eines und desselben Geschosses
an verschiedenen Stellen seiner Bahn bestimmen, so müßte man hiefür auch eben so
viele Apparate gleichzeitig zur Anwendung bringen; dieser Anordnung wird in den
meisten Fällen schon aus ökonomischen Rücksichten kaum genügt werden.Der gegenwärtige Ankaufspreis eines Apparates le
Boulengé beträgt fast dreimal so viel, und der eines
brauchbaren Apparates Navez beinahe fünfmal so
viel als der eines Hipp'schen Chronoskopes. Würde die Einregistrirung der Marken jedoch in der zuletzt angedeuteten Weise –
nämlich durch Inductionsfunken – geschehen, so könnte derselbe allerdings
eine dieser Anforderung entsprechende Anordnung erhalten.
Betrachten wir ferner die Zeitangabe selbst, welche der Apparat aus dem zugehörigen
Fallraume eines Punktes des Chronometerstabes zu ermitteln gestattet, so erkennen
wir, daß sich für dieselbe eine eigentliche Controle gar nicht anwenden läßt, und
der Bedingung, die Zeit in mittleren Secunden ausdrücken zu können, kann hier
ohnehin nicht genügt werden. – Das berechnete Zeitintervall enthält aber noch
außerdem die Dauer anderer Erscheinungen, die in Rücksicht gebracht werden sollen,
nämlich 1) die Zeit, welche zwischen dem Unterbrechen der ersten Kette und dem
Beginne des Abfallens des Chronometerstabes verstreicht, 2) dieselbe Zeit für das
Gewicht 1, 3) die Fallzeit dieses Gewichtes, 4) die Zeit, die zum Auslösen des
Meißels erforderlich ist, 5) die Zeit, welche der Meißel braucht, um die Marke
auszuführen. Diese sämmtlichen Verzögerungen wären durch den Werth von t₁ vollständig repräsentirt, wenn zum
Verschwinden des Magnetismus in den Elektromagneten l
und l' beim Unterbrechen der Ketten und zum
gleichzeitigen Umkehren der Polarität derselben entweder ein unendlich kleines oder
doch wenigstens ein immer gleichbleibendes Zeitintervall erforderlich, wenn bei
beiden Elektromagneten der remanente Magnetismus vollständig aufgehoben wäre, wenn
ferner das Gewicht i bei jedem Versuche genau mit seiner
Grundfläche die Platte g treffen würde, und wenn endlich
für die Auslösung des Markirmeißels bei allen aufeinander folgenden Versuchen
derselbe Zeitaufwand erforderlich wäre. Diese Voraussetzungen können aber erst dann
von Gültigkeit seyn, wenn sie in exacter Weise begründet werden; die Controlmethode,
welche le Boulengé anwendet (s. Fig. 5), kann wohl dazu
dienen, im Allgemeinen den Gang des Apparates zu untersuchen; als exactes
Prüfungsmittel zur Bestimmung sogenannter constanter Fehler aber ist dieselbe nicht
geeignet. Die Anordnungen seiner elektromagnetischen Organe sollen zwar, wie le Boulengé es auch durch Versuche zeigt, die
unter Nr. 1)und 2) berührten störenden Umstände beseitigen; es mag dieß auch bei
einem neuen Apparate der Fall seyn, während bei längerem Gebrauche, und
insbesondere, da die Compensationsströme während der ganzen Dauer eines
Doppelversuches geschlossen bleiben, auf die Fähigkeit der Eisenkerne die Polarität
rasch zu verlieren und umzukehren etc., einwirken müssen. Auch die Polarität der
Anker wird während der Dauer einer längeren Versuchsreihe nicht ungeändert bleiben,
und es gehört überhaupt eine nicht geringere Vorsicht, Sorgfalt und ein nicht
kürzerer Zeitaufwand dazu, um mit Anwendung dieses Apparates auf brauchbare
Resultate zu kommen, als
bei einem complicirten, der genaue Fehlerbestimmungen gestattet oder überhaupt einer
strengeren Controle unterworfen werden kann.
Daß man selbst mit unvollkommenen Apparaten der letzteren Art solche Beobachtungen
auszuführen im Stande ist, die nach gehöriger Auswerthung sichere Resultate liefern
können, wird durch die Versuche mit dem ballistischen Pendel hinreichend bestätigt
und die von dem Prager Astronomen in den Jahren 1859 und 1860 mit Benutzung eines
eigentlichen (jedoch mangelhaften) Chronographen angestellten ballistischen Versuche
liefern hierfür neue Belege. – Nimmt man bei dem Gebrauche des in Rede
stehenden Apparates auf alle störenden Umstände, soweit dieß die
Beobachtungsmethoden zulassen, die gehörige Rücksicht, wird der Apparat in einem
hierzu geeigneten Raume isolirt und so aufgestellt, daß keine Oscillationen
eintreten können, benutzt man ferner für jede Versuchsreihe wenigstens zwei
Apparate, deren Angaben sich gegenseitig controliren, und werden endlich die aus
vielen Versuchen erhaltenen Beobachtungsresultate in bekannter Weise ausgewerthet,
so ist die Wahrscheinlichkeit vorhanden, brauchbare praktische Resultate bei
Benutzung des le Boulengé'schen Apparates zu
erhalten.
––––––––––
Zum Schlusse soll noch eine einfache Vorrichtung in Erwähnung gebracht werden, die
bei ballistischen Versuchen mit kleinen und Handfeuerwaffen überhaupt die Stelle der
zweiten Gitterscheibe zu vertreten hat, und die sowohl bei dem vorstehenden, als
auch bei allen denjenigen der elektroballistischen Apparate ihre Anwendung finden
kann, bei welchen das Einschlagen des Geschosses durch die Unterbrechung eines Stromes bezeichnet werden muß. Dieser einfache
Stromunterbrecher ist in Fig. 8 in einem
Horizontalschnitte dargestellt, und hat, wie wir sehen, eine ähnliche Anordnung wie
der Stromhersteller, der für die Benutzung des Hipp'schen
Apparates von mir in früherer Zeit vorgeschlagen worden ist. Hierin bedeutet nämlich
B, B eine etwa 1/2 Pariser Linie dicke Stahlplatte,
die als Zielscheibe dient und zu dem Ende mittelst vier starker hölzerner Pfeiler
C, C an das als Kugelfang dienende Bret A, A befestigt ist; an der Rückseite derselben ist bei
a ein dünnes Platinplättchen angelöthet, und die
Platte selbst kann mittelst der Drahtleitung l₁,
l₁, in die Kette eingeschaltet werden. An dem
in dem Kugelfange eingeschraubten Bretchen D, D sind die
beiden messingenen Lager c, c und d, d für den auf Frictionsrollen gehenden und leicht beweglichen
Messingstift b₁, b,
der mittelst des an die Metalllager angelötheten Drahtes l,
l ebenfalls in die Kette eingeschaltet werden kann. Vor dem Versuche wird
dieser Stift so weit
gegen B, B hin geschoben, daß das platinirte Ende b₁ mit a in Contact
kommt; eine schwache Feder hält ihn in dieser Lage; beim Auftreffen des Geschosses
auf die Platte B, B geht der Stift fast momentan zurück,
und da eine noch so geringe Bewegung, bei welcher b₁ mit a nicht mehr in Contact steht,
ausreicht, um die Kette zu unterbrechen, so wird damit auch das Ende der Erscheinung
am Apparate selbst ohne einen in Rechnung zu bringenden Zeitverlust bezeichnet.
– Die Stelle der ersten Gitterscheibe, welche in die Nähe der Mündung des
Geschützes gebracht werden soll, kann dabei durch denselben Stromunterbrecher
ersetzt werden, den ich früher beschrieben habe.Polytechn. Journal Bd. CXXXVI S.
161. Diese Anordnungen gestatten also die gänzliche Vermeidung der Fehler, welche
bei elektroballistischen Versuchen mit Waffen von geringer Tragweite in den Fällen
eintreten müssen, wo man die Unterbrechung der Ströme mittelst des Durchreißens
feiner Drähte ausführen läßt.